Konjunkturkrise willkommener Grund für Entlassunge

Hallo,

ich haderte, ob ich es hier, oder in Finanzpolitik frage, aber vielleicht antworten ja auch unsere Finanzgenies.

Im Radio hörte ich gestern schon davon, und die FTD hat diese Zahlen einigermaßen bestätigt:
http://www.ftd.de/technik/it_telekommunikation/:ROUN…
dass nun auch SAP, Stellen abbaut, obwohl diese Firma bei mir als recht AN-freundlich eingestellt bekannt ist.

Im Gegensatz zu Bosch, die gestern laut Radio 1/3 Gewinneinbußen (!) hatte und angeblich konkret noch keinen Stellenabbau erwägt. Nunja hier steht was anderes http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/Bosch_re…

Wenn ich mir Zahlen so durchlese: 300 Mio. für laut Radio 3.300 Stellen = 90.000 € pro Stelle.

Ausschüttungen an Aktionäre sollen 30 % betragen.
Der Umsatz erhöhte sich im vierten Quartal trotz des weltweiten Konjunkturabschwung von 3,24 auf 3,48 Milliarden Euro…Produktumsatz, der wichtigste Indikator für die Geschäftsentwicklung, legte von 2,47 auf 2,66 Milliarden Euro zu.

Verstehe ich das jetzt richtig?

Man reagiert auf die Konjunktur mit Entlassungen, obwohl die Zahlen steigen, und damit man den Aktionären 30% auszahlen kann? (Ich weiß, Umsatz nicht gleich Gewinn, aber Anstieg ist Anstieg!)

Ich möchte nicht leugnen, dass einige echt gebeutelt sind.

Dennoch kommt es mir immer wieder so vor, dass man dem Aktienmarkt mehr verpflichtet ist, als dem AN. Warum werden denn temporär nicht gewisse Gewinneinbußen hingenommen? Warum müssen die auf gleichem Niveau gehalten werden, wenn doch eine Krise besteht?

Viele/Einige/„Jeder“ Mittelständler und Kleinunternehmer schleppt seine Leute doch auch eine Weile durch die Krise und akzeptiert, dass sein eigenes „Gehalt“ eben auch geringer wird, und die nötigen Rücklagen etwas schwinden. Selbst wenn der Umsatz rückläufig ist!

Wenn wirklich eine Schmerzgrenze erreicht ist, und die Rücklagen schwer angegriffen sind, verstehe ich das.

Aber bei geringem Rückgang (den SAP ja nichtmal hat) sofort Gegemaßnahmen zu ergreifen, obwohl man locker noch ne Weile durchhalten kann ohne zu Entlassen, das kapiere ich echt nicht. Kann man denn nicht mal eine Durststrecke versuchen eine Weile auszusitzen?

Es wird auf Teufel komm raus an Steigerung, Wachstum und Kapitalvermehrung festgehalten. Und selbst wenn auf Steigerung verzichtet wird, muss zumindest der jetzige Gewinn erhalten bleiben.
Mal bisschen kürzer zu treten ist nicht.

Dass Arbeitslosigkeit aber auch bedeutet, dass die Kaufkraft sinkt, und die Steuern und Soz.-abgaben in die Höhe treibt, interessiert anscheinend niemanden. Hauptsache der Börsenkurs stimmt.
Vom Schaden an der Allgemeinheit mal ganz abgesehen, und dann meckern, wenn die Hartz-ler zu viel kosten, die Lohnkosten zu hoch sind.
Die Zeche zahlen wieder die Steuerzahler.

Das wird doch zur Abwärtsspirale - Entlassungen - Staatskosten steigen - Kaufkraft sinkt - Steuern und Abgaben gehen hoch - Noch mehr Entlassungen …

Aber hauptsache das Kapital wirft hohe Rendite ab. Fragt sich nur, wie lange das noch gut geht.

Wem nutzt es wirklich? Gibt es wirklich keine anderen möglichkeiten als Stellenabbau?

TM

Hallo,

ich haderte, ob ich es hier, oder in Finanzpolitik frage, aber
vielleicht antworten ja auch unsere Finanzgenies.

