Kritik an AfD-Islamkritik - geht der Schuss nach hinten los?

Hallo,

mir ist durchaus klar, dass das Kopftuch als mod. Kleidungsstück früher verbreiteter war und auch heute noch bei einigen Ordenstrachten gängiger Bestandteil ist. Wohin ein orts- und situationsbezogenes Verbot sicher nicht gehört, ist das o.g. Kapitel. Oder willst Du ausdrücken, dass die franz. Mehrheit im Gegensatz zu Dir keinen rechten Durchblick hätten? Oder der EGMR, der jüngsthin keinen Verstoss erkennen konnte?

Wer es sich hier furchtbar einfach machte war die SPD (Quelle von Ultra), weil sie mal wieder aus dem Zusammenhang riss. In Punkt 7.6.5 „Vollverschleierung verbieten“ des Leitantrags zum Grundsatzprogramm der AfD steht schon etwas mehr:

Die AfD fordert ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung durch Burka und Niqab in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Dienst. Burka und Niqab errichten eine Barriere zwischen der Trägerin und ihrer Umwelt und erschweren damit die kulturelle Integration und das Zusammenleben in der Gesellschaft. Ein Verbot ist daher notwendig und nach einem Urteil des EuGH rechtmäßig. Im öffentlichen Dienst soll kein Kopftuch getragen werden; in Bildungseinrichtungen weder von Lehrerinnen noch Schülerinnen in Anlehnung an das französische Modell. Der Integration und Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen sowie der freien Entfaltung der Persönlichkeit widerspricht das Kopftuch als religiös‐politisches Zeichen der Unterordnung von muslimischen Frauen unter den Mann.

Mit dem Abdruck des dpa-„Faktenchecks“ von http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/afd-und-religion-moscheen-sind-orte-gemeinsamer-andacht/13470074-2.html macht es sich die SPD sehr einfach. Denn hier werden nur Bruchstücke von Einzelmeinungen aufgeführt, die in den Kram passen. Die jeweilige Gegenseite oder in Wahrheit differenziertere Aussage kommt daher gar nicht zu Wort (explizit kritische Islamwissenschaftler, einige Feministinnen).

Und in D ist die Rechtslage unterschiedlich: https://de.wikipedia.org/wiki/Kopftuchstreit#Deutschland
Ob Schröter daher als die entscheidende Expertin gelten kann, halte ich für fragwürdig. https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Schröter Eine Leitung eines universitären Forschungsprojekts hört sich aber immerhin schon mal ganz dolle nach globaler Kompetenz an :joy:. Tatsächlich hat Schröter auch viel zu sagen und zwar mehr als bislang dargestellt. Bspw: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/islamforscherin-susanne-schroeter-ueber-pierre-vogel-14196097.html oder hier http://www.allgemeine-zeitung.de/politik/hessen/kopftuch-fuer-frauen-als-triebkontrolle-fuer-maenner_15984195.htm

vdmaster

Hallo!

Hab ich 's doch geahnt, dass es geradewegs zur Vollverschleierung geht. Vollverschleierung ist unserem Kulturkreis tatsächlich fremd. Es ist ungefähr so wenig akzeptabel, wie mit heruntergelassenem, dunkel gefärbtem Visier eines Motorradhelms herumzulaufen, so in einem Parlament zu sitzen oder zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfordert sichtbare Gesichtszüge. Vollverschleierung dient aber dem Ziel, Teilhabe an der Gesellschaft außerhalb der Wohnung zu unterbinden. Hat nicht einmal entfernt etwas damit zu tun, Menschen vorschreiben zu wollen, ob und in welcher Form auf dem Haar getragene Textilien zulässig sein sollen.

Vollverschleierung hat in manchen Gesellschaften einen Sinn, sogar einen Nutzen. In Gesellschaften mit rigider Sexualmoral (hat nur wenig mit Islam zu tun), wo Geschlechtsverkehr gefälligst nur der Fortpflanzung zu dienen und überhaupt nur innerhalb einer Ehe stattzufinden hat, laufen massenhaft Testosteron-geschwängerte Männer herum, deren Verstand beim Anblick unbedeckter weiblicher Anatomie aussetzt. In solchen Regionen ist Vollverschleierung (u. a.) ein Schutz. Durchaus möglich, dass sich Frauen aus solchen Gegenden in Europa ohne Vollverschleierung schutzlos fühlen. Diesen Personen muss eben klar gemacht werden, dass in Europa andere Regeln gelten. Wir kommen ja auch nicht auf die Idee, die weitgehende Nacktheit mancher Völker am Jungfernstieg in HH als kulturelle Bereicherung aufzufassen, bestehen vielmehr darauf, dass sich diese Menschen irgendwas anziehen und bestehen auch darauf, dass nicht einfach in die Gehend gekackt wird (ist in manchen Regionen üblich, weil alternativlos), sondern eine Toilette benutzt wird. Von daher ist die Sache mit der „Leitkultur“ gar nicht so abwegig. Dennoch möchte ich nicht erleben, dass Amtsmenschen irgendwelche Vorschriften formulieren, welcher Art nun ganz genau ein auf dem Kopf getragener Stofffetzen sein darf. Dann ist 's wohl nicht mehr weit, bis meine je nach Witterung auf dem Fahrrad benutzte Kapuze als verbotenes religiöses Symbol betrachtet wird.

Gruß
Wolfgang
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Darum ging es nicht. Ich nahm an, dass Du die wesentlichen Teile zur Kleiderordnung im öfftl. Dienst bzw. für Schüler/innen und die umfassenderen Äußerungen Schröters inhaltlich verknüpfen würdest.

Der (vermeintliche) Faktencheck dient lediglich dazu, die AfD zu „kritisieren“ (als pol. Gegner diskreditieren). Dies geschieht durch einseitige Darstellung. Hingegen unterbleibt gerade die Differenzierung, was gemeinhin als Populismus gilt.

Ergo wird mit populistischen Argumentation versucht, der populistischen AFD Paroli zu bieten. Ein tieferschürfender Diskurs wird somit gerade untergraben. Aber die Methode der Verkürzung ist ja derzeit das Standardmodell der Auseinandersetzung, wie man an der medialen Fixierung auf den Programmteil „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ leicht erkennen kann.

Auf jeden Fall werden die GroKo-Parteien nicht umhinkommen, ihre Argumentationsmuster nachzubessern. Bei den Grünen sehe ich diesbezüglich eher schwarz :grin: und die Linkspartei hat sich erst in eine programmstrategische Radikalisierung zu retten versucht. Zumindest wurde es von der Parteidoppelspitze so vorgegeben/angeregt.

Gruß
vdmaster