Kirche beitreten

… vor vielen Jahren bin ich aus der Kirche ausgetreten, obwohl ich sehr gläubig bin. Allerdings hatte ich ein Problem damit von meinem kleinen Gehalt noch Beträge dafür abzugeben. Ich beziehe keinerlei Leistungen der Kirche, möchte sie also nicht mit meiner Anwesenheit belasten. Allerdings habe ich dies vor meiner Großmutter geheim gehalten, da es ihr das Herz brechen würde. Doch nun - Jahre später - erzählt ihr Sohn ihr diese Tatsache. Sie ist am Boden zerstört, kann kaum mehr schlafen etc.
Ich will im Grunde nicht beitreten, da ich mit einigen Dingen einfach nicht einverstanden bin, allerdings mache ich mir Sorgen um meine Oma, da es ihr zusehens schlechter geht und sie es mir zuschreibt.

Meine Frage: Gibt es eine Möglichkeit beizutreten ohne die Beiträge zu leisten (ich will auch keine Leistungen beziehen - weder kirchlich heiraten noch ähnliches)?
Wenn dies nicht möglich ist, kann man einer anderen katholischen Kirche beitreten, um meine Oma wieder glücklich zu machen?

Vielen Dank!

Das ist aber eine sehr persönliche Frage. Sie ist nur schwierig allgemein zu beantworten .

Hallo,
dem letzten Satz entnehme ich, dass Sie ursprünglich wohl der römisch-katholischen Kirche angehört haben. Hier gab es vor einigen Monaten einen Gerichtsentscheid, dass es eine Kirchenzugehörigkeit ohne Abzug der Kirchensteuer nicht geben kann.
Wenn Sie hingegen in eine evangelische Landeskirche eintreten, sind Sie auch wieder kirchensteuerpflichtig, wenn auch nun für eine andere Kirche; haben also für sich nichts gewonnen.
Daneben gibt es noch viele kleinere Kirchen, die sich aus freiwilligen Spenden finanzieren. Doch in eine dieser Kirchen werden Sie auch nicht eintreten wollen, da sie einerseits eine bloße „Pro-forma-Mitgliedschaft“ nicht akzeptieren werden und andererseits meist einigen Druck auf ihre Mitglieder ausüben, dass die Spenden nicht zu gering ausfallen sollen.
Schließlich gibt es ein Problem, dass eigentlich alle anderen Kirchen in den Augen der römisch-katholischen Kirche - und damit möglicherweise auch in den Augen Ihrer Grußmutter - nicht als „Kirchen“ im eigentlichen Sinne anerkannt werden.
So kann ich Ihnen eigentlich nur den einen Rat geben, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an Ihr zuständiges katholisches Pfarramt wenden bzw. eine Beratungsstelle Ihrer Diözese um Rat fragen.
Mit freundlichen Grüßen,

Karl-Heinz Hecke

Grüß Gott.

Ich beziehe keinerlei Leistungen der Kirche

Die Frage, welche Leistungen Sie möglicher Weise indirekt von der Kirche erhalten, wurde in diesem Forum schon umfangreich diskutiert, darum gehe ich darauf nicht näher ein.

Meine Frage: Gibt es eine Möglichkeit beizutreten ohne die
Beiträge zu leisten…?

Sowohl die römisch katholische als auch die evangelische Kirche erheben in Deutschland Kirchensteuern nach dem Solidarsystem: Das heißt, je mehr jemand verdient, desto mehr Kirchensteuern muß er zahlen. Konkret geht es um 9% der Einkommenssteuer (nicht des Einkommens!). Da führt kein Weg dran vorbei

Wenn dies nicht möglich ist, kann man einer anderen
katholischen Kirche beitreten, um meine Oma wieder glücklich
zu machen?

Neben der römischen gäbe es noch die Altkatholische Kirche in Deutschland. Ob die Kirchensteuer erhebt, kann ich Ihnen nicht sagen. Da müßten Sie mal eine Internetsuche bemühen und vielleicht mal in einem Pfarramt nachfragen.