Im Radio hörte ich gestern schon davon, und die FTD hat diese
Zahlen einigermaßen bestätigt:
http://www.ftd.de/technik/it_telekommunikation/:ROUN…
dass nun auch SAP, Stellen abbaut, obwohl diese Firma bei mir
als recht AN-freundlich eingestellt bekannt ist.

Im Gegensatz zu Bosch, die gestern laut Radio 1/3
Gewinneinbußen (!) hatte und angeblich konkret noch keinen
Stellenabbau erwägt. Nunja hier steht was anderes
http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/Bosch_re…

Wenn ich mir Zahlen so durchlese: 300 Mio. für laut Radio
3.300 Stellen = 90.000 € pro Stelle.

Ausschüttungen an Aktionäre sollen 30 % betragen.
Der Umsatz erhöhte sich im vierten
Quartal trotz des weltweiten Konjunkturabschwung von 3,24 auf
3,48 Milliarden Euro…Produktumsatz, der wichtigste Indikator
für die Geschäftsentwicklung, legte von 2,47 auf 2,66
Milliarden Euro zu.

Verstehe ich das jetzt richtig?

Man reagiert auf die Konjunktur mit Entlassungen, obwohl die
Zahlen steigen, und damit man den Aktionären 30% auszahlen
kann? (Ich weiß, Umsatz nicht gleich Gewinn, aber Anstieg ist
Anstieg!)

Also so wie ich den Artikel verstanden habe, wird niemand entlassen, sondern es werden frei werdende Stellen nicht neu besetzt. Das ist ein kleiner Unterschied. Einige wird man sicherlich mit Vorruhestansregelungen, Abfindugen etc. zum gehen motivieren. Daher die Kosten für den Stellenabbau.
Zudem wird auch nur die Ausschüttungsquote erhalten, nicht die absoluten Zahlungen. Bei 50% weniger Gewinn gibt´s auch 50% weniger Ausschüttung

Ich möchte nicht leugnen, dass einige echt gebeutelt sind.

Dennoch kommt es mir immer wieder so vor, dass man dem
Aktienmarkt mehr verpflichtet ist, als dem AN. Warum werden
denn temporär nicht gewisse Gewinneinbußen hingenommen? Warum
müssen die auf gleichem Niveau gehalten werden, wenn doch eine
Krise besteht?

Man ist dem Aktienmarkt nicht mehr verpflichtet als den Arbeitnehmern. Die Aktienbesitzer verlangen zu Recht eine gewisse Rendite, die Arbeitnehmer ebenso zu Recht ihren Lohn. Die sogenannten Arbeitgeber (ich halte diesen Begriff für ein wenig irreführend) können die Arbeit übrigens nur geben, weil erstmal jemand in die Idee und Anlagen investiert hat.

Viele/Einige/„Jeder“ Mittelständler und Kleinunternehmer
schleppt seine Leute doch auch eine Weile durch die Krise und
akzeptiert, dass sein eigenes „Gehalt“ eben auch geringer
wird, und die nötigen Rücklagen etwas schwinden. Selbst wenn
der Umsatz rückläufig ist!

Was bleibt ihnen übrig. Sie können akzeptieren, dass ihr Gehalt vorübergehend niedriger wird (und zu anderen Zeiten dafür höher ist)oder sie akzeptieren, dass ihr Unternehmen insolvent wird. Ersteres wird i.d.R. bevorzugt. Weiterhin könnte es für Mittel- und Kleinunternehmer schwieriger sein, wieder Leute zu finden, wenn es wieder aufwärts geht.

Wenn wirklich eine Schmerzgrenze erreicht ist, und die
Rücklagen schwer angegriffen sind, verstehe ich das.

Aber bei geringem Rückgang (den SAP ja nichtmal hat) sofort
Gegemaßnahmen zu ergreifen, obwohl man locker noch ne Weile
durchhalten kann ohne zu Entlassen, das kapiere ich echt
nicht. Kann man denn nicht mal eine Durststrecke versuchen
eine Weile auszusitzen?

