Hallo zusammen. Bin mitlerweile seit 2 Wochen als GWDL beim Bund. An sich gefällt es mir da ganz gut, ich komme super mit den Leuten zurecht und das Essen ist spitze
Seit Donnerstag habe ich allerdings ein großes Problem. Als ich zum ersten mal eine Waffe gesehen habe, wurde mir plötzlich ganz anders. Daher will ich einen KDV Antrag stellen. Anmerken möchte ich, dass ich nicht wegen dem Stress oder sonstwas verweigere, sondern weil ich wirklich Probleme damit habe auf Menschen schießen zu müssen. Daher poste ich hier mal meinen KDV Antrag um zu sehen, was ihr so davon haltet und wie hoch ihr die Chancen auf Erfolg einschätzt. Ich hoffe ihr könnt mir helfen. Schonmal vielen Dank fürs Lesen!
Hiermit möchte ich mich auf Artikel 4, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes berufen und aus Gewissensgründen den Dienst an der Waffe verweigern.
Begründung für verspätete Abgabe:
Bis zum ersten Tag bei der Bundeswehr besaß ich ein gewisses Maß an Vorfreude auf die mir bevorstehende Zeit. Kameradschaft und Teamarbeit sollten auf mich warten, so mein erster Gedanke. Während den ersten Unterrichtstagen wurde mir allerdings allmählich erst richtig bewusst und klar, dass ich darauf trainiert werde Menschen auf Befehl hin zu verletzen und womöglich zu töten und ich aufgrund meines Gewissens dazu nicht in der Lage bin. Es ist schwer zu erklären was ich Gefühlt habe, als ich schließlich zum ersten Mal eine echte Waffe von nahem gesehen und sie schließlich in der Hand hatte. Manche Menschen würden an meiner Stelle einen „Gotteskomplex“ bekommen, ganz anders als bei mir. Unwohlsein und leichte Panik umschreiben in etwa meine Gefühle in diesem Augenblick. Die darauf folgenden Nächte waren schrecklich, ich sah mich immer wieder inmitten von Krieg, Gewalt und Leid. Noch nie habe ich so gelitten, vor allem nicht unter meinem Gewissen.
Verlauf der Gewissensentscheidung:
Dank der Erziehung durch meine Eltern habe ich gelernt, das Leben als größten Schatz der Menschheit zu betrachten und dieses auch dementsprechend zu behandeln. Wir Menschen besitzen nichts wertvolleres als das Leben, daher gilt es dies auf pazifistische Weise zu bewahren. Von klein auf wurde ich dazu erzogen, Konflikte verbal auszutragen. Selbstverständlich haben meine Eltern keine Gewalt angewendet um Konflikte zu lösen, daher wurden ich oder mein Bruder auch nie von ihnen geschlagen. Probleme wurden verbal gelöst und gegebenenfalls durch Verbote bestraft. Dieses durchaus positive Verhalten hat sich in mir eingeprägt und solange ich lebe muss und werde ich es auf die selbe Art und Weise tun. Sollte ich einmal Kinder haben, so werde ich diese mit einem guten Gewissen auf die selbe Weise erziehen, denn kein Mensch verdient es gequält zu werden, egal wie er aussieht, welche Leistung er bringt oder welcher Religion er angehört. Einem „Gegner“ darf ich keinen Hass entgegenbringen, sondern muss Verständnis für ihn zeigen. Nur leider interessiert es viele Menschen nicht, was jemand anderes denkt, sondern sie beharren auf ihre eigenen Ansichten, egal um welchen Preis. Im Krieg ist dieser Preis das Leben.
Bereits in meiner Kindergartenzeit zeigte sich, was durch Gewalt passiert; Bestimmte Kinder werden abgegrenzt und von ihren Mitmenschen ignoriert. Daraus und aus der Gegenwehr dieser Kinder resultierte meistens eine Eskalation der Meinungsverschiedenheiten und die gesamte Situation verschlimmerte sich anstatt sich zu verbessern. Auf den Krieg bezogen würden sich so beide Parteien immer wieder rächen wollen. Ein buchstäblicher Teufelskreis. Neben meiner grundsätzlichen Ablehnung von Gewalt habe ich schon früh in der Grundschule im katholischen Unterricht die Zehn Gebote und deren Lebensphilosophie kennen gelernt. Dort wurden mir auch diese moralischen Werte spielerisch einverleibt. Vor allem das fünfte Gebot, in dem geschrieben steht „Du sollst nicht töten“, verbietet mir mein Land mit der Waffe zu verteidigen, da dadurch Menschen verletzt werden können oder ich gar Menschen töten muss. Selbst das Grundgesetz verbietet mir ein solches Handeln. Die Bundeswehr jedoch lehrt "Du sollst töten, wenn es dir befohlen wird. Einer solchen Gruppe anzugehören bedeutet für mich großes Leid. Ich bin ein friedlicher und friedliebender Mensch, habe weder Schulden noch Feinde. Und ich möchte, dass das so bleibt. Auch wenn ich nicht regelmäßig die Kirche besuche, so habe ich trotzdem meine Konfirmation und Firmung vollzogen und möchte deswegen trotzdem irgendwann einmal vor dem Himmelstor stehen und von Petrus begrüßt werden, welcher mich dann hoffentlich mit Gott bekannt macht. Der Geschichtsunterricht lehrte mich, dass Krieg von der Antike bis heute ein Produkt des menschlichen Strebens nach Macht ist. In den Nachrichten konnte ich schon zu oft sehen, welches Leid und Elend der Krieg mit sich bringt. Auch meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke die durch das Besichtigen von historischen Orten haben meine strenge Ablehnung gegenüber Gewalt und Krieg geprägt. So besichtigte ich in der zehnten Klasse zusammen mit meinen Klassenkameraden das Konzentrationslager Auschwitz. Der bedrückende Einblick in das „Leben“ der Gefangenen aber auch das besichtigen der Gaskammern führten mir das unermessliche Leid des Krieges mit seiner Menschenverachtung vor Augen und zwang mich regelrecht zu meiner jetzigen, pazifistischen Lebensauffassung. Schon allein durch die Kenntnis und die Erzählungen meines Großvaters väterlicherseits über den Zweiten Weltkrieg und der krassen Todeszahlen aus den Lehrbüchern war ich zutiefst entsetzt.
Die einzig richtige Schlussfolgerung die ich für mich persönlich daraus ziehe ist, dass ich durch den Verzicht von militärischen und Gewaltverherrlichen Mitteln dem Krieg entgegen wirken muss. Die Menschenrechte durch Krieg zu verteidigen ist ein Widerspruch in sich, da genau dadurch diese verletzt werden. Während der Unterrichte in der Bundeswehr kam es mir persönlich so vor, als würde Krieg als eine Art „Spiel“ angesehen werden. Etliche Gebote und Verbote von zum Beispiel verschiedenen Waffen oder Munition sollen den Krieg scheinbar „erträglicher“ machen. Das bestürzt mich zutiefst. Mahatma Gandhi oder Martin Luther King haben den gewaltlosen Widerstand gewählt und waren meiner Meinung nach damit auch äußerst erfolgreich. Dauerhafter Frieden kann nur durch gewaltlose Mittel und Verständnis gegenüber dem Anderen gewährleistet werden. Ich selbst kenne das Leid und die Lücke die entsteht, wenn ein geliebter Mensch aus dem Leben scheidet. Es wäre für mich unbeschreiblich unerträglich, wenn ich mit der Gewissheit leben müsste, dass Angehörige um einen geliebten Menschen trauern und leiden, weil ich durch absichtliches Töten Grund dazu geben würde. Alleine die Vorstellung daran ist kaum auszuhalten. Zudem habe ich auch Freundschaften mit im Ausland lebenden Menschen geschlossen. Allein der Gedanke daran, dass ich diese Freundschaften aufgrund eines Befehls regelrecht auslöschen müsste, versetzt mich in Widerwillen. Einen Menschen absichtlich zu verletzen, ihn zu quälen oder gar zu töten würde meine Psyche extrem angreifen und ich wüsste nicht, ob ich durch eine solche Gewissensbelastung noch normal oder überhaupt überleben könnte.
Ich nehme meine Gewissensentscheidung sehr ernst und habe bestmöglich versucht zu schildern wie ich empfinde und was mein Gewissen ausmacht.
Anmerken möchte ich zudem noch, dass ich mich durch meine Verweigerung des Kriegsdienstes weder illoyal noch verantwortungslos gegenüber der Gesellschaft verhalte, da ich mich darauf konzentrieren will, hilfebedürftigen Menschen Unterstützung zu geben. Die Freude dich ich meinem damals pflegebedürftigen, mittlerweile leider bereits verstorbenen, Großvater mütterlicherseits machen konnte und auch empfand, indem ich ihm zum Beispiel zuhörte und mit ihm sprach, war unbeschreiblich im positiven Sinne. Für mich bedeutet dies eine mindestens ebenbürtige Leitung dem Staat und der Gesellschaft gegenüber. Daher beantrage ich hiermit meine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen und möchte stattdessen Zivildienst leisten.
Hochachtungsvoll,