Kultureller Schmelztiegel 'wer-weiss-was'

Hallo, liebe Experten!

Zunächst: Ich hoffe, in diesem Brett richtig zu sein.

In unserer Gesellschaft gibt es meiner Ansicht nach ein mehr oder weniger verstecktes „Kastenwesen“. Beispiele: In gewissen Lokalen, die sich die ärmere Bevölkerung gar nicht leisten kann, ist die Schicki-Micki-Szene unter sich. Dafür wagen die Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi. Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden.

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was, prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander. Da gibt es Leute, die der Bildungsschicht angehören, bevorzugt sachlich argumentieren, einer gewählten Ausdrucksweise und korrekter Rechtschreibung pflegen, Anrede und „Unterschrift“ für selbstverständlich halten, sowie andere, die Umgangsformen für entbehrlichen Firlefanz halten, der der Sache (nämlich Wissensaustausch) gar nicht dient.

Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere, sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?
Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?
Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?
Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch „Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Hanna,
die das sich-nach-oben-Orientieren für richtig hält, ihre Einstellungen aber immer wieder hinterfragt …

Hi ho,

In unserer Gesellschaft gibt es meiner Ansicht nach ein mehr
oder weniger verstecktes „Kastenwesen“. Beispiele: In gewissen
Lokalen, die sich die ärmere Bevölkerung gar nicht leisten
kann, ist die Schicki-Micki-Szene unter sich. Dafür wagen die
Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi. Die Liste
kann beliebig fortgesetzt werden.

Naja, bei Aldi kauft mittlerweile glaub ich jeder, auch die Reichen. Aber mit diversen Restaurants könntest Du recht haben. Allerdings muss es ja nicht immer nur am Geld liegen. Wenn die Klientel mir nicht passt, dann geh ich nicht hin, und bei Schicki-Micki Lokalen ist das der Fall :wink:

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?
Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?
Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?
Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Wenn beide Seiten ein wenig aufeinander zugehen, dann ist für mich alles in Butter. Ich brauche keine perfekte Rechtschreibung, aber einigermassen verständlich sollte es sein. Gleiches gilt für die Manieren. Ein Minimum an Manieren ist für mich obligatorisch, es zeigt einfach den Respekt vor dem Anderen. Toleranz an sich ist eine feine Sache, nur zieht da halt jeder seine eigenen Grenzen. Ohne diese Grenzen wäre Toleranz wirklich Gleichgültigkeit, und das würde meiner MEinung nach langfristig in die Anarchie führen.

Grüsse,
Herb

Hallo Hanna,

man sollte Toleranz unterscheiden in :

a. produktive , positive Toleranz

b. als Toleranz kaschierte Gleichgültigkeit

c. bequeme (oder ängstliche) „Toleranz“

nicht überall, wo Toleranz drauf steht,
ist auch wirklich Toleranz drin.

Angel

Bildungsschicht und Anrede?
Hallo,

Was die Toleranz betrifft, bedauere ich schon lange, dass Deutschland sich zu einer starken Lobby-Gesellschaft entwickelt hat. Man findet selten einen Nichtraucher, der (auch) für Raucherflüge oder -zimmer eintritt, eine Hausfrau, die für Kinderkrippen ist, einen Nichthundebesitzer, der für Hundemitnahmemöglichkeiten in Hotels u. Restaurants ist, etc. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und Toleranzregelungen, die in einem Interessenskonflikt versuchen, beiden Gruppen gerecht zu werden interessieren wohl die wenigsten.

Der folgende Absatz irritiert mich etwas:

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was,
prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander. Da gibt es Leute,
die der Bildungsschicht angehören, bevorzugt sachlich
argumentieren, einer gewählten Ausdrucksweise und korrekter
Rechtschreibung pflegen, Anrede und „Unterschrift“ für
selbstverständlich halten, sowie andere, die Umgangsformen für
entbehrlichen Firlefanz halten, der der Sache (nämlich
Wissensaustausch) gar nicht dient.

Der 1. Gruppe schreibst Du nun jede Menge positiver Eigenschaften zu, die andere ist dann von allen das Gegenteil? Ich glaube nicht, dass jemand, der auf Anrede verzichtet, alle Umgangsformen für entbehrlichen Firlefanz hält und auch nicht, dass Anreden unter „Bildungsbürgern“ stärker verbreitet sind.

