Kündigungsfrist bei Mietvertrag mit Mietzeitbindung

Hallo Community,

ich habe eine Frage und wollte gern mal Eure Meinung dazu hören.
Ich habe am 26.02.2020 zum 01.04.2020 einen Mietvertrag unterschrieben, der eine Vereinbarung zur Mietbindung enthält. Der Wortlaut ist wie folgt:

§2 Mietvertragsart und -dauer
"Es handelt sich um einen allgemeinen Mietvertrag von unbestimmter Dauer mit Ausschluss des Kündigungsrechts

Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Dauer von 1,5 Jahren ab Vertragsabschluss auf Ihr Recht zur ordentlichen Kündigung

Eine Kündigung ist erstmals zum Ablauf des Zeitraums von 1,5 Jahren mit der gesetzlichen Frist zulässig. Von dem Verzicht bleibt das Recht auf fristlose Kündigung und zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt."

Nun habe ich einen neuen Job in einer anderen Stadt und um eine vorfristige Aufhebung des Mietvertrages gebeten. Dies wurde abgelehnt und wie folgt kommuniziert:

"… nach Rücksprache mit dem Eigentümer Ihrer Wohnung möchte ich Ihnen mitteilen, dass bei Kündigung Ihres bestehenden Mietvertrages Ihr Mietvertrag zum 30.09.2021 auslaufen würde.

Eine Möglichkeit vorzeitig aus dem befristeten Vertrag auszutreten besteht, wenn Sie einen Nachmieter akquirieren. Dieser müsste in die bestehenden Konditionen (z. B. Mietdauer/ Mietzins) eintreten und würde durch die Firma Fluhr Immobilien auf Eignung geprüft werden.

Sie hätten auch die Möglichkeit über unsere Immobilienabteilung einen Nachmieter suchen zu lassen, hier würde bei Abschluss eines neuen Mietvertrages die Provision von 2 Monatskaltmieten auf Sie entfallen."

Nun habe ich zum 30.09.2021 gekündigt (das wären dann genau die 1,5 Jahre Mietverhältnis) und nun kommt als Antwort, dass das Mietverhältnis zum 30.11.2021 endet, weil man sich auf §2 Abs 3 beruft (das wären dann 1,5 Jahre Mietbindung + 3 Monate Kündigungsfrist).

Was nun?

Ich bin der Meinung, dass ich mit der Kündigung zum 30.09.2021 im Recht bin.
Denn erstens steht im Mietvertrag "… eine Kündigung ist erstmals „zum“ Ablauf des Zeitraums von 1,5 Jahren … zulässig ", also kann ich „zum“ 30.09. kündigen. Und zweitens bekam ich ja schriftlich die Bestätigung, dass das Mietverhältnis frühestens zum 30.09. ausläuft.

Wie seht Ihr das? Freue mich auf Eure Meinungen, Ideen und Tipps.
Vielen Dank,
LG Sven.

So ist es. Lustigerweise hat der BGH über genau diese Klausel (nur mit anderer Frist) schon entschieden und das Wort „zum“ in den Gründen sogar unterstrichen, um zu verdeutlichen, dass es darauf ankommt (BGH, Beschluss vom 23.08.2016, Az. VIII ZR 23/16 Rn. 14). Hintergrund: Die Vertragsbindung betrug in dem Fall die höchstens zulässigen vier Jahre. Hätte die Auslegung des Vertrages ergeben, dass erst nach vier Jahren eine Kündigungserklärung zulässig wäre, hätte die Bindung vier Jahre plus Kündigungsfrist betragen.

Nun schreibst du denen, was ich oben erklärt habe, und bittest zu bestätigen, dass das Mietverhältnis zum 30.09.2021 endet. Geht diese Bestätigung nicht in den nächsten Tagen bei dir ein, meldest du dich wieder. Dann erklären wir dir, wie du sicherstellst, dass du nicht noch für die Zeit nach September Miete zahlen musst. Das spare ich mir jetzt, weil ich die Bestätigung für sehr wahrscheinlich halte.

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Vielen Dank für die Rückmeldung, die mich in meiner Auffassung von der Rechtslage bestätigt.

Ich warte jetzt mal auf die Rückmeldung und dann schau ich mal und melde mich auf jeden Fall hier wieder.

LG Sven.

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Hallo nochmal,

ich habe nun die Rückmeldung von der Hausverwaltung, dass ich erst zum 30.11. kündigen kann. Das sind dann also die 1,5 Jahre plus 3 Monate.

Schlüsselübergabe wird erst 2 Wochen vor Mietende akzeptiert.
Das bedeutet, dass zum Beispiel mein Stromanschluss weiter läuft und Kosten verursacht.
Mit den Nebenkosten ist es dann nicht anders, die werden auch bis November berechnet.

Gerade habe ich erfahren, dass die Frist nicht ab Mietbeginn, sondern ab Unterzeichnung des Mietvertrages läuft. Die war am 26.02.2020, hätte ich also schon zum 31.08. kündigen können.

Wie gehe ich nun am Besten dagegen vor?
Habe eine Kaution von 880,- EUR hinterlegt, die sehe ich doch nie wieder.
Darf ich die Kaltmiete im August und September abziehen und nur noch die NK zahlen?

