Kosten für ein Beratungsgespräch beim Tätowierer

Hallo liebe Comunity,

Bitte seht meinen Beitrag als rein fiktive Geschichte an.

Über folgendes Thema diskutierten wir letztes Wochenende im Freundeskreis sehr angeregt und es gab recht unterschiedliche Meinungen. Da keiner von uns so wirklich Ahnung vom Vertragsrecht hat, wollte ich mal fragen, was Ihr für eine Meinung habt.

Zur Geschichte:

Petra (Name ist frei erfunden) hat schon lange den Wunsch, sich ein altes Tattoo (eine Jugendsünde) überstechen zu lassen. Sie sucht nach einem adäquaten Tattoostudio und wird fündig. Der Tätowierer lädt Petra zu einem Beratungsgespräch ein. Der Termin ist 19 Uhr, sie soll mind. 2 Stunden einplanen und 100,- EUR Kaution per PayPal vorab zahlen. Das Beratungsgespräch ging dann doch viel länger als gedacht und es wurde nicht nur über das Tattoo gesprochen, sondern auch über vieles andere (Stichwort Eigenwerbung des Tätowierers). Nach 4,5 Stunden kommt Petra von dem Beratungsgespräch zurück. Sie hat sich für einen Tattoo-Vertrag (über 3 Tagessitzungen) entschieden und erneut eine Anzahlung von 300,- EUR (100,- EUR für jede Sitzung). Die 100,- EUR Anzahlung vom Beratungsgespräch hat sie parallel dazu wieder zurück bekommen. Ein paar Tage später und nach einigem Abraten diverser Freunde ist sie sich nicht mehr sicher ob sie dieses große Programm durchziehen möchte und widerruft den Vertrag fristgerecht. Ein entsprechendes Widerrufsrecht wurde im Vertrag gewährt. Nun soll Petra das volle Beratungsgespräch in Höhe von 4,5 Std. x 130,- EUR zahlen, also 585,- EUR.

Und hier begann unsere hitzige Diskussion.
Die Einen sagen … ja natürlich, das Gespräch hat so lange gedauert, also kostet es auch so viel.
Die Anderen sagen … nein, es waren 2 Stunden Beratung angesetzt und die 4,5 Stunden waren ja nicht nur reine Beratung für das geplante Tattoo.

Gibt es in dieser Geschichte überhaupt ein ja oder nein, ein richtig oder falsch?
Gibt es denn überhaupt Zahlen über die Verhältnismäßigkeit der Beratungszeit?
Was ist Eure Meinung dazu?

Vielen Dank für Eure Ideen und Tipps.
LG Sven.

Hallo,

falls die „Einladung“ zum Beratungsgespräch schriftlich erfolgte, käme es zuerst einmal auf die exakte Formulierung an. Vielleicht gibt es ja auch eine Preisliste, die derartige Beratungsgespräche aufführt.
Grundsätzlich haben Gewerbetreibende keine Zeit zu verschenken und dürfen für aufwendige Beratung auch Geld verlangen, wenn sie dies vorher klar und für den Kunden transparent ankündigen. Leider scheitern viele Gewerbetreibende an der Klarheit und Transparenz.

Daß die Berechnung von Beratungszeit abhängig gemacht wird von einer Auftragserteilung, ist ebenbfalls grundsätzlich zulässig. Auch hier kommt es auf Klarheit und Transparenz der Bedingungen an.

Unterm strich also: „Es kommt daruf an“!

&tschüß
Wolfgang

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Ein Beratungsgespräch kann eine Dienstleistung sein, oder es kann Werbung sein.
Für Werbung muss man nicht zahlen, für eine Dienstleistung wird man dann zahlen müssen, wenn wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§ 612 BGB).
Zu bezahlen ist dann (in Ermangelung einer Taxe) die vereinbarte Vergütung, in Ermangelung einer solchen Vereinbarung die „übliche Vergütung“.

War irgendeine Bezahlung vereinbart? Ich lese nur sehr unklar etwas von 100€ „Kaution“ für zwei Stunden (oder länger). Eine Kaution wird üblicherweise verrechnet, wenn es zum Vertrag kommt und einbehalten, wenn es nicht zum Vertrag kommt.

Gibt es irgendetwas Schriftliches zu dieser Geschichte?

Wenn der Tätowierer die 100€ als hinreichende Kaution für ein mindestens 2h dauerndes Beratungsgespräch angenommen hat und ohne den Abschluss eines Vertrages dann (vermutlich) nur diese 100€ behalten hätte, wie kommt er dann auf einmal zu einem Stundenlohn in Höhe von 130€?

Die Art der Bezahlung (Paypal) finde ich auch merkwürdig. Ist das üblich in der Branche?

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Zahlungen mit PayPal scheinen mittlerweile wirklich üblich zu sein. Aber das ist in dieser Geschichte auch nicht das Problem.

Schriftlich ist im Vorfeld auch nicht wirklich viel gelaufen. Der Termin ist über WhatsApp vereinbart worden mit den genannten Informationen. Mehr Informationen gab es nicht, sonst hätte Petra das Gespräch nicht so lang werden lassen. Interessant wäre in diesem Fall wirklich, wie man das Gespräch inhaltlich bewertet. Denn rein um das Motiv ging es im Gespräch gefühlt 10% der Zeit. Lassen wir nochmal 10% dazu kommen für ein paar Randinformationen (bisschen Aufklärung rund um das Tätowieren muss schon auch sein), aber dann ist es auch schon ausgeschöpft. Ich persönlich sehe das genauso wie X_Strom -> für Werbung muss man nicht zahlen und die 100,- EUR Kaution scheinen für das Beratungsgespräch im Ansatz für beide Parteien eindeutig gewesen zu sein. Ich hätte an Stelle von Petra die 300,- Kaution für den Vertrag (abzüglich der 100,- Kaution für die Beratung) zurückgefordert.

LG Sven.

Mal ganz ohne Blick auf das Juristische:
Die 100€ werden als „Bezahlung der Beratung“ gedacht sein, die im Falle eines nicht erteilten Auftrags zu zahlen gewesen wären und im Falle eines Auftrags auf den Dienstleistungpreis angerechnet würden. Das würde ich als fair bezeichnen.

Die 300€ werte ich als Anzahlung für die Dienstleistung.

Bei der Widerrufserklärung müssen die Folgen des Widerrufs drin gestanden haben, oder? Ich würde erwarten, dass die Anzahlung vollständig zurück zu gewähren ist und statt dessen die voreilig erstattete „Kaution“ für die Beratung beim Dienstleister hätte bleiben müssen.

Wegen der bereits erstatteten 100€, auf die nach meiner moralischen Wertung der Tätowierer einen Anspruch hätte, käme ich auf eine Rückerstattung in Höhe von 200€.

Juristisch wird es doof, da mangels klarer Absprachen zu werten und zu deuten ist. Da kann am Ende vieles herauskommen. Die Chance, dass vom Gericht ein Stundenlohn in Höhe von 130€ als üblich für die Dienstleistung „Tätowierungsberatung mit überwiegender Eigenwerbung“ erkannt würde, halte ich für sehr gering.

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