Komplexe Wechselstromrechnung, Betragsbildung?

Hallo Wissende,

ich habe vergessen, wie ich aus komplexen Zahlen, z.B. (A+iB) den Betrag ausrechne:
Wurzel(Quadrat(Real) + Quadrat(Imaginär)) oder Minus? Durch das Quadrat(i) wird der Imaginärteil negativ, würde aber bei Minus dann positiv werden.
Was ist nach Formel richtig?

Gruß
Pauli

Sei z = a + bi eine komplexe Zahl (mit der reellen Zahl als Realteil und der reellen Zahl b als Imaginärteil).

Dann gilt für den Betrag von z:
|z| = √(a²+b²)

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Nein. Der Imaginärteil einer komplexen Zahl z = a+bi ist die reelle Zahl b. Das heißt das Quadrat des Imaginärteils einer komplexen Zahl ist immer(!) nicht-negativ.

Auch ganz bildlich:

In der komplexen Zahlenebene ist die reelle Komponente die „x-Koordinate“ und die imaginäre die „y-Koordinate“.
Der Betrag ist der Abstand eines Punktes in der Ebene zum Ursprung, z.B. via Pythagoras zu berechnen.

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und was passiert mit dem i ? Gilt das Quadrieren dort nicht? Wenn b positiv ist, stünde unter der Wurzel dann a Quadrat - b Quadrat?

Mit dem i passiert bei der Berechnung des Betrags gar nichts. Wie bereits geschrieben:

Wie gesagt, der Imaginärteil dieser Zahl z ist b, und nicht bi.

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danke für die Info, das hilft mir sehr. Andere Frage, für die ich vielleicht nicht unbedingt einen neuen Beitrag eröffnen muß: wie bekommst Du das mit den Formelzeichen im Text hin?

|: Alt Gr + Die Taste unten links image

√:

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DANKE !
Gruß Pauli

Obwohl ja inzwischen alles klar ist: Dich irritiert offenbar, wo beim Berechnen des Betrags das „-“ von i² bleibt …

Es ist in dem Ausdruck √(a²+b²) sozusagen bereits „enthalten“:

Der Betrag |z| ist nämlich nicht √z·z , sondern √z·z*
Dabei ist z* = a - bi die konjugiert komplexe von z = a + bi.

Dann ist
|z|² = (a + bi)·(a - bi) = a² - b²i² = a² + b²
und deshalb
|z| = √(a+b²)

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danke für deinen Beitrag, den ich nicht ganz verstanden habe. Ich habe bei einer Filterberechnung folgende Formel entwickelt, die bereits in Real- und Imaginärteil aufgelöst ist:


Das kann natürlich auch in Kurzfassung als U = Re + j Imag ausgedrückt werden.

Das konjugiert komplexe kann ich hier nicht wirklich zuordnen. Bisher habe ich, wie oben bereits genannt, ohne Rücksicht auf das j (oder i) √(Re² + Imag²) als Betrag berechnet. Es leuchtet mir ein, daß im Koordinatensystem, wie sweber schrieb, es für den Betrag egal ist, ob der Abstandspunkt im negativen oder im positiven Feld liegt, laut Pythagoras ist der Abstand zum Ursprung gleich.
Dennoch bin ich noch nicht frei von dem Gedanken, daß ich mit einem j² ein anderes Ergebnis bekommen würde, vielleicht ein falsches?

Hallo @pauli_441,
man rechnet den Betrag einer komplexen Zahl so aus, wie @Julius das oben geschrieben hat. Wenn du irgendwie anders rechnest, bekommst du auch etwas anderes heraus. Das, was du dann ausrechnest, kann je nach Situation seinen Sinn haben, aber es ist nicht der Betrag der komplexen Zahl,

Vielleicht erhellen einfache Zahlenbeispiele die Situation. Nehmen wir einmal die komplexe Zahl 3+3i.

