Kommunikationsproblem: Mund wird verboten

Hallo zusammen,

ich brauche einen Rat bezüglich eines Kommunikationsproblems. Bei einer Diskussionsrunde, die sich sonst mit anderen Themen befasst, wurde ein recht brisanter Konflikt zwischen zwei Teilnehmern ansprochen. Eine Person legte also dar, warum sie ein Problem mit der anderen hat. Danach äußerte sich die beschuldigte Person dazu. Es gab Feedback von anderen Anwesenden, die nicht in den Konflikt involviert sind. So weit so gut.  

Im Anschluss daran wurde jedoch die Diskussion über einen Mailverteiler der Gesprächsteilnehmer weitergeführt. Meinungen gingen hin und her. Manche gaben dem einen recht, andere der anderen Person, wieder andere versuchten zu vermitteln. Nun hat wieder eine Person ihre Meinung dargelegt, aber ausdrücklich darum gebeten, dass diese Mail nicht kommentiert wird, sondern ein Gespräch mit allen stattfindet.

Ein Gespräch mit den Teilnehmern halte ich auch für eine gute Idee, da es sich per Mail wirklich schlecht diskutieren lässt. Ich finde es aber gerade sehr schwierig, mit der letzten Mail und dem Kommetarverbot umzugehen, weil

  1. es ein wichtiges Thema ist, dass die Existenz der Gruppe in Frage stellt
  2. es schon wieder eine neue Meinung gegeben hat, in der sich auch auf meine Aussagen bezogen wurde (bin aber nicht in den Ursprungskonflikt involviert)
  3. aber gleichzeitig darum gebeten wurde, dies nicht zu kommentieren und mir damit der Mund verboten wird
  4. mir die noch nicht geschriebenen Antworten das Hirn verstopfen und ich sie nicht loswerden kann
  5. es völlig unklar ist, wann ein nächstes Treffen mit allen stattfinden kann.

Was mache ich denn jetzt? Trotzdem per Mail antworten? Nicht antworten? Hilfe!

Hallo Kristin

Deine letzte frage kann ich theoretisch zwar gut verstehen - aber mir scheint, mir fehlen noch die zusammenhänge.
Darum würde ich gerne erst zurückfragen:

  • Was ist es für eine gruppe?
  • Haben die zwei direkt betroffenen über ihr eigenes problem gesprochen?
  • Warum und inwiefern hängen sich mitglieder der gruppe mit rein?
  • Warum wurde das kommentieren in den mails schwierig?
  • Wie war der ‚tenor‘ in den mails? Schuldzuweisungen? Analyse psychologisch?
  • Warum kann nicht ein treffen verabredet werden, z.b. per Doodle, und wo so viele leute wie möglich kommen, findet dann ein treffen statt? Und wer nicht kommen kann, gibt seine meinung schriftlich jemandem mit, der dann vorliest.
  • warum ist es für dich so wichtig, deine meinung loszuwerden zu der letzten mail? (Also, verstehen kann ich’s sowieso, aber möglicherweise sehe ich noch andere möglichkeiten, als gleich zurückzuschreiben, wenn ich mehr weiss.)

Deine mail ist insofern interessant für mich - und vielleicht hast du mich darum auch angeschrieben - weil ich ebenfalls erfahrung mit gruppen und auch mit anschliessendem behandeln der gruppenabende per mail (wer weiss, vielleicht ist es ja eine ähnliche gruppe? Bist du aus Darmstadt oder umgebung?).
Bei uns gab’s aber verschiedene regel: ehrlich reden ist gut - rauslassen. Versuchen, nicht zu lügen, weder sich selbst zu belügen noch andere.
Was ja ganz schön schwer ist - die gruppenmitglieder waren sich mindestens theoretisch darüber bewusst.
Dann hatten wir während der meisten zeit einen ausgezeichneten coach, der half, konflikte auf sehr lehrreiche art zu bearbeiten. Ich persönlich habe dabei gelernt, dass es keine schuldigen gibt, aber dass man sehr wohl fehler machen kann. Doch eine entschuldigung kann immer drüber weg helfen.

Was du schreibst von deiner gruppe, klingt aktuell noch ein bisschen so, als wären vorwürfe gemacht worden und nun fände ein wildes ‚du bist schuld - nein, du!‘ statt. Aber vielleicht ist das komplett meine interpretation.
Der Eindruck entstand bei mir, weil ich die ehrlichen statements von anderen leuten, die rein auf beobachtung beruhen, wer was wie wahrnimmt, eigentlich immer äusserst hilfreich fand.

Bei uns wurde gelegentlich vom leiter eine antwort per mail verweigert, weil er sich dumm angemacht vorkam. Aber dann konnten die anderen der gruppe weitermachen per mail und versuchen einander zu helfen.

Ich finde persönlich gruppen extrem hilfreich bei konflikten. Insbesondere auch bei konflikten zwischen zwei personen.

Wenn du mir noch was erzählen magst, antworten schreiben magst auf meine fragen, so lese ich das gerne und melde mich wieder zurück. Gerne helfe ich so gut ich kann.

Viele grüsse

Jacqueline

Mein Rat ist, die betroffenen Teilnehmer mit 2 - 3 Vertrauenspersonen der Gruppe diskutieren zu lassen, von denen du eine sein solltest, d.h. biete ein Gespräch auf dieser Ebene an. Diskussion über Mail mit Außenstehenden bringt nix. Du wirst in eurer Gruppe vernünftig tickende Menschen kennen, die zur Schlichtung beitragen können. Zu viele Meinungen sind hier schädlich - ich leite einen Chor und weiß, wovon ich rede:smile:

Liebe Jaqueline,

vielen Dank für Deine Antwort. Ich versuche, Deine Fragen so gut es geht zu beantworten.

  • Was ist es für eine Gruppe?

Eine lokal begrenzte Gruppe, in der versucht wird, sich im Alltag und bei Problemen gegenseitig zu helfen, eher im psychologischen oder spirituellen Sinn und nicht bei kaputten Waschmaschinen, gemeinsames Feiern von Festen und Ritualen.

  • Haben die zwei direkt betroffenen über ihr eigenes problem
    gesprochen?

Person A hat Person B beschuldigt, sie schlecht behandelt und ausgenutzt zu haben. Person B hat daraufhin gezeigt, dass Person A ja auch ganz viele Baustellen hat. Danach kam eine Mail von Person B, in der sehr unflätige Worte über Person A an alle Gruppenteilnehmer geschickt wurden. Daraufhin habe ich mich über die Wortwahl beschwert. Ich wurde daraufhin von Person B auch kritisiert, jedenfalls fühlt es sich so an. Dann begann die Maildiskussion hauptsächlich über den Gebrauch dieser unflätigen Worte.

  • Warum und inwiefern hängen sich mitglieder der gruppe mit
    rein?

Parteienbildung, manche kennen sich schon länger und sind bereits im Alltag miteinander verbunden (gegenseitige Hilfe).

  • Warum wurde das kommentieren in den mails schwierig?

Worte wurden auf die Goldwaage gelegt, absichtliches Falschverstehen, ständiges Zitieren

  • Wie war der ‚tenor‘ in den mails? Schuldzuweisungen? Analyse
    psychologisch?

Eher eine psychologische Analyse. Warum ist Person B so wütend?

  • Warum kann nicht ein treffen verabredet werden, z.b. per
    Doodle, und wo so viele leute wie möglich kommen, findet dann
    ein treffen statt? Und wer nicht kommen kann, gibt seine
    meinung schriftlich jemandem mit, der dann vorliest.

Schon versucht, kaum Resonanz auf einen Doodletermin, der allerdings fürs nächste Treffen gedacht war und nicht als Diskussionstreff.

  • warum ist es für dich so wichtig, deine meinung loszuwerden
    zu der letzten mail? (Also, verstehen kann ich’s sowieso, aber
    möglicherweise sehe ich noch andere möglichkeiten, als gleich
    zurückzuschreiben, wenn ich mehr weiss.)

Ich führe in Gedanken das Gespräch weiter und bekomme den Kopf nicht frei. Das Unausgesprochene raubt meine Energie.

Deine mail ist insofern interessant für mich - und vielleicht
hast du mich darum auch angeschrieben - weil ich ebenfalls
erfahrung mit gruppen und auch mit anschliessendem behandeln
der gruppenabende per mail (wer weiss, vielleicht ist es ja
eine ähnliche gruppe? Bist du aus Darmstadt oder umgebung?).

Nein, ich bin nicht aus Darmstadt.

Bei uns gab’s aber verschiedene regel: ehrlich reden ist gut -
rauslassen. Versuchen, nicht zu lügen, weder sich selbst zu
belügen noch andere.

Das klingt schwer. Und gerade das Rauslassen hat ja bei Person B zu dieser unangemessenen sprachlichen Explosion geführt.