Wenn Ihre Großmutter streng katholisch ist, dann wird es für sie neben der römischen keine andere Kirche geben. Wenn es ihr (und Ihnen) um „Hauptsache irgendeine Kirche“ geht, dann finden Sie in Deutschland eine große Zahl von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Vielleicht ist eine darunter, die Ihnen und Ihrer Spiritualität nahe liegt (oder die andere Fehler nicht hat, die Ihnen im Moment den Wiedereintritt vermiesen). Allerdings sind die Beiträge, die gerade die Freikirchen erheben, meist höher als die Kirchensteuer, da man sich dort häufig am biblisch begründeteten zehnten Teil (des Einkommens) orientiert.

Gruß, Martinus

nö geht eigentlich nicht und ist eigentlich doch auch klar so: die Körperschaft evangelische bzw. römisch-katholische Kirche hat sich nun mal darauf festgelegt, dass derjenige, der Einkommens- oder Lohnsteuer zahlt, davon auch ca. 8% Kirchensteuer abdrückt - ist doch ziemlich gerecht. Und wenn dein Einkommen eh gerimng ist, zahlst du doch keine oder kaum Einkommenssteuer, ergo auch keine Kirchensteuer … Freikirchen möchten in der Regel mehr, d. h. „den Zehnten“ und das natürlich vom Netto … außerdem zahlt man mit einer Steuer ja nicht für Leistungen (das wären Gebühren, die es bei uns Evangelen eh nicht gibt), sondern daß die Infrastruktur vorgehalten wird und in Anspruch genommen werden kann, wenn man will - ich will doch als Pfarrer eigentlich schon regelmäßig mein Gehalt, auch wenn du nicht zu mir in den Gottesdiensts kommst …
cu
Alexander Behrend

Liebes Edelweiss,

so wie ich die Sache sehe, willst du zu viel, und zwar alles auf einmal… eigentlich nicht in der Kirche sein, der Oma zuliebe aber doch, keine Beiträge bezahlen (keine Leistungen beanspruchen) evtl. in einer kirchensteuerfreien kath. Kirche.
Um es kurz zu sagen: Das wird nicht gehen. Du musst Dich entscheiden, was Dir im Blick auf den Glauben wirklich wichtig ist.
Hier ein paar Fragen, die dir vielleicht zur Klärung helfen:

  1. Nach kath. Verständnis bist du weiterhin katholisch, auch wenn Du aus der organisierten Kirche ausgetreten bist. Du bezeichnest dich als gläubig. Lebst du deinen Glauben und gibst das was du kannst?
  2. Du bist ausgetreten wegen der Kirchensteuer. Woher soll eine Kirche denn leben wenn nicht von den Gaben der Mitglieder?
    Sie hat dir immerhin den Glauben, den du hast, überliefert.
  3. Wenn deine Oma nur dann glücklich ist, wenn du in der Kirche bist und sie nicht danach fragt, was du eigentlich glaubst, dann hat sie etwas falsch verstanden. Du könntest ja auch in der Kirche sein und völlig gottlos leben, was dann ? Wär ihr das lieber?
  4. Warum machst du dich in Glaubensfragen so von der Meinung anderer abhängig? Du musst deinen Glauben und die nachfolgenden Schritte vor Gott verantworten, nicht deine Oma.
  5. Eine andere kath. Kirche, die keinen Beitrag erwartet, gibt es nicht. Selbst die altkatholische Kirche, die noch am ehesten infrage käme, erwartet, das die Mitglieder sich - je wie sie können - an den finanziellen Lasten, die eine Gemeinde nun mal hat, beteiligen.
  6. Ein Gläubigsein ohne Eingebundensein in eine konkrete Gemeinde, wo man auch (zT finanzielle) Verantwortung trägt, gibt es meines Erachtens nicht. Die Gefahr, dass man sich eine individualistische Religion zusammenzimmert, die vorne und hinten nicht mehr stimmt, ist viel zu groß.

Ich weiß, dass ich Dir auf deine konkrete Frage nicht weiterhelfen kann. Aber die eigentlichen Fragen, die hinter deiner vordergründigen stecken, sind zu wichtig, als dass du sie mit einem simplen Mitglied werden irgendwo lösen könntest.

Wenn du willst, können wir gerne genauer darüber reden.

Mit frdl. Gruß

Wolfgang

Sehr geehrte/r Edelweiss1605!

Danke für Ihre Anfrage!

Die von Ihnen geschilderte Situation (ausgetreten trotz bleibenden katholischen Glaubens) wird seit 2006 zwischen der österreichischen und deutschen Bischofskonferenz und Rom ständig diskutiert.

Rom hat diesbezüglich ein eindeutiges Schreiben veröffentlicht (http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_council…), das klarstellt, dass ein Austritt aus dem mystischen Leib der Kirche mit einem Glaubensabfall (Apostasie) verbunden sein muss, das „Einsparen“ der Kirchensteuer / des Kirchenbeitrags bei gleichbleibendem Zustimmen zum katholischen Glaubensbekenntnis wäre dann de iure kein Austritt. (Diskussion dazu z.B. bei http://www.kath.net/detail.php?id=28014t).

Gehen wir von diesem katholischen Rechtsbegriff aus, sind Sie (solange Sie das christliche Glaubensbekenntnis und den Katechismus der Katholischen Kirche noch immer vollinhaltlich bejahen können und einen Wunsch nach dem Empfang der Sakramente verspüren) nicht aus der katholischen Kirche als Leib Christi ausgetreten, sondern nur aus der öffentlichen Körperschaft namens katholische Kirche.

Inwieweit die solidarische Abgabe der Kirchensteuer / des Kirchenbeitrags zu einem gläubigen Katholiken dazugehört oder nicht, wird im päpstlichen Schreiben nicht behandelt. Es erscheint aber für einen Christen nachvollziehbar, dass er einen Teil seines Einkommens hergibt für die Organisation der Sakramente und die Armen (wie das in der Apostelgeschichte ja auch schon angedeutet wird).

Ob sich Ihre Großmutter von diesen juristischen Spitzfindigkeiten beeindrucken lässt, bleibt natürlich fraglich. Der Witz der katholischen Kirche ist ja, dass es nur die eine gibt und keine andere. Der Kirchenbeitrag / die Kirchensteuer ist aber nur auf Deutschland, Österreich und die Schweiz beschränkt. Würden Sie also in Irland z.B. leben, würden Sie sich diese Frage nicht stellen.

Nur wegen Ihrer Großmutter in die Kirche wiedereinzutreten, würde dann aber natürlich auch die Frage nach Ihrer eigenen Wahrhaftigkeit aufwerfen. Schließlich sind Sie allein für Ihr Seelenheil verantwortlich und niemand sonst.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Mag. Martin Deutsch

Guten Abend,
Ihre Anfrage kann ich sehr gut verstehen und ich kann nachempfinden, wie Sie sich fühlen.
Daher möchte ich Ihnen nicht eine kurze Antwort geben im Sinne: Machen Sie das oder machen Sie das!
Mir scheint, daß es ratsam ist, daß Sie sich mit jemandem treffen aus der Kirche, der Sie versteht, der Ihre Situation versteht. Vielleicht kennen Sie einen Pfarrer, den Sie einmal aufsuchen können. Oder Sie haben im Umkreis jemanden, der ihnen positiv aufgefallen ist aus der Kirchengemeinde. Ziel sollte dann sein, gemeinsam mit ihm, mit Ihnen und der Oma zu überlegen, was letztlich wesentlich ist für Ihr Leben und Ihr religiöses Leben. Möglicherweise wird die Oma dann verstehen, wie die Lage ist und Verständnis entwickeln.
Wichtig ist letztlich, wie Ihr persönliches Verhältnis zu Gott und Jesus Christus aussieht. Leistungen und Beiträge sind da erst mal zweitrangig. Daher könnte es sinnvoll sein für Sie, sich mit Ihrem Glauben oder Nicht-Glauben etwas zu beschäftigen. Daraus kann dann eine befriedigende Lösung erwachsen. Lediglich tabuisieren würde ich die Fragestellung nicht.

Mit freundlichen Grüßen

G. Ottersbach