Kirche regelt Sex im Mittelalter

Hallo,

habe neulich etwas über die Regelungen der Kirche bzgl. Sex gelesen.
Scheinbar durfte man im Mittelalter nur zu bestimmten Tagen (Feiertage vielen aus etc.) es sollte wohl bestimmte Kleidung getragen werden, damit wirklich nur der Intimbereich Kontakt hat und nur die Missionarsstellung sei erlaubt.
Das nur verheiratete Paare Sex haben durften, verstehe ich noch. So war dafür gesorgt, dass die Kinder einen Ernährer haben und war wohl ein „natürliches“ Verhütungsmittel.

Aber alles Andere verstehe ich nicht. Warum hatte die Kirche im Mittelalter so strenge Grenzen und Gesetzte für den Verkehr?

Vielen Dank
Gruß Jenny

Hallo Jenny!

Tja, wer soll das verstehen?

Einen wirklichen Grund hatte die Kirche eigentlich gar nicht!
Es war so eine Art „Rache“ für das Zölibat!

Da die Priester selbst keinerlei geschlechtliche Beziehungen unterhalten durften, begannen sie auch Freizügigkeit und Nacktheit zu „verteufeln“. Das „böse“ Weib mußte sich bedecken, um ja niemanden in Versuchung zu führen. Ein wahrhaft gottgefälliger Mensch hatte auch keine Begierde zu verspüren, sondern lediglich (gerade noch akzeptiert) den Wunsch Erben zu zeugen. An „heiligen“ Tagen hatte man dann ohnehin nur an den Gott zu denken und fleischliche Gelüste waren absolut Tabu!

Das führte zu diversen Vorschriften, wie und wann der „Akt der Zeugung“ stattzufinden hatte, und natürlich auch mit wem!

Bei entsprechender Ablasszahlung wurden übrigens alle Gebote über Bord geworfen. Viele Adelige und vorallem Könige hatten haufenweise unehelich gezeugter Bastarde, die voll akzeptiert wurden.

Und Mätressen gab es auch jede Menge, egal an welchem Tag!

Scheinheiligkeit liegt der Kirche ja ohnehin…

Hoffe ich konnte dir damit helfen.

Liebe Grüße, Yvisa

Klarstellung

Hallo,

habe neulich etwas über die Regelungen der Kirche bzgl. Sex
gelesen.
Scheinbar durfte man im Mittelalter nur zu bestimmten Tagen
(Feiertage vielen aus etc.) es sollte wohl bestimmte Kleidung
getragen werden, damit wirklich nur der Intimbereich Kontakt
hat und nur die Missionarsstellung sei erlaubt.
Das nur verheiratete Paare Sex haben durften, verstehe ich
noch. So war dafür gesorgt, dass die Kinder einen Ernährer
haben und war wohl ein „natürliches“ Verhütungsmittel.

Aber alles Andere verstehe ich nicht. Warum hatte die Kirche
im Mittelalter so strenge Grenzen und Gesetzte für den
Verkehr?

im Mittelalter ging es sehr freizuegig und tolerant zu. ob irgendwo wer was in kirchenhandbuechern niederschrieb hatte keinen effekt.

Man tendiert zur Verharmlosung anderer Sünden
Hallo Jenny,

es gab immer wieder einzelne kirchliche Strömungen, die sehr strikte Vorschriften hatten, das dauerte bis ins 20. Jahrhundert und ist da und dort heute noch vorhanden.

Die Durchsetzung war eben extrem unterschiedlich; es blieb (bleibt) der Autorität des Priesters vor Ort vorbehalten, zu welcher „Spiritualität“/Strömung er sich zählen wollte; vereinzelt kam es zwar seit dem Ende des Mittelalters (Tridentinum 1565) auch zu gesamtkirchlichen Richtlinien sowie im 19. Jahrhundert mit den sogenannten „Tarifbussen“ zu päpstlich akzepierten Lehrbüchern, die solche Vorschriften kannten. Der Fokus liegt seit jeher auf denjenigen sexuellen Praktiken, die eine Zeugung von vorneherein ausschliessen, z. B. gilt gemeinsame Selbstbefriedigung oder gelten Praktiken ohne eigentlichen Geschlechtsverkehr, bei denen es aber trotzdem zum Orgasmus kommt, als problematisch.

(Allerdings wird die Strenge der Vorschriften bisweilen auch überschätzt; dass z. B. nur eine Stellung zulässig wäre, ist nur wegen einzelner Gruppen behauptet worden, weil nämlich diejenigen Leute, die „ja nichts falsch“ machen wollten bzw. die Priester, die „ja keinen falschen Rat geben“ wollten, sich auf diese Praxis bzw. den Rat zu dieser Praxis beschränkten. Gesamtkirchlich vorgeschrieben war das meines Wissens nicht, ebensowenig wie das Anbehalten von Kleidungsstücken oder die Dunkelheit. Die Strömungen innerhalb der Kirche waren und sind da bis heute sehr unterschiedlich. Es gibt solche, die raten generell zum Verzicht, andere raten zur Freiheit.)

