Liebe Schweizer Freunde
Obwohl ich 50 Jahren, also seit 1956, eigentlich jedes Jahr eine Zeitlang in der Schweiz weile (ich LIEBE die Schweiz, damit keine Missverständnisse entstehen), ist mir das Schwiezerdütsch doch noch nicht so ganz erschlossen.
Vielleicht könnt Ihr mir bei wenigstens EINER Sache helfen:
Ich habe nun endlich über die lange Zeit mitbekommen, dass ganz, ganz häufig bei den Vokalen einfach das e durch das a ersetzt wird. Also da, wo der Deutsche ein e hat, hat der Schweizer ein a. Dagegen wäre nix zu sagen, wenn es doch konsequent wäre. Aber seit wann ist Sprache konsequent?
Neulich hörte ich im Zug einer Schweizerin zu, die einer anderen immer von ihrem „Krabs“ erzählte. Nach einiger Zeit habe ich mitgekriegt, dass sie „Krebs“ meinte.
Auf dem Flohmarkt ging es mir ähnlich. Der Verkäufer fragte mich, ob ich etwas aus „Lader“ suche oder sprach vom „Lader“. Es brauchte auch einige Zeit, bis mir klar war, dass er „Leder“ meinte.
Was mich nun unter anderem dabei interessiert:
Beträgt die Umwandlung vom e zum a im Schweizerischen eigentlich mehr als 50 % oder doch eher weniger?
Gibt es bestimmte Arten von Substantiven, die bevorzugt diese Wandlung erfahren haben?
Sind es gar nur oder hauptsächlich Substantive oder muss ich mich auch um die Verben und Adjektive diesbezüglich kümmern?
Frage über Fragen. Helft mir, liebe Schweizer!
Gruß,
Branden
Hallo Branden
Die Eigenart, dass wir Schweizer Vokale eher „geschlossen“
aussprechen und das A deshalb Richtung O klingt, führt dazu, dass die
Deutschen unser Ä mit A verwechseln.
Wir würden Krebs wie Chräbs und Leder wie Läder schreiben. Da ist
zusätzlich kantonal verschieden…
Z.B. sprechen die Ostschweizer die Vokale viel heller aus, als
Zürcher oder Berner. Kommt dazu noch das „halskranke“ CH, ist der
Deutsche an und für sich schon ganz schön gefordert.
Grüsse
Heinz
Hallo Heinz
Die Eigenart, dass wir Schweizer Vokale eher „geschlossen“
aussprechen und das A deshalb Richtung O klingt, führt dazu,
dass die
Deutschen unser Ä mit A verwechseln.
Grundsätzlich habe ich Deine Erklärung verstanden und danke Dir dafür.
Allerdings wurde mir verschiedentlich wirklich mit ganz klarem „a“ (keinem annähernden „ä“) in den bezeichneten Worten begegnet. Es war kein „Läder“, sondern ganz klar „Lader“, ebenso wie es kein „Kräbs“, sondern eindeutig „Krabs“ war. Ich war so fasziniert von dem „Krabs“-Gespräch der beiden Frauen (und das nicht nur als Arzt), dass ich wirklich eine Weile brauchte, zu entschlüsseln, um was es bei dem KRABS da ging.
Gruß,
Branden
Hallo Branden
Allerdings wurde mir verschiedentlich wirklich mit ganz klarem
„a“ (keinem annähernden „ä“) in den bezeichneten Worten
begegnet. Es war kein „Läder“, sondern ganz klar „Lader“,
ebenso wie es kein „Kräbs“, sondern eindeutig „Krabs“ war.
Da kann ich leider nichts Anderes erklären. Es ist eine Frage der
Gewohnheit, uns Schweizer zu verstehen - nicht nur akustisch.
Eine mehrwöchige Hörschule in Ascona kann leider auch nicht viel
helfen, da dort entweder tessinerisch, italienisch oder hochdeutsch
gesprochen wird
Gruss
Heinz
Nachtrag
Hallo Branden
gerade eben habe ich mich mit meiner bayrischen Partnerin über die
Aussprache der Vokale unterhalten. Sie würde mein zürcherisches
„Leder“ allenfalls mit ä, also „Läder“ schreiben. Dasselbe beim
Krebs.
Wenn ich z.B. „ähnlich“ sage, klingt das wie bei einem Deutschen (das
„ä“, nicht das „ch“ natürlich). Das „ä“ vom „Läder“ klingt jedoch
tiefer.
Vielleicht könnten Phonetiker da weiterhelfen?
Gruss
Heinz
Kein Schweizer, aber helvetiophil und als langjähriger Anwohner des Bodensees und damit sehr nahe der Schweiz lebend, glaube ich sagen zu können, dass du, Branden, die Wörter phonetisch nicht ganz korrektvernommen und wiedergegeben haben könntest.
Allenfall beim „Chraäbs“ könnte ich mich an eine leicht mitklingendes „a“ neben dem dominanten „ä“ erinnern.
Bei „Läädr“ fällt mir dies schon schwerer.
Wenn man aber bedenkt, dass es 24 Kantone gibt und in jedem Kanton entsprechend 24 dialektale Besonderheiten und diese wieder je 24 Varianten kenn, denn die Schweizer nehmen das sehr genau, so kommst du leicht auf 13 834 verschiede Möglichkeiten der Aussprache eines Worts.
Die Zusammenstellung des Schweizer Idiotikons dauert deshalb so lange. Ich weiß gar nicht, ob es schon von A bis Z veröffentlicht ist; das letzte, was ich hörte, war, dass man ohne einige Supplementbände nicht auskommen werde.
_"1806 wurde das erste schweizerdeutsche Mundart-Wörterbuch erstellt.
1881 erschienen die ersten Bände des Schweizerischen Idiotikons.
Heute umfasst das Sprachwerk 15 Bände.
Die beiden letzten Bände 16 und 17 sollen in den nächsten 15 bis 20 Jahren folgen."_
=
Eine mehrwöchige Hörschule in Ascona kann leider auch nicht
viel
helfen, da dort entweder tessinerisch, italienisch oder
hochdeutsch
gesprochen wird
Wohl wahr, Heinz.
Aber es ist ja kein wirkliches Problem für mich das a statt dem e, ich fands nur höchst bemerkenswert.
Bald fahre ich wieder in meine Asconesische Butze - in den Osterferien.
Es grüßt Dich
Branden
…kommst du leicht auf 13 834 verschiede
Möglichkeiten der Aussprache eines Worts.Die Zusammenstellung des Schweizer Idiotikons
Ein wunderbares Wort, Fritz, damit versöhnst Du mich auf Jahre mit allen schweizerischen Missverständnissen.
Es grüßt Dich
Branden
Hallo Fritz,
Wenn man aber bedenkt, dass es 24 Kantone gibt und in jedem
Kanton entsprechend 24 dialektale Besonderheiten und diese
wieder je 24 Varianten kenn, denn die Schweizer nehmen das
sehr genau, so kommst du leicht auf 13 834 verschiede
Möglichkeiten der Aussprache eines Worts.
Irgendwie kann ich deiner Rechnung nach dem ersten auftreten von „24“ nicht mehr folgen …
Eigentlich hat jedes Dorf seinen eigenen Dialakt.
Manche Regionen sind zweisprachig.
Und in den grösseren Städten gab es meist mindestens zwei Dialekte.
MfG Peter(TOO)