Kombinierte Substantive

Hallo,

welche Regel(n) gilt (gelten) für zusammengesetzte Substantive? Wann Singular, wann Plural oder sonstige Formen?

Singular        Plural
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                Blumen|strauß ¹   ✅ enthält mehrere Blumen
Nuss|creme                        ❌ nicht aus einer Nuss
Schuh|schrank                     ❌ nicht für einen Schuh
Tisch|decke                       ✅ für einen Tisch
Klavier|konzert Gitarren|konzert ¹
Kuh|milch       Stuten|milch ¹
Kraut|wickel    Kräuter|tee ²
                Lampen|schirm ¹
Tisch|bein      Hunde|bein ²
Blatt|laus      
Pilz|gift       Schlangen|gift ¹
Vogel|nest      Meisen|nest ¹

Sonderform
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Erd|haufen
Himbeer|sirup
Maulwurfs|haufen
Schmetterlings|farm
Storchen|nest

¹ wenn Singular auf e endet, wird Plural genommen?
² ?
³

Bei Nomen-Komposita im Deutschen gibt es zwischen dem (rechtsstehenden) Nach-Wort bzw. „Kern“ und dem (linksstehenden) Vor-Wort bzw. „Nicht-Kern“ meist Fugenmorpheme: Zum Beispiel e, (e)s, (e)n, er und einige weitere. Dadurch entsteht oft der Eindruck, daß es sich bei dem Vor-Wort um einen Genitiv oder einen Plural handelt. Das ist aber nicht der Fall.

Paradebeispiele: Eine Kind[es]-mutter kann Mutter mehrerer Kinder sein,
ein Kind[er]-mädchen betreut vielleicht nur 1 Kind,
ein Gast-haus hat viele Gäste,
aber ein Gäst[e]-haus vielleicht nur einen einzigen Gast,
eine Sonne[n]-finsternis ist die nur unserer einzigen Sonne.

Mit einiger Regelmäßigkeit bekommen feminine Nomen, die im Nom. Sing. eine e-Endung (Schwa-Endung] haben, als Vor-Wort in Komposita alle ein n-Morphen, so daß es wie ein Plural aussieht, obwohl es oft gar keiner sein kann.:
Beispiele stehen bereits da und du hast selbst welche in deiner Liste.
Andere:
Fuge → Fuge[n]-laut
Welle → Welle[n]-kamm
Krähe → Krähe[n]-fuß
Hölle → Hölle[n]-lärm
Blume → Blume[n]-vase
Seite → Seite[n]-zahl
Treppe → Treppe[n]-witz

Manchmal fällt aber auch das End-Schwa bei einem Femininum weg:
Zell[/]-kern aber Zelle[n}-genosse
Erd[/]-öl aber Erde[n]-dasein
Himbeer[/]-saft aber Beere[n]-extrakt

Oder
Tag-traum, aber Tag[e]-buch, und Tag[es]-licht

Und manchmal finden sich noch andere Fugenlaute, die auch keiner scheinbaren Flexionsendung zugeordnet werden könnten:
Liebe[s]-kummer, Arbeit[s]-vertrag.

Mit andren Worten: Es gibt manche Formbildungen, die mehr oder weniger regelmäßig sind, aber eine systenmatische Regel für alle Komposita gibt es nicht. Und: Mit Genitiv oder Plural hat es nichts zu tun.

Gruß
Metapher

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Danke für die ausführliche Erklärung.

Jemand, der deutsch lernt, kann diese zusammengesetzten Substantive also nur zufällig richtig bilden.

Oder er/sie/es lernt diese von Anfang an richtig.

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Natürlich nicht.

Wenn er Deutsch lernt und sich nicht etwas ausdenkt, was er Deutsch nennt, kann er sie richtig bilden.

Das geht aber nur, wenn man vorgeht wie Nadja und fragt, wenn man was nicht weiß. Wenn man an alles mit tollen Ideen rangeht, wie es eigentlich sein müßte und wie es doch eigentlich auch sein könnte usw., kann man nicht nur Deutsch nicht lernen, sondern auch sonst keine Fremdsprache.