Gesamtkirchliche Lehre ist, dass es „in sich schlechte Handlungen“ gebe, wozu dann eben diejenigen Handlungen gehören, die die Zeugung verhindern (insbesondere Verhütung ohne besonders schweren Grund), sowie dass der Geschlechtsverkehr ausserhalb der Ehe verpönt ist.

Was man in diesem Zusammenhang bisweilen vergisst, ist, dass nach verbindlicher kirchlicher Lehre die Liebe die Hauptrolle spielt, und dass alle möglichen Sünden (oder Handlungen, die es evtl. sein könnten) nach ihrer Schwere in Bezug auf die Achtung, Liebe und Freiheit des Partners bemessen werden:

Die Sünde wiegt schwerer, falls man den Partner/die Partnerin mit der besagten Praxis unter Umständen herabsetzt (Beispiel: Ich verhüte, weil ich mich für die Partnerin/den Partner nicht entscheiden kann; oder: Ich übe eine bestimmte Handlung aus, weil ich mir sogar sicher bin, dass ich mich nicht wirklich mit diesem Partner langfristig zufriedengebe. Auch die strikte Beschränkung auf eine Praxis gegen den Willen des Partners kann hier problematisch werden).

Sodann ist anzumerken, dass andere Sünden ebenfalls leicht den gleichen Schweregrad erreichen wie eine schwere Sünde gegen das sechste Gebot, nur vergisst man diese anderen Sünden sehr leicht: die Sünden in Gedanken, z. B. das Schwelgen in Neid, der Hass auf einen Menschen oder die feindschaftliche Auflehnung gegen Gott.

Gruss,
Mike

Nachtrag: Kommunion
Hallo Jenny,

noch zum Problem der Feiertage:
Man war (und ist) gehalten, sich vor Empfang der Kommunion eine Zeitlang zu enthalten, sowas gilt übrigens auch für das Essen. Gemäss Tridentinum durfte man 7 Stunden lang nichts gegessen haben, bevor man die Kommunion empfing. Gemäss heutigen Vorschriften genügt eine Stunde (die gewöhnlich erst kurz vor dem Gottesdienst beginnt).

So ist es an hohen Feiertagen und Sonntag empfohlen, auf Geschlechtsverkehr zu verzichten. Ansonsten sollte man die Eucharistie ohne Kommunionempfang besuchen.

Gruss,
Mike

Hallo

Wie hätte die Kirche denn das alles kontrollieren können? Die Städte im Mittelalter waren voll von Sex. Das fromme Kirchenmänner Regeln aufzustellen versuchten, heisst ja lange nicht, dass die Regeln aucht befolgt wurden. Zölibat kann man auch so auffassen, dass der Priester nicht heiraten darf. Aber man braucht seine Haushälterin nicht heiraten, und die Mädchen vom Bordel schon gar nicht.

Es gibt viele Mythen darüber, was „die Kirche“ einmal getan hat. Mindestens eine Mythe hat sich in deine Darstellung eingeschlichen. Der Ausdruck „Missionarstellung“ ist nicht mittelalterlich, sondern stammt von dem Buch „Sexual Life of Savages“ (1929) des Anthropologen Bronislaw Malinowski ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bronis%C5%82aw_Malinowski ), das ausser als Wissenschaft auch als Pornographie (sehr milde, nach heutigem Standard) gekauft wurde. Die Missionare sind in dem Fall englische viktorianische Methodisten im Südsee um 1900. Wie Malinowski erzählt, versuchten die Methodisten vergeblich, das Sexualverhalten der Eingeborenen zu reformieren. So war es meistens auch im Mittelalter.

Beste Grüsse,
TR

Hallo Jenny,

kannst Du bitte noch angeben, wo Du das gelesen hast? Eine Vertiefung der Frage wäre dann im Brett Mittelalter angebracht.

Gruß,
Andreas

Hallo,

ja aha…Mittelalterbrett. Das kannte ich bisher noch nicht. :smile:
Bin ja noch nicht lange hier.

Gelesen hab ich das bei…meinem Zahnarzt. :smile: Aber das wolltest du sicher nicht wissen. War eine Spiegelzeitschrift. Aber die war sicher schon etwas älter…

Gruß Jenny

Scheinbar durfte man im Mittelalter nur zu bestimmten Tagen
(Feiertage vielen aus etc.) es sollte wohl bestimmte Kleidung
getragen werden, damit wirklich nur der Intimbereich Kontakt
hat und nur die Missionarsstellung sei erlaubt.

Umgekehrt wird ein Schuh draus. In einer Zeit ohne Zentralheizung, mit ungemütlichen Strohbetten und ohne fließendes Wasser im Bad wollte man weder selbst nackt sein, noch war die Nacktheit des Partners i. d. R. ein wünschenswerter Anblick. Um dennoch der gottgefälligen Pflicht des Kindermachens nachkommen zu können, waren entspr. Intimöffnungen in den Klamotten einfach eine Notwendigkeit. Und die Stellung, in der diese Pflicht nachgekommen wurde, war der Kirche schon immer herzlich gleichgültig - solange der GV zumindest potentiell vermehrungsfördernd war.

Gruß