Kostenloser oeffentlicher Nahverkehr?

Hallo,

zu meinem Schock stelle ich fest dass sogar die FDP ausnahmsweise weiter denkt und sinnvolle Konzepte ausprobieren moechte, naemlich den oeffentlichen Personennahverkehr kostenlos anbieten (oder im Falle der Berliner FDP zumindest zu Testzwecken, siehe: http://taz.de/1/berlin/artikel/1/abfahren-auf-die-ut…)

Gibt es eigentlich irgendwelche Argumente gegen kostenlosen OePV?

Durch die groessere Nachfrage muessten die Frequenzen verkuerzt werden was zu geringeren Wartezeiten fuehrt. Die Reisezeit mit Bussen wird ebenso verkuerzt da man den nicht vorhandenen Fahrschein nicht mehr dem Fahrer zeigen muss - was den OePNV noch attraktiver macht und natuerlich die Umwelt schont.

Durch das Wegfallen der Verkaufsautomaten (sowie deren Leerung, Reparatur, Wartung), Verkaufsstellen, Kontrolleure kann auch einiges an Kosten gespart werden.

Fuer Touristen (die meist auch Geld bringen) sind Staedte mit geringen Fortbewegungskosten auch attraktiver (z.B. fuer Schulklassen).

Aber wer soll das bezahlen?

Gut, es wird teuerer - und das ganze muss finanziert werden. Eine Extrasteuer laesst sich nur schwer durchsetzen weil jeder dagegen ist… - aber wer soll eigentlich dagegen sein? In einer Stadt wie Berlin mit einer Autodichte von nur rund 30% benutzen die meisten sowieso den OePNV und ob die Kosten dafuer ueber eine Steuer oder am Automaten bezahlt werden duerfte keinen Unterschied machen - ausser dass eine Steuer meist sozial gerechter ist. Wer Geld hat und lieber mit dem Auto faehrt kann durch weniger Stau und mehr Parkplaetze viel Zeit und Nerven sparen und ist sicher bereit dafuer ein wenig extra fuer den OePNV zu bezahlen auch wenn er ihn nicht benutzt.

Also, was spricht eigentlich dagegen? Wieso gibt es nicht ueberall kostenlosen OEPNV?

Gruss

Desperado

Eines vorweg:
Im Prinzip tendiere ich auch eher für kostenlosen (oder zumindest mehr steuerfinanzierten) ÖPNV, aber es gibt eben Probleme, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Durch die groessere Nachfrage muessten die Frequenzen
verkuerzt werden was zu geringeren Wartezeiten fuehrt.

Bedenke, dass man Takte nicht beliebig verkürzen und Kapazitäten erhöhen kann. Da geht’s zum Beispiel auch um schlichte technische Aspekte wie Sicherheitsabstand zwischen Zügen (bei schinengebundenen Verkehrsmitteln) und die Zeit die ein Zug benötigt um zum stehen zu kommen, Fahrgastwechsel durchzuführen…
Irgendwann wären dann auch die Bahnsteige und der Zu- und Abfluss der Fahrgäste ein Problem.

Die
Reisezeit mit Bussen wird ebenso verkuerzt da man den nicht
vorhandenen Fahrschein nicht mehr dem Fahrer zeigen muss - was
den OePNV noch attraktiver macht und natuerlich die Umwelt
schont.

Naja, hier würde es schon ausreichen, den zwingenden Vordereinstieg mit Alibi-Fahrschein zeigen wegzulassen. Wobei aber auch das nicht viel helfen würde, da viele Leute einfach unfähig sind, sich im ÖPNV ordentlich zu bewegen…da will man einsteigen ohne die Leute vorher rauszulassen, bleibt im Türbereich stehen, läuft nicht weiter in das Fahrzeug hinein…
Außerdem sind stinkende, laute und langsame Busse ein eher schlechtes Mittel um Kapazitäten im ÖPNV auszubauen.

Durch das Wegfallen der Verkaufsautomaten (sowie deren
Leerung, Reparatur, Wartung), Verkaufsstellen, Kontrolleure
kann auch einiges an Kosten gespart werden.

Das wäre zweifelsohne richtig.

Fuer Touristen (die meist auch Geld bringen) sind Staedte mit
geringen Fortbewegungskosten auch attraktiver (z.B. fuer
Schulklassen).

Naja, Touristen hätte beispielsweise Berlin schon genug :wink:

Gut, es wird teuerer - und das ganze muss finanziert werden.
Eine Extrasteuer laesst sich nur schwer durchsetzen weil jeder
dagegen ist… - aber wer soll eigentlich dagegen sein? In
einer Stadt wie Berlin mit einer Autodichte von nur rund 30%
benutzen die meisten sowieso den OePNV und ob die Kosten
dafuer ueber eine Steuer oder am Automaten bezahlt werden
duerfte keinen Unterschied machen - ausser dass eine Steuer
meist sozial gerechter ist.

Exakt. Es werden zum Beispiel Unsummen für den Straßenbau ausgegeben (Steuerfinanziert! Obwohl ein Brummi oder PKW die Fahrbahn viel mehr in Mitleidenschaft zieht als ein Fußgänger oder Radfahrer).

Also, was spricht eigentlich dagegen? Wieso gibt es nicht
ueberall kostenlosen OEPNV?

Das Problem das auftreten könnte, bringt der Spruch „Was nichts kostet ist nichts wert“ auf einen recht allgemeinen Punkt, wenn man sich alle negativen Aspekte ausdenkt. Außerdem ist durch kostenlosen ÖPNV vielleicht schwieriger, Haus- und Nutzungsverbote auszusprechen und durchzusetzen. Es ist nämlich denkbar, dass dieses Angebot noch mehr Klientel jeglicher Coleur anlockt, mit welchem man nicht in einem Verkerhsmittel sein möchte.

Gibt es eigentlich irgendwelche Argumente gegen kostenlosen
OePV?

Mehr Kosten und weniger Einnahmen. Keine besonders brillante Idee in einem Bereich, der ohnehin defizitär ist.

Gut, es wird teuerer - und das ganze muss finanziert werden.
Eine Extrasteuer laesst sich nur schwer durchsetzen weil jeder
dagegen ist… - aber wer soll eigentlich dagegen sein? In
einer Stadt wie Berlin mit einer Autodichte von nur rund 30%
benutzen die meisten sowieso den OePNV und ob die Kosten
dafuer ueber eine Steuer oder am Automaten bezahlt werden
duerfte keinen Unterschied machen - ausser dass eine Steuer
meist sozial gerechter ist.

In Berlin mag noch absehbar sein, wer die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, weil Berlin einigermaßen isoliert in der Pampa liegt. Nach Düsseldorf pendeln die Menschen aus einem Gebiet von ungefähr 10.000 Quadratkilometern Fläche mit etwa 10 Millionen Einwohnern. Im Rhein-Main- oder Rhein-Neckar-Gebiet dürfte es ähnlich aussehen.

Zwischen VRR und VRS hat man es in 30 Jahren kaum hinbekommen, gescheite Übergangstarife zu konstruieren. Wie soll man da klären, wer wieviel der Verluste des anderen zu bezahlen hat?

C.

Hallo,
das funktioniert in Ballungszentren mit dezentralisierter Aufgabenverteilung schichtweg nicht…

Wie will man finnaziell steuern, dass privatisierte und öffentlich-rechtliche Trägerunternehmen mit einem Mal in einen Topf geworfen werden und die in (D) sehr wichtigte Automobilindustrie das überlebt?

Wohlmöglich wird durch beides noch Aktienkapital privater Anleger vernichtet… und das kommt in (D) in der „Deliktschwere“ gleich nach Kindesmissbrauch :wink:

Gruß vom
Schnabel

Hallo,

Mehr Kosten und weniger Einnahmen. Keine besonders brillante
Idee in einem Bereich, der ohnehin defizitär ist.

Wie ein Teil wieder eingespart werden kann hab ich bereits geschrieben. Ich wuerde auch so weit gehen zu behaupten dass es insgesamt viel billiger ist den gesamten oeffentlichen Verkehr (bis auf Hochgeschwindigkeitsverbindungen und Fracht) kostenlos zu anzubieten wenn man die Einsparungen im Strassenbau und Gesundheitssystem mit einkalkuliert.

Auch wenn es sich schlecht beziffern laesst kann man davon ausgehen dass durch weniger Abgase das Krankheits- und Sterberisiko faellt was in den meisten Faellen volkswirtschaftlich positiv zu sehen ist. Nicht umsonst sind die Todesfaelle aufgrund von Krankheiten der Atemwegsorgane in Grossstaedten viel hoeher. (http://www.duesseldorf.de/gesundheit/bericht/gesundh…, Seite 35).

In Berlin mag noch absehbar sein, wer die öffentlichen
Verkehrsmittel benutzt, weil Berlin einigermaßen isoliert in
der Pampa liegt. Nach Düsseldorf pendeln die Menschen aus
einem Gebiet von ungefähr 10.000 Quadratkilometern Fläche mit
etwa 10 Millionen Einwohnern. Im Rhein-Main- oder
Rhein-Neckar-Gebiet dürfte es ähnlich aussehen.

Deshalb wuerde ich am liebsten auch den gesamten oeffentlichen Verkehr steuerfinanziert gestalten.

Zwischen VRR und VRS hat man es in 30 Jahren kaum hinbekommen,
gescheite Übergangstarife zu konstruieren. Wie soll man da
klären, wer wieviel der Verluste des anderen zu bezahlen hat?

Verstaatlichung des oeffentlichen Verkehrs heisst das Stichwort. Man erlebt ja auch bei der Bahn dass die verschiedenen Gesellschaften kaum kooperieren, als es noch eine staatliche DB gab war das anders. Auch Ausfaelle und Zugungluecke waren seltener als die DB noch nicht DB AG hiess. Nein, das ist kein Zufall sondern haengt mit massiven Einsparungen nach der „Privatisierung“ zusammen.

Gruss

Desperado

Hallo,

steuerfinanziert geht nicht, da wäre zwar Otto-Normalbürger (der eh nicht gefragt wird) der Zahler, aber jeder beruflich aufs Auto angewiesene Mensch zahlt dann doppelt. Handwerksbetriebe o.ä. können nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihren Kunden, vielfach sind das aber Einzelunternehmer, voll steuerpflichtig. Nee, so geht das nicht. Andere Finanzquellen? Ich könnte mir die Umwandlung des Solizuschlags vorstellen. Zahlen wir eh alle in Deutschland (auf wenn die Mehrzahl der westdeutschen Bevölkerung das nicht glaubt). Eine Steuer wurde noch nie zurückgenommen von unserer Regierung (berichtigt mich bitte!), also warum nicht eine solche Steuer zweckgebunden machen? Dann hätte die Sache zumindest einen Anfang.

Gruß
Selorius

Hallo,
Hasselt ist bekannt?
http://de.wikipedia.org/wiki/Personennahverkehr_in_H…
Gruss Helmut

Unterm Strich ist nur ein Bruchteil derer, die mit dem Auto zur Arbeit fahren faktisch wirklich darauf angewiesen. Das heisst so ein Vorgehen würde bei manchem dazu führen vielleicht seine eigenen Bedürfnisse zu überdenken.

Der individuelle Personennahverkehr ist ökonmisch und ökologisch eine Katastrophe und wird sich auf lange Sicht sowieso nicht aufrechterhalten lassen.

Anders gesagt: Ich finde es völlig in Ordnung, wenn Privatpersonen doppelt bezahlen für so eine Regelung.

Eine Steuer wurde noch nie zurückgenommen von unserer Regierung

( berichtigt mich bitte! )

Moin,

gerne: die Vermögensteuer
(war zwar ne andere Regierung ==> ca. 1997 glaub ich)

Gruß

Udo

Moin!

Hört sich erstmal toll an.

Wie ist das aber mit denjenigen, die in der Pampa wohnen? Ich bspw. lebe in einem 1000-Seelen-Dorf, wo am Tag 3 Busse fahren, Samstags einer und Sonntags gar keiner.

Würden da dann auch halbstündlich Busse fahren in Zukunft? Wie sollte sich das denn finanzieren?

Und dass ich weiterhin das Auto benutzen muss und für den ÖPNV in den Großstädten mitbezahle - na, das sehe ich nun überhaupt nicht ein.

Gruß, Flaschenpost