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Hallo Ostlandreiter,
abweichende Caliber mutmasslicher gleicher Durchmesser erklären sich aus verschiedenen Gegebenheiten.
Normalerweise ist zuerst die Waffe da und auf diese wird dann das Caliber entwickelt (das richtet sich nach dem mechanischen und Schussverhalten der Waffe). Manchmal indes läuft das auch umgekehrt, d.h. zuerst ist die Patrone da und dann wird die Waffe „drumrum“ entwickelt.
9mm sollten eigentlich exakt 9mm sein - sind es aber nicht (das reicht dann von 8,9mm bis zu 9,6mm).
Bekanntestes Beispiel wäre die sogenannte „Luger“-Pistole (auch 08/15 nach dem Einführungsjahr beim Deutschen Heer, bzw. Entwicklungsstufe (bei Mauser) benannt - später auch „Parabellum“ nach der nun verwendeten Muntion benannt):
Zuerst war da der Borchert Karabiner (ein kurzer Jagdkarabiner als Selbstlader im Caliber 7,65mm Parabellum). Diese Waffe wurde vom Waffeningenieur Luger (Angestellter bei Mauser) zu einer Pistole umfunktioniert, d.h. Lauf gekürzt und Pistolengriff montiert. Diese Waffe wurde bei der Schweizer Armme weiterentwickelt und als „Ordonance Pistole 7,65 Parabellum“ eingeführt. Im WWI zeigte sich, dass das verwendete Caliber zwar über eine enorme Durchschlagkraft verfügte, die sogenannte „Mannstoppwirkung“ aber Wünsche offen lies. Man korrigierte dies, indem der Flaschenhals der 7,65mm Parabellum Patrone abgeschnitten wurde. Nun hatte diese gekürzte Patrone einen Geschossdurchmesser von exakt 9mm = die 9mm Parabellum war „geboren“. Diese Patrone hatte immer noch eine enorme Durchschlagkraft bei erheblicher Mannstoppwirkung. Sie setzte sich weltweit durch und es gibt heute eine Vielzahl von Bezeichnungen für diese Patrone = „9mm Parabellum“, „9mm Luger“, „08/15“ oder „9x19“ (wobei die letztere Zahl die Hülsenlänge in mm angibt) und eine noch grössere Zahl von Waffen aus welchen diese Patrone verschossen wird.
Diese Patrone ist heute weltweit die meistverbreitete Patrone beim Militär.
Aber es gibt auch viele andere 9mm Caliber, welche teilweise aus Halbautomaten, teilweise in Revolvern verschossen werden.
Bei den Pistolen kommen, beispielsweis
9mm Parabellum (auch „9x19“ oder „9mm Luger“)
9mm Bergmann (wesentlich längere Hülse)
9x18 (eine leicht reduzierte Version der 9x19)
9x17
9mm Browning (auch ".380 Auto)
und viele mehr zur Anwendung.
Bei den Revolvern kommen, beispielsweise
.380 S&W (für ältere Smith & Wesson Revolver)
.38 (das Standard 9mm Caliber für Revolver überhaupt)
.38 Special (ebenfalls eine Smith & Wesson Entwicklung)
.357 Magnum (eine Remington Entwicklung)*
und einige Andere zur Anwendung.
*Obwohl es sich bei der „.357 Magnum“ um den exakt gleichen Geschossdurhmesser wie bei der „.38 Special“ handelt, sind es doch zwei gänzlich verschiedene Patronen. Die „.357 Magnum“ wurde entwickelt um den Gasdruckverlust bei der „.38 Special“ zu kompensieren (bei einem Trommelrevolver entweicht immer etwas Gasdruck durch den sogenannten „Trommelspalt“, was zum Leistungsverlust führt). Dazu wurde ein agresiveres Pulver verwendet. Um zu verhindern, dass solche Patronen mit Überladung („Magnum“ ist ein geschützter Begriff der Firma Remington und kennzeichnet Patronen mit agressiver Überladung) aus einer Waffe, designed für die schwächere .38, verschossen werden (schliesslich ist deren Gesmatkostruktion nicht für die stärkere „.357 Magnum“ ausgelegt) wurde die Hülsenlänge einfach verlängert - damit passen diese „.357 Magnum“ einfach nicht mehr in das Patronenlager einer regulären .38 und die Waffe kann nicht mehr bedient werden. Es handelt sich also um eine eingebaute Sicherheit. Andererseits kann man sehr wohl aus einem „.357 Magnum Revolver“ auch Patronen des cal. .38 Special verschiessen und sehr viele Schützen machen das auch (bei Scheibenschiessen ist die Mannstoppwirkung irrelevant und die Waffe hat nicht den brutalen Rückstoss der :357 Magnum (zudem wird das Material der Waffe selbst etwas geschont).
Eine weitere sehr bekannte Patrone mit dem gleichen Phänomen wäre die „.223“, die bekannte N.A.T.O. Patrone, welche aus der „.222 Remington“, einer Jagdpatrone für Rehwild, entstand. Die „.223“ ist agressiver geladen und die Hülse ist minimalst länger. Zwar kann die „.222 Remington“ aus einem Schnellfeuergewehr verschossen werden, indes sind dann Ladehemmungen zu erwarten und das Patronenlager kann „ausgebrannt“ werden.
Im Übrigen bedeutet .380 nicht 38/10 Zoll, sondern 380/1000 Zoll.
Es geht hier in den 1/1000" (Zoll/Inch) Bereich.
1 Zoll = 25,4mm
Eine .38 hat also = 9,652mm Geschossdurchmesser
Eine .357 Magnum hat also = 9,0678mm Geschossdurchmesser
Diese sehr geringen Abweichungen weichen je nach Munitions-Hersteller nochmals voneinander ab. Diese Abweichungen spielen in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle. So kann eine .357 Magnum von Remington durchaus von einer .357 Magnum von Norma abweichen. Diese geringen Abweichungen werden dennoch von den Waffen „akzeptiert“ (z.B. Colt Phyton).
9mm sind also nicht zwingend 9mm (messtechnisch).
Auf jeder Waffe ist das zu verwendende Caliber eingeprägt (meist im Lauf oder auf der sogeannten „Hülse“, der Patronenkammer). Daran sollte man sich tunlichst halten!
Zur ursprünglichen Frage:
Wieso aber gibt es die Kaliber, die sowohl nach metrischem als
auch nach Zollmaß krumme Werte haben?
Dies ist „historisch“ und Munitionshersteller bedingt zu erklären.
Ich weiss jetzt nicht, ob diese kleine Einlassung (Wiederlader wissen es bestimmt besser:smile: hilfreich im Sinne der gestellten Frage war, würde micha ber freuen wenn ich zumindest ein klein wenig Licht ins tiefe Dunkel der Handfeuermunition brachte 
Freundliche Grüsse
RS