  • Nach der korrekten Formel von Julius ist der Betrag √(9+9) = √(18), also ungeföhr 4.24. Das passt auch zu der geometrischen Anschauung von @sweber. Wenn du ein rechtwinkliges Dreieck zeichnest, dessen Katheten jeweils 3cm lang sind, dann ist die Hypotenuse ungefähr 4.24cm lang.
  • Nach deiner Rechnung kommt √(9-9) = 0 heraus. Im Rahmen deiner elektrotechnischen Rechnung soll der Betrag ja eine physikalische Bedeutung haben. Da ist diese Null vermutlich unerwünscht.

Noch schlimmer wird es mit der komplexen Zahl 3+4i.

  • Nach der korrekten Formel ist der Betrag √(9+16) = 5.
  • Nach deiner Rechnung kommt aber √(9-16) = √(-7) = i√(7) heraus, also ungefähr 2.65i. Das taugt als Betrag überhaupt nicht.

Bitte schreibe doch noch einmal genau auf, was du haben möchtest. In deinen Fragen vermischen sich das „Wie?“ und das „Warum?“.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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Es scheint, daß du nach wie vor stolperst über die Bedeutung „Realteil“ (Re) und „Imaginärteil“ (Im) einer komplexen Zahl. Daher nochmal:

Sei z = a + bj
dann ist
Re(z) = a
und
Im(z) = b … → und nicht bj

Der Betrag |z| von z ist
|z| = √(Re(z)² + Im(z)²) = √(a² + b²)
→ und nicht √(a² + b²j²), was dann √(a² - b²) wäre.

Wie diese Betragsformel zustande kommt, dazu gibt es 2 Wege.
Den geometrischen Weg hat @sweber erklärt
In der komplexen Zahlenebene hat z die Koordinaten (a,b),
→ und nicht (a,bj).
Die Katheten des „Pythagoras“ sind also a und b,
→ und nicht a und bj.
Es gilt also |z|² = a² +´b²,
→ und nicht |z|,² = a² + (bj)²,

Die algebraische Herleitung der Betragsformel hatte ich dir oben erklärt:
Das Betragsquadrat |z|² errechnet sich bei komplexem z = (a+bj) aus
|z|² = (a + bj)·(a - bj)
→ und nicht |z|² = (a + bj)·(a + bj). Warum das so ist, ist jetzt egal.
(a - bj) wird als „konjugiert komplexe“ zu (a + bj) bezeichnet.

Es gilt dann:
|z|² = (a + bj)·(a - bj) = a² + abj - abj - b²j² = a² - b²j² = a² + b²
also:
|z| = √ (a²+b²)

Damit ist das j bzw. j² aus der Betragsrechnung verschwunden und spielt keine Rolle mehr.

Gruß
Metapher

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Hallo Namenloser und Metapher,

ganz herzlichen Dank für diese ausführlichen Erklärungen. Nun ist bei mir der Groschen gefallen. Es ist 60 Jahre her, daß ich im Studium elektrische Filter berechnet habe, da habe ich inzwischen eine Menge vergessen und Studienunterlagen liegen auch nicht mehr. Ich hatte noch im Bronstein geblättert, bin nicht fündig geworden und habe mich dann hier im Forum gemeldet.
Die Schaltung ist jetzt berechnet, nachgebaut und funktioniert mit den nun richtig berechneten Spannungsbeträgen.

Gruß Pauli

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Hallo @Metapher,

dass dein Vorgehen zur Ermittlung des Betrags einer komplexen Zahl zum korrekten Ergebnis führt ist natürlich klar.

Ich frage mich, ob das auch der „offiziellen“ Definition des Betrags entspricht. Ich versuche am Beispiel der reellen Zahlen zu verdeutlichen, was ich meine:

Der Betrag einer reellen Zahl x ist definiert als

  • x, falls x ≥ 0
  • -x, falls x < 0

Natürlich kann man auch wie folgt vorgehen: Quadriere x, und ziehe dann die Wurzel. Da die Wurzel aus einer Zahl per Definition immer nicht-negativ ist, kommt man auch hier immer auf den richtigen Wert für den Betrag.

Daher meine Frage:
Ist |z| mit z = a + i⋅b wirklich definiert als |z| = √(z⋅z*) !? [mit z* = komplex konjugierte von z]
Oder nicht tatsächlich einfach zu |z| = √(a²+b²)!?

Es klingt nach Korinthenkackerei, aber es interessiert mich tatsächlich.

Vielleicht noch als Ergänzung:

Alle Mathematiker die ich kenne (Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni, Lehrer, in der freien Wirtschaft, …) versuchen stets, bei Definitionen so wenig es geht vorauszusetzen.

Das ist ein weiterer Grund, warum ich sicher bin, dass die Definition des Betrags einer komplexen Zahl z = a + i⋅b lautet: |z| = √(a²+b²)
Diese Definition setzt keine andere Definition voraus als natürlich die Definition einer komplexen Zahl selbst.

Die Definition des Betrags unter Verwendung des Produkts der komplexen Zahl mit ihrer komplex konjugierten setzt eben zusätzlich noch die Definition der komplex konjugierten voraus. Und das „mögen“ Mathematiker nicht, wenn es vermeidbar ist.

@Metapher was meinst du?

Sagen wir, Mathematiker haben den Hang zu Verallgemeinerungen.

Komplexe Zahlen sind ein weites Feld, die meisten „Nutzer“ brauchen die vier Grundrechenarten und das Berechnen des Betrages, Imaginär- oder Realteils. Komplex konjugieren ist da auch wenig mehr als ein anderes Vorzeichen.

Ich schwenke mal auf ein anderes Thema: Vektoren

Der Betrag wird da ja genauso gebildet: Komponenten quadrieren, addieren, dann die Wurzel draus.

Der Mathematiker sagt aber auch: Skalarprodukt bilden, dann die Wurzel daraus. Das ist rechnerisch völlig das gleiche, obwohl es den Begriff „Skalarprodukt“ voraussetzt, hinter dem ja noch sehr viel mehr steckt.

Und jetzt habe ich hier ein Koordinatensystem, in dem die Achsen nicht rechtwinklig, und die Achseneinteilung nicht gleich ist. Das Skalarprodukt wird da einen Ticken komplizierter, der reine Vektor wird nun mit einer Matrix multipliziert, und das Ergebnis mit dem zweiten Vektor. Dann erfüllt das Ding wieder seinen ursprünglichen Zweck, und man kann es auch nutzen, um die Länge eines Vektors zu berechnen.

Meist hat man es aber doch mit einem Orthonormalsystem zu tun, also Achsen mit rechtem Winkel zueinander und gleichen Achseneinteilungen. Was ist da jetzt die Definition eines Betrages? Die einfache, die ein Neuntklässler versteht, oder die über das Skalarprodukt, das deutlich universeller ist?

Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, es ist analog zu der Frage nach „Henne oder Ei“.

Die Definition |z| = √(a²+b²) (die übrigens von Euler höchst persönlich stammt) fällt ja icht einf<ch vom Himmel. Sie rekurriert vielmehr aus der Identifikation der komplexen Zahlenebene C (die ja von Euler „erfunden“ wurde) mit dem R². Dadurch erscheint |z| als ein Analogon zum Abstand des Punktes (a,b) vom Nullpunkt und damit zur Länge der Strecke (a,b) ↔ (0,0), errechnet mit dem Pythagoras.

Dann wäre |z| = √z·z* die abgeleitete Form von √(a²+b²), weil sich nur dann der Betrag als positiv ergibt.

Man kann aber auch von der Vektorraumtheorie ausgehen und die euklidische Norm ||z|| im komplexen Vektorraum über C bestimmen: Diese Norm errechnet sich aus dem hemiteschen Skalarprodukt <z,z> der komplexen linearen Algebra einer komplexen Zahl mit sich selbst. Das hermitesche Skalarprodukt ist definiert als

<z,z> = zz* = a²+ b² = |z|²

Die Norm ist dann
||z|| = √<z,z> = √ z·z* = √(a²+b²) = |z|

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Super, danke, schon wieder was dazugelernt :slight_smile: