Komma? Ja oder nein? Aber warum?

Hallo Freunde,
ich verzweifle an der Kommasetzung in folgendem Satz:

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann, schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen Anführer in das Gegenteil um.“

Kommt hier jetzt in der Mitte ein Komma oder ist es falsch?

Danke!

Bernd

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,
schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen
Anführer in das Gegenteil um.“

Also ich würde sagen, hier kommt ein Komma hin. Ich würde mir vor dem ersten Satz im Kopf ein „Das“ denken also: Das, was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,… Dann handelt es sich um einen Relativsatzt und der steht zwischen zwei Kommata. Außerdem kann man glaube ich zwischen einzelnen Satzgefüge, die ein Verb beinhalten, ein Komma setzen.

Viele Grüße
Tini

Vielen Dank!

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,
schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen
Anführer in das Gegenteil um.“

Simpel. Der erste Teil ist der Hauptsatz (Subjekt, Prädikat, Objekt), der zweite der Nebensatz (nur Prädikat und Objekt). Regel: HS und NS werden durch Kommata getrennt.

Gruß, Uwe

Hallo Uwe!

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,
schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen
Anführer in das Gegenteil um.“

Simpel.

… und trotzdem nicht richtig begründet, denn der erste Teil ist der Nebensatz, der zweite dagegen der Hauptsatz. Hauptsätze haben im deutschen in der Regel eine Verberst- Oder Verbzweitstellung, Nebenseite eine Verbletzstellung. (Nachzulesen ua. auch in Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nebensatz, oder in der Fachliteratur, z. B. bei Altmann, Syntax fürs EXamen.) Im ersten Teil findest Du das finite Verb am Ende, im zweiten Teil an zweiter Stelle.

(nur Prädikat und Objekt).

Das Subjekt ist der Nebensatz.

Regel: HS und NS werden durch Kommata getrennt.

Ja. Das stimmt.

Gruß,
Max

Widerspruch

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,
schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen
Anführer in das Gegenteil um.“

Der zweite Teil kann kein Hauptsatz sein, denn er kann allein nicht stehen, auch nicht nach Umbau des Satzes, der erste dagegen schon.

Gruß, Uwe

Hallo!

Der zweite Teil kann kein Hauptsatz sein, denn er kann allein
nicht stehen, auch nicht nach Umbau des Satzes, der erste
dagegen schon.

Der Widerspruch war zu erwarten. :smile: Der zweite Teil muß auch nicht alleine stehen können, denn der zweite Teil alleine ist auch nicht der Hauptsatz, sondern zusammen mit dem Subjektnebensatz, der hier die valenznotwendige Stelle ausfällt. Und das ist eine relativ häufige Konstruktion. Nachlesen kannst Du das bei Altmann oder in der Duden-Grammatik ab 1027, speziell nochmal auf Seite 1036, wo es um den Satzgliedwert von Nebensätzen geht. Oder in der IDS Grammatik, 3. Band, ab Seite 2233. Wobei in der IDS-Grammatik zusätzlich auch noch Begriffe wie Ober- und Untersatz verwendet werden, was die Sache nicht unbedingt vereinfacht. :smile:

Das entscheidende Kriterium ist auch nicht Selbständigkeit, sondernm Unterordnung bzw. Beiordnung: Der Hauptsatz ist keinem anderen Satz untergeordnet.

Gruß,
Max

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PS
Hier steht es auch ganz gut beschrieben:

http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Satz/Kom…

M.

„Was als Zeitvertreib mit politischer Motivation begann,
schlug in den 1980er Jahren vor allem durch den rakialen
Anführer in das Gegenteil um.“

Der zweite Teil kann kein Hauptsatz sein, denn er kann allein
nicht stehen, auch nicht nach Umbau des Satzes, der erste
dagegen schon.

Hallo Uwe,

wie Dir Max ja bereits schrieb, ist die Eigenschaft, allein stehen zu können, weder notwendig noch hinreichend für einen Hauptsatz. Ich weiß auch nicht, wie Du Dir den ersten Satzteil allein stehend vorstellst. („Was als Zeitvertreib … begann.“ - Das ist doch kein Satz!)
Hinreichende Bedingungen für Nebensätze gibt es zahlreiche, z.B., dass das finite Verb am Satzende steht („begann tut dies hier“).
Aber das Ausschlaggebende ist: Nebensätze sind immer Satzglieder des zugehörigen Hauptsatzes. Demzufolge ist der zweite Teil kein Nebensatz.

Wenn Du Satzglieder bestimmst, fragst Du: „Wer oder was schlug um?“ - „Was als Zeitvertreib … begann.“ Voilà - der Nebensatz.
Umgekehrt ginge dies nicht: „Wer oder was begann?“, „Wen oder was begann man?“, „Wann begann es?“, „Wo begann es“ u.s.w. - auf keine denkbare Frage liefert „schlug in den 1980er Jahren … um“ eine akzeptable Antwort. Voilà - der Hauptsatz.

Liebe Grüße
Immo

P.S. Um die Verwirrung komplett zu machen: Es gibt auch Hauptsätze, die semantisch eine Nebensatzfunktion erfüllen, die also Satzglieder eines anderen Hauptsatzes sind. Diese erkennt man daran als (grammatische) Hauptsätze, dass sie sowohl mit einer Konjunktion beginnen als auch das finite Verb an zweiter Satzgliedstelle stehen haben. Für Nebensätze trifft immer nur eins von beidem zu:

Er sagte mir, ich sei zu spät. - Nebensatz. (Akkusativobjekt, finite Verbform nicht am Ende, aber keine Konjunktion.)

Er sagte mir, dass ich zu spät sei. - Nebensatz. (Akkusativobjekt, Verbendstellung, Konjunktion)

Ich ging heim, denn hier hatte ich nichts mehr verloren. - Hauptsatz. (Kausale Adverbialbestimmung, keine Verbendstellung, Konjunktion.)

P.P.S. Von einem Nebensatz kann wieder ein Nebensatz abhängen (das heißt dann „Nebensatz 2. Ordung“), davon wieder einer u.s.w.

Beispiel von Saint-Exupéry:

Und Du findest es unwichtig, (HS) wenn man wissen möchte, (NS 1. Ord.) warum sie sich so viel Mühe geben, (NS 2. Ord.) Dornen hervorzubringen, (Infinitivsatz 3. Ord.) die zu nichts Zweck haben? (NS 4. Ord.)

Der NS 1. Ord. ist Akkusativobjekt des HS, der NS 2. Ord. ist Akkusativobjekt des NS 1. Ord., der Infinitivsatz ist instrumentale oder finale Adverbialbestimmung des NS 2. Ord., und der NS 4. Ord. ist Attribut zu „Dornen“ im Infinitivsatz.