Kirby Handelsvertreter (extrem lang)

Hallo,

ich bin letztens auf eine Anzeige aufmerksam geworden, die an sich schon recht unseriös anmutet: Eurozeichen umranden verschiedene Berufsbezeichnungen und die Aussicht auf viel Verdienst. Der Name der Firma wird da nicht genannt.

Da ich derzeit auf Jobsuche bin und mich das doch mal interessiert hat, habe ich da angerufen und mich informiert. Es war die Firma Kirby, die es in den USA seit 90, hier in Deutschland seit 19 Jahren gibt. Und die suchen gerade Verkäufer für ihr Heimpflege- und -reinigungssystem.

Also habe ich mich da mal beworben. Nach dem 1. Vorstellungsgespräch kam eine Woche danach gleich das 2. und dann die Einladung zur Schulung, da sie „meine Bewerbung annehmen“, wie sie es ausgedrückt haben.

Gestern war ich dann auf der insgesamt 5-tägigen Schulung gewesen. Dann habe ich gestern Abend abgesagt, da mir ein paar Sachen recht suspekt vorgekommen sind (ich bitte daher um Antwort, ob meine Einschätzung übertrieben oder richtig war):

  1. Das Ganze kommt mir wie ein Schneeballsystem vor, der Hinweis, dass die Teamleiter an dem eigenen Erfolg finanziell beteiligt sind (und auch deutlich sagen, dass sie sehr daran interessiert sind, anderen zu helfen, um selbst mehr zu bekommen), erhärtet diesen Verdacht.

  2. Man bekommt immer mindestens ? 1.500 ausgezahlt, wenn man nicht genug Kirbys verkauft, um mit der Provision über diesen Betrag zu kommen (siehe 3.). Das finde ich ja generell gut, nur: Man muss sich zu 45 Präsentationen (= Verkaufsgesprächen, immerhin 2 Stunden Dauer ± 30 Minuten) pro Monat Minimum verpflichten. Und mein Auto frisst ja auch Treibstoff für diese Besuche… Auszahlung ist frühestens immer am 20. bzw. 22. des Folgemonats. Kurzum: Ich strecke einiges vor.

  3. Gleich von Anfang an (1. Vorstellungsgespräch) bekommt man eine Liste, aus der man ersehen kann, wie viel man verdient. Auf meinem Zettel stand 20% Beteiligung - ein Gerät kostet ? 2.150 oder ? 2.705 in der Maximalausführung. Das bedeutet, man bekommt bei der kleineren Ausstattung ca. ? 430 an Provision. Je mehr Geräte, desto mehr Provision. Optimalerweise hat man eine 6-Tage-Woche mit jeweils 19 Präsentationen, wären also ca. 80 Präsentationen pro Monat. Angeblich verkaufen gute Verkäufer 1:1 bis 1:2 (also ein Verkauf auf eine Niete bzw. ein verkauf auf zwei Nieten), was zwischen ? 17.200 und ? 11.610 pro Monat an Einkommen ausmacht. Anfänger liegen bei 1:8, was immerhin dann auch noch ? 4.300 bringt. Wenn es halt tatsächlich so ist, wie die es behaupten…
    Anmerkung dazu: Es waren ehemalige Mitarbeiter von Vorwerk dabei, die haben gemeint, dass genau dieses Prämiensystem eines der best gehütesten Geheimnisse eines Unternehmens ist - und die legen das jeden daher gelaufenen Hinz und Kunz offen…
    Anmerkung 2: Ich fand es noch komischer, dass einige der Anwesende andere Provisionssätze, nämlich nur 10%, wenn man bis 12 Geräte verkauft und dann 20% für mindestens 12 verkaufte Geräte erhält.

  4. Ich bin da nicht angestellt, ich muss ein Gewerbe als selbständiger Handelsvertreter abschließen. Das bedeutet natürlich, ich muss zusätzlich zu den laufenden Kosten (Sprit, Handy, schicke Klamotten) noch Krankenversicherung, Altersvorsorge usw. bezahlen. In die Arbeitslosen- und Rentenkasse fließt auch nicht automatisch was rein, da muss man sich selbst drum kümmern. Wenn ich länger Urlaub mache oder krank werde, sinkt auch gleich dramatisch mein Einkommen…