Mein Mann und ich, wir sind z.B. Akademiker, aber Anrede in Foren halten wir beide für entbehrlich. Mein Mann (er schreibt nicht hier in www mit) hält es sogar für ausgesprochen „überkanditelt“ jemanden darauf hinzuweisen (wie es hier ja nun öfters geschieht).

Was mich betrifft, ich hänge hier mein „Hallo,“ oder „Hi,“ obendran (da offenbar Wert darauf gelegt wird), aber in anderen Foren, in denen dies nicht zwingend ist, finde ich die Diskussionen ebenso gut, spannend, hifreich, persönlich usw.

An diesen Floskeln liegt es nicht massgeblich, ob eine Diskussion gelingt. Du kannst freundlich mit „Hallo“ anfangen, kein einziges Schimpfwort verwenden und dem anderen dennoch das Gefühl geben, blöd zu sein. Ich kann mit „Liebe Hanna“ anfangen und trotzdem total an Deiner Frage vorbeischreiben (was ich hoffentlich nicht getan habe).

Dein obiger Satz könnte z.B. jemanden, der nicht zur „Bildungsschicht“ gehört oder der auch nur kein Abitur hat und sich deshalb vielleicht nicht zugehörig fühlt (obwohl man Bildung natürlich überall erwerben kann), schon das Gefühl geben, hier nicht willkommen zu sein. Trotz Anrede und Verabschiedung - einfach durch die Zuordnung der positiven Eigenschaften (Sachlichkeit, Rechtschreibung, gewählte Ausdrucksweise) zur „Bildungsschicht“. Falls dies geschieht, dann wäre es von Deiner Seite aus nicht besonders höflich, obwohl die äußere Form Deines Postings den üblichen Höflichkeitsregeln genügt.

Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Toleranz führt meiner Meinung nach zu faireren Lösungen bei Reibungspunkten aller Art und damit letztlich zu weniger Aggressionspotenzial (siehe oben). Sie entspringt aus der Haltung, dass nicht nur meine Lebensart (z.B. Akademiker, Nichtraucher, Nicht-in-Forenbeiträgen-Grüsser, Katzenbesitzer, Doppelverdiener) schützenswert ist, sondern dass die Gesellschaft für die gegenteiligen Lobbygruppen ihre Tummelplätze bereitstellen und schützen sollte. In Kurzform: leben und leben lassen.

In diesem Sinne,

Mit vielen Grüssen, Walkuerax

P.S. Ist eine Grußformel mit Codenamen eigentlich wirklich sinnvoll?

Hallo, Hanna,

Zunächst: Ich hoffe, in diesem Brett richtig zu sein.

Ich denke schon :smile:

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was,
prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander.

Das empfinde ich als besonders wichtig und spannend, weil es den Horizont doch erheblich weiten kann.

[…]
Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere,
sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?

Eigentlich sollte es keinen „Anspruch“ geben. Ansprüche halte ich also nicht für gerechtfertigt. Man muss es aushalten, dass jeder seinen Hintergrund mitbringt, seine eigenen Maßstäbe anlegt. Manchmal ist das aber nicht ganz einfach. Allerdings gibt es ja auch die Möglichkeit, sich nicht zu äußern, wenn man sich mit den geäußerten Ansichten oder mit der Art ihrer Darbietung gar nicht anfreunden kann.

Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?

Gute Manieren und Höflichkeit sind „gesellschaftliche Schmiermittel“. Ohne ein gewisses Maß an Toleranz und das teilweise Hintanstellen eigener Empfindlichkeiten wird es im sozialen Getriebe bald erheblich beginnen zu knirschen. Wenn man also Umgang mit anderen pflegen will - und sozialer Umgang ist ein essentielles Grundbedürfnis des Menschen - wird man ohne Manieren und Höflichkeit nicht auskommen.

Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?

Ja, sie müssen es sogar, wenn sie miteinander kommunizieren wollen. Aber einfach ist das nicht immer. Und gelingen wird es auch nicht immer. Dann bleibt nur noch der Abbruch der Kommunikation.

Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Wohin Toleranz um jeden Preis und in jedem Fall führt, hat Marie v. Ebner-Eschenbach mit ihrem Wort von den immer nachgebenden Klügeren und der daraus resultierenden Weltherrschaft der Dummen sehr anschaulich formuliert.
Toleranz darf aber m.E. nicht mit Gleichgültigkeit gleichgestellt werden. Toleranz setzt in gewissem Grad ein Mitfühlen und ein Miterleben voraus. Gleichgültigkeit ist keine Toleranz. Sie bewegt nichts,

die das sich-nach-oben-Orientieren für richtig hält, ihre
Einstellungen aber immer wieder hinterfragt …

Wobei sich natürlich sofort die Frage stellt, was nun wirklich oben und was unten ist. Und den eigenen Standpunkt, die eigene Meinung, den eigenen Glauben, dier eigenen Überzeugungen sollte man sowieso ständig überprüfen, anders wäre eine Weiterentwicklung nicht möglich.

Lieben Gruß
Eckard

Hallo Walkuerax!

Was die Toleranz betrifft, bedauere ich schon lange, dass
Deutschland sich zu einer starken Lobby-Gesellschaft
entwickelt hat. Man findet selten einen Nichtraucher, der
(auch) für Raucherflüge oder -zimmer eintritt, eine Hausfrau,
die für Kinderkrippen ist, einen Nichthundebesitzer, der für
Hundemitnahmemöglichkeiten in Hotels u. Restaurants ist, etc.

Wo sollte gegen die voranschreitende Intoleranz vorgegangen werden? In der eh jetzt schon überforderten Schule? Im desinteressierten Elternhaus?

Der 1. Gruppe schreibst Du nun jede Menge positiver
Eigenschaften zu, die andere ist dann von allen das Gegenteil?

Ich habe bei mir überlegt, ob ich das so formulieren soll. Nun, es zeichnet die Extreme, und dazwischen gibt es jede Menge an Abstufungen.

Ich glaube nicht, dass jemand, der auf Anrede verzichtet, alle
Umgangsformen für entbehrlichen Firlefanz hält und auch nicht,
dass Anreden unter „Bildungsbürgern“ stärker verbreitet sind.

Ja, da hast Du natürlich recht. Ich habe auch sehr emsig die Bildungsschicht mit der konservativen Schicht gemixt, wie Dir aufgefallen sein wird.

Mein Mann und ich, wir sind z.B. Akademiker, aber Anrede in
Foren halten wir beide für entbehrlich. Mein Mann (er schreibt
nicht hier in www mit) hält es sogar für ausgesprochen
„überkanditelt“ jemanden darauf hinzuweisen (wie es hier ja
nun öfters geschieht).

Obwohl mich fehlende Anrede manchmal stört, habe ich mich noch kaum einmal dazu hinreißen lassen, jemanden „abzumahnen“.

Was mich betrifft, ich hänge hier mein „Hallo,“ oder „Hi,“
obendran (da offenbar Wert darauf gelegt wird), aber in
anderen Foren, in denen dies nicht zwingend ist, finde ich die
Diskussionen ebenso gut, spannend, hifreich, persönlich usw.

Dass Du Dich den hiesigen Gepflogenheiten anpasst, ehrt Dich.

An diesen Floskeln liegt es nicht massgeblich, ob eine
Diskussion gelingt. Du kannst freundlich mit „Hallo“ anfangen,
kein einziges Schimpfwort verwenden und dem anderen dennoch
das Gefühl geben, blöd zu sein.

Absolute Zustimmung.
Die schmerzhaftesten Beleidigungen sind doch in der Regel die, die am höflichsten abgefasst sind.

Ich kann mit „Liebe Hanna“
anfangen und trotzdem total an Deiner Frage vorbeischreiben

Stimmt.

(was ich hoffentlich nicht getan habe).

Hast Du nicht. Ich suche Denkanstöße, und die hast Du mir geliefert.

