Kosten eines Erststudiums - Verlustvortrag nur mit Steuererklärung?

Dieses Jahr entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob die Kosten eines Erststudium als vorweggenommene Werbundskosten abgesetzt werden können.

Angenommen, die Abfolge bei einem fiktiven Studenten S war folgende:

2007 Steuererklärung gestellt, Studienkosten nur als Sonderausgaben berücksichtigt
2008-2009 keine Steuererklärung erstellt
2010 Auslandssemester mit Einkünften, deshalb Steuererklärung gestellt; im (nicht-vorläufigen) Steuerbescheid Studienkosten nur als Sonderausgaben berücksichtigt
2011-2012 keine Steuererklärung erstellt
2013-2015 Steuererklärung gestellt und (in Hinblick auf die Studienkosten vorläufigen) Steuerbescheid erhalten

Dazu habe ich folgende Fragen. Ich bin für jeden Rat dankbar!

  1. Im Jahr 2012 hat S dem Finanzamt in einem Brief geschrieben, dass er beantragt, die Kosten des Studiums als Werbungskosten zu berücksichtigen. Zählt dies als Steuererklärung, auch wenn nicht die offiziellen Formulare genutzt wurden?

  2. In dem Brief wurden auch zahlreiche anhängige Musterverfahren vor dem BFH aufgelistet. Hätte deshalb der Steuerbescheid 2010 vorläufig in Hinblick auf die Studienkosten ausfallen müssen? Kann S da noch etwas unternehmen?

  3. Für welche Jahre kann S auf vorweggenommene Werbungskosten hoffen? Etwa ab
    2007 (trotz ergangenem Steuerbescheid, wegen der Erwähnung im Brief), oder ab
    2008 (wegen der Erwähnung im Brief, und da noch kein Steuerbescheid ergangen), oder ab
    2010 (mit der Argumentation, dass das Finanzamt den Hinweis auf die Studienkosten nicht beachtet hat und einen Vorläufigkeits-Vermerk verwenden hätte müssen), oder etwa ab
    2012 (da erst dann Steuerbescheide mit Vorläufigkeitsvermerk ergangen sind).

  4. Die Bescheide für 2007 und 2010 sind bei S ja bereits ergangen und eine Vorläufigkeit wurde nicht eingetragen. Kann S trotzdem noch Studienkosten abrechnen bzw. eine Vorläufigkeit der Steuerbescheide erreichen? Zum Beispiel durch „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“ oder durch einen Antrag auf schlichte Änderung, indem er sich auf das laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beruft oder bisher nicht genannte Kosten nachreicht o.ä.?

  5. Wenn in einem Jahr ein Verlustvortrag festgestellt werden sollte, im darauffolgendem Jahr aber keine Steuererklärung gestellt wurde (und das Jahr bereits mehr als 7 Jahre zurückliegt), geht der Verlustvortrag dann einfach verloren oder wird er quasi automatisch ein weiteres Jahr weiter vorgetragen? Kann S dann nachträglich noch Kosten melden?

Nein. § 25 EStG schreibt eine bestimmte Form für ESt-Erklärungen vor, formlose Anträge sind keine Steuererklärungen.

Nein - der Steuerpflichtige ließ die Einspruchsfrist für den Bescheid über ESt 2010 verstreichen, ohne eine Änderung zu beantragen oder Einspruch zu erheben. Damit ist der ESt-Bescheid bestandskräftig. Zwar gilt auch hier „Falsa demonstration non nocet“, aber einem Brief, in dem einige vor dem BFH anhängige Verfahren aufgelistet sind, lässt sich auch bei viel gutem Willen nicht entnehmen, dass es sich dabei nach dem Wunsch des Steuerpflichtigen eigentlich um einen Einspruch oder um einen Antrag auf schlichte Änderung handeln sollte, wenn er nicht in dem Brief konkret steht, dass er eine Änderung des Bescheides über ESt wünscht und was genau an dem Bescheid geändert werden sollte.

ist beinahe korrekt. Die vorher ergangenen Bescheide sind bestandskräftig; für 2012 ist aber keine Steuererklärung abgegeben worden, so dass es dafür auch keinen vorläufigen Bescheid geben kann. Eine freiwillige ESt-Erklärung für dieses Jahr kann auch jetzt nicht mehr abgegeben werden.

2013 - 2015 können geändert werden, wenn sie in dem von Dir genannten Punkt vorläufig ergangen sind.

Nö, das ist gelaufen. Zur schlichten Änderung vgl. § 172 AO, zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 110 AO.

Wenn

ist die Festsetzungsfrist für dieses Jahr in der Regel abgelaufen (falls nicht noch irgendeine Anlaufhemmung gegriffen hat), damit auch die Feststellungsfrist für den Verlustvortrag. § 181 Abs 5 AO greift nur, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat - das ist hier nicht erkennbar.

Noch zwei Kleinigkeiten zu den Begriffen: Steuererklärungen werden nicht gestellt, sondern abgegeben oder übermittelt. Werbungskosten werden nicht gemeldet, sondern erklärt.

Schöne Grüße

MM

Schöne Grüße

MM

Danke für die ausführliche Antwort!