Konditoreiensterben

Hallo , ich wohne in Düsseldorf . Hier , aber auch in anderen Städten , verschwinden nach und nach alle Konditoreien . Die wenigen , die noch existieren , machen alle keine Buttercremetorten mehr . Sind die nicht mehr zeitgemäß oder hat das einen anderen Grund?
Es liegt jedenfalls nicht am aktuellen hohen Butterpreis , denn die Entwicklung begann schon vor Jahren.
Gruss Michael (auf Tortenentzug)

Hallo,

solange Heinemann noch da ist, ist die Welt doch eigentlich noch in Ordnung.

Da kommt einiges zusammen, denke ich.

Natürlich stirbt natürlich die klassische Buttercremeklientel, die damit in den 50ern, 60ern und vielleicht noch 70ern groß geworden ist, allmählich genauso aus wie die klassischen Gelegenheiten dafür - wie z.B. der sonntägliche Besuch bei der Oma, das Kaffeekränzchen am Sonntagnachmittag usw. Dazu kommt natürlich noch die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur. Während die Gastarbeiter der ersten Generation diese mitteleuropäische Sitte und Geschmacksrichtung teilweise noch mitnahmen, würde ich das Interesse der jungen Bevölkerung mit Migrationshintergrund an der deutschen Back- und Konditoreikunst als eher gering einstufen.

Was - neben diesem „kulturell“ bedingten Nachfragerückgang - auch zum Sterben von klassischen Bäckerei-Konditorei-Betrieben geführt hat, sind natürlich einerseits die Backdiscounter und Backautomaten in den Supermärkten, die natürlich einen gehörigen Teil des Umsatzes abgegraben haben. Andererseits sind die Preise kostenbedingt in den letzten Jahren stark gestiegen, was die Leute abschreckt bzw. in die Arme der vorgenannten Backdiscounter und Backautomaten und natürlich auch in Richtung TK-Produkte trieb.

Nicht zuletzt dürften viele Betriebe von Nachwuchssorgen gebeutelt sein. Während sich der Rückgang bei den fertig ausgebildeten Konditoren noch einigermaßen in Grenzen hielt, ist die Zahl der ausgebildeten Fachverkäufer in den letzten 20 Jahren um rd. 90% weggebrochen.

Und klar: die Buttercremetorte hat nicht den besten Ruf. Kalorien ohne Ende und so gar nicht vegan.

Gruß
C.

4 Like

das ist ja grade das Gute

4 Like

heinemann ist leider unbezahlbar geworden
Gruss Michael

Daß Konditoreien überproportional verschwinden entspricht zumindest hier nicht meiner Wahrnehmung. Wenn, dann tun sich die kleinen Betriebe schwer gegen Personalmangel zu bestehen.
Das Angebot werden die Betriebe wohl doch zu einem großen Teil an der Nachfrage ausrichten. Ich sehe auch in passenden Cafés immer wieder „Buttercremetorten“, oder zumindest was ich dafür halte.
Alles hat halt seine Zeit und seinen Ort.

Ganz abgesehen davon, dass die klassische Buttercremtorte extrem schwer ist, und nicht mehr so recht in eine Zeit passen will, in der man auf leichte und gesunde Ernährung achtet, ist sie in der Herstellung auch recht personalintensiv und stellt recht hohe Anforderungen an die Fertigkeiten des Personals. Und das in Zeiten, in denen es extrem schwierig geworden ist, gut ausgebildetes Personal im Handwerk zu bekommen. Nachzu täglich lese ich aktuell, wer seine Öffnungszeiten oder sein Angebot reduziert hat, oder gleich ganz die Tür zusperrt. Hinzu kommt, dass viele Betriebe aktuell eigentlich schon lange einen Generationenwechsel hätten durchführen müssen, jetzt aber zunehmend viele Meister feststellen, dass sich die Aussichten auf eine brauchbare Nachfolge, die auch zur Absicherung des eigenen Lebensabends dienen sollte, trotz des ein oder anderen Jahres extra immer noch nicht verbessert haben, jetzt aber die eigenen Kräfte es nicht mehr zulassen, Betriebe gerade angesichts schwindenden Personals noch selbst am Leben zu halten. Insbesondere, wenn man auch noch Investitionen vor dem Hintergrund „soll mein Nachfolger machen“, aufgeschoben hat, und die Ausstattung dann marode ist, oder - noch schlimmer - aktuellen Vorschriften nicht mehr entspricht und kurzfristig teuer ausgetauscht werden müsste.

Dazu kommt natürlich, dass die ganzen Ketten mit ihrer Präsenz in den Supermärkten den Einkauf eines zwar eingeschränkten Sortiments ohne zusätzliche Fahrerei so einfach gemacht haben, dass immer seltener die Entscheidung für die zusätzliche Fahrt zum Konditor fällt. Da reicht dann der von Aushilfen schnell aus der Tüte zusammengerührte Blechkuchen für den Besuch von Oma aus, bei dem man nebenbei auch noch ordentlich Geld sparen kann.

Von Energiekosten und Mieten sowie anderen Kostenpositionen noch gar nicht gesprochen.

Hallo
wo ist denn hier?
mfg

In Erfurt, aber z.B. auch in Wien, in D meinem Empfinden nach in halbwegs funktionierenden städtischen Zentren, in AT auch bis in ruhigere Städtchen.
Sehr ländlich sieht es wohl anders aus, aber da macht ja alles andere auch zu.
Hier sprießen sogar neue kleine Cafés aus dem Boden die mit sehr urigem oder traditionellen Ambiente locken und sehr traditionell und mit Liebe zum Handwerk arbeiten. Das empfinde ich durchaus als Trend.

In Düsseldorf gibt es das wirklich nicht? Kann ich kaum glauben.

ich such hier schon lange , aber es werden lediglich Sahnetorten angeboten
mfg

Tatsächlich entwickelt sich die Zahl der Betriebe positiv:
image

In der Tat gibt es viele kleine neue Läden, aber das sind in meiner Wahrnehmung eher die von der hippen Sorte, in denen man weniger die klassische Buttercremetorte und ein Kännchen Kaffee bekommt bzw. zu sich nimmt, sondern die richten sich eher an diejenigen, die einen Latte Macchiato-Frappudingsbums mit einem veganen Blaubeer-Muffin an WLAN bevorzugen bzw. dieses Gedeck dann in das nächste Meeting im Co-Working-Space mitnehmen.

1 Like

Klar, die gibt es auch. Aber auch etliche, die auf Plüschsofas und Frankfurter Kranz setzen. Vielleicht ist das in Thüringen natürlich noch etwas anders. In AT kann ich mir aber schwer ein Café ohne Esterhazytorte vorstellen.
Ich bin totaler Torten- und Kuchenfan. Sehr gerne auch in groß und mit maximalem Kalorienüberschuss. In Österreich oder in den tschechischen Touristenkurorten kann ich an keinem Café vorbei - Frankfurter Kranz landet trotzdem nur selten auf meinem Teller.
Ich glaube, da muss man nicht lange über Schwierige Herstellung, Kosten oder sonstwas nachdenken, das ist einfach eine Sache des veränderten Geschmacks der Kunden und Anbieter.

1 Like

Cafés sind aber etwas anderes als Konditoren. Zudem werden regelmäßig Bäcker und Konditoren verwechselt.

Die meisten „Neuen“ sind - nach meiner Wahrnehmung - eher Cafés, die auch Gebäck und Kuchen anbieten (also eher wenig selbst machen), während die „Alteingesessenen“ eher Bäcker oder Konditoren sind, die auch ein Café betreiben.

… und dann gibt es noch den Zwischenschritt … Bäckereiketten.

Sind das wirklich Konditoreien?

@Michael_Winkler: In der Immermannstraße gibt es einen kleinen Laden, der diverse Backwaren nach japanischer Art anbietet (also deutlich kleinere Stücke und etwas süßer). Ich war da zwar zuletzt vor zig Jahren da drin (kann also nicht sagen, ob es da was gibt was Buttercremetorte nahe kommt), aber die 3-4 mal, die ich pro Jahr in Düsseldorf bin, ist dort immer noch die japantypische Warteschlange vor so kleinen Läden.

Jo, der Konditor backt ne Torte und in seinem Café essen seine Kunden diese dann.

Servus,

falls es Dich mal in den wilden Süden verschlägt: In Monnem haben wir gleich zwei klassische Sahnetorten-Cafés, die als regelrechte Institutionen zur Stadt gehören: Das Herrdegen als bürgerliche Version (hier ist der berühmte „Monnemer Dreck“ erfunden worden) und in der Arbeitervorstadt Neckarstadt West das kleinbürgerlich-proletarische Mohrenköpfle, ein regelrechtes Sahnetorten-Paradies - unsere langjährige Friseurin, Neckarstädter Urgestein, erzählte vom Besuch eines Neffen aus dem US-Mittelwesten, der so beeindruckt und begeistert davon war, dass es überhaupt mehr als eine Sorte Torte gibt, dass er bei einem zweiwöchigen Aufenthalt täglich ins Mohrenköpfle ging und die nächste Torte probierte…

Schöne Grüße

MM

  • achjaübrigens: Das Herrdegen ist meines Wissens das einzige Haus in der Mannheimer Innenstadt, das sowohl das Baufieber der Belle Epoque um 1900, in Mannheim eine ausgeprägte Boom-Zeit, als auch die über 100 Luftangriffe in den 1940er Jahren überstanden hat, insofern eine architekturgeschichtliche Rarität am Ort: