Sehr geehrte/r Edelweiss1605!
Danke für Ihre Anfrage!
Die von Ihnen geschilderte Situation (ausgetreten trotz bleibenden katholischen Glaubens) wird seit 2006 zwischen der österreichischen und deutschen Bischofskonferenz und Rom ständig diskutiert.
Rom hat diesbezüglich ein eindeutiges Schreiben veröffentlicht (http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_council…), das klarstellt, dass ein Austritt aus dem mystischen Leib der Kirche mit einem Glaubensabfall (Apostasie) verbunden sein muss, das „Einsparen“ der Kirchensteuer / des Kirchenbeitrags bei gleichbleibendem Zustimmen zum katholischen Glaubensbekenntnis wäre dann de iure kein Austritt. (Diskussion dazu z.B. bei http://www.kath.net/detail.php?id=28014t).
Gehen wir von diesem katholischen Rechtsbegriff aus, sind Sie (solange Sie das christliche Glaubensbekenntnis und den Katechismus der Katholischen Kirche noch immer vollinhaltlich bejahen können und einen Wunsch nach dem Empfang der Sakramente verspüren) nicht aus der katholischen Kirche als Leib Christi ausgetreten, sondern nur aus der öffentlichen Körperschaft namens katholische Kirche.
Inwieweit die solidarische Abgabe der Kirchensteuer / des Kirchenbeitrags zu einem gläubigen Katholiken dazugehört oder nicht, wird im päpstlichen Schreiben nicht behandelt. Es erscheint aber für einen Christen nachvollziehbar, dass er einen Teil seines Einkommens hergibt für die Organisation der Sakramente und die Armen (wie das in der Apostelgeschichte ja auch schon angedeutet wird).
Ob sich Ihre Großmutter von diesen juristischen Spitzfindigkeiten beeindrucken lässt, bleibt natürlich fraglich. Der Witz der katholischen Kirche ist ja, dass es nur die eine gibt und keine andere. Der Kirchenbeitrag / die Kirchensteuer ist aber nur auf Deutschland, Österreich und die Schweiz beschränkt. Würden Sie also in Irland z.B. leben, würden Sie sich diese Frage nicht stellen.
Nur wegen Ihrer Großmutter in die Kirche wiedereinzutreten, würde dann aber natürlich auch die Frage nach Ihrer eigenen Wahrhaftigkeit aufwerfen. Schließlich sind Sie allein für Ihr Seelenheil verantwortlich und niemand sonst.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Mag. Martin Deutsch