Hallo Karl,
dass die Fenster des Hauptschiffs „verkürzt“ sind und unporportioniert wirken, hängt bei St. Peter und Paul in Weißenburg damit zusammen, dass die Seitenschiffe im Vergleich zum Hauptschiff relativ hoch sind. An Bauten, bei denen das Hauptschiff die Seitenschiffe mehr überragt, ist Platz für schmalere, „gotischere“ Fensteröffnungen. Statisch hatte man so hohe Hauptschiffe auch erst ein wenig später mit seitlichen Strebebögen im Griff.
Dass das Hauptschiff nicht zunächst frei stand und später mit den Seitenschiffen ergänzt wurde, ist an den Wänden zwischen Hauptschiff und Seitenschiffen zu erkennen, die so schmal auch nicht als provisorische Außenwände errichtet worden wären, weil sie den spreizenden Kräften auch eines hölzernen Dachstuhls nicht gewachsen gewesen wären, vor allem aber (vom Innenraum aus gesehen) an der Fortsetzung der Seitenfenster des Hauptschiffs nach unten, die dort illusionistisch als „regulär proportionierte“ gotische Fenster gestaltet sind, aber nicht nachträglich zugemauert wurden - das lässt sich an den einzelnen Steinen erkennen, die die im Halbrelief ausgeführten „Leibungen“ der dekorativ nach unten fortgesetzten Fenster in ganz regulärem Mauerwerk überschreiten, sie sind in gleicher Weise über die Fugen gesetzt wie in der übrigen Wand, ohne dass eine unterschiedliche Struktur der Wand innerhalb und außerhalb der „Scheinfenster“ erkennbar wäre.
Die „abgehackten“ Fenster sind also offenbar eine Notlösung, um trotz des die Seitenschiffe nur wenig überragenden Hauptschiffes relativ große (da breite) Fensterflächen zu erreichen, und auf der „Schauseite“ im Innenraum dekorativ zu regelmäßigen Proportionen ergänzt, ohne dass dieser illusionistische untere Teil einmal offen gewesen wäre.
Beispiele für ähnliche Lösungen fallen mir auf Anhieb nicht ein, aber es gibt sie sicherlich. In etwas früheren, noch stärker von der Romanik geprägten Bauwerken sind die Seitenwände des Hauptschiffs entweder fensterlos oder mit Ochsenaugen (früher) oder (später) mit ausgewogener wirkenden, aber weniger Licht einlassenden Drillingsfenstern versehen. In Hoch- und Spätgotik bieten die Hauptschiffe mit übersteigerter Höhe genügend Platz für im Vergleich zur Höhe schmalere Fenster.
Schöne Grüße
MM