Dein obiger Satz könnte z.B. jemanden, der nicht zur
„Bildungsschicht“ gehört oder der auch nur kein Abitur hat und
sich deshalb vielleicht nicht zugehörig fühlt (obwohl man
Bildung natürlich überall erwerben kann), schon das Gefühl
geben, hier nicht willkommen zu sein.

Auch mir fehlt das Abitur, trotzdem habe ich mir die Achtung etlicher deutlich höher Gebildeter hier erworben.

Trotz Anrede und
Verabschiedung - einfach durch die Zuordnung der positiven
Eigenschaften (Sachlichkeit, Rechtschreibung, gewählte
Ausdrucksweise) zur „Bildungsschicht“. Falls dies geschieht,
dann wäre es von Deiner Seite aus nicht besonders höflich,
obwohl die äußere Form Deines Postings den üblichen
Höflichkeitsregeln genügt.

Wie gesagt: Auch die konservativen Werte habe ich da fleißig hineingemischt.

Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Toleranz führt meiner Meinung nach zu faireren Lösungen bei
Reibungspunkten aller Art und damit letztlich zu weniger
Aggressionspotenzial (siehe oben). Sie entspringt aus der
Haltung, dass nicht nur meine Lebensart (z.B. Akademiker,
Nichtraucher, Nicht-in-Forenbeiträgen-Grüsser, Katzenbesitzer,
Doppelverdiener) schützenswert ist, sondern dass die
Gesellschaft für die gegenteiligen Lobbygruppen ihre
Tummelplätze bereitstellen und schützen sollte. In Kurzform:
leben und leben lassen.

Weißt Du, in diesem Zusammenhang beschäftigt mich immer die (Weiter-)Bildung.
Wie sinnvoll ist es, auf diese zu verzichten mit dem Hinweis, wen es nicht interessiert, der möge es halt bleiben lassen? Wieviele Kinder sitzen freiwillig und aus Überzeugung in der Schule? Soll man den Bildungsunwilligen mit Toleranz begegnen und sie von der Schulpflicht entbinden?

P.S. Ist eine Grußformel mit Codenamen eigentlich wirklich
sinnvoll?

In meinen Augen schon!

Hanna

Hallo Hanna,

Hallo, liebe Experten!

Ich antworte trotzdem.

Zunächst: Ich hoffe, in diesem Brett richtig zu sein.

Kann ich nicht beurteilen, aber ich glaube schon.

In unserer Gesellschaft gibt es meiner Ansicht nach ein mehr
oder weniger verstecktes „Kastenwesen“. Beispiele: In gewissen
Lokalen, die sich die ärmere Bevölkerung gar nicht leisten
kann, ist die Schicki-Micki-Szene unter sich. Dafür wagen die
Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi. Die Liste
kann beliebig fortgesetzt werden.

Noch Schlimmer, die Reichen gehen überall hin und erlauben sich alles, lassen die Armen nicht in ihre „Gesellschaften“ rein. Hier ist es genauso.

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was,
prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander. Da gibt es Leute,
die der Bildungsschicht angehören, bevorzugt sachlich
argumentieren,

Diese „Bildungsleute“ finden sich leider gerade in den Wissenschaftsbrettern und wollen scheinbar unter sich bleiben, Fachsimpeln scheinbar gern um Neue zu vertreiben, machen alles Populäre runter, nur um sich vom „Pöbel“ abzusetzen. Allerdings sind sie oft nicht so sachlich, von diesen Leuten muss man sich sogar die meisten Beleidigungen anhören. Manchmal meint man auch, die Leute antworten bewusst nicht auf Fragen von Leuten, die scheinbar unter ihrem Niveau sind. Kein Wunder das es hier so wenige in meinem Alter (15) gibt.

einer gewählten Ausdrucksweise und korrekter
Rechtschreibung pflegen, Anrede und „Unterschrift“ für
selbstverständlich halten, sowie andere, die Umgangsformen für
entbehrlichen Firlefanz halten, der der Sache (nämlich
Wissensaustausch) gar nicht dient.