Was ja ganz schön schwer ist - die gruppenmitglieder waren
sich mindestens theoretisch darüber bewusst.
Dann hatten wir während der meisten zeit einen ausgezeichneten
coach, der half, konflikte auf sehr lehrreiche art zu

Einen Coach haben wir leider nicht.

bearbeiten. Ich persönlich habe dabei gelernt, dass es keine
schuldigen gibt, aber dass man sehr wohl fehler machen kann.
Doch eine entschuldigung kann immer drüber weg helfen.

Ja, das sehe ich auch so.

Was du schreibst von deiner gruppe, klingt aktuell noch ein
bisschen so, als wären vorwürfe gemacht worden und nun fände
ein wildes ‚du bist schuld - nein, du!‘ statt. Aber vielleicht
ist das komplett meine Interpretation.

Nein, eher keine Schuldzuweisungen. Eher die Frage, was sagt man sich wie?

Der Eindruck entstand bei mir, weil ich die ehrlichen
statements von anderen leuten, die rein auf beobachtung
beruhen, wer was wie wahrnimmt, eigentlich immer äusserst
hilfreich fand.

Finde ich auch. Person B jedoch ist äußerst wütend.

Helfen Dir meine Antworten weiter? Dann freue ich mich über weitere Kommentare von Dir! Danke!

P.S. Kristin = Bennno :smile:)

Danke für deinen Rat. Leider ist es eine sehr kleine Gruppe, nur ca. zehn Personen. Einige auszuladen, könnte schwierig werden. Alle sind gleich stark involviert. Wenn auch nicht gleich vernünftig…

Hallo ,

Ich führe in Gedanken das Gespräch weiter und bekomme den Kopf nicht frei. Das Unausgesprochene raubt meine Energie.

Da würde ich mal generell an meiner Verarbeitung arbeiten . Ist das wirklich SOOOO wichtig das es Dir deine Energie raubt ?
Oder hast du nur ein Problem damit das die Person ist wie sie ist und du meinst etwas zu ändern indem du darüber redest und dein unmuht unbedingt klären muss .

Also ich würde Dich als Problem empfinden , du musst dich erstmal lockern , dann kannst Du mitwirken , so bist du doch viel zu emotional beteiligt und wirst warscheinlich auch nichts klären .

Hallo und guten Tag,
wie ich gelesen habe gibt es z.Z. keinen Moderator / Mediatordeshalb die erste Forderung bestimmt eine „neutrale Person“ die weder in A noch B Problematik direkt eingebunden ist.

  1. Bleibt auf der Sachebene! (über Fakten lässt sich nicht streiten).

  2. Keine allgemeinen oder direkten DU-Botschaften (Anschuldigungen)

  3. Eigene Wahrnehmung schildern lassen OHNE KOMMENTAR!

Denn ursprünglich war es ein 2er Problem und das sollte es auch bleiben -bis es gelöst ist - gern natürlich mit Hilfe der Gruppe (aber bitte OHNE Einmischung.

Google gern mal vorher:
Paul Watzlawik (Guppenkommunikation) / Schulz von Thun (4 Seiten einer Nachricht)

Gutes Gelingen . . .

Hallo Kristin,

ich kann mich in einem Punkt an meine Vorrednerin Jaqueline Jelly anschließen: für Gruppengespräche ist es wichtig gemeinsam Regeln festzulegen. Bei festgefahrenen Situationen helfen auch verschiedene Moderationstechniken. Zum Beispiel soll der Redner immer auch das Zusammenfassen, was der Vorredner gesagt hat. Damit können Mißverständnisse vermieden werden und der Konflikt wird entschärft, weil man genau zuhören muss.

Du hast in Deiner Mail geschrieben: dass „es sich per Mail wirklich schlecht diskutieren lässt.“

Bitte kommuniziere das der Gruppe. Erst wenn Du jemand über die Mail findest, der auch davon überzeugt ist, sich besser wieder an einen Tisch zu setzen und von Auge zu Auge zu kommunizieren, ist das schon die halbe Miete.

Dann kannst Du die anderen Theman im Gruppengespräch anbringen:

„Ich finde es aber gerade sehr schwierig, mit der letzten Mail und dem Kommetarverbot umzugehen, weil […] es ein wichtiges Thema ist, dass die Existenz der Gruppe in Frage stellt.“ Das führe bitte aus. Erkläre den anderen, wieso es in diesem Zusammenhang wichtig ist, die Gesprächsregeln einmal gemeinsam auszuarbeiten und schriftlich festzuhalten.

