Hallo. Ich brauche mal ein Rat. Wenn jemand was unterschlagen hat und die Polizei Mühlen nur langsam laufen, und der Betreffende auch von einem Anwalt angeschrieben wurde und zur Herausgabe aufgefordert wurde, dieses aber ignoriert, was passiert dann wenn man Klage gegen denjenigen einreicht?
Erwirkt man damit einen Titel gegen denjenigen oder wird er gerichtlich gezwungen die Sache heraus zu geben?
Wenn das über Prozesskostenhilfe läuft, entsteht den Klagenden dann grosse Kosten?
Danke
Die bloße Nichtherausgabe einer Sache ist keine Unterschlagung. Darauf kommt es bei einer zivilrechtlichen Klage aber auch nicht an. Es kommt darauf an, ob der Kläger vom Beklagten die Herausgabe verlangen kann. Das kann aus verschiedenen Gründen der Fall sein. Zum Beispiel gemäß § 604 BGB nach Ablauf einer Leihfrist oder gemäß §§ 985 f. BGB, wenn der Besitzer gegenüber dem Eigentümer nicht zum Besitz berechtigt ist.
Wenn der Kläger den Prozess gewinnt, ist das Urteil ein Vollstreckungstitel. Es ist dann allerdings nicht Aufgabe des Gerichts, die Herauszugabe zu erzwingen. Damit kann der Inhaber des Titels vielmehr einen Gerichtsvollzieher beauftragen, wenn der Beklagte die Sache trotz des Urteils nicht herausgibt.
Wie hoch die Kosten sind, hängt vom Gegenstandswert und damit vom Wert der Sache ab, die herausverlangt wird. Prozesskostenhilfe muss, wenn überhaupt, nur zurückgezahlt werden, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Pkh-Berechtigkeiten innerhalb von vier Jahren ändern. Gewinnt der Kläger den Prozess, trägt aber sowieso der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits. Das ist nur dann wenig hilfreich, wenn dort nichts zu holen ist.
Vielleicht auch folgendes:
Falls der „Unterschläger“ den Gegenstand verkauft hat, ist der Eigentümer gekniffen, denn er bekommt den Gegenstand vom Käufer nicht wieder. Klingt komisch, ist aber so, und wäre anders, wenn der Gegenstand gestohlen statt unterschlagen wurde.
Vielleicht klingt es weniger komisch, wenn man ein wesentliches Kriterium bedenkt: den guten Glauben des Erwerbers. So lautet zum Beispiel § 932 Abs. 1 S. 1 BGB:
„Durch eine […] Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er […] nicht in gutem Glauben ist.“
Der Erwerber kann das Eigentum des Veräußerers in der Regel nicht prüfen (wie denn?) und wird sein Geld, wenn er die Sache trotzdem herausgeben muss, häufig nicht wiedersehen. Das Gesetz hat nun zwei Möglichkeiten: Es stellt den gutgläubigen Erwerber besser als den Eigentümer oder umgekehrt. Wieso es gerechtfertigt sein kann, den gutgläubigen Erwerber besserzustellen, zeigt sich besonders deutlich, wenn man die Ausnahme bedenkt. In § 935 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es:
„Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war.“
Wenn man das Problem vereinfacht an einem Gegensatz von Diebstahl und Unterschlagung festmacht (wobei das Gesetz von Diebstahl wirklich spricht, von Unterschlagung aber nicht, und für Diebstahl keine Schuld im Sinne des Strafrechts erforderlich ist, so dass auch zum Beispiel der Diebstahl eines schuldunfähigen Kindes genügen würde), zeigt sich der gesetzgeberische Gedanke:
Bei der Unterschlagung hat der Eigentümer die Sache freiwillig aus der Hand gegeben. Beim Diebstahl wurde er nur Opfer der Umstände. Dem sind die oben genannten Argumente für den Schutz des gutgläubigen Erwerbers gegenüberzustellen. Ein typisches Beispiel ist die Probefahrt eines kriminellen Autohaus-„Kunden“: Der „Kunde“ bekommt das Auto für die Probefahrt ausgehändigt, weil das Autohaus ihm nach Kriterien vertraut, über die es beliebig entscheiden kann. Wenn sich der „Kunde“ mit dem Auto auf und davon macht und es mit gefälschten Papieren an einen gutgläubigen Erwerber verkauft, kann man dem Autohaus außer der freien Entscheidung über die Kriterien für die Herausgabe vorhalten, dass es einen Mitarbeiter hätte mitfahren lassen können.