Das hat damit m.E. nichts damit zu tun. Ich zähle mich gewiss nicht zu dieser „Bildungsschicht“ die meint sie wäre die Elite. Aber trotzdem achte ich auf korrekte Rechtschreibung (bin noch Schüler …) Anrede und Unterschrift erachte ich zwar nicht als notwendig, aber ich bin es aus einem anderen Forum so gewöhnt, wo man sich gut kennt und „Freundschaften“ mehr oder weniger pflegt (aber trotzdem sehr offen auf neue Leute zugeht). Aber in dieses Forum (www) geht man m.E. nicht nur zum Wissensaustausch, sondern um mit anderen in Kontakt zu treten, oder verschiedene Meinungen zu hören. Daher darf ruhig etwas „Persönlichkeit“ im Artikel stecken. Allerdings nehme ich es niemandem übel eine Ein-Satz-Frage zu stellen, irgendwie unhöflich wirds erst wenn sich die Person nicht mehr meldet und der Antworter sich vorkommt als ob er gegen eine Wand sprechen würde.

Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere,
sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

Außer vielleicht einem „Dankeschön“ und einem höflichen Umgangston (keine Beleidigungen o.ä.) verlange ich von niemandem was. Und sich für eine hilfreiche Antwort zu bedanken und Beleidigungen wegzulassen ist glaube ich nicht zu viel verlangt.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?

m.E. oben Genannter.

Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?

„Grundmanieren“ (Höflichkeit, Respekt …) sollten schon da sein, alles andere ist beliebig.

Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?

im Sinne von lat. tolerare=ertragen auf jeden Fall, allerdings muss man sich nicht alles gefallen lassen.

Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Toleranz in reinster Form führt m.E. für eine angenehme, menschliche Athmosphäre, Gleichgültigkeit hat eher was mit Intoleranz zu tun.

Hanna,
die das sich-nach-oben-Orientieren für richtig hält, ihre
Einstellungen aber immer wieder hinterfragt …

Ich glaube die eigene Einstellung zu hinterfragen tun immer genau die die es nicht notwendig haben…

Gruß,
Marcel

Hallo Marcel!

Ich antworte trotzdem.

Beim Lesen Deiner Visitenkarte schlackern mir nur so die Ohren! Einige der Wörter musste ich sogar nachschlagen.

Noch Schlimmer, die Reichen gehen überall hin und erlauben
sich alles,

Aus meiner Erfahrung ist es nicht ganz so. Es gibt beispielsweise in unserer Stadt ein „Arbeiterviertel“, das in höchstem Verruf steht, und niemand, der auf sich hält, würde freiwillig dorthin ziehen.
Auch in heruntergekommenen Lokalen wird man bei uns nie die High Society antreffen. Die wird sich hüten, denn das bedeutete Imageverlust.

Diese „Bildungsleute“ finden sich leider gerade in den
Wissenschaftsbrettern und wollen scheinbar unter sich bleiben,
Fachsimpeln scheinbar gern um Neue zu vertreiben, machen alles
Populäre runter, nur um sich vom „Pöbel“ abzusetzen.

Huch!
Dort bin ich nur in Ausnahmefällen unterwegs, habe aber bis jetzt immer freundliche und verständliche Antworten bekommen; auch auf Nachfragen wurde stets höflich und zuvorkommend eingegangen.

Allerdings sind sie oft nicht so sachlich, von diesen Leuten
muss man sich sogar die meisten Beleidigungen anhören.
Manchmal meint man auch, die Leute antworten bewusst nicht auf
Fragen von Leuten, die scheinbar unter ihrem Niveau sind. Kein
Wunder das es hier so wenige in meinem Alter (15) gibt.

Das ist schlimm, das ist echt schlimm, und ich weiß jetzt gar nichts darauf zu sagen.
Allerdings: Wenn Du Dir diesen Thread hier anschaust:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…) und feststellst, dass dem Fragesteller nicht ganz klar ist, dass 100 - 2 = 98 ist, dann kannst Du „interessante“ Reaktionen auch verstehen.

Das hat damit m.E. nichts damit zu tun. Ich zähle mich gewiss
nicht zu dieser „Bildungsschicht“ die meint sie wäre die
Elite.

Erhalte Dir die „Bodenständigkeit“!

irgendwie unhöflich wirds erst wenn sich die Person nicht mehr
meldet und der Antworter sich vorkommt als ob er gegen eine
Wand sprechen würde.