Du könntest den folgenden Punkt  „aber gleichzeitig darum gebeten wurde, dies nicht zu kommentieren und mir damit der Mund verboten wird“ in der Gruppe so ansprechen: Ich habe ein Problem damit, wenn ich auf Mails nicht antworten darf, gleichzeitig aber keiner mehr miteinander sprechen will. (Ich-Formulierung ist hier wichtig). Begründung: Mir liegt die Gruppe und das Fortbestehen gegenseitiger Hilfe am Herzen, weswegen „mir die noch nicht geschriebenen Antworten das Hirn verstopfen“.

Hoffe, es hilft etwas weiter.
Gruss
Ertl

Hallo,

Bei einer Diskussionsrunde, die sich sonst mit anderen Themen
befasst, wurde ein recht brisanter Konflikt zwischen zwei
Teilnehmern ansprochen. Eine Person legte also dar, warum sie
ein Problem mit der anderen hat. Danach äußerte sich die
beschuldigte Person dazu. Es gab Feedback von anderen
Anwesenden, die nicht in den Konflikt involviert sind. So weit
so gut.  

Was sollte daran nur im Entferntesten „gut“ sein? Persönliche Konflikte in die Gruppe rein- und dort auszutragen?

Nach all dem Kuddelmuddel, der nun daraus entstanden ist, und die Gruppe sich zu spalten bzw. aufzulösen droht

Was mache ich denn jetzt?

Per Mail mitteilen, dass der private Konflikt nur zwischen den Betroffenen auszumachen sei und nicht weiter Diskussions-Gegenstand der Gruppentreffen sein darf.

Dann kann jeder für sich entscheiden, ob er das nächste Treffen besuchen möchte.

Gruß
Franz

Hallo Kristin, Benno :wink:

Das Ausdiskutieren von einem Streitthema ist in einer Gruppe immer ganz schwierig, wenn der Wunsch aller nicht eindeutig die Klärung des Konfliktes ist.
Dann wirft jeder lieber noch seine Gedanken mit hinein und kocht eine immer größere Suppe.
Und dann geschieht ganz schnell das, was Du nun erlebst-- plötzlich haben ganz andere in der Gruppe auch einen Konflikt…

Nun zu Deiner Frage:
Was glaubst Du, wird geschehen, wenn Du das Thema dann offen ansprichst?
Was wird daraus folgen?
Was ist das Beste, was geschehen kann und wie wahrscheinlich ist, das das so geschieht?

Ich vermute mal, dass Du Dich gerade angegriffen fühlst und Dich „wehren“ möchtest-- für WEN ist genau das wichtig?
Was sind Deine Gedanken/Konstrukte zu dieser Aussage?

Konflikte haben vor allem mit einem zu tun- mit demjenigen, der sie empfindet!
Was genau lösen die Worte bei Dir aus?
Wie ist Dein Verhalten darauf?
Was genau läuft in Dir daraufhin für ein Film ab?

Bedeutet:
Bei allem Wunsch im außen zu klären-- kläre erst einmal in Dir, was diese Worte bei Dir auslösen und warum.
Wenn einem selber klar wird, was da in einem abläuft-- warum man so angetickt wurde- dann kommt man von diesem Auslöser ganz schnell weg und dahin, wo die Stelle in einem sitzt und „rumort“.

Sehr oft weiß ein Gegenüber gar nicht WAS er in einem ausgelöst hat und hat das damit auch nicht so „gemeint“- dafür müsste man den anderen sehr gut kennen.
Wenn doch bewusst angegriffen, hilft entweder ein direktes Gespräch mit DER Person, die das geschrieben hat oder das Hinterfragen der Beziehung- ob einem das alles wert ist.

Mailverkehr ist IMMER schwieriger als das direkte Gespräch, weil Gestik und Mimik fehlt- die Stimme nicht gehört wird und damit in Worte sonstwas reininterpretiert werden kann.
Missverständnisse sind leider ganz typisch und tragen nur zur Konfliktverstärkung bei.

lg kitty

Hallo Kristin

Sorry, hab ich auf dein eingehen auf meine antwort nicht mehr reagiert.
Grund: ich hab erwartet, ich würde per mail informiert, wenn jemand auf mich eingeht.
Das ist aber nicht so!

Nun - sehr späte - frage:
ist dein konflikt gelöst worden?
Hat sich die gruppe wieder finden können?

Falls du magst, melde dich doch zurück!

Viele grüsse

jdee