Wen lädt man ein: den Freund oder kann der Anzug auch allene kommen?
- ach ja, und übrigens: Was wäre das Mitklatschen des Publikums beim Neujahrskonzert - Radetzkymarsch, wenn nicht alles in einem festlichen Zusammenhang stattfände, zu dem natürlich auch das Publikum seinen Teil beiträgt?
Es wäre banalstes Mitschunkeln: ‚Duu bist - die Rooo-sä, die Rooo-sä vom Wörthersee‘ usw.
Auch am Radio freue ich mich jedes Jahr darauf, wie in Wien der Radetzkymarsch zu Neujahr begangen wird.
Nochwas aus Tante Ernaas Erfaaahrungskiste: Wir standen in der Pause bei einem Konzert im Rokokosaal von Schloß Schwetzingen mit zwei Freunden aus Lyon am Rand des Parks von Schloß Schwetzingen im sanften Licht eines Maienabends. Adelheids weiland Cembalolehrerin, die über die Rekonstruktion eines fragmentarisch erhaltenen Werks von Couperin promoviert hat, der Generation nach „Achtundsechzigerin“ und auch heute noch, mit unüblich rasch fortschreitendem Parkinson-Syndrom geschlagen, immer zu einem Augenzwinkern aufgelegt - es geht auf ihre Initiative zurück, dass heute am Conservatoire von Villeurbanne zum Unterricht in barocken Instrumenten immer am Beginn eine Einweisung in und Übung mit barocken Tanz steht, weil man eben ein Cembalo nicht spielt wie eine Nähmaschine - zupfte meine geliebte Gattin am Ärmel und raunte ihr zu: „Hei, es ist doch gut, dass ich noch bei C&A war, bevor wir gefahren sind - es ist einfach rundherum schön hier, und ich bin mit dabei!“
In diesem Sinne
MM
- tschulljung, war andersrum gemeint.
Es gibt doch aber durchaus Abstufung zwischen abgerissen und aufgebretzelt und auch beim Aufbretzeln gibt es Unterschiede.
Ich habe noch kein richtig festliches Kleid getragen, was bequem gewesen wäre. Abgesehen davon, dass ich mein Geld gerne lieber für mehr Theater o.ä. ausgebe, als für Fummel und Schuhe und Äußerlichkeiten. Ich fühle mich so wie ich ins Theater gehe wohl und auch wenn ich damit auf keinem Voguetitelblatt landen würde (oder je gelandet wäre), so hat sich noch keiner mit Grausen abgewendet.
Kleidungssnobismus ist für mich genau das: Snobismus. Zumal sich über Geschmack trefflich streiten lässt und (da bin ich wieder beim Geld) ich mir die festlichen Kleider, die mir gefallen, nicht leisten kann, bzw. in guten Jeans und einem raffinierten Top sicher besser aussehe, als in einem billigen Fummel, der so tut, als sei er ein Abendkleid.
Grüße
Siboniwe
Eigentlich nicht - beides sind Ausdrucksformen von vulgärer Ichichichichich-Tänzerei: Sie schwenken Fahnen, die, wenn es eher um das geht, was auf der Bühne oder im Graben stattfindet, ganz überflüssig sind. Bürgerliche gute Kleidung brezelt nicht, man kann auch einen Vatermörder ganz locker tragen, wenn man es kann:
Schöne Grüße
MM
Das sehen wir ganz unterschiedlich. Ich finde das ichichich eher im Wichtignehmen des Kleidung, der Angepasstheit der Kleidung an Traditionen und bürgerliche Normen, die von Kunst in Frage gestellt werden.
Gerade das Bürgerliche widerspricht meinem Verständnis von Kunst, oder anders gesagt: beim Kunstgenuss wird der Genuss mehr als die Kunst betont. Jeder wie er mag, aber Konzert im Cineplex mit Nerzstola wirkt auf mich nur lächerlich, nimmt dem Kunstwerk sein Kunst-sein.
Grüße Siboniwe
Hallo Siboniwe!
Bürgerliche Normen, gepflegte Kleidung, vermutlich auch gutes Benehmen und Höflichkeit widersprechen dem Verständnis von Kunst?? Da komm ich - aus dem vorigen Jahrhundert stammend - nicht mit.
Ich gehe sehr oft in die Wiener Oper, den Musikverein, etc. - aber es ist jedesmal ein Fest und ein Kunstgenuß für mich und da gehört es einfach auch dazu, daß ich mich da etwas anders kleide als bei meiner Arbeit. Um nicht mißverstanden zu werden: ich finde ein Abendkleid auf einem Galerieplatz absolut unpassend, aber einen durchaus bequemen Rock oder auch eine schwarze Hose mit Bluse, Jacke hat ja wohl jede Frau im Schrank.
Und ja - ich genieße die Kunst der Sänger, Musiker und bewundere ihr Können und freue mich darüber! Oder besteht Kunst heute wirklich darin auf der Bühne zu grölen oder mit Oszönitäten um sich zu werfen?
Gruß Mannema
Wo habe ich das denn gesagt?
Mir ist nur schon immer das, was vorne auf der Bühne geschieht, bei Weitem wichtiger, als das, was ich im Spiegel sehe und was ich neben mir sehe. Ich ziehe meinen Kunst-Genuss aus dem Geschehen auf der Bühne und was das in meinem Kopf macht, der Rest ist für mich unnötiges Drumherum. Und was das mit Höflichkeit und gutem Benehmen zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Und mit Alter kann es auch nichts zu tun haben. Ich bin, wie oben erwähnt, schon länger kein Teenager mehr.
Grüße
Siboniwe
Ich habe mir überlegt, ob ich das Folgende posten soll. Es ist persönlich und leicht ot, aber vielleicht erklärt es meine Einstellung.
Mein Mann und ich haben in Jeans geheiratet. Jeans - weil wir beide fanden, dass wir darin gut aussahen und uns darin wohlfühlten. Es waren saubere Jeans, keine zerrrupften, und dazu trugen wir Bluse und Hemd. Wir wollten uns gefallen und die Hochzeit war für uns (okay, und ein bisschen für die südafrikansiche Regierung, die es mir sonst schwerer gemacht hätte, im Land zu bleiben, aber nur schwerer, nicht unmöglich).
Das ist nun bis auf wenige Monate 40 Jahre her. Wir sind immer noch verheiratet (mit dem gleichen Ehepartner). Uns war das Versprechen wichtig. Das Gefühl. Der Inhalt. Nicht die Packung.
Das ist persönlich und ich will niemandem absprechen, die eigene Hochzeit so zu genießen, wie er/sie das will. Aber ich bin so gepolt und nicht anders und habe das Glück, dass ich einen Mann gefunden habe, der (nicht nur in dieser Beziehung) zu mir passt.
Im Theater/Konzert ist es ein bisschen anders, weil man nur Teilnehmer, nicht Hauptperson ist, nicht bestimmt. Dennoch reklamiere ich für mich, mich wohl zu fühlen und das für wichtig zu halten, was ich für wichtig halte. Solange ich dadurch die anderen nicht störe. Stinkende, vor Dreck starrende Jacken und Hosen würden den anderne stören, aber nur weil ich Jeans o.ä. trage, nehme ich niemandem etwas davon weg, wie das Bühnengeschehen auf ihn wirkt.
Grüße
Siboniwe
O.k - begraben wir das Kriegsbeil und bleib Du bei Deinen Jeans in Südafrika und ich bei meiner schwarzen Hose in Wien.smile:
Übrigens etwas: mein Mann und ich waren vor vielen Jahren in Kairo in der Oper - dort wurde Herren ohne Krawatte der Zutritt verweigert, da gab es kein Pardon oder eine Ausnahme!!
Gruß Mannema
Ist kein Kriegsbeil. Du störst mich nicht in deiner Garderobe , ich möchte nur meine nach meinen Kriterien auswählen - und darum ging es doch: dass die Zeiten der verbindlichen Kleidervorschriften vorbei sind. Dass das gerade in afrikanischen Ländern anders gesehen wird, ist so. Auch die Tatsache, dass gerade dadurch der Zugang zur Kultur reguliert und auf eine elitäre Schicht begrenzt wird, auch.
Grüße
Siboniwe
Nun haben wir aber reichlich auf der Selbstoffenbahrungsebene vernommen.
Gruß, Diva
Hallo,
ich (männlich) schätze es ungemein,
wenn bei größeren Ereignissen (Oper, Ausstellungseröffnung,
opulenten Einladungen, Besuch eines hervorragenden Restaurants o.ä.)
die Gäste gut bis sehr gut angezogen sind. Man sollte es den anderen
Gästen gegenüber und auch sich selbst gegenüber wert sein.
Was die Qualität der Kleidung angeht:
Ich kenne in München mindestens drei Secondhand-Stores, wo man sehr
gute bis beste Kleidung (z.B. Strenesse, Laurel. Escada, Hallhuber,
Dolce und Gabbana, Rena Lange, Ungaro, Jil Sander, Chanel, selten hin
und wieder sogar Talbot Runhof und Prada… kaum gebraucht oder sogar
ganz neu!!) für den Preis von drei bis fünf Dönern bekommt! Da
muss fürwahr niemand abgerissen auf dem Parkett erscheinen.
„Aber so viele sind dann aber
schlechter angezogen – die gucken dann alle.auf mich…“ Ja, und?
Vielleicht dankt dann so manche Dame und mancher Herr selbstkritisch:
„Herrjeh, das nächste Mal muss ich mich aber auch besser
anziehen…!“
E.
Hallo!
Ja, vielleicht merkt man es, wenn die Kleidung unpassend ist, aber eben zu spät.
ciao
Ja, das Abgeranzte merkt man aber doch hoffentlich, bevor man losgeht.
Dass hier ausgerechnet der TopTenKopfschüttelthread des laufenden Jahres wieder aufgewärmt werden muss.
Mal ein bisschen tolerant werden und ein bisschen locker machen, Hauptsache jeder fühlt sich in sich selber wohl.