Hallo,
eine nette Diskussion, in der mal wieder alles enthalten war, was man für eine angeregte Diskussion braucht, inkl. fast nicht ganz ausgesprochenem Nazivergleich.
Zunächst einmal haben es die Medien geschafft, dieses an sich völlig unbedeutende Event zu einem globalen Thema zu machen. Glückwunsch dafür und natürlich an MC Fire.
Wo liegt nun eigentlich das Problem? Es prallen verschiedene Rechtssysteme, Religionen und Weltanschauungen aufeinander, was häufig zu Problemen führt. Während in Deutschland vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind, sind sie in anderen Gegenden bspw. ganz grundsätzlich ungleich.
Während für manchen eine Flagge nur ein Stoffetzen ist, ist sie für einige heilig, durch ein eigenes Gesetz geschützt oder zumindest mit einem Copyright belegt. Während hier der grünschwänzige Heckenficht geschützt wird, gilt er woanders als Delikatesse.
Wie geht man nun damit um? Retuschieren wir in Deutschland alle weiblichen Brustwarzen weg, weil in anderen Ländern ein Vollvermummungsgebot gilt? Gehen wir samstags nicht mehr Holz hacken, weil das in manchen Gegenden ein hoher Feiertag ist? Verzichten wir auf besoffene Fußballfans, nur weil Alkohol von manchen Religionen verboten wird?
Offensichtlich nicht. Warum nicht? Vielleicht, weil die Verstöße gegen fremde Gesetze und Gebräuche nicht absichtlich geschehen? Bzw. nicht absichtlich, um die anderen zu beleidigen?
Schauen wir mal eben auf die Mohammed-Karrikaturen des werten Herrn Westgaard. Hat er diese geschaffen, um den Islam zu verspotten und alle Moslems zu kränken? Oder hat er ein paar Späße machen wollen, die irgendwo zwischen Politik und Religion angesiedelt waren, wie sie in deutschen Zeitungen - mit Bezug zum Christentum - täglich abgedruckt werden?
Nun wieder zurück in die USA. Was ist die - offizielle - Intention der Veranstaltung? Es geht darum, „radikale Elemente des Islam“ anzuprangern. Ein Zitat:
In response to Petraeus’ words of caution, meanwhile, Jones said on Tuesday: „Why don’t we send a warning to them? Why don’t we send a warning to radical Islam and say, ‚don’t do it?‘ If you attack us, if you attack us, we will attack you.“
Es geht also nicht um die Beleidigung aller Moslems und des Islam, sondern um eine Meinungsäußerung ggü. der radikalen Strömungen innerhalb des Islam. Um eine Meinungsäußerung, die darüber hinaus noch durch das US-amerikanische Recht gedeckt ist.
Stellt sich halt die Frage, warum es mal wieder einen Aufschrei in der islamischen Welt gibt. Liegt es an der Berichterstattung? Liegt es daran, daß die US-amerikanischen Flaggen in den privaten Haushalten allmählich verrotten und wegmüssen (wie vor einigen Jahren die dänischen Flaggen, die so viele Leute zuhause rumliegen hatten) oder liegt es daran, daß sich in einigen Ländern Massen durch Meinungsäußerungen und Handlungsaufrufe von einflußreichen Personen mobilisieren lassen, die es verstehen, a) die Nuancen der Veranstaltung zu verwischen und b) daraus eine Grundhaltung der gesamten westlichen Welt ggü. dem Islam zu konstruieren?
Es fiel übrigens in der Diskussion das Wort der Aufklärung, was ich sehr interessant finde. Es gibt sicherlich auch radikale Christen (siehe Terry Jones), aber die Mehrheit der Christen ist inzwischen doch in der weltlichen Welt angekommen, wobei „inzwischen“ irgendwo im 18./19 Jh. zu suchen ist. Es ist also durchaus nicht von der Hand zu weisen, daß der Islam in manchen Bereichen 200-250 Jahre hinter dem Christien herhinkt. Angesichts des Umstandes, daß der Islam auch deutlich jünger ist als das Christentum, ist das auch nicht als Kritik zu werten.
Dennoch ist es eben aus westlicher Sicht eher schwer zu verstehen, wieso heutzutage aus religiösen Motiven immer noch großflächige Proteste entstehen.
Gruß
Christian