Könnte man eine regierende Partei stürzen ?

Politik Inlandspolitik allgemein
#1

Guten Tag,
Da wir vor einer Woche die Bundestagswahl hatten, und Fr. Merkel wieder das Land regiert , werden immer mehr Stimmen laut dass die momentane Politik falsch wäre.
Da stelle ich mir nun die Frage: Könnte man theoretisch die Regierung stürzen, weil die Mehrheit der Bürger damit nicht einverstanden sind?

Versteht mich nicht falsch, ich will KEIN Hochverrat begehen oder sonstiges tun. Es geht mir nur viel mehr um die Frage, da es sowas ya noch nie gegeben hat, und man aus den Medien nur sowas wie Bürgerkrieg sieht.

Hoffe auch anregende Meinungen,
Mit freundlichen Grüßen,

#2

Hallo,

das Grundgesetz sieht vor, dass normalerweise alle vier Jahre der Bundesrahg gewählt wird. In einer repräsentativen Demokratie entscheiden dann die Abgeordneten, wie es weitergeht, ob das dem jeweiligen Wähler nun gefällt oder nicht. Bundesweite Volksabstimmungen, schon gar über das Schicksal einer Regierung, sieht unsere Verfassung nicht vor. Bisher hat es ja auch weitgehend geklappt, und in diesem Jahr müssen wir erst mal sehen, was eventuell bei Koalitionsverhandlungen rauskommt. Wenn wir in Deutschland das Mehrheitswahlrecht hätten, hätte die CDU/CSU wahrscheinlich eine Zweidrittelmehrheit der Mandate im Bundestag, auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung nicht für sie gestimmt hat.
Wie man es auch sieht, Demokratie - auch die indirekte repräsentative wie in Deutschland - ist nicht immer bequem, aber dennoch die beste Regierungsform, die es gibt.

Gruß

kmb

#3

Es muss ja nicht immer gleich ein gewaltsamer Sturz sein. Falls sich kein Koalitionspartner findet und die Opposition alle Aktivitäten blockiert, bliebe nur ein Rücktritt und Neuwahlen. Andere Möglichkeiten muss Dir ein Staatsrechtler erklären.
LMVBBB

#4

Das geht nur darüber, dass man Merkel bei der Kanzlerwahl mit den Stimmen aller Oppositionsparteien die Mehrheit versagt. Man kann dies auch tun, indem man gegen zentrale Vorhaben ihrer Regierung stimmt. Schaffen können das die Oppositionsparteien bei einem geschlossenen Auftreten.
Gerri

#5

Wir leben lt. Grundgesetz in einer parlamentarischen Demokratie. Der mündige Bürger übt legitime Staatsgewalt aus, wenn er die von den Parteien Vorgeschlagenen in das Parlament wählt, die seine Interessen am ehesten vertreten. Die Mehrheit dieser Abgeordneten wählt den/die Kanzler/in, die ihrerseits eine Regierungsmannschaft zusammenstellt. Die Opposition kann durch ein konstruktives Misstrauensvotum versuchen, einen anderen Kanzler zu wählen. Bei Erfolg wäre dann die bisherige Regierung abgelöst. Die Folgen, die unzufriedene Bürger in einer „außerparlamentarischen Opposition (APO)“ anrichten können, sind uns noch in schrecklicher Erinnerung.
MfG Herwig

#6

Guten Tag,
Danke für die Antwort, jedoch wirft sie mir neue Fragen auf.
Wer bestimmt welche Grundgesetze wir haben? Also ich meine, wenn angenommen 80% aller Bundesbürger unzufrieden sind mit der jetzigen Form muss man dass dann doch eigentlich ändern.

Und mit der APO meinst du das 3te Reich? Falls ja, war es nicht so das Hitler ganz legitim per Wahl zum Kanzler wurde? Ich kenne mich mit der Geschichte des 3ten Reiches nicht so aus.

#7

Die Mehrheit der Bürger hat ja gerade Frau Merkel gewählt. Es gäbe die Möglichkeit der Opposition ein Mißtrauensvotum einzubringen, wie bereits von CDU/FDP bei Helmut Schmidt geschehen, aber so als einfache Bürger haben wir keine Möglichkeiten außer eine Unterschriftensammlung, die ein Mehrheit darstellt als Eingabe an den Petitionsausscuss zu senden - bis das dann mal verhandelt wird ist eh wieder eine Legislaturperiode um und es gibt sowieso neue Wahlen, da hat dann der Bürger wieder die Möglichkeit seine Meinung kundzutun, oder eine eigene Partei zu gründen und über diesen Wege eine bessere Politik anzubieten. So ist das nunmal bei der Form von parlamentarischer Demokratie, die wir hier in Deutschland haben. Ansonsten kannst Du wirklich nur eine Bombe in den Bundestag schmeissen, was aber auch wenig bringt, weil die Damen und Herren fast nie vollzählig da sind - es sei denn es geht um ihre Diätenerhöhung…

#8

Danke für den Beginn dieser Grundsatzdiskussion.
Die APO entstand Ende der 60iger Jahre des 20. Jahrhunderts und mündete in Teilen in die Rote-Armee-Fraktion, die mit mehreren Attentaten eine schreckliche Schuld auf sich geladen hatte.
Ich empfehle, dass Sie sich über die von Ihnen genannten Stichworte bei Wikipedia kundig machen oder sich Literatur bei den Landestellen für politische Bildung besorgen.
MfG Herwig

#9

Hallo,
die Auflösung einer Bundesregierung bzw. die Absetzung des Kanzlers ist im Grundgesetz geregelt. Nach §67 besteht das Recht des Bundestags, ein konstruktives Misstrauensvotum durchzuführen. Danach kann der Bundestag dem Kanzler dadurch das Misstrauen aussprechen, indem er einen neuen Kanzler wählt. Der Bundespräsident muss dann den „alten“ Kanzler entlassen.
Nach §68 kann der Kanzler dem Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Erreicht er nicht die absolute Mehrheit, kann er den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Das geht aber nicht, wenn innerhalb von drei Wochen ein neuer Bundeskanzler im Bundestag gewählt wird.

Somit kann eine Regierung nur unter bestimmten Umständen aufgelöst werden; eine „kanzlerlose“ Periode ist jedoch genauso ausgeschlossen wie ein Regierungssturz durch das Volk.

Herzliche Grüße, Hauke