Koscher tanken?

Hallo Wissende,

also ich lese gerade, dass es Pläne gibt, Bio-Ethanol nicht mehr einfach aus extra dafür angebauten Pflanzen herzustellen, sondern u.a. aus Schlachtabfällen. Die WiWo beschreibt das recht anschaulich: „Ein bisschen unappetitlich ist der Gedanke schon. Man steht mit seinem Auto an der Zapfsäule und tankt Haut, Blut und Knochen vom Schwein.“ (Ähm, also wo sie recht haben, da haben sie recht.)

Und da habe ich mich gefragt, ob z.B. ein Jude (oder Moslem) eine solche Brühe tanken dürfte. Bitte macht mich doch mal schlau.

שלום

Petra

Hallo,

da weder Bibel, Thora noch Koran etwas zum Thema Autofahren und Tanken erwähnen (gabs seinerzeit halt noch nicht), dürfte das kein Problem sein.

Höchste Zeit für eine neue angepasste Religion, die sich detailliert mit Tierhaltung, Bio, Uran, Fortbewegung, Daten, Telekommunikation und Computern auseinandersetzt.

Dort könnte z.B. ein Gebot auftauchen wie: „Tanke keine Lebensmittel ehe nicht alle (wirklich alle) satt sind“ .

Gruß, Paran

Hallo Paran,

da weder Bibel, Thora noch Koran etwas zum Thema Autofahren
und Tanken erwähnen (gabs seinerzeit halt noch nicht), dürfte
das kein Problem sein.

Das ist aus Sicht der jüdischen Tradition sicher kein Argument.
Da es in jeder Generation neue Fragestellungen gibt, ist - aus jüdischer Sicht -
jede Generation verpflichtet, die Torah neu auszulegen im Hinblick auf eben
solche veränderten Fragestellungen.

Höchste Zeit für eine neue angepasste Religion, die sich
detailliert mit Tierhaltung, Bio, Uran, Fortbewegung, Daten,
Telekommunikation und Computern auseinandersetzt.

Dafür braucht man eigentlich keine „neue Religion“, sondern nur ein Instrumentarium
um mit dem umzugehen, was da ist.

Dort könnte z.B. ein Gebot auftauchen wie: „Tanke keine
Lebensmittel ehe nicht alle (wirklich alle) satt sind“ .

Das wäre eine ethische Konstante, die ich mir als Diskussionsgrundlage im liberalen
Judentum gut vorstellen kann.

Wenn ich allerdings sehe, daß bei orthodoxen Kibbuzim in Israel die Milch vom
Samstag (Schabbat) weggekippt wird statt sie armen Nichtjuden zu
überlassen, dann kommen mir Zweifel.

Viele Grüße

Iris

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Wenn ich allerdings sehe, daß bei orthodoxen Kibbuzim in
Israel die Milch vom
Samstag (Schabbat) weggekippt wird statt sie armen Nichtjuden
zu
überlassen, dann kommen mir Zweifel.

Hallo,

aber wir reden hier von Vorschriften über Essen und wenn sie noch so abstrus sind. Warum soll eine Speisevorschrift denn für Autos gelten?

Fragt sich
vV

Hallo vW,

aber wir reden hier von Vorschriften über Essen und wenn sie
noch so abstrus sind. Warum soll eine Speisevorschrift denn
für Autos gelten?

Lebensmittel und alles was mit Nahrungszubereitung zu tun hat, ist sicher
der bekannteste Bereich, was koscher (Kaschrut) betrifft. Aber „koscher“
bezieht sich nicht nur auf den Lebensmittelbereich.

Auch bei einer Mikwe (rituelles Tauchbad) oder bei Kleidung und auch bei
anderen Dingen spricht man davon, daß sie koscher sind oder eben nicht.

Von daher kann man in einem weiteren Sinn - wie es die UP tut, danach fragen,
ob die eine oder andere Art des Tankens koscher ist - also mit den Erfordernissen
des jüdischen Religionsgesetzes übereinstimmt.

