Hallo, Lilia,
für einen kleinen, besonderen Anlass stelle ich gerade ein
Sammlung von Gedichten zusammen, die sich rund um das Thema
„Kräuter“ drehen.
Arm Kräutchen
Ein Sauerampfer auf dem Damm
stand zwischen Bahngeleisen,
machte vor jedem D-Zug stramm,
sah viele Menschen reisen.
Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
schwindsüchtig und verloren,
ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
mit Augen, Herz und Ohren.
Sah Züge schwinden, Züge nahen.
Der arme Sauerampfer
sah Eisenbahn um Eisenbahn,
sah niemals einen Dampfer.
Joachim Ringelnatz
Wenn das Tausendgüldenkraut
Offen blüht in Waldgehegen
Darf gewiss sein, wer es schaut,
Daß es hat bei Nacht getaut
Und am Tage kommt kein Regen.
Als ein Tausendgüldenkraut
Blütest du an meinen Wegen
Und so lang ich dich geschaut,
War die Nacht nur lustbetaut,
Und der Tag hell ohne Regen.
Schönes Tausendgüldenkraut
Wie sich nun zusammenlegen
Deine Blätter seufz`ich laut;
Ach, die Nacht hat stark getaut,
Und der ganze Tag ist Regen!
Friedrich Rückert
Die Malve
Wieder hab ich dich gesehen,
Blasse Malve! blühst du schon?
Ja! mich traf ein schaurig Wehen,
All mein Frühling welkt davon.
Bist du doch des Herbstes Rose
Der gesunknen Sonne Kind,
Bist die starre, düftelose,
Deren Blüten keine sind.
Gerne wollt’ ich dich begrüßen,
Blühtest du nicht rosenfarb,
Lögst du nicht das Rot der Süßen,
Die noch eben glüht’ und starb.
Heuchle nicht des Lenzes Dauer!
Du bedarfst des Scheines nicht;
Hast ja schöne, dunkle Trauer,
Hast ja weißes, sanftes Licht.
Ludwig Uhland
Gruß
Kreszenz