Vielen Dank, LG Sven.

Das mit der Kaution ist kein Problem. Die Rechtslage ist so eindeutig, dass du dein Geld nötigenfalls einklagen kannst.

Ich bin aber ziemlich baff, dass die Hausverwaltung nicht einmal einen BGH-Beschluss akzeptiert, der genau diese Formulierung behandelt und keinen Zweifel an ihrer Auslegung lässt. Wie argumentieren die denn?

Sie haben ihren Anwalt gefragt und er sieht das Recht beim Vermieter.
Habe jetzt auch nochmal meine Rechtsschutz angerufen (Juratel - Anwaltsberatung), da bekam ich die gleiche Antwort.

Kann es sein, dass du uns irgendwas verschweigst? Schilderst du den Sachverhalt hier so, wie du ihn dem Anwalt deines Rechtsschutzversicherers erzählt hast? Hast du Letzterem den BGH-Beschluss genannt? Mit welcher Begründung hat er behauptet, dass dir der nicht hilft?

Nein ich verschweige nichts.

Ich hatte beiden (der Hausverwaltung und beim Juratel) gesagt, dass es zu dem Wortlaut ein BGH Urteil gibt, aber nicht explizit auf die Nummer des Urteils verwiesen oder den Text zitiert. Soll ich das nochmal explizit machen?

Ich habe von Anfang an Probleme mit dem Vermieter, hatte mich da zu Mietbeginn wohl schon unbeliebt gemacht. Es hieß damals mündlich, Mietbeginn ist ab 01.04. und im ersten Monat brauche ich nur die NK bezahlen. Im Mai bekam ich dann eine Mahnung wegen fehlender Miete von April. Problem war, das die mündliche Vereinbarung nicht im Mietvertrag festgehalten war und dann hatte ich keinen Beweis für die Absprache.

Zweiter Fall beim Einzug war, dass die Mietbindung bei der Besichtigung garnicht angesprochen wurde, sondern plötzlich beim Unterzeichnen des Mietvertrages auftauchte. Es sollten 2 Jahre sein, das konnte ich auf 1,5 Jahre runter handeln.

Drittes Ding war, dass Dusche und WC erneuert wurden, das Waschbecken aber nicht. Ich bot an, man könnte sich ja reinteilen und das Waschbecken gleich mit machen. Vermieter zahlt die Handwerker (die sind dann ja sowieso da) und ich übernehme das Material. Später kam dann die Rechnung über Material + Handwerker. Hatte ich abgelehnt und nur das Material bezahlt, das fand der Eigentümer nicht so toll.

Ich wäre dir dankbar, weil mich das doch ziemlich irritiert.

In dem BGH-Beschluss (nicht Urteil) ergibt sich aus Rn. 2, dass es um exakt dieselbe Formulierung im Mietvertrag geht, und aus Rn. 14, dass die Auslegung eindeutig ist.

OK, vielen Dank dafür und für Deine Geduld.
Rn.14 hatte ich schon gefunden und nach mehrmaligem Lesen auch verstanden.
Ich schicke das jetzt nochmal mit Verweis auf den Beschluss und mit Zitat aus Rn.14 zum Eigentümer. Werde aber wohl erst nächste Woche Antwort bekommen (so die Aussage der Hausverwaltung).

Nein, frag bitte noch mal Juratel. Danach sehen wir weiter. Halt das Aktenzeichen bereit, dann kann der Anwalt das leicht finden.

Aber das hast du uns doch sogar geschrieben

Da Du, @anon58271165, mich ja zum Thema um Beteiligung gebeten hattest: Ich bin nicht gar so in den größeren Tiefen des Mietrechts zuhause. Aber ich sehe es hier genau wie Du, und wenn man sich den Beschluss durchließt, dann findet man in Rn. 6, dass eine entsprechende formularmäßige Klausel sich an den Erfordernissen eines Kündigungsausschlusses im Rahmen einer Staffelmiete nach § 557a BGB messen lassen muss. Und wenn man dann die Rn 14 bis zum Ende und den Anfang von Rn 15 durchließt, dann findet man da folgende Formulierung (ich habe mal für die Laien alles rausgekürzt, was nicht zwingend zum Verständnis der Kernaussage nötig ist):

"Ausgehend von dem … Sinn der in Frage stehenden Klausel ist diese … dahin auszulegen, dass die Parteien für die Dauer von vier Jahren an den Mietvertrag gebunden sind (Satz 1), jedoch noch vor Verstreichen
dieser Zeitspanne eine Kündigung „zum Ablauf dieses Zeitraums“ unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zulässig ist (Satz 2).
Der … bemängelte Widerspruch besteht nicht. Vielmehr
stellt das Zusammenwirken der beiden Sätze der Klausel sicher, dass das Mietverhältnis zwar vier Jahre andauert, der Mieter jedoch durch rechtzeitige Ausübung seines Kündigungsrechts „zum Ablauf dieses Zeitraums“ erreichen kann,
dass diese … Zeitspanne nicht überschritten wird.
Jedes andere Verständnis ist angesichts der
bei verständiger Würdigung klaren und in sich widerspruchsfreien Regelung
ausgeschlossen, so dass die von der Revision bemühte kundenfeindlichste
Auslegung nicht zum Tragen kommt. "

Also klarer kann man mE nicht zum Ausdruck bringen, dass man vom Ende der vier Jahre die Kündigungsfrist rückrechnen muss, um zum erstmöglichen Datum einer Kündigung zu kommen, die dann zum Ende des Mietverhältnisses am Ende der vier Jahre führt.

