Hallo,
demnächst lebt ein georgisches Aupair mit uns. Sie hat bisher keine wesentlichen Erfahrungen mit Deutschen gemacht.
Um mich besser auf sie einstellen zu können, möchte ich gerne mehr über die Unterschiede zwischen Georgiern und Deutschen erfahren - so die typischen Alltagssituationen eben.
Bin im www und bei der Büchersuche bisher nicht besonders erfolgreich gewesen.
Würde mich über Tipps zu Web-Adressen bzw. zu Büchern sehr freuen.
Über die Geschichte und Sprache Georgiens habe ich hingegen reichlich Infos.
Besten Dank
Premi
Hallo Premi,
ich war vor 25 Jahren in Tiflis, kann daher nichts berichten, wie sich die Menschen dort inzwischen weiterentwickelt haben.
Damals lebten die Menschen traditionell, wie sie es gewohnt waren und Moskau war so weit entfernt wie der Mond. Sie waren stolz, gastfreundlich, gesellig und trinkfreudig. Es war leicht, mit ihnen in Kontakt zu treten, wenn sie sich sicher waren, dass sie es nicht mit Spionen zu tun hatten. Ins Ausland wollten sie nicht reisen.
Mein Rat wäre, lass alles auf Dich zukommen. Sei aufgeschlossen. Sage und zeige ihr, was sie für den Alltag wissen muss und beantworte ihre Fragen ohne Drumherum-reden.
Gut wäre, wenn Du und Deine Familie sie jederzeit als Gast auf Zeit verstehen würdest.
Einem Gast sieht man Vieles nach, aber nicht alles. Darin müsstet Ihr Euch als Familie einig sein - dann wird alles klappen.
Beste Grüße
Maralena
Hallo,
ich denke, du solltest dich nicht zu sehr vorbereiten - sonst tendierst du dazu, alles auf ihre georgische Herkunft zu schieben. Das du dich grundsätzlich vorbereitest ist gut - aber viel besser ist es, wenn du sie fragst, anstatt mit vorgefassten Meinungen auf sie zuzutreten.
Über Geschichte und Sprache weisst du bereits Bescheid, aber: Geschichte kann sehr subjektiv sein und einem Minenfeld gleichen, eventuell hat sie ein ganz anderes Geschichtsbild vermittelt bekommen, als du aus deinen Büchern erfahren hast und auch die zeitgenössischen Nachrichten im westlichen TV dürften von denen in Georgien variieren, obwohl es um dasselbe geht (man redet von Merkel und ihrem Umgang mit der Eurokrise ja auch ganz anders in Deutschland, als in Griechenland…)
Nicht zu unterschätzen ist ganz sicher auch die soziale Herkunft deines Au-Pairs - meiner Meinung nach macht das den grösseren Part aus, als die georgische Herkunft. Ein „Chick“ aus Tiflis, das mit Mode und Konsum aufgewachsen ist, hat andere Vorlieben und Träume, als ein Mädchen, das aus einem kaukasischen Dorf kommt. Eine junge Frau aus wohlhabendem Haus hat ein anderes Weltbild, als eine Frau, die in den Sozialsiedlungen am Stadtrand aufgewachsen ist.
Meine beiden Omas waren Deutsche, die eine Oma war Bergbäuerin und hatte in ihrem gesamten Weltbild mit einer georgischen Bäuerin sicher sehr viel mehr gemeinsam, als mit meiner anderen Oma, die eine städtische sog. „höhere Tochter“ war - deshalb bin ich vorsichtig mit Dingen, die „typisch“ sein sollen.
Was nützlich sein könnte, wären vor allem tiefverwurzelte Dinge, die die Kommunikation betreffen, zb Kopfbewegungen bei ja und nein, ob man schlechte Gefühle mit lachen überspielt oder ob eher ein Hang zum diplomatischen oder direktem Umgang miteinander besteht (letzeres ist eines der grössern kulturellen Probleme in der Kommunikation zwischen Schweizern und Deutschen)
ich sehe, direkte Hilfe biete ich nicht, aber ich rate zu einer gewissen Gelassenheit.
Gruss, sama
Hallo,
ist es eine (ehemalige) Studentin? Dann hat sie auf jeden Fall Erfahrung mit dem städtischen Leben in den immer mehr westlich geprägten Großstädten der ehemaligen UdSSR. Insoweit wird der Kulturschock nicht ganz so groß. Ansonsten kann es Dir natürlich passieren, dass sie aus wirklich vollkommen ländlichen, und gegenüber unserem bundesdeutschen Verhältnissen als „rückständig“ zu bezeichnenden Verhältnissen stammt.
Das muss aber auch nicht viel bedeuten. Es gibt nun mal Menschen (überall auf der Welt), die sich sehr schnell überall einleben, und Menschen, die dafür länger brauchen. Bei unseren russischen Au-Pair (inzwischen #9) bewegte sich das zwischen „sofort“ und „einige Wochen“. Ein ehemaliges Au-Pair aus Georgien, die mit einem unserer Au-Pair befreundet ist, hat uns gelegentlich als Babysitter geholfen, und die war hier, als wir sie kennenlernten, voll integriert und selbständig unterwegs. Das trifft allerdings auf unsere russischen Au-Pair auch immer spätestens nach einigen Wochen zu. Der Rest ist dann „Persönlichkeit“, ob sie dann hier schnell deutsche Freunde finden, oder sich eher unter eigenen Landsleuten bewegen, eher den Familienbezug wählen, mehr oder weniger erfolgreich und engagiert Sprachkenntnisse verbessern, …
Wichtig für den Anfang ist auf jeden Fall, ein neues Au-Pair nicht innerhalb von 24h „fit machen“ zu wollen. Je nach Sprachkenntnissen bedeutet alleine schon die Sprache in den ersten Wochen eine deutliche Begrenzung der Aufnahmefähigkeit. D.h. man sollte sich auf kleine Informationshäppchen zu einzelnen Themen beschränken. Also z.B. zunächst einmal nur die Sache mit dem Frühstück erklären und am nächsten Tag dazu ggf. noch einmal etwas nachlegen. Dann eine Runde durch die Gemeinde machen, und die wichtigsten ÖPNV-Verbindungen und deren Nutzung erklären (das ist für die Mädels teilweise eine große Herausforderung). Danach dann mal den ganzen administrativen Krempel mit Anmeldung und Ausländerbehörde. Dann nach und nach die komplexeren Haushaltsgeräte und Technik. Dann noch mal eine vertiefende Runde durch die Stadt, …
Man muss sich dafür einige Tage (stundenweise) nehmen, bis alles drin ist.
Gruß vom Wiz
Vielen Dank für die bisherigen Antworten, aber…
Hallo,
herzlichen Dank für die bisherigen sehr umfassenden Antworten.
Ich versuche mich immer recht kurz bei den Fragen zu halten. Das läßt natürlich Raum für Interpretationen.
Ich suche wirklich nur Buchtipps und Weblinks.
Über ganz einfache Alltags-Tipps freue ich mich auch (so etwas wie „Kopfschütteln heißt JA, nicken heißt NEIN“).
Herzliche Grüße
Premi