Viele Grüße

Iris

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Hallo Petra,

ich kenne keine Diskussionen zu dem Thema.
Vielleicht schreibt Elimelech noch was dazu.

Und da habe ich mich gefragt, ob z.B. ein Jude (oder Moslem)
eine solche Brühe tanken dürfte. Bitte macht mich doch mal
schlau.

Er ißt die „Brühe“ ja nicht. Ein Esel und ein Pferd wären
nicht koscher (also dürfen sie nicht verzehrt werden), dennoch
werden sie als Reit- bzw. Arbeitstiere verwendet.

Ich vermute, daß eine Diskussion dies einbeziehen würde.

Viele Grüße

Iris

Hallo

Man steht mit seinem Auto an der Zapfsäule und tankt Haut, Blut und Knochen vom :Schwein." …
Und da habe ich mich gefragt, ob z.B. ein Jude (oder Moslem) eine solche Brühe tanken :dürfte. Bitte :macht mich doch mal schlau. …

?
Es wird doch wohl nur das Auto befüllt und nicht der Fahrer… speedytwo

Hallo Iris,

Wenn ich allerdings sehe, daß bei orthodoxen Kibbuzim in
Israel die Milch vom
Samstag (Schabbat) weggekippt wird statt sie armen Nichtjuden
zu
überlassen, dann kommen mir Zweifel.

Ich schätze, Zweifel sind immer ein gutes Zeichen, zumindest eines für Denken statt Sturheit.

Gruß, Paran

Hallöchen,

da weder Bibel, Thora noch Koran etwas zum Thema Autofahren und Tanken erwähnen (gabs seinerzeit halt noch nicht), dürfte das kein Problem sein.

Sie enthalten auch nichts zum Thema Extacy oder Crystal Meth.
Trotzdem kann jeder Schriftgelehrte der jeweiligen Religion in kürzester Zeit Passagen finden, welche den Leitgedanken kommunizieren, der hinter bestehenden Regeln steht und auch auf diese Themen anwendbar wäre.

Dort könnte z.B. ein Gebot auftauchen wie: „Tanke keine Lebensmittel ehe nicht alle (wirklich alle) satt sind“ .

Genau diese Regel steht u.a. hinter dem Schweinefleisch-Verbot.

Prinzipiell war es in der Frühzeit ein großes Problem, dass Nahrungsmittel entweder zur Tierzucht oder zur Ernährung der Sippe genutzt werden konnten. Und das Schwein konkurrierte hart mit dem Menschen mit einem hohen Konsum an menschlich genießbaren Lebensmitteln.
Um diese Konkurrenz auszuschalten, wurde das Schwein von der Speisekarte verbannt, so dass die Kultivierung nicht mehr lohnend war.

Wendet man allerdings den dahinterstehenden Leitgedanken an, so ist Biosprit in seiner Gänze das „moderne Schwein“, da eine einzige Fahrt mit Bio-Ethanol reichen würde, um eine ganze Familie von dem verbrauchten Getreide wochenlang zu ernähren.
Dass man jetzt auch noch Schweinestücke, welche in sich eine weitere Stufe der Vernichtung von Nahrungsmitteln darstellen, zu Ethanol verarbeitet, macht es noch viel schlimmer.

Es ist in dem Sinne effizient, als dass die Nutzung bestehender Produkte sicherlich für die Nahrungskette sinnvoller ist als deren Vergeudung.

Allerdings wäre es im religiösen Sinne deutlich besser, eben überhaupt keinen Biosprit zu tanken, welcher auf Kosten der Ernährung hunderttausender Menschen entsteht.

Gruß,
Michael

Hallo Michael,

da weder Bibel, Thora noch Koran etwas zum Thema Autofahren und Tanken erwähnen (gabs seinerzeit halt noch nicht), dürfte das kein Problem sein.

Sie enthalten auch nichts zum Thema Extacy oder Crystal Meth.
Trotzdem kann jeder Schriftgelehrte der jeweiligen Religion in
kürzester Zeit Passagen finden, welche den Leitgedanken
kommunizieren, der hinter bestehenden Regeln steht und auch
auf diese Themen anwendbar wäre.

Dort könnte z.B. ein Gebot auftauchen wie: „Tanke keine Lebensmittel ehe nicht alle (wirklich alle) satt sind“ .

Genau diese Regel steht u.a. hinter dem
Schweinefleisch-Verbot.

Woraus leistest Du das ab? Aus den biblischen Texten ist das nicht zu belegen.
Es wäre eine nach-aufklärerische Position.
Es gibt Gebote in der Bibel, die begründet werden und solche, die ohne
Begründung gegeben werden. und dazu gehört die Kaschrut.

Man könnte genauso aus religionswissenschaftlicher Sicht spekulieren,
daß die tiere, die in der jüdischen Tradition als nicht koscher (treif)
gelten, zum großen Teil in den Umweltkulturen als heilige Tiere
verwendet wurden und so für Götzenopfer. Das läßt sich aber aus
den biblischen Texten auch nicht begründen. Man kann es einleuchtend
finden oder auch nicht.

Prinzipiell war es in der Frühzeit ein großes Problem, dass
Nahrungsmittel entweder zur Tierzucht oder zur Ernährung der
Sippe genutzt werden konnten. Und das Schwein konkurrierte
hart mit dem Menschen mit einem hohen Konsum an menschlich
genießbaren Lebensmitteln.

Und wo findest Du diesen Zusammenhang in den Schriften?

Um diese Konkurrenz auszuschalten, wurde das Schwein von der
Speisekarte verbannt, so dass die Kultivierung nicht mehr
lohnend war.

Wendet man allerdings den dahinterstehenden Leitgedanken an,
so ist Biosprit in seiner Gänze das „moderne Schwein“, da eine
einzige Fahrt mit Bio-Ethanol reichen würde, um eine ganze
Familie von dem verbrauchten Getreide wochenlang zu ernähren.
Dass man jetzt auch noch Schweinestücke, welche in sich eine
weitere Stufe der Vernichtung von Nahrungsmitteln darstellen,
zu Ethanol verarbeitet, macht es noch viel schlimmer.

Es ist in dem Sinne effizient, als dass die Nutzung
bestehender Produkte sicherlich für die Nahrungskette
sinnvoller ist als deren Vergeudung.

Allerdings wäre es im religiösen Sinne deutlich besser, eben
überhaupt keinen Biosprit zu tanken, welcher auf Kosten der
Ernährung hunderttausender Menschen entsteht.

Aus einer ethischen Perspektive schließe ich mich dem an.

Viele Grüße

Iris

Ja dreht sich doch bestimmt alles um orale Aufnahme.

In dem Zusammenhang halte ichs für sehr vernünftig, daß Übrigbleibsel sinnvoll energetisch verwertet werden (das ist das sinnvollste was Juden+Moslems damit machen können).

Wahrscheinlich ist es sogar erlaubt einen Hund mit Schweinefleisch zu füttern (wenn er selbst ja auch ein „unreines“ Tier ist).

LG

Hallo,

Ja dreht sich doch bestimmt alles um orale Aufnahme.

Nein, nicht nur. Sondern es geht auch um die Einhaltung von bestimmten ethischen Standards im Produktionsprozeß.
So gehört beim koscheren Wein auch ganz wesentlich als Kriterium dazu, daß ein
bestimmter Anteil für die Armen gegeben wird.
Das hat nichts mit oraler Aufnahme zu tun.

In dem Zusammenhang halte ichs für sehr vernünftig, daß
Übrigbleibsel sinnvoll energetisch verwertet werden (

Damit wäre ein mögliches Kriterium für ethische Standards benannt.
Man könnte sich beispielsweise auch die „Energiebilanz“ anschauen.

das ist
das sinnvollste was Juden+Moslems damit machen können).

Wahrscheinlich ist es sogar erlaubt einen Hund mit
Schweinefleisch zu füttern (wenn er selbst ja auch ein
„unreines“ Tier ist).

