Könnte eine Gessellschaft überleben, …

Hallo Eli

Hingegen schrieb ich schon mehrmals, dass Fehler bei jüdischen
Schächten, dass ganze Rind trefe/untauglich machen und auch
den Schächter selbst in Zweifel ziehen.

ich will mal nicht in Zweifel ziehen, dass Schächtungen nach jüdischem Ritus immer oder fast immer perfekt ablaufen. Nur darauf hinweisen, dass das von mir zitierte Gutachten des BSI ausdrücklich auch die Einhaltung optimaler Bedingungen mit in seine Bewertungen einbezieht.

Nein, weil die BSI-Studie sich eben nicht auf jüdische
Schächtungen bezieht.

Tut sie das nicht? Zitat:

Während eines lege artis ausgeführten Halsschnittes werden bei
Säugetieren folgende Strukturen durchtrennt: Haut, lange
Zungenbeinmuskeln, Luftröhre, Speiseröhre, beide Drosselvenen,
beide Halsschlagadern, beide Trunci vagosympathici, beide Nervi
recurrentes, beide Trunci jugulares sowie zum Teil der M. long.
Colli.

Aus den von mir zitierten Passagen geht darüber hinaus auch hervor, dass berücksichtigt wird, dass die Durchtrennung mit nur einem Schnitt erfolgen kann und dass ein scharfes Messer dafür benutzt wird.

Was ist also nun beim Schächten nach jüdischem Ritus anders? Was wäre da noch zu berücksichtigen, das für das Schmerzempfinden des Opfertieres relevant wäre?

„Während der unmittelbaren Führung des Halsschnittes
am unbetäubten Tier muss von der Entstehung erheblicher
Schmerzen und Leiden ausgegangen werden.“

Siehst du, hier muss doch jeder Wissenschaftler
zusammenzucken: „ausgegangen werden“. Solche Aussagen und
Schlüsse zogen sich durch den ganzen Teil welchen ich lass.

In der Studie werden neben der Tatsache, dass das verletzte Gewebe eine hohe Zahl von Schmerzrezeptoren aufweist, ausführlich sämtliche Anzeichen beschrieben, die diese Schlussfolgerung zwingend nahelegen. Deswegen muss (nicht „kann“) „davon ausgegangen werden“. Vom Fluchtreflex über das panische Verdrehen der Augen der bewegungsunfähig gemachten Tiere bis hin zum nachweislich deutlich höheren Anteil von Katecholaminen im Schlachtfleisch aus betäubungslosen Schlachtungen.

Anders kann Schmerzempfinden objektiv gar nicht festgestellt werden. Wenn ich Dir auf die Füße trete, kann ich auch nicht Deine Empfindungen telepathisch mitempfinden. Aber ich kann aus Deinen Reaktionen sehr wohl den Schluss ziehen, dass Du Schmerz empfindest.

Welche sich zum Teil überhaupt nicht auf Schächtungen
beziehen.

Sie alle werden in Hinsicht auf den Unterschied zwischen betäubungslosem Schlachten und Schlachten unter Betäubung ausgewertet. Die Auswertung kommt zu einem Ergebnis, dass eigentlich niemanden überraschen dürfte - nämlich dass ersteres für die Schlachttiere schmerzhafter und qualvoller ist. Eigentlich absurd, dass es überhaupt notwendig ist, etwas so Offensichtliches auch noch wissenschaftlich nachzuweisen.

Um meine Frage nochmals zu wiederholen: was spricht aus
jüdischer Sicht gegen die nicht-invasive, das Tier nicht
schädigende elektrische Kurzzeitbetäubung vor dem Halsschnitt
außer der Tradition?

Es geht hier nicht um Traditionen, sondern um Gesetze, welche
erst einmal eingehalten werden müssen, bis es hier zu
Änderungen kommt.

Sprichst Du hier vom Tierschutzgesetz? Das Gesetz sieht (noch) Ausnahmegenehmigungen vor, die aber nur erteilt werden dürfen, soweit es erforderlich ist, damit den Bedürfnissen von Juden und Moslems gerecht zu werden. Dabei müssen die Rechtsgüter des Tierschutzes (seit 2002 verfassungsrechtlich verankert) und der Religionsfreiheit sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Die derzeitige Rechtspraxis sieht meines Wissens so aus, dass Moslems keine Ausnahmegenehmigungen mehr erhalten (die kamen auch schon vor 1995 mit der Elektroschock-Kurzzeitbetäubung sehr gut zurecht) und dass Juden schon seit geraumer Zeit keine Ausnahmegenehmigungen mehr beantragen (koscheres Fleisch wird importiert). Möglich, dass ich da etwas übesehen habe - es ist etwas schwierig, da alle Bundesländer (die sind für Ausnahmeregelungen zuständig) im Auge zu behalten.

Jedenfalls ist doch hier Frage danach, ob und warum betäubungsloses Schlachten aus jüdischer Sicht erforderlich ist und ob nicht die elektrische Kurzzeitbetäubung - wie bei den Moslems - eine akzeptable Alternative wäre, durchaus berechtigt.

Wenn es sich um andere Gesetze handelt, von denen Du da sprichst, wäre ich daran interessiert, wo man sie einsehen kann, wer sie formuliert hat und wer sie ggf. ändern darf.

Gerade weil das Judentum eine uralte Tradition rücksichtsvollen Umgangs mit Tieren hat, wegen des „tsa’ ar ba’alei chajim“ (des Gebotes, keinem Lebewesen Schmerz und Leiden zufügen) wundere ich mich über den zähen Widerstand, den orthodoxe Juden dem Schlachten unter Betäubung entgegensetzen.

Freundliche Grüße,
Ralf