Offenbar ist man dort nicht der Meinung, dass es eine „kurze“ Durststrecke ist und erwartet Rückgänge. Zudem will man eben nicht erst hinterher reagieren, sondern die bereits erkannten Probleme auch sofort angehen.

Es wird auf Teufel komm raus an Steigerung, Wachstum und
Kapitalvermehrung festgehalten. Und selbst wenn auf Steigerung
verzichtet wird, muss zumindest der jetzige Gewinn erhalten
bleiben.
Mal bisschen kürzer zu treten ist nicht.

Wieso, die Gewinne sind doch schon kleiner. Aber ansonsten bin ich grundsätzlich deiner Meinung. Die bisherigen Anforderungen an Gewinn bzw. dessen ewige Steigerungen waren offenbar zu hoch.

Dass Arbeitslosigkeit aber auch bedeutet, dass die Kaufkraft
sinkt, und die Steuern und Soz.-abgaben in die Höhe treibt,
interessiert anscheinend niemanden. Hauptsache der Börsenkurs
stimmt.

Interessiert schon, aber das Unternehmen wird durch die Entlassungen mehr sparen, als durch die dadurch verursachten Kosten bezahlt werden müssen. Die Einsparungen haben sie nämlich alleine, die Kosten verteilen sich dafür. So ist das System. Individuell trifft das Unternehmen die richtige Entscheidung, kollektiv kann das jedoch nicht ganz so richtig sein.

Vom Schaden an der Allgemeinheit mal ganz abgesehen, und dann
meckern, wenn die Hartz-ler zu viel kosten, die Lohnkosten zu
hoch sind.
Die Zeche zahlen wieder die Steuerzahler.

Das wird doch zur Abwärtsspirale - Entlassungen - Staatskosten
steigen - Kaufkraft sinkt - Steuern und Abgaben gehen hoch -
Noch mehr Entlassungen …

Na irgendwann pendelt es sich schon wieder auf einem normalen Niveau ein. Vielleicht muss man einfach akzeptieren, dass unsere Gesellschaft lange über die Verhältnisse gelebt hat und nun wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommt.

Aber hauptsache das Kapital wirft hohe Rendite ab. Fragt sich
nur, wie lange das noch gut geht.

Wie hoch sind den die Renditen? Reell und insgesamt betrachtet? Bitte keine Einzelfallbeispiele bringen.

Wem nutzt es wirklich? Gibt es wirklich keine anderen
möglichkeiten als Stellenabbau?

Langfristig nicht. Früher haben Hundert Mann mit Schaufeln in einer Woche einen Graben ausgehoben. Heute erledigen das drei Mann mit entsprechender Technik. Was würdest du mit den 97 Mann machen, die jetzt nichts mehr zu tun haben? Weiterbezahlen? Warum? Wovon?

TM

Grüße

El Buffo

Hallo, TM

Im Radio hörte ich gestern schon davon, und die FTD hat diese
Zahlen einigermaßen bestätigt:
http://www.ftd.de/technik/it_telekommunikation/:ROUN…

SAP hat für 4,8 Milliarden Euro die französisch-amerikanische Softwarefirma „Business Objects“ gekauft:
http://www.computerwoche.de/knowledge_center/busines…

anscheinend hat der Konzern sich daran verschluckt.

Genauso wie Schaeffler sich bei der Übernahme von Continental verschluckt hat:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/374/456045/text/

Gruß
karin

Hallo Karin,

danke für die interessanten Links. Das bestätigt mich in meiner Vermutung, dass die Zockerei und Profitgier gerne auf Staat, Arbeitnehmer und Allgemeinheit abgewälzt wird.

Zwar zahlen die Firmen auch ordentlich Steuern.
Je größer das Unternehmen (und die Macht), um so mehr scheint die Bereitschaft die Verantwortung zu übernehmen zu sinken.

Anscheinend sind die Dimensionen, in denen die sich bewegen zu abstrakt.