Die Schwierigkeit läge eher darin, wie man das ganz praktisch mit dem Lagern des Schweinefleisches bewerkstelligt. Das wäre über einen Drittkühlschrank zu regeln :smile:
(nilchig - fleischig und Schweinefleisch für den Hund) und indem der Hund das Fleisch dann in Einwegschalen verfüttert bekommt.
Da Schweinefleisch aber so hochgradig tabu ist, wird das wohl nix damit.

Das größere Problem in einem jüdischen Haushalt dürfte das Hundefertigfutter während der Pessachzeit sein. Es darf nämlich keine Getreideanteile enthalten.

Viele Grüße

Iris

Hallo.

da weder Bibel, Thora noch Koran etwas zum Thema Autofahren
und Tanken erwähnen (gabs seinerzeit halt noch nicht), dürfte
das kein Problem sein.

… für den Unwissenden sicherlich oder den selbsternannt Wissenden. Alle anderen wissen nämlich, dass diese Texte sich hierzu sehr wohl äussern.

Höchste Zeit für eine neue angepasste Religion, die sich
detailliert mit Tierhaltung, Bio, Uran, Fortbewegung, Daten,
Telekommunikation und Computern auseinandersetzt.

Es gibt hierzu zahlreiche halachische Bücher im Judentum welche sich dabei alle als Rechtsgrundlage auf die Tora stützen, welche aus deiner Sicht dazu ja überhaupt nicht äussert.

Dort könnte z.B. ein Gebot auftauchen wie: „Tanke keine
Lebensmittel ehe nicht alle (wirklich alle) satt sind“ .

Genauso sieht die aktuelle Halacha das aus. Es bedarf also nichts Neuem sondern nur etwas Vernunft (sic!)

Gruss,
Eli

Hallo Iris.

Wenn ich allerdings sehe, daß bei orthodoxen Kibbuzim in
Israel die Milch vom
Samstag (Schabbat) weggekippt wird statt sie armen Nichtjuden
zu
überlassen, dann kommen mir Zweifel.

… weil kein Gewiss daraus erbracht werden darf. Und es wird hier eben als Gewinn angesehen, dieses an Nichtjuden zu verschenken. Das kann man doch auch positiv sehen, in Zeiten wo es schon fast als asozial gilt, Waren an Arme zu verschenken.

Gruss,
Eli

Hallo.

aber wir reden hier von Vorschriften über Essen und wenn sie
noch so abstrus sind. Warum soll eine Speisevorschrift denn
für Autos gelten?

Weil es allgemein um Vorschirften ging und nur die ausgehende Idee sich auf Kaschrut bezieht. So bleibt ja offen, ob nicht, wie Iris schon anmerkte, die zahlreichen sozialen oder sonstigen Vorschriften hierzu ebenso etwas beitragen können.

So müssen Tiere gefüttert werden, bevor jemand selbst isst oder es ist verboten vor jemand Armen eine „reiche“ Speise zu essen usw. Hieraus kann ich mir schon vorstellen, dass es Ableitung zu Bio-Brennstoff geben kann.

Gruss,
Eli

Hallo.

Und da habe ich mich gefragt, ob z.B. ein Jude (oder Moslem)
eine solche Brühe tanken dürfte. Bitte macht mich doch mal
schlau.

Bis jetzt ist es erlaubt, wobei ich wenn weniger dieses als eine Frage von Kaschrut als von anderen Vorschriften ansehen würde.

Problematisch ist hingegen nicht der Biodiesel sondern anderen Abfallprodukte der Herstellung, welche dann ebenso als Bioprodukte auf den Markt kommen, es aber aus jüdische Sicht eben überhaupt nicht sind. Eines dieses Produkte ist Glyzerin, welches in der Lebensmittelindustrie verwendet wird.

Gruss,
Eli

PS. Wer es nun eklig findet, dass aus obigen Tierabfall nun Glyzerin hergestellt wird und u.a. so in die beliebten Gummibärchen Eingang findet, sei getröstet: Dieses ist schon lange der Fall.