Kriegsgeneration und deren Kinder - Erziehung

Hallo,
zunächst die Fragestellung etwas genauer: Ich interessiere mich für Berichte oder Untersuchungen, die sich mit der Erziehung zwischen Eltern aus der Kriegsgeneration (z.B. Jahrgänge um 1920-1930) und deren Kindern der Nachkriegsgeneration (Jahrgänge eher so zwischen 1950 und 1965) befassen. Die Eltern sollten die Kriegszeit aktiv (Wehrmacht, Gefangenschaft, Arbeitsdienst daheim auch für Frauen etc.) miterlebt haben (und davon betroffen gewesen sein). Vertreibung spielt in diesem Fall keine Rolle, also einfach nur die „Normalbevölkerung“ Deutschlands.

Einzelne Themen könnten z.B. sein:

  • weniger Empathie als möglich gegenüber den Kindern (selbst in entbehrungsreicher Zeit groß geworden)
  • Autoritäre Erziehung (in den Jahren 1920 - 1945 selbst in der Gesellschaft so behandelt worden, wird weiter vermittelt)
  • mit der autoritären Erziehung einhergehend wenig Übertragung von Verantwortung, wenig Selbstständigkeit vermitteln; mehr Vorgaben machen, Kinder eher kontrollieren (absichtlich oder unabsichtlich)
  • Sicherheitsdenken (i.S.v. materieller Sicherheit = solide Ausbildung, sicherer Arbeitsplatz (z.B. Beamter, öffentlicher Dienst)
  • Aufstiegsdenken, Streben „nach oben“ (unsere Kinder sollen es einmal besser haben)

Die Fragen betreffen also etwas Erziehung und etwas die Psychologie in der Familie.

Bin gespannt und freue mich auf das Feedback. Vielen Dank schon einmal.

Christian

Hallo Christian!

Na, da passe ich ja 100%ig in Dein Raster *g*

Meine Erziehung würde ich mal so beschreiben:
schon leicht autoritär, es gab recht klare Grenzen, andererseits aber auch mit großen Freiräumen, was das Erkunden der Umwelt anging. Nur beim Einsetzen der Dunkelheit hatten wir zuhause zu sein.

Alles in Bezug auf Lebensmittel („iss Deinen Teller leer, wir haben gehungert…“) hat mich als Kind genervt. Wir z.B. MUSSTEN alles aufessen, das fand ich eklig und habe mir damals geschworen, das mache ich anders. (Hat geklappt!)

Wir haben sehr (!!!) viel Freizeit gemeinsam mit Eltern und Geschwistern verbracht, waren trotz finanziell äußerst begrenzter Verhältnisse viel unterwegs, kennen die Natur recht gut, haben gelernt uns selbst zu helfen und anderen auch, sind selbstbewusst erzogen worden, haben nie viel Spielzeug gehabt, aber etwas wesentlich Wichtigeres:

enorm viel Liebe, Zeit, Zuwendung, Vorlesen, Kuscheln, Geschichtenerzählen, Wandern, Beerensuchen, Drachenbasteln, Kartoffelnroden, Schlittenfahren und so weiter…

Eine Sache fand ich nicht so toll, wir haben zwar selten, aber doch deutlich erinnerbar, auch mal den Hintern versohlt bekommen.

Summa summarum denke ich, dass die Erziehung meiner Oldies mich fit gemacht hat für mein Leben und auch, fit für die Erziehung eines ausgeprägten ADS-lers.

Übrigens danke für Deine Frage, so bewusst ist mir lange nicht geworden, was Eltern einem mit auf den Weg geben!

Angelika

Hi,
mich würde zunächst einfach mal interessieren, warum es dich interessiert?
Gruß
trail

Hallo,
weil ich selbst (trotz späten Jahrgangs 67) „Betroffener“ bin. Da viele Eltern ihre Kinder doch eher früher bekommen und nicht erst um/über die 40, dürften auch die Geburtsjahrgänge ab etwa 1955 vergleichbar sein.
Natürlich haben nicht nur der Krieg bzw. die Kriegszeit, sondern auch die Familienstrukturen der Eltern usw. Einfluss auf die Erziehung; das soll bei meiner Frage hier aber nicht im Vordergrund stehen (ist ein anderes Thema).
Letztlich zielt meine Frage darauf ab, ob diese Faktoren Einfluss haben auf Verhaltensmuster im Bereich Durchsetzungsfähigkeit, Entscheidungsfreude, Eigenständigkeit etc. (das Gegenteil wäre für mich: wenig Zielorientierung, keine Ziele haben, Tendenz: gestörter Selbstwert, sich im Beruf wenig durchsetzen können, seine eigene Meinung schlecht vertreten bzw. erst gar nicht äußern usw; vielleicht gar einen Beruf einschlagen, der „nicht passt“ und so weiter).

Christian

Hi,
mich würde zunächst einfach mal interessieren, warum es dich
interessiert?
Gruß
trail

Hallo Christian,

eigentlich passe ich nicht mehr so ganz in dein Raster (Vater '34, Kinder '69, '71), aber ich möchte trotzdem antworten.

  • Autoritäre Erziehung: ja

  • weniger Empathie als möglich: keine Ahnung

  • wenig Empathie: ja

  • wenig Selbständigkeit: ganz und gar nicht Mehr nach dem Motto, wenn wir etwas wollten, dann mussten wir uns selbst drum kümmern, organisieren etc. Alles war möglich, solange es das Leben meiner Eltern nicht beeinflusst hat und legal war (und anständig usw.).

  • Sicherheitsdenken: schon, aber nicht auffallend extrem

  • Aufstiegsdenken, Streben „nach oben“ (unsere Kinder sollen
    es einmal besser haben): Ja. Wie oft ich mir anhören durfte, dass wir dankbar sein sollen, wo doch mein Vater die Schule nicht beenden konnte, weil meine Großeltern das Schulgeld nicht bezahlen konnten …

  • Teller aufessen natürlich auch

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