Ich unterstelle schlicht, dass mit eigenem Vermögen aus eingener Tasche die Risikobereitschaft geringer wäre. Würde es ihren eigenen Stuhl kosten und die eigenen Taschen nicht schon gut gefüllt wären, wären sie bestimmt vorsichtiger.
Wer will schon glauben, dass deren private Vermögensplanung nur aus risikoreichen Aktien besteht (und bei Fehlspekulation das ganze Vermögen futsch wäre), statt Ririkostreuung im Portfolio.
Es sei denn es sind echte Zocker und Spielsüchtige. Wenns ums eigene Geld geht, glaube ich das aber eher weniger.

Ich bin zwar „nur“ ein Kleinunternehmer. Aber auch als Unternehmer kann man die Abwägung zwischen moralischem Handeln und Risiken eingehen müssen um auf dem Markt bestehen zu können, vereinen. Man muss deshalb nicht zum Samariter werden und auf gute eigene Bezahlung verzichten. Aber man muss/kann auch nicht unbedacht sein.

Je mehr man die eigenen Schäfchen im Trockenen hat, je mehr die eigene Existenz gesichert ist, um so höher ist anscheinend die Verlockung, sich über Verantwortung denen gegenüber, die einem zum eigenen Erfolg verholfen haben (AN) nicht mehr zu scheren.

Arme Welt. Geld verdirbt den Charakter.
Und je mehr man vom eigenen Unternehmen entfernt ist (Manager/Konzerne/AGesellsch.), um so weniger muss man sich Gedanken machen und um so abhängiger ist man von Fremdeinfluss (Aktionäre) und in den eigenen Entscheidungen eingeschränkt/beeinflusst.

TM

Hallo TM,

vielleicht ein paar Erklärungen:
a) Stellenabbau ist das normalste der Welt, wenn der Umsatz zurückgeht. Dafür muss kein Mensch entlassen werden, bei 3-4% Fluktuation por Jahr über Verrentung, Selbstkündigung o.ä. und fehlender Nachbesetzung ist das ein ganz natürlicher (und notwendiger) Prozess.
b) Was sowieso bei Konzernen „verheimlicht“ wird, ist der Abbau von befristeten oder Leiharbeitern. Die Automobilindustrie hat sich in den letzten Jahren hierdurch massiv flexibilisiert. Diese Reserve wird nun genutzt. Ebenfalls muss klar sein, dass deutsche Weltkonzerne durchaus bereits massiv im Ausland ausstellen. Das wird nur in der deutschen Presse gerne verschwiegen.
c) Von Zahlen des Gesamtjahres 2008 irgendwelche Aussagen für 2009 ableiten zu wollen, ist bei etwas nachdenken klar blödsinnig. In weiten Teilen des Industrie ist die Krise ab Anfang November aufgeschlagen. D.h. die ersten 10 Monate liefen weiter wie bisher, danach klappte das Neugeschäft total zusammen und die vorhandene reicht nunmal nicht ewig. Das Gesamtjahr kann also noch positiv sein aufgrund des Rückenwinds aus der ersten Jahreshälfte, obwohl der Umsatz und die Gewinnentwicklung bereits stark rückgängig in der 2. Jahreshälfte war.

Ansonsten muss jedem klar sein, dass wir z.B. in der Automobilindustrie von Beschäftigungsrückgängen von 30%(!) reden. Dass hier noch keine Insolvenz- und Entlassungswelle losgegangen ist, liegt ausschließlich daran, dass die meisten Unternehmen sehr gesund dastehen. Allerdings sind die Reserven sicher endlich, ich gehe davon aus, dass spätestens im 2. Quartal sich der Spreu vom Weizen trennen wird.

Grüße
Jürgen

anscheinend hat der Konzern sich daran verschluckt.

Genauso wie Schaeffler sich bei der Übernahme von Continental
verschluckt hat:

nun entweder sind die falschen leute auf dem falschen posten und die die ausgebildeten und erfahrenen manager wissen weit weniger als jounalisten und irgendwelche unbekannte menschen in einem forum

oder es ist lanfgristig vielleicht strategisch bedeutender einen mitbewerber zu schlucken, wie einige tausend mitarbeiter zu halten

oder vielleicht gibt es noch eine andere wahrheit…??