Jetzt ging es in dem dort behandelten Fall zwar um die Ausnutzung des gesetzlich maximal möglichen Ausschlusses der Kündigung für vier Jahre. Ich sehe aber nicht, dass die ganz grundsätzliche Aussage, dass das Mietverhältnis bei fristgerechter Kündigung zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist endet, nicht auch für kürzere vereinbarte Fristen gelten soll. Sinn und Zweck der Veranstaltung soll doch sein, dass das Mietverhältnis zum Ende einer - wie auch immer bis maximal vier Jahre möglichen - Frist enden soll.

Ich habe mir zudem den Spaß gemacht, mal Juris zu § 557a BGB zu befragen, und finde auch da folgende Formulierung: > Die Regelung in Satz 2 stellt klar,

dass die Kündigung bereits zum Ablauf des Vierjahreszeitraumes zulässig ist, also schon vorher
mit Wirkung auf diesen Zeitpunkt erklärt werden darf.

Und mein nicht mehr ganz taufrischer Palandt sagt dazu:
Der Mieter kann das Mietverhältnis bereits zum Ablauf der 4-Jahresfrist kündigen, also die Kündigung vorher erklären. Eine zu frühe Kündigung wirkt auf diesen Zeitpunkt.

Also wird auch hier zwar auf die maximal möglichen vier Jahre Bezug genommen, weil man davon ausgeht, dass diese in der Praxis bei Staffelmieten regelmäßig ausgenutzt werden. Ich sehe aber nichts, weshalb diese Regelung nicht genau so für kürzere Ausschlussfristen geltend soll, die außerhalb der Staffelmiete ja durchaus nicht unüblich sind.

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Vielen Dank Euch allen für die Tipps und Hinweise.

Heute kam plötzlich und ganz unerwartet eine Nachricht von der Hausverwaltung, dass sie jetzt doch die Kündigungsfrist zum 30.09. akzeptieren. Keine Ahnung wie sie plötzlich darauf kommen, denn ich hatte ja nicht nochmal explizit auf das Aktenzeichen vom BGH-Beschluss hingewiesen. Aber ich hatte gestern am Telefon nochmal deutlich gemacht, was meine Rechtsauffassung ist und dass ich keine Scheu habe das Ganze zur Not auch gerichtlich klären zu lassen.
Vielleicht wollten sie es einfach mal probieren und haben nicht mit soviel Gegenwehr gerechnet.
Die Lösung reicht mir und nun kann ich mich auf meinen Umzug konzentrieren.

Vielen Dank Euch Allen :wink:
LG Sven.

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Herzlichen Dank, @wiz, ich fing schon an, Gespenster zu sehen. Sehr nett von dir, dass du dich dann sogar so ausführlich geäußert hast.

Sehr schön, @sv_t, dass sich das geklärt hat. Deine Vermutung ist nicht ganz unrealistisch. Verwirrung hat bei mir gestiftet, dass der Anwalt dir dieselbe Auskunft erteilt hat.

Gerne geschehen! Wie neulich an anderer Stelle hier geschrieben: Ich mag es, hier gerne auch mal auf Dinge gestoßen zu werden, mit denen man sich sonst nicht so intensiv beschäftigt. Macht alles nicht dümmer :wink:

Ich will keinem Kollegen zu nahe treten, aber wer an solchen Hotlines arbeitet, der hat - zumindest noch - nicht den Status erlangt, dass er die damit erzielbaren Stundensätze nicht locker durch besser bezahlte Dinge überschreitet, und dann lieber ein paar Stunden Freizeit genießt, als für solche Sätze noch ein paar Euro in einem dann ohnehin vollen Terminkalender zu machen (es sei denn, der Porsche muss dringend her und will abbezahlt werden).

Da lob ich mir die Freiheit, mich hier bei Gelegenheit mal pro bono zu beteiligen, wenn es gerade passt und Spaß macht.

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Die Dame am Juratel gestern war erstens sehr von sich überzeugt und auch sehr kurz angebunden. Da teile ich in gewisser Weise die Ansicht von @Wiz.

Die Anwältin hat sich offenbar nicht einmal die Mühe gemacht, eine oberflächliche Recherche anzustellen. Irren kann jeder. Aber ich beantworte doch nicht entgeltlich Rechtsfragen ohne guten Grund zu der Annahme, dass ich die Antwort kenne. Heiteres Jura-Raten kann jeder. Das Internet ist voll von Leuten, die auf jede Rechtsfrage eine Antwort geben, ohne Fachkompetenz, regelmäßig falsch, aber immerhin unentgeltlich.