Hallo Heiko
Deine Argumentation ist doch mal komprimiert folgende:
„Hätte ich mehr Geld ausgegeben, hätte ich nicht den „Ärger“ und ein besseres und somit sicheres Gerät bekommen“.
Das ist nicht ganz korrekt.
Mein Argument war: Wenn Du ein Gerät aus dem Niedrigpreissektor kaufst, kannst Du nicht mehr verlangen, als dass es den von dem Herrn VDE festgelegten Sicherheitsstandards genügt
Es gibt wenige Geräte, die normalerweise so simpel sind, wie ein Wasserkocher: Ein Ein- und Ausschalter und einen Stromanschluss.
Und ein Heizelement.
Man kocht Wasser und dann sollte das Gerät aus sein - Kurz und gut…
Was ich nicht verstehen kann, ist, dass es ein GS-Siegel gibt und trotzdem kann es passieren, dass sich mein Wasserkocher durch eine kleine Unaufmerksamkeit -möglicherweise wochenlang wenn ich z.B. im Urlaub bin- sich ein- und ausschalten kann. So etwas fällt bei mir unter „Heimtücke“.
Dann wollen wir doch einmal untersuchen, welches die Sicherheitsphilosophie ist die den Regeln des Herrn VDE für die Erteilung des GS-Zeichens zugrunde liegt.
- Der Kocher darf in keinem Fall an irgendeinem berührbaren Teil eine unzulässig hohe Berührungsspannung führen, welche die Gesundheit und das Leben eines Menschen gefährden kann.
Dass dagegen verstoßen wurde, hast Du bisher nicht behauptet.
- Der Kocher darf – auch im Fall einer Fehlbedienung – an keiner Stelle eine Temperatur erreichen, welche zur Entzündung von Bestandteilen des Kochers oder von Gegenständen in seiner Umgebung führt (Brandschutz).
Du behauptest, dass dagegen verstoßen wird.
Dann wollen wir mal betrachten, welche Sicherheiten in den Kocher eingebaut wurden für den Fall, dass der Kocher ohne Wasserfüllung betrieben wird.
Die erste Sicherheitsebene ist der Thermoschalter (Bimetall), welcher verhindert, dass das Heizelement eine zu hohe Temperatur annimmt. Dieser schaltet das Heizelement, kurz bevor der Behälter des Wasserkochers die Temperatur von 100°C erreicht, ab. Der eigentliche Sinn dieses Thermoschalters ist zwar, unnötiges Weiterheizen zu verhindern, wenn das Wasser seine Temperatur erreicht hat, aber er wirkt natürlich auch als Sicherheit gegen Übertemperatur beim „Trockenlauf“.
Das bedeutet also:
Du bist im Urlaub, hast vor Verlassen Deiner Wohnung nicht daran gedacht, zu überprüfen ob alle elektrischen Geräte ausgeschaltet sind und ob Du den Wasserzufluss Deiner Badewanne zugedreht hast *), und Dein Wasserkocher läuft trocken.
*)Anmerkung
Bei Deinem Sicherheitsbedürfnis hast Du doch bestimmt einen Schwimmerschalter in Deiner Badewanne installieren lassen, welcher bei Erreichen des maximalen Füllungsgrades über ein Magnetventil den weiteren Wasserzufluss unterbricht. Oder hast Du da – um Kosten zu sparen – geschlampt?
Jetzt schaltet der Kocher sich also die ganze Zeit in Intervallen ein und aus, ohne dabei eine brandgefährliche Temperatur zu erreichen (der erhöhte Stromverbrauch während Deiner Urlaubszeit ist nicht sicherheitsrelevant). Aber – entsprechend der alten Handwerkerweisheit „Der Teufel ist ein Eichhörnchen“, versagt irgendwann der Thermoschalter, weil er es Leid ist, schon seit fünf Jahren jeden Urlaub für drei Wochen das alte Ein-Aus-Spiel zu treiben, und der Heizwiderstand bleibt eingeschaltet.
Hier ist als zweite Sicherheitsebene eine Thermosicherung direkt am Heizelement angebracht.
Zitat aus Wikipedia:
Irreversibel auslösende Thermosicherungen werden mit einer elektrischen Verbindung über ein bei definierter Temperatur schmelzendes Metall (z.B. Woodmetall) realisiert. Die Lötverbindung muss beim Schmelzen öffnen…
Zitat Ende
Die Auslösetempeatur ist ziemlich genau festgelegt und auf die Sicherung aufgedruckt. Thermosicherungen, welche ich ersetzt habe, hatten Nenntemperaturen zwischen 175°C und 225°C.
Dass die Sicherung irreversibel ist und ersetzt werden muss, ist kein Nachteil, da im Fall ihres Ansprechens noch ein weiterer Fehler im Gerät vorhanden ist, der analysiert und behoben werden muss.
Wenn also so etwas passieren kann und dieses nicht konstruktionsbedingt abgefangen wird (was ja nicht sooo schwer zu realisieren wäre) dann stimmt etwas an den Vorschriften nicht oder jemand will partout sparen.
Irrtum.
Die über die in Deinen Kocher eingebauten Sicherheitsvorkehrungen hinausgenden, von Dir geforderten Funktionen fallen nicht mehr unter die Rubrik „Sicherheit“, sondern unter die Rubrik „Bedienungskomfort“, und dafür ist der Herr VDE nicht zuständig.
Das ist was mich ziemlich stört, zumal Wasserkocher in sehr vielen Haushalten, also millionenfach- zu finden sein dürfen. Wenn es in Deinem Haus aus so einem Grund brennen sollte, siehst Du das möglicherweise auch nicht mehr so gelassen, oder?
Du darfst nicht in die amerikanische Denkweise verfallen, dass für alles, was durch Deine Unachtsamkeit (und möglicherweise Dusseligkeit) passieren könnte, automatisch der Hersteller des Gerätes verantwortlich ist.
Sieh es doch mal so:
Die der Zertifizierung des Wasserkochers zugrundeliegenden Sicherheitsvorschriften sind ausreichend.
Wenn Du mal in einem Prüflabor gewesen bist und gesehen hast, wie die Prüflinge für die Musterzulassung „gequält“ werden und welche geradezu sadistische Findigkeit die Prüfer an den Tag legen, Situationen zu simulieren, in welchen die eingebauten Sicherheitsvorkehrungen versagen - immer nach dem Motto: „Was passiert, wenn…“ - dann wirst Du mir zustimmen.
Die Produzenten werden also zumindest ein Basismodell produzieren, dass außer Wasserkochen unter Einhaltung dieser Vorschriften nichts weiter kann.
Jetzt stell Dir vor, ein Produzent entwickelt einen Kocher, der Deinen Vorstellungen entspricht. Dazu gehört ein Schalter mit einer thermischen Freiauslösung (ähnlich wie ein Sicherungsautomat) oder mit einer magnetischen Auslösung und einer zusätzlichen einfachen Elektronik. Diese Abschaltung muss klein sein, damit die Maschine nicht zu klobig ausfällt.
Dieser Schalter ist als Standardelement nicht am Markt erhältlich. Andere Produzenten von Wasserkochern und Kaffeemaschinen haben erst mal kein Interesse („Das kauft ja doch keiner“) und so muss der Schalter erst mal für diese Baureihe entwickelt werden. Der Produzent ist optimistisch und legt die Entwicklungskosten für den Schalter auf eine erwartete zu produzierende Stückzahl von 10000 (Zehntausend) Exemplaren um. Bei Entwicklungskosten von 50000 Euro (sehr knapp gerechnet, in Wirklichkeit sind die Kosten höher) würde das pro produziertem (und noch nicht verkauftem) Gerät 5 Euro ausmachen. Nehmen wir weiter an, er findet einen Zulieferer, der ihm bei der angegebenen Stückzahl den Schalter für 5 Euro liefern, dann wären das (vor Montage) schon 10 Euro pro Gerät. Eingebaut wären das incl. Montagekosten, Steuern, Gemeinkosten und natürlich auch Gewinn (hypothetisch, ich habe es nicht unter realen Bedingungen kalkuliert) 20 Euro
Dein Kocher hat, wie Du sagst, 20 Euro gekostet. Jetzt steht da im Regal ein weiterer Kocher, im Großen und Ganzen baugleich mit dem Ersten, aber mit dem von Dir geforderten Komfortschalter.
Und kostet 40 Euro.
Der sogenannte „Normalverbraucher“ wird (Geiz ist Geil) den billigeren Kocher kaufen und die Vorhersage „Das kauft keiner“ wird sich bewahrheiten.
Anders ist es, wenn wir das „Luxussegment“ betrachten, wo die Kocher unter dem Label „Porsche“ oder „Collani“ angeboten werden. Da ist ein hoher Preis Teil des mitverkauften Images und steht in keinem Verhältnis zu den Produktionskosten. Da können sich Produktentwickler austoben und da ist auch der bewusste Schalter kein Problem.
Aber würdest Du so was kaufen?
Gruß,
Heiko
Gruß merimies
PS. Dieses ist der letzte Beitrag, den ich zu diesem Thema schreibe, da ich den Eindruck habe, dass sich die Diskussion im Kreise dreht.