Kleine Haare

Hallo Wolfgang,

nichts zu danken, die Korrektur habe ich doch gerne vorgenommen. In letzter Zeit bin ich sowieso immer wieder damit beschäftigt, Gegner der Reform zu korrigieren, wenn diese eine „alte“ oder „neue“ Schreibweise anführen. Viele Reformgegner leiden wohl unter Pleonexie, da sie über etwas reden, von dem sie keine Ahnung haben.

Man kann eine Verwandschaft zwischen „Stengel“ und „stehen“ genauso
postulieren, wie zwischen „Stange“ und „stehen“ und der
willkürlichen Neubildung „Stängel“, für welche eine handvoll NDR-
Desperados vielleicht auch ein mittelalterliches Vorbild ausgegraben
haben könnten.

Das ist richtig. Man kann die Verwandtschaft zwischen Stängel und stehen als wahr darstellen, so wie man auch die Verwandtschaft zwischen plazieren [neu: platzieren] und Plazenta postulieren könnte. Dass dies sinnvoll ist, will ich bezweifeln. Die großen deutschen Wörterbucher der Etymologie (z. B. von Kluge, Duden oder Wahrig) sehen jedenfalls die Verwandtschaft zur Wortfamilie Stange.

… in keinster Weise …
Ist es nicht, könnte aber Bestandteil einer sinnvollen Reform sein,
da üblicherweise gebraucht und von praktischem Vorteil, weil die
Superlativform die unpraktische phonetische Ähnlichkeit von „keiner“
zu „einer“ heilt.

War dies nun ein ironischer Beitrag oder ein ernst gemeinter?
Ich exemplifiziere deinen Vorschlag einmal:

Positiv -> Komparativ, Superlativ
kein -> keiner, am keinsten
–> Keiner ist dagegen, noch keinere sind dafür, die keinsten haben keine / keinere / keinste Meinung.
einzig -> einziger, am einzigsten
-> Tmesis ist das einzige deutsche Lexem, das mit Tm- beginnt. Gibt es auch ein einzigeres Wort?

Es gibt eben Wörter, die gleich geschrieben werden,

(es gibt aber auch Wörter, die erst später geschrieben werden)

Auch in alter Rechtschreibung sprach man von Wörtern, die gleich geschrieben werden. Und schon wieder haben wir ein Wort, das die Inkonsequenz der alten Rechtschreibung aufzeigt. Die Schreibweise ist gleich geblieben [alt: gleichgeblieben], Ausnahmen wurden abgeschafft.

Liebe Grüße
Florian

nichts zu danken, die Korrektur habe ich doch gerne
vorgenommen. In letzter Zeit bin ich sowieso immer wieder
damit beschäftigt, Gegner der Reform zu korrigieren, wenn
diese eine „alte“ oder „neue“ Schreibweise anführen. Viele
Reformgegner leiden wohl unter Pleonexie, da sie über etwas
reden, von dem sie keine Ahnung haben.

Erstens hat das fehlplazierte „h“ in der Etymologie nichts mit dem Unterschied zwischen Rechtschreibung und Neuschrieb zu tun, und zweitens gibt es wohl keinen Reformgegner, der nicht einer weitgehenden Neuschrieb-Immersion jahrelang ausgesetzt gewesen ist.
Überhaupt habt Ihr Neuschriebler eine falsche Vorstellung von der Bedeutung und der Aufgabe von Rechtschreibregeln. Ihr meint, daß das halt Befehle sind, die von hochqualifizierten Generälen ausgeheckt wurden und vom Fußvolk gehorsam ausgeführt werden müssen, so wie es auf dem Exerzierplatz mal „Linksum“ und mal „Stillgestanden“ heißt.
Das aber ist falsch, die Rechtschreibregeln einer hochentwickelten Sprache sind nur der Versuch einer logischen Beschreibung derselben.

Ich exemplifiziere deinen Vorschlag einmal:

Positiv -> Komparativ, Superlativ
kein -> keiner, am keinsten

Und da haben wir schon wieder genau diesen Denkfehler. „In keinster Weise“ sollte natürlich als Ausnahme in die Rechtschreibung aufgenommen werden und nicht als neue Schablone, mit der Kasernenhof-Orthographen dann eine Reihe von grotesken Befehlen entwickeln müssen.

Tm- beginnt. Gibt es auch ein einzigeres Wort?

„Einzigst“ würde ich zurückweisen, weil es ein „keinzigst“ gibt.

[alt: gleichgeblieben], Ausnahmen wurden abgeschafft.

Die Abschaffung von Ausnahmen ist aber genauso wie die Elongation der Schriftsprache ein falsches Ziel. Die natürliche Entwicklung der Sprache geht in Richtung Prägnanz und Vermehrung der Ausnahmen, d.h. in Richtung Klugheit.

Die Ablehnung von Ausnahmen ist nicht lebens-, sondern exerzierhofnah.

Mit herzlichem Gruß,

Wolfgang Berger

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Mit herzlichem Gruß,

Wolfgang Berger