Ja, sowas ärgert mich auch.

Außer vielleicht einem „Dankeschön“ und einem höflichen
Umgangston (keine Beleidigungen o.ä.) verlange ich von
niemandem was.

Ich persönlich bin einigermaßen tolerant Rechtschreibfehlern gegenüber, aber wenn sie mal diese Ausmaße annehmen, antworte ich aus Protest nicht: http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Gleichgültigkeit hat eher was mit Intoleranz zu tun.

Das musst Du mir näher erläutern.

Ich glaube die eigene Einstellung zu hinterfragen tun immer
genau die die es nicht notwendig haben…

Danke! :smile:))

Hanna

Hallo Hanna,

Wo sollte gegen die voranschreitende Intoleranz vorgegangen
werden? In der eh jetzt schon überforderten Schule? Im
desinteressierten Elternhaus?

Das weiss ich auch nicht. Wenn die Menschen tolerant sind, ergibt es sich von selbst, wenn nicht, dann nicht. Jeder könnte bei sich selbst anfangen, aber das setzt natürlich voraus, dass allen der Wert der Toleranz klar ist.

Ich habe auch sehr emsig die
Bildungsschicht mit der konservativen Schicht gemixt, wie Dir
aufgefallen sein wird.

Nein, das ist mir nicht aufgefallen. Die Konservativen sind nach meiner Erfahrung übrigens nicht unbedingt höflicher als andere Schichten. Alle Schichten haben einen gewissen Hang unter sich zu bleiben, ihre eigenen Kleidungs- und Begrüssungsrituale zu pflegen, ihre Feste nach ihrer Art zu feiern. Ist ja auch alles ganz ok. Schwierig wird es nur, wenn andere reflexartig abgelehnt werden und auch dies ist leider in allen Schichten recht verbreitet.

(Ich lösche die meisten Sätze weg, bei denen wir sowieso übereinstimmen.)

Ich suche Denkanstöße, und die hast Du mir
geliefert.

Freut mich.

Weißt Du, in diesem Zusammenhang beschäftigt mich immer die
(Weiter-)Bildung.
Wie sinnvoll ist es, auf diese zu verzichten mit dem Hinweis,
wen es nicht interessiert, der möge es halt bleiben lassen?

Ich glaube nicht, dass man Leute, die sich nicht von selbst dafür interessieren, zur Weiterbildung anregen kann. Man kann vielleicht Ängste nehmen, sich durch „blöde“ Fragen zu blamieren, Hürden abbauen und zeigen, dass Bildung nicht von Herkunft abhängt. Aber Leute, die kein Buch in die Hand nehmen, werden es auch auf Anreize hin nicht tun. Und selbst, wenn man sie zwingen würde, es auswendig zu lernen, hätten sie sich noch längst nicht mit dem Inhalt befasst.

Ausserdem gibt es neben der reinen „Bildung“ noch andere Fähigkeiten, die in unsrer Gesellschaft notwendig sind: handwerkliche und praktische Fähigkeiten, Tatkraft, emotionale Intelligenz, künstlerische Begabung. Auch Leute, die sich nicht für Bildung im herkömmlichen Sinn interessieren, wissen vielleicht in einer schwierigen Situation, wie sie mit einem Verletzten oder einem Depressiven reden müssen oder können Musik machen die die Leute mitreisst oder einen Sportverein auf die Beine stellen. Wichtiger finde ich es, Leuten und vor Allem Jugendlichen zu vermitteln, dass sie ihre Begabung herausfinden sollen (die meiner Meinung nach jeder irgendwo hat) und ihr Leben in die Hand nehmen. Womit wir zum nächsten Thema kommen:

Wieviele Kinder sitzen freiwillig und aus Überzeugung in der
Schule? Soll man den Bildungsunwilligen mit Toleranz begegnen
und sie von der Schulpflicht entbinden?

