Künstlerin?

Folgende kleine Vorgeschichte:
Meine Frau ist Kunstglaserin und hat sich vor 18 Monaten per „Ich AG“ selbständig gemacht. Das Gewerbe hat sie bei ihren Eltern angemeldet da wir in einem reinen Wohngebiet wohnen und da ist Gewerbe nicht erlaubt. In der Zwischenzeit bauen wir auf unserem Grundstück eine kleine Werkstadt die vom Bauamt, mit Augenzwinkern“, als Hobbyraum genehmigt wurde. Die Nachbarn machen keine Probleme, eher im Gegenteil, die haben uns schon den Vorschlag gemacht eine Unterschriftensammlung zu starten.
Wir haben nun festgestellt das unser Sohn doch etwas mehr Zeit benötigt als gedacht und sind zu dem Endschluß gekommen das sie das Gewerbe wieder abmeldet, da es sich bei der geringen Stundenzahl nicht Kostendeckend rechnet. Die Abgaben für Krankenversicherung, Steuerberater usw. sind einfach zu hoch.

Nun stellen wir uns die Frage: Gibt es einen offiziellen Weg das sie als Künstlerin ihre Glasmalerei weiter ausüben kann? Es geht uns dabei nicht um das Geld verdienen, aber wenn jemand ein Glasbild haben möchte kann sie es schlecht verschenken. Bei Privatleuten geht das vielleicht, aber wie ist das z.B. bei Kirchen? Die brauchen eine Rechnung oder eine Quittung. Es hat sich z.B. grade ein Kloster gemeldet die eine Glasmalerei restauriert haben möchten. Als sie dem Pastor sagte das sie ihre Werkstatt offiziell geschlossen hat fing der gute Mann fast das weinen an. Es gibt nämlich keinen mehr der das alte Handwerk der Glasmalerei noch beherrscht. Wie machen das die anderen Hausfrauen, die im Keller ihres Hauses Töpfern oder Tiffanylampen bauen und verkaufen?

Danke schon mal im vorraus, Michael Mehlhorn

Servus Michael,

dieses ist eine Frage, die eigentlich ins Steuerbrett gehört, und die nicht als persönlicher Fall, sondern bloß als allgemein gehaltenes Exempel diskutiert werden darf.

Trotzdem hier schonmal ein paar Bemerkungen:

Die gewerberechtliche Abgrenzung der gewerblichen von der freiberuflichen Tätigkeit folgt in der Regel der steuerrechtlichen > § 18(1) EStG.

Im gegebenen Fall gibt es zwei Kriterien, die zur Abgrenzung des Gewerbebetriebes dienen können:

(1) Die „Schaffenstiefe“ (= Grad der Originalität der Werke), die den Kunsthandwerker vom Künstler unterscheidet.
(2) Das Objekt selbst (Kunst- oder Gebrauchsgegenstand), das den freiberuflich tätigen vom gewerblich tätigen Restaurator unterscheidet, hierzu der BFH in einem Urteil BStBl. 1994 II S. 864.

Im vorliegenden Fall mit dem Kloster ist es wohl unproblematisch, die Tätigkeit als freiberuflich zu klassifizieren. Sie könnte in diesem Fall ohne weiteres nach Abmeldung des Gewerbebetriebes durchgeführt werden.

Was die steuerliche Abgrenzung betrifft, wird diese keine Rolle spielen, da Gewerbesteuer wohl nicht anfallen wird. Was die gewerberechtliche Seite betrifft, ist es bei einem solchen Grenzfall, in dem gute Gründe für eine freiberufliche Tätigkeit genannt werden können, denkbar unwahrscheinlich, daß irgendwelche Nachteile entstehen.

Unter welchen Bedingungen die Grenze für die Mitversicherung in der Familien-KV überschritten wird, kann ich nicht sicher sagen - diese Frage bitte ich im „zuständigen“ Versicherungsbrett vorzulegen.

Ob es überhaupt rentabel ist, einen StB mit der Chose zu beauftragen, oder einfach bloß die Betriebseinnahmen als Einkünfte zu erklären, hängt von der Höhe der Einnahmen und der möglichen Betriebsausgaben ab. Das lässt sich bloß anhand der Zahlen beurteilen.

Schöne Grüße

MM

Hi Michael,
ich mach so etwas auf einer anderen Schiene (als Texterin). Da ich kein Steuerprofi bin, kann ich Dir nur sagen, wie es bei mir läuft:
Ich schreibe meine Texte freiberuflich, stelle Rechnungen aus und rechne diese am Jahresende mit meinem Steuerberater zusammen. Meistens kommt nicht so viel zusammen, dass es überhaupt zu Steuerzahlungen kommt. Es gibt da Freibeträge. Wenn sich Deine Frau hauptberuflich von der Kunst ernährt und ihr noch keine superbillige Krankenkasse habt, könnte es sich in ihrem Fall lohnen, sich bei der Künstlersozialkasse einzuschreiben. Das ist zwar eine Menge Papierkram, aber es lohnt sich wirklich. Sie zahlt da einen Bruchteil an Krankenversicherung gegenüber dem normalen Satz.
Viel Glück
Ricarda

Hallo Ricarda,

je nach Art der Texte liegt auch diese Tätigkeit an der Grenze zwischen freiem Beruf und gewerblicher Tätigkeit. Klar ist, daß sich bei gewerblichem Texten in geringem Umfang niemand darum kümmert, wenn noch nie ein Gewerbebetrieb formal bestanden hat. Anders siehts aber im vorliegenden Fall aus. Daher muss man bei diesem genauer darauf achten, ob die Tätigkeit freiberuflich oder gewerblich ist.

Das ist aber im Fall der Restauration von Kunstwerken (nicht: Gebrauchsgegenständen) von der Rechtsprechung abgesegnet.

Schöne Grüße

MM