Kontoausszüge von einer verstorbenen Person

Guten Tag in die Runde,

vorab möchte ich mich schon mal vielmals für alle Antworten bedanken.

Ich fange mal an mit der allgemeinen verfahrenen Situation bei einer Bekannten.

Ich weiß, wie sich das anhören muss, ist aber wirklich so.

Es handelt sich um eine Erbengemeinschaft, wie so oft eben auch zerstritten.

Gegenstand des Erbes sind genau genommen Kontoauszüge der Verstorbenen.

Es wird vermutet, dass die verstorbene Mutter, zwei der fünf Töchter mit einer monatlichen Zahlung aus ihrem Einkommen, in Form eines Bausparvertrages, beschenkt hat. Diese geschah aus Dankbarkeit für die Betreuung und Pflege der Mutter.

Nach dem die Mutter verstorben war, hat sich die Erbengemeinschaft gebildet, um das Erbe anzutreten. Nun möchten die anderen Töchter von der Sparkasse die letzten Kontoauszüge vor dem Tod anfordern. Und hierzu dann meine Frage:

Das eine Geschäftsbeziehung mit der Sparkasse besteht und die Erben das Jahressaldo erfragen können, steht dabei weniger zur Debatte. Aber ist es aus Datenschutzgründen überhaupt möglich komplette Kontoauszüge anzufordern. Damit ist das gesamte vergangene Leben der verstorbenen Person sichtbar. Ist so etwas überhaupt zulässig?
Vielen Dank!

Kurze und knappe Antwort: Ja, es ist zulässig, und das ergibt sich aus der Gesamtrechtsnachfolge der Erben. D.h. sie treten in alle Rechtspositionen des Erblassers ein (mit Ausnahme höchstpersönlicher) und insoweit auch in den Kontoführungsvertrag mit der Bank. Und im Rahmen dieses Vertrages sind sie selbstverständlich auch berechtigt, Kontoauszüge nachfertigen zu lassen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es ja streitig sein könnte, ob der Erblasser zum Todeszeitpunkt ggf. noch Verbindlichkeiten gegenüber Dritten hatte. Stell Dir vor, da kommt plötzlich Firma X an, und hält eine fette Rechnung von vor einigen Wochen hoch und behauptet, die sei nicht bezahlt worden. Oder Herr Y behauptet den Bestand eines privaten Darlehens. Wie will man solchen Forderungen als Erbe entgegen treten, wenn man keine Einsicht in die Kontoauszüge hat (nachdem der Erblasser die leider nicht sauber gesammelt und aufbewahrt hatte)?

Es geht sogar noch einen Schritt weiter: Im Rahmen von Pflichtteilsansprüchen könnte ein pflichtteilsberechtigter Nichterbe auf die Idee kommen, zur Prüfung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen einen Nachweis über ggf. erfolgte Schenkungen des Erblassers zu verlangen. Auch dabei würden die Kontoauszüge eine wichtige Rolle spielen. Hierzu gibt es sogar einen netten Beschluss des OLG Stuttgart 26.01.2016 in 19 W78/15, wonach die Erben sogar richtig übel hohe Kosten für die Beschaffung von Kontoauszügen über zehn Jahre zu tragen haben, um diesen Nachweis zu führen.

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Vielen Dank für die Antwort, worüber ich genau genommen erschüttert war und auch noch bin.
Nichts wird so hoch gehandelt wie der Datenschutz. Aus den Kontoauszügen geht mittlerweile das gesamte Leben hervor. Es wird mittlerweile alles dargestellt, wo der Kontoinhaber Geschäftsbeziehungen, egal welcher Art hatte. Das Urteil und die entsprechende Erweiterung aus dem Jahre 2020 habe ich mir durchgelesen. Ich frage mich nur, wenn eine Familie zerstritten ist, wie in meinem oben aufgeführten Beispiel, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um eine Familie nicht noch weiter in einen Streit zu führen, wenn der Erbe sämtlichen Aufwand und Kosten zu tragen hat. Aber das ist wohl eine soziale und keine rechtliche Frage.
Trotzdem vielen lieben Dank für die „kurze und knappe Antwort“!
Viele Grüße und alles Gute
Jörg Westphal