  5. Wenn man 12 Verkäufe hinter sich gebracht hat, muss man ? 600 für Terminierung (also Termine mit Kunden vereinbaren) und Adressenbereitstellung monatlich zahlen (mit Provision verrechnet), zuzüglich die nächsten 60 Monate (5 Jahre) noch 50 Euro Miete für den Vorführkirby, den man dann am Schluss auch behalten darf (also eigentlich ein Finanzkauf, denn Kunden können den Kirby auch mit gleichhohen Raten ebenfalls finanzieren).
    Anmerkung: Ab hier wurde mir die Sache suspekt. Ich soll für etwas zahlen, was in ihrem Interesse ist? Dass ich Kirbys verkaufe?! Woran sie außerdem noch verdienen, da, wenn man die Karriereleiter hinaufsteigt, sich später die Kirbys kaufen muss und dann 50% Provision bekommt. Wenn ich also nur 20% bekomme, verdienen die anderen doch 30%… da müssen doch locker die Kosten für Adressenbeschaffung und Terminierung drin sein.

  6. Hat man 15 Verkäufe getätigt, dann wird man zum Teamleiter befördert. Man bekommt somit Untergebene, bei deren verkäufe man mitverdient, immerhin 5% pro Mitarbeiterverkauf bzw. 15% pro Mitarbeiterverkauf, wenn man den selbst für die Firma beworben hat. In der Schulung waren es - entgegen dem Vorstellungsgespräch - zwar nur noch 10% statt 15%, aber allein dieser Fakt mit dem Anwerben von Freunden, Bekannten und Verwandten ist doch recht interessant, hat ja was schon von Sekte…
    Anmerkung: Dieses komische Verhalten sollte man auch schon während der Schulung zeigen, nämlich am Sonntag, den 5. Schulungstag, mindestens drei Freunde, Bekannte und / oder Verwandte mit einem Trainer aufsuchen und den Verkauf üben - also komplette Verkaufspräsentationen durchziehen. Wenn die kaufen, kann man gleich was verdienen, aber das sei nicht vorrangig, es gehe ja in erster Linie um die Übung… und an diesem Punkt habe ich mein Interesse vollends verloren, aber es geht noch weiter :smile:

  7. Termine werden mit einem Trick ausgemacht, man habe ein (lumpiges) Messerset gewonnen und könne bei der Gelegenheit der Preisübergabe an einer Präsentation mit einem neuen, revolutionärem Gerät teilnehmen. Die Messersets habe ich gesehen, die haben bestenfalls im Einkauf ? 5 gekostet…
    Anmerkung: Ein Teilnehmer hat in einer Pause erzählt, dass bei einem seiner Kumpel auch mal so ein Kirbymensch war, der ziemlich aufdringlich und kaum wieder wegzubekommen war.

  8. Das Gerät ist gut und beeindruckend, an dem gab es als einziges nichts auszusetzen, außer dass es teuer und relativ laut ist.

  9. Eine Bekannte hat zwei ehemalige Mitarbeiter gekannt, die damit ziemlich finanziell auf die Schnauze gefallen sind.

Insgesamt ist mir das Ganze zu suspekt geworden. Mag sein, dass ich dadurch die Chance verliere, viel Geld zu verdienen, aber die Chance von anderen, durch mich viel Geld zu verdienen, ist damit auch vertan - und die Gefahr, dass ich einen Reinfall damit lande, ist gebannt.

Hat jemand Erfahrungen oder eine Meinung dazu? Freue mich auf Antwort!

Viele Grüße
Manor

Ergänzung
Hallo

die Fragezeichen vor den Zahlen sollen Eurozeichen sein… irgendwie ist das nicht richtig hier angekommen, sorry!

Viele Grüße
Manor

Hi,

ich bin letztens auf eine Anzeige aufmerksam geworden, die an
sich schon recht unseriös anmutet: Eurozeichen umranden
verschiedene Berufsbezeichnungen und die Aussicht auf viel
Verdienst. Der Name der Firma wird da nicht genannt.

Schon mal ein Minuspunkt. Kirby ist doch eine relativ bekannte Firma, bei der man sich über ihre Website offiziell bewerben kann.
Vielleicht sind das nur „Unterauftragmehmer“, die auf Grundlage von Kirby ihr Schneeballsystem pflegen.

Da ich derzeit auf Jobsuche bin und mich das doch mal
interessiert hat, habe ich da angerufen und mich informiert.
Es war die Firma Kirby, die es in den USA seit 90, hier in
Deutschland seit 19 Jahren gibt. Und die suchen gerade
Verkäufer für ihr Heimpflege- und -reinigungssystem.

Also habe ich mich da mal beworben. Nach dem 1.
Vorstellungsgespräch kam eine Woche danach gleich das 2. und
dann die Einladung zur Schulung, da sie „meine Bewerbung
annehmen“, wie sie es ausgedrückt haben.

Ich glaube, die nehmen fast Jeden. Damit wollte ich nichts über dich aussagen.
Im Folgenden gebe ich deinen Urtext gekürzt wieder.

  1. Man bekommt immer mindestens ? 1.500 ausgezahlt, wenn man
    nicht genug Kirbys verkauft, um mit der Provision über diesen
    Betrag zu kommen (siehe 3.). Das finde ich ja generell gut,
    nur: Man muss sich zu 45 Präsentationen (= Verkaufsgesprächen,
    immerhin 2 Stunden Dauer ± 30 Minuten) pro Monat Minimum
    verpflichten. Und mein Auto frisst ja auch Treibstoff für
    diese Besuche… Auszahlung ist frühestens immer am 20. bzw.
  2. des Folgemonats. Kurzum: Ich strecke einiges vor.

Das Gerät um das es geht kostet ca. 2000 Euro.
Kannst du dir vorstellen, in welch riesigem Umkreisradius potentielle Interessenten sitzen müssen? An jedem Tag an 3 verschiedenen Orten zu sein? Bringst du es übers Herz, z.B. alleinstehenden älteren Menschen in einer 1 Zimmer Wohnung ein solches Gerät anzudrehen?

(…)
Anmerkung dazu: Es waren ehemalige Mitarbeiter von Vorwerk
dabei, die haben gemeint, dass genau dieses Prämiensystem
eines der best gehütesten Geheimnisse eines Unternehmens ist -
und die legen das jeden daher gelaufenen Hinz und Kunz
offen…

Ein Vorwerk „Power-Seller“ hat einer Schwester meines Opas vor Jahren mal ein schweineteures Gerät angedreht. Nach ihrem Tod wurde es originalverpackt vorgefunden.
Meine Oma wurde jahrelang von einem Vorwerk Mitarbeiter an der Haustür genervt.

(…)
4. Ich bin da nicht angestellt, ich muss ein Gewerbe als
selbständiger Handelsvertreter abschließen. Das bedeutet
natürlich, ich muss zusätzlich zu den laufenden Kosten (Sprit,
Handy, schicke Klamotten) noch Krankenversicherung,
Altersvorsorge usw. bezahlen. In die Arbeitslosen- und
Rentenkasse fließt auch nicht automatisch was rein, da muss
man sich selbst drum kümmern.

Da kommst du mit 1500 Euro überhaupt nicht weit.

(…)
zuzüglich die nächsten 60 Monate (5 Jahre) noch
50 Euro Miete für den Vorführkirby, den man dann am Schluss
auch behalten darf (also eigentlich ein Finanzkauf, denn
Kunden können den Kirby auch mit gleichhohen Raten ebenfalls
finanzieren).

Aha.
Mit jeder „angenommenen“ Bewerbung verkaufen die faktisch ein Gerät zu 3000 Euro.

Anmerkung: Ab hier wurde mir die Sache suspekt.

Ich bin schon über die Betreffzeile gestolpert.

  1. Hat man 15 Verkäufe getätigt, dann wird man zum Teamleiter
    befördert. Man bekommt somit Untergebene, bei deren verkäufe
    man mitverdient, immerhin 5% pro Mitarbeiterverkauf bzw. 15%
    pro Mitarbeiterverkauf, wenn man den selbst für die Firma
    beworben hat.

Als „Teamleiter“ geht der Stress erst richtig los. Bringst du es übers Herz, deine weitere Umgebung nach Opfern abzugrasen?
Was du ab jetzt schreibst, stinkt ja buchstäblich nach Schneeballsystem. Das Gerät mag ja gut sein, aber die Organisation in die du da hineingetappt bist…
Ich denke, ich habe mich schon klar genug geäussert.
Gruss,

  1. Das Ganze kommt mir wie ein Schneeballsystem vor, der
    Hinweis, dass die Teamleiter an dem eigenen Erfolg finanziell
    beteiligt sind (und auch deutlich sagen, dass sie sehr daran
    interessiert sind, anderen zu helfen, um selbst mehr zu
    bekommen), erhärtet diesen Verdacht.

Das nennt sich Multi-Level-Marketing (MLM). Du kannst ja im Internet nach diesen Systemen schauen. Um es kurz zu machen: In diesem System kann man eine Menge Geld verdienen. Freilich nicht als letztes Glied in der Kette.

  1. Man bekommt immer mindestens ? 1.500 ausgezahlt, wenn man
    nicht genug Kirbys verkauft, um mit der Provision über diesen
    Betrag zu kommen (siehe 3.). Das finde ich ja generell gut,

Was glaubst Du, wie lange das ohne Verkäufe so geht? Länger als einen Monat (wenn überhaupt)?

Auf meinem Zettel stand 20% Beteiligung - ein Gerät kostet ?
2.150 oder ? 2.705 in der Maximalausführung. Das bedeutet,
man bekommt bei der kleineren Ausstattung ca. ? 430 an
Provision.

Das bedeutet vor allem, daß die Zahl der potentiellen Käufer einigermaßen überschaubar ist. Ich kenne niemanden, der 5.000 DM für einen Staubsauger ausgeben würde.

Je mehr Geräte, desto mehr Provision. Optimalerweise hat man
eine 6-Tage-Woche mit jeweils 19 Präsentationen, wären also
ca. 80 Präsentationen pro Monat. Angeblich verkaufen gute
Verkäufer 1:1 bis 1:2 (also ein Verkauf auf eine Niete bzw.
ein verkauf auf zwei Nieten), was zwischen ? 17.200 und ?
11.610 pro Monat an Einkommen ausmacht. Anfänger liegen bei
1:8, was immerhin dann auch noch ? 4.300 bringt. Wenn es halt
tatsächlich so ist, wie die es behaupten…

Ja, diese Hochrechnungen sind schon beeindruckend. So macht man aus kleinen Zahlen recht schnelle große. Und man könnte dabei auch glatt vergessen, die Grundlagen dieser Hochrechnung zu hinterfragen.

Ich wage es einigermaßen zu bezweifeln, daß (auch ein geschulter) Verkäufer jedem zweiten (oder dritten) einen Staubsauger für 5.000 DM aufzuschwatzen.

  1. Ich bin da nicht angestellt, ich muss ein Gewerbe als
    selbständiger Handelsvertreter abschließen. Das bedeutet

Ja natürlich. Wie soll das auch sonst laufen?

verrechnet), zuzüglich die nächsten 60 Monate (5 Jahre) noch
50 Euro Miete für den Vorführkirby, den man dann am Schluss
auch behalten darf (also eigentlich ein Finanzkauf, denn
Kunden können den Kirby auch mit gleichhohen Raten ebenfalls
finanzieren).

So langsam wird auch klar, wie die ‚Top-Verkäufer‘ auf Ihr 1:2 Verhältnis kommen. Wenn jeder Dritte in dieser Anwerbeveranstaltung drauf reinfällt…

  1. Hat man 15 Verkäufe getätigt, dann wird man zum Teamleiter
    befördert. Man bekommt somit Untergebene, bei deren verkäufe
    man mitverdient, immerhin 5% pro Mitarbeiterverkauf bzw. 15%
    pro Mitarbeiterverkauf, wenn man den selbst für die Firma
    beworben hat. In der Schulung waren es - entgegen dem
    Vorstellungsgespräch - zwar nur noch 10% statt 15%, aber
    allein dieser Fakt mit dem Anwerben von Freunden, Bekannten
    und Verwandten ist doch recht interessant, hat ja was schon
    von Sekte…

Das ist keine Sekte, das ist MLM. Gut, Ähnlichkeiten sind vorhanden :wink:

revolutionärem Gerät teilnehmen. Die Messersets habe ich
gesehen, die haben bestenfalls im Einkauf ? 5 gekostet…

Die verschleudern ganz sicher keine Messersets für 5 EUR. Die Dinger sind _deutlich_ billiger.

Hallo Manor,
wenn Du ein ausgesprochener Charmebolzen a la „Liebling aller Schwiegermütter“ und dazu noch skrupellos und geldgeil bist und über ein angeborenes Verkaufstalent verfügst, dann ist das genau das Richtige und Du wirst auch satt verdienen.

Anfang/Mitte der 90er hatte ich mangels Alternativen auch an einigen MLM-System teilgenommen. Da mir die oben beschriebenen Eigenschaften z.T. völlig fehlen, bin ich ordentlich auf die Schnauze gefallen und habe mehrere Jahre zu knapsen gehabt um die aus dieser Phase resultierenden Schulden abzutragen.

Das System der Jungs ist immer das gleiche, wie auch immer die heissen. Bei einigen findet man sogar sektenähnliche Züge mit entsprechenden Einheizseminaren.

Wenn Du in fünf Jahren noch in den Spiegel schauen kannst, ohne Dich zu schämen, dann hast Du entweder obige Eigenschaften und fährst inzwischen Porsche, oder Du hast sie nicht und verdienst Dein Geld auf ehrliche Weise.
Grüße,
nilpferd