Klageverzicht als Wette auf Prozessausgang eines Dritten

Hallöchen,

gegen einen Arbeitgeber laufen gerade mehrere Verfahren, in dem Mitarbeiter Ansprüche auf eine Gehaltserhöhung zum Zwecke des Ausgleichs von Kaufkraftverlusten geltend machen. Grundlage des Anspruchs soll ein Schreiben sein, dass der AG vor rd. 10 Jahren an einige hundert MA verschickte und über dessen Inhalt bzw. den Rechtsbindungswillen unterschiedliche Ansichten bestehen.

Das erste Verfahren eines Kollegen sei aus seiner Sicht verloren gegangen, so dass man sich nun vor dem Landesarbeitsgericht unterhält. In einer Veranstaltung habe der Leiter des Bereichs Recht mündlich zugesagt, das Ergebnis des Verfahrens, so es denn rechtswirksam beendet ist, auf alle betroffenen Mitarbeiter anzuwenden.

Ein paar Wochen später erhalten die Mitarbeiter eine E-Mail, aus der sinngemäß hervorgehe, dass das Urteil nur auf die angewendet werde, die ein Schreiben mit dem nachstehenden Inhalt unterschreiben:
A) unvollständige und teilweise unrichtige Darstellung des Gegenstandes des Verfahrens
B) Der Arbeitgeber erklärt sich bereit, das Ergebnis des Verfahrens auf den unterzeichnenden Mitarbeiter anzuwenden.
C) Der Mitarbeiter verzichtet auf die Erhebung einer Klage gegen den Arbeitgeber.

Letzteres kommt mir komisch vor. Aus dem Arbeitsrecht ist mir bekannt, dass ein Kündigungsverzicht im Zusammenhang mit einer Kündigung nur dann wirksam ist, wenn der Mitarbeiter eine „Gegenleistung“ in Form einer Abfindung o.ä. erhält.

Hier fehlt die sichere Gegenleistung jedoch komplett. Im Grunde soll der MA sein Recht auf eigene Klage gegen eine Wette auf den Prozessausgang eines Dritten aufgeben, d.h. auf ein Verfahren, auf das er null Einfluss hat und dessen Gegenstand dem MA auch gar nicht vollständig bekannt ist.

Kann ein Mitarbeiter einen Kündigungsverzicht in diesem Kontext bzw. unter diesen Umständen überhaupt so erklären, dass er bindend und eine Klage danach wirklich ausgeschlossen wäre?

Gruß
C.

Hallo,

Hast Du hier eventuell ein Verb vergessen? Zum Beispiel „unterlassen“?

Grüße
Pierre

Hallo,

nein, das war schon so gemeint: die Präambel zur Vereinbarung enthält i.W. einen kurzen Passus zum Arbeitsvertrag des Mitarbeiters und dann eine

vor dem Landesarbeitsgericht, auf das sich die Vereinbarung bezieht.

Gruß
C.

Oh, jetzt ist der Groschen gefallen. Das ist kein Zitat aus der E-Mail, sondern Deine Zusammenfassung des Textes. Richtig?

Meinst du wirklich Kündigungsverzicht oder doch eher Klageverzicht?

Klageverzicht. In der Überschrift richtig, im Text falsch. :see_no_evil:

Genau.

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Leider bin ich kein Experte für Arbeitsrecht. Hier trotzdem meine Gedanken:

Der Grundsatz lautet, dass jeder jede Vertragserklärung wirksam abgeben kann. Unwirksam ist eine solche Erklärung nur, wenn sich ein konkreter Grund dafür findet. Wenn man den findet, dann am ehesten im Gesetz. Das Gesetz, das den Kündigungsverzicht ohne Gegenleistung unwirksam sein lässt, lautet in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB:

„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“

Die Frage nach der Gegenleistung ist in deinem Fall also falsch gestellt. Beim Kündigungsverzicht ist die fehlende Gegenleistung das, was die unangemessene Benachteiligung ausmacht.

Worin aber liegt in deiner Konstellation die unangemessene Benachteiligung? Im Grunde lautet das Angebot doch, sich darauf zu verständigen, dass die erwartete Entscheidung des Berufungsgerichts (oder die spätere Entscheidung einer weiteren Instanz) in jedem Fall verbindlich sein soll, gleich wie sie ausfällt. Klingt fair. Oder?

Wie sieht die Chancen-Risiko-Verteilung für den AG aus?
Unterzeichnet:

  • Vorteil: keine weiteren Klagen, egal wie das Verfahren ausgeht
  • Nachteil: keiner

Nicht unterzeichnet:

  • Vorteil: keiner
  • Nachteil: weitere AN klagen ggfs., sofern das Verfahren am LAG aus Sicht des AG verloren geht.

Wie sieht die Chancen-Risiko-Verteilung für den AN aus?
Unterzeichnet:

  • Vorteil: Urteil wird auf ihn angewendet, aber ohne Abkommen könnte der AN selber klagen und das gleiche Ergebnis erzielen, also faktisch kein Vorteil
  • Nachteil: er gibt die Chance einer eigenen Klage für den Fall aus der Hand, dass der AG im laufenden Verfahren obsiegt

Nicht unterzeichnet:

  • Vorteil: er kann klagen, wenn der AG im laufenden Verfahren obsiegt und ggfs. ein anderes Ergebnis erzielen (bspw. mit einem anderen Anwalt, einer anderen Argumentation)
  • Nachteil: keiner, außer der unmittelbaren Anwendung eines Urteils pro AN; er kann dann aber selber klagen und das gleiche Ergebnis erzielen.

Chancen und Risiken sind also völlig ungleichmäßig verteilt. Der AG hat vom Abschluss des Abkommens Vorteile und keine Nachteile, der AN hingegen hat keine Vorteile und ggfs. einen Nachteil.

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass eine zweite Klage zu einem anderen Ergebnis führt als die erste. Das gilt insbesondere, wenn dieselbe Kammer/derselbe Senat zuständig wäre, was sich aus den Geschäftsverteilungsplänen von Arbeits-, Landesarbeits- und Bundesarbeitsgericht ergibt, die sicherlich online zu finden sind. Besserer Anwalt, bessere Argumente, alles schön und gut. Aber an deutschen Gerichten sitzen so ziemlich ausschließlich Leute mit Prädikatsexamina, die Laienrichter (m/w/d) natürlich ausgenommen; diese Leute verstehen die Rechtslage auch ohne anwaltliche Hilfe.

Natürlich kann man eine abweichende Entscheidung nicht ganz ausschließen. Dieses Risiko tragen aber doch beide Seiten. Wenn der AG das derzeit laufende Verfahren verliert, kann er es in den anderen Fällen, denen mit Unterschrift, nicht mehr auf eine Klage ankommen lassen, obwohl er mit besserer Prozessvertretung und besseren Argumenten oder aus welchen Gründen auch immer die anderen Verfahren gewinnen könnte. Die derzeit nicht klagenden AN erlangen also einen Vorteil aus der Vereinbarung. Ich sehe keine unangemessene Benachteiligung.

Ist die Klage eigentlich auf eine Gehaltserhöhung gerichtet oder direkt auf eine (Nach-)Zahlung von Gehalt?

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Gehen wir für den Moment davon aus, dass das überhaupt nicht unwahrscheinlich ist, weil schon bei den ersten Prozessen an den Arbeitsgerichten völlig unterschiedlich argumentiert und auch geurteilt wurde. Auch bei dem Prozess am LAG zeichnet sich ab, dass verschiedene argumentative Wege beschritten werden können, die unterschiedliche Aussichten auf Erfolg haben.

Hinzu kommt, dass Prozesse in mehreren Bundesländern geführt werden, so dass es auch dazu kommen kann, dass - sofern verschiedene LAG verschieden urteilen - ein Verfahren am Ende vor dem BAG landet. Auch das ist den meisten MA nicht bekannt, so dass die auch nicht auf dem Schirm haben, dass zum Zeitpunkt eines rechtskräftigen Urteils schon vertragliche und gesetzliche Ausschluss- bzw. Verjährungsfristen gerissen worden sei könnten. Der AG weiß das natürlich und hofft auch deshalb auf möglichst viele Klageverzichte (s.u.).

Und da kommen wir an den Punkt, dass die MA, die das Ding unterschreiben sollen gar nicht wissen, was genau der Gegenstand der Klage ist und was - im Falle eines positiven Ausganges - dann auf sie übertragen wird. Das ist durchaus erheblich, weil viele Mitarbeiter glauben, dass es um die Auslegung eines bestimmten Schreibens geht, während der klagende MA aus Kosten- und prozessstrategischen Gründen auf eine minimale Gehaltserhöhung (auf Basis des Schreibens) für das Jahr 2020 klagt. So ist dann durchaus denkbar, dass die unterschreibenden MA zwar die minimale Gehaltserhöhung für 2020 zugesprochen bekommen, aber das Schreiben in dem Verfahren nur als ein Beweismittel gewertet wurde (aber eben nicht über seine grundsätzliche Bedeutung bzw. Interpretation), so dass die MA für Gehaltserhöhungen für die Jahre 2021ff selber klagen müssten (hier auch wieder der Bezug auf Fristen, s,o.), was sie aber nicht können, weil sie ja den Zettel unterschrieben haben.

Das ist das, was ich mit

meinte,

Formal wird auf Nachzahlung des Gehalts geklagt. Nach Ansicht der Rechtsanwälte ergibt sich daraus auch automatisch die Verpflichtung zu einer entsprechenden Gehaltserhöhung. Falls der AG das anders sieht, wird die nächste Klage eingereicht.

Spannende Geschichte. Schade, dass sich hier kein Experte für Arbeitsrecht zu Wort meldet.

Das verstehe ich nicht. Umso mehr der AG auf Verjährung hofft, desto weniger Relevanz hat es doch, ob die AN ausdrücklich darauf verzichten, den AG zu verklagen. Aber das nur am Rande.

Dass der AG einen Klageverzicht wünscht, hat mich gestern schon irritiert. Was soll denn das heißen? Keine Klage, aber ein Mahnbescheid wäre in Ordnung? Nach dem Widerspruch dagegen und dem Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid muss der AN ja keine Klage erheben, sondern dem Gericht eine Anspruchsbegründung schicken, was im Ergebnis so ziemlich dasselbe ist. Und abtreten dürfte der AN seine Gehaltsansprüche schon, nur eben nicht einklagen? Bei einer Kündigung macht ein Klageverzicht Sinn, weil die Kündigung, wenn die Kündigungsschutzklage nicht innerhalb von drei Wochen erhoben wird, als von Anfang an rechtswirksam gilt. Aber bei Gehaltsklagen? Und was ist eigentlich, wenn der AG das Urteil, mit dem er unterlegen ist, zwar irgendwie auf alle betroffenen Mitarbeitenden „überträgt“, die Begründung des Gerichts auf alle Arbeitsverträge „anwendet“, das erhöhte Gehalt aber trotzdem nicht zahlt? Dann könnte der AN, streng am Wortlaut einer solchen Vereinbarung orientiert, nicht klagen.

Natürlich ist es unzulässig, am Wortlaut von Vertragserklärungen zu haften. Und da wir uns ja im AGB-Recht befinden, gilt zudem § 305c Abs. 2 BGB:

„Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.“

Unterschreib mal was, nix genaues sagen wir, wir wissen, was wir meinen, du kannst nur raten, das begründet bei der Auslegung ja durchaus Zweifel.

Viele MA gehen davon aus, dass die Sache kurzfristig mit dem Verkündungstermin am LAG vorüber ist. Geht die Sache ans BAG, können bis zu einem rechtskräftigen noch Jahre ins Land gehen. Wäre dies allen klar, würden einige jetzt schon Klage einreichen, um alle Fristen (vertraglicher und gesetzlicher Art) zu wahren. Wer aber davon ausgeht, dass die Sache bis Ende August endgültig geklärt ist, unterschreibt vielleicht eher einen Klageverzicht.

Je mehr ich erkläre, desto komplizierter wird es. Es geht - immer noch stark vereinfacht - darum, wie und über welchen Betrachtungszeitraum ein Ausgleich für Kaufkraftverluste zu zahlen ist. Hier konkurrieren die Arbeitsverträge mit Dienstvereinbarungen und einem Schreiben, dass der AG versandte, das die für die Mitarbeiter vorteilhaftesten Bedingungen beinhaltete (jährliche Ausgleich, jährliche Betrachtung). Daran fühlt sich der AG aber nicht gebunden, weil nur quasi Wissens-, aber nicht Willensbekundung. So eine Wissensbekundung leitet man ja in der Regel auch mit „wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können…“ ein.

Wie dem auch sei: wenn man nun seinen Anspruch auf Gehaltserhöhung geltend macht, erhält man ein Standardschreiben des AG, mit dem dieser den Anspruch zurückweist. Danach kann man gem. Arbeitsvertrag innerhalb von sechs Monaten klagen oder die Sache hat sich erledigt. Und genau auf dieses Klagerecht verzichtet man, wenn man sich dem Urteil aus dem laufenden LAG-Verfahren (bzw. dem anschließenden Verfahren vor dem BAG) unterwirft.

Das ist in der Tat auch ein Punkt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das hier

durchaus ein Punkt ist. Wenn der AG zwar die Forderung gem. Klage erfüllt, aber die Gehaltserhöhung nicht umsetzt, ist nicht viel erreicht, weil der interessante Teil in der Zukunft liegt, d.h. alle Gehaltszahlungen 2021 bzw. 2022 und auch die Ruhegehälter/Betriebsrenten/BAV sind davon betroffen.

Das ist ein durchaus interessanter Einwand. Zweifel an der Auslegung gibt es ja in mehr als nur einem Punkt. Ich werde zumindest den Punkt mal unauffällig im Kollegenkreis lancieren.

Hallo,

man müsste diese Erklärung im Gesamtzusammenhang und vollständig lesen können, um sie abschließend bewerten zu können.
Nur daraus lässt sich erkennen, ob der AN-Anspruch fristhemmend rechtswirksam geltend gemacht wurde.
im Übrigen werden derartige Klagen durchaus von den Arbeitsgerichten gebündelt. Es kommt relativ häufig vor, daß an Kammerterminen mehrere gleichartige Klagen gegen denselben AG gemeinsam terminiert werden.

&tschüß
Wolfgang

Hallo,

ich kann allenfalls den Teil mit dem Klageverzicht zitieren:
„Im Gegenzug verpflichtet sich [der Mitarbeiter], das rechtskräftige Urteil bezüglich der Auslegung der Klausel für den streitgegenständlichen Zeitraum [Anmerkung: im Text steht, dass es im Verfahren um den Zeitraum von 2012-September 2022 ginge, was aber nicht zutreffend ist; schon über den Beginn des Betrachtungszeitraums gibt es unterschiedliche Auffassungen und der MA begehrt tatsächlich im laufenden Verfahren nur den Ausgleich der Kaufkraftverluste für 2020] für seine arbeitsvertragliche Regelung anzuerkennen und von einer Klageerhebung diesbezüglich abzusehen.“

In diesem Fall nicht. An einem Standort sind drei Verfahren anhängig. Das erste liegt beim LAG, beim zweiten wurde ein Schlichtungstermin anberaumt und beim dritten gibt es Ende August einen Kammertermin, nachdem ein Gütetermin im Januar ergebnislos verlief.

Gruß
C.

Genau den Experten sollte man aufsuchen. MIt allen Unterlagen. Hoffentlich hat man einen Rechtschutz, z. B. über die Gewerkschaft.
Hier im Forum können wir ohne die vollständigen Unteralgen nur herumspekulieren.

Hallo,

solange nicht klar ist, was konkret für den Klageverzicht „geboten wird“, kann dieser Teil nur so beurteilt werden, daß er nicht von vorneherein unzulässig ist.

&tschüß

Wolfgang

Hallo,

geboten wird - wie beschrieben - nichts, sondern lediglich die Partizipation an einem Urteil in einem Verfahren, dessen Gegenstand die Mitarbeiter nicht genau kennen. Das ist insofern „nichts“, als dass die Mitarbeiter selber auch klagen könnten und ein solches Verfahren natürlich genauso entschieden werden würde, wie es das LAG als Berufungsinstanz in wenigen Wochen entschieden haben wird. Der einzige greifbare Vorteil ist, dass sich der MA den Weg zum Anwalt und damit dessen Honorar spart. Angesichts der Beträge, die im Raum stehen, ist das aber eine zu vernachlässigende Größe.

Naja, sagen wir es mal so: die Reaktion der meisten MA ist die, dass sie das Ding nicht unterschreiben werden, weil der entscheidende rote Faden, der sich seit knapp 18 Monaten durch die Angelegenheit zieht, das auf Täuschung, Lüge und Missinterpretation basierende Verhalten des AG ist (vgl. auch 2. und 3. Absatz der Ausgangsfrage) und natürlich allen klar ist, dass sie nicht wissen, was sie da eigentlich unterschreiben (Gegenstand des Verfahrens).

Vor dem Hintergrund wird der Versuch des AG, die AN über die Vereinbarung quasi ruhig zu stellen, als das abgetan, was es ist: wieder ein Kackmove, der dazu dient, die Mitarbeiter davon abzuhalten, ihre Ansprüche geltend zu machen. Insofern wird abgewartet, wie das Verfahren vor dem LAG ausgeht. Mich betrifft die Veranstaltung auch nicht, weil ich schon längst Klage eingereicht habe.

Gruß
C.

Das leuchtet mir nach wie vor nicht ein. Wenn die Vereinbarung darauf abzielt, das letztinstanzliche Urteil als für den Fall des unterschreibenden AN als verbindlich zu betrachten, tragen doch der AG und der jeweilige AN das gleiche Risiko: In einem weiteren Verfahren könnte der konkrete Einzelfall anders entschieden werden. Aber ich will mich jetzt nicht in ein Hamsterrad begeben.

Was das Problem der Fristen angeht: Ich weiß nicht, was du mit „Ausschlussfristen“ meinst. Die Verjährungsfalle, die der AG aufstellt, sehe ich nicht, jedenfalls nicht bei dem Sachverhalt, wie du ihn bislang geschildert hast. Die Vereinbarung, dass das letztinstanzliche Urteil „angewendet“ wird, lässt sich doch zwanglos dahin auslegen, dass der AG sich nicht auf Verjährung berufen wird, oder dass die Verjährungsfrist gehemmt sein soll oder dergleichen. Abgesehen davon, dass:

„Wenn du unterschreibst, bekommst du was, wenn das Urteil soundso ausfällt.“

und

„Reingelegt! Jetzt, wo das Urteil vorliegt, ist dein Anspruch verjährt.“

eine der sehr seltenen Konstellationen wäre, in denen ich einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) annehmen würde.

Damit will ich nicht sagen, dass die AN sich darauf verlassen sollen. In der Rechtspraxis ist es bei drohender Verjährung nicht unüblich, dass der Anspruchsgegner für eine bestimmte Frist auf die Verjährungseinrede ausdrücklich verzichtet (Vorsicht, Falle: Dieser Verzicht hemmt den Lauf der Verjährungsfrist nicht). Man sollte aber aufpassen, keine Individualabreden zu treffen, sonst gilt das schöne AGB-Recht nicht mehr, weil die Individualabreden vorgehen (§ 305b BGB).

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Ein weiteres Verfahren wäre zumindest seitens des unterzeichnenden Mitarbeiters ausgeschlossen. Und es ist nicht die Rede von einem letztinstanzlichen Urteil, sondern von einem rechtskräftigen Urteil im laufenden Verfahren. Das wird voraussichtlich mit dem ersten Urteil des LAG in Bundesland X vorliegen. Es ist aber durchaus denkbar (und aus gewissen Gründen auch durchaus nicht unwahrscheinlich), dass das LAG in Bundesland Y ein anderes Urteil spricht. Unterschreibt der MA den Klageverzicht, beraubt er sich der Möglichkeit, selber vor ein anderes LAG zu ziehen; von einem Urteil vom BAG ganz abgesehen.

Da jeder MA auch selber klagen könnte, ergibt sich aus dem Klageverzicht kein konkreter Vorteil für die MA, sondern lediglich der genannte Nachteil.

:point_down:

Dieser Fristablauf steht bei einigen MA an und würde wohl nur vermieden werden, wenn das Urteil des LAG wirklich innerhalb der nächsten Wochen gesprochen und verkündet wird. Geht der Vorgang wider Erwarten vor das BAG, war es das.

Ja, könnte man meinen, allerdings gehen ja schon die Meinungen bzgl. der Formulierung „jährlich prüfen“ oder „Günstigerprüfung“ weit auseinander. Dass der AG die Formulierung in der Vereinbarung auch nur ansatzweise zu Gunsten der MA auslegen wird, ist nicht zu erwarten.

Das Problem ist, dass es zwar beim jeweiligen MA für die Jahre 2020 und 2021 nur um überschaubare Beträge geht, aber aufgrund der Zahl der MA und des Ausstrahlens auf zukünftige Gehälter, Betriebsrenten und Ruhegehälter reden wir hier von einem eher dreistelligen Millionenbetrag und so ist die Geschäftsleitung natürlich schon sehr darauf erpicht, diesen Schaden vom Unternehmen bzw. seinen Gesellschaftern fernzuhalten - auch mit ziemlich fragwürdigen Methoden (zwei Beispiele von vielen: ein Mitarbeiter habe an einer Veranstaltung zu dem Thema gar nicht teilgenommen, könne sich daher auch nicht auf abgegebene Aussagen berufen. Nur war es eine Videokonferenz und der MA war laut und deutlich zu sehen. Und: ein angemeldeter Anspruch wurde mit Verweis auf den Arbeitsvertrag abgebügelt. Nach Klageeinreichung bat die Personalabteilung den fraglichen MA freundlich um Übersendung einer Kopie des Arbeitsvertrages, da sich der leider nicht in der Personalakte befände).

Das wird sicherlich nicht passieren. In der Vergangenheit wurden alle Register gezogen, um Verjährungen herbeizureden, auch wenn man dann immer wieder zurückrudern musste.