Bei Kindern und Jugendlichen ist es schwieriger, da sie noch „erzogen“ oder sagen wir besser angeleitet werden müssen (was auf das Gleiche hinausläuft) und dies hat nichts mit Toleranz zu tun. Hier sind erstmal Eltern und Gesellschaft dabei, die Kinder etwas lernen zu lassen, und zwar in einer Situation, wo sie selbst noch nicht überblicken (können) was sinnvoll ist und was nicht. Allerdings bin ich nie dafür, Jugendliche zum nächsten Schulabschluss zu „prügeln“, wenn sie selbst überhaupt keine Lust haben, man muss schon die richtige Balance finden. Da wären eher die Handwerksbetriebe gefordert, auch den Hauptschülern eine faire Chance zu geben.

Wir haben (noch) keine Kinder, aber wenn ich Jugendliche von 15, 16 Jahren sehe, für die jeder Schulalltag ein Berg zu werden scheint, dann rate ich immer, sie die Schule abschliessen zu lassen. Besser, man verleidet ihnen nicht jeden Spass am Lernen. Abschlüsse kann man nachholen, aber falscher Ehrgeiz kann Wissensdurst für ein ganzes Leben beseitigen.

Mit vielen Grüssen, Walkuerax

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Hallo Hanna

Beim Lesen Deiner Visitenkarte schlackern mir nur so die
Ohren! Einige der Wörter musste ich sogar nachschlagen.

Interesse heißt allerdings noch gar nichts.

Aus meiner Erfahrung ist es nicht ganz so. Es gibt
beispielsweise in unserer Stadt ein „Arbeiterviertel“, das in
höchstem Verruf steht, und niemand, der auf sich hält, würde
freiwillig dorthin ziehen.

Ich dachte eher an „reingucken“.

Auch in heruntergekommenen Lokalen wird man bei uns nie die
High Society antreffen. Die wird sich hüten, denn das
bedeutete Imageverlust.

Diese Leute sind aber auch nicht besser.

Huch!
Dort bin ich nur in Ausnahmefällen unterwegs, habe aber bis
jetzt immer freundliche und verständliche Antworten bekommen;
auch auf Nachfragen wurde stets höflich und zuvorkommend
eingegangen.

Ich selber hatte auch noch nie richtig Stress mt jemandem, aber andere schon, wenn man den einen oder anderen Artikel liest.

Das ist schlimm, das ist echt schlimm, und ich weiß jetzt gar
nichts darauf zu sagen.

Musst du auch nicht. Allerdings sind die Beleidigungen meistens hinter scheinbarem Witz und Ironie so versteckt, das ein direktes „Arschloch“ angenehm dagegen wäre. (Tschuldigung wegen der Ausdrucksweise)

Allerdings: Wenn Du Dir diesen Thread hier anschaust
und feststellst, dass dem Fragesteller nicht ganz klar ist,
dass 100 - 2 = 98 ist, dann kannst Du „interessante“
Reaktionen auch verstehen.

Natürlich, aber sowas kommt hoffentlich selten vor.

Erhalte Dir die „Bodenständigkeit“!

Ich hoffe.

Ich persönlich bin einigermaßen tolerant Rechtschreibfehlern
gegenüber, aber wenn sie mal diese Ausmaße annehmen, antworte
ich aus Protest nicht.

War die Frage dort etwa ernst gemeint?

Das musst Du mir näher erläutern.

Wenn jemand etwas toleriert, dann setzt er sich damit auseinander, beschäftigt sich damit, bis er zum entschluss kommt, dass man es tolerieren muss/kann/sollte. Jemand der das nicht tut sagt entweder: „ist mir egal“ oder „ich toleriere nichts was ich nicht bin/habe“. Folglich ist das Intoleranz. Es gibt natürlich Sachen die kann man nicht tolerieren. Aber das ist wieder ein anderes Kapitell.

Danke! :smile:))

Sowas liest man hier m.E. immernoch zu selten. Ich gebe zu, ich schreibe es auch zu selten.

Gruß,
Marcel

hallo hanna

Zunächst: Ich hoffe, in diesem Brett richtig zu sein.

In unserer Gesellschaft gibt es meiner Ansicht nach ein mehr
oder weniger verstecktes „Kastenwesen“. Beispiele: In gewissen
Lokalen, die sich die ärmere Bevölkerung gar nicht leisten
kann, ist die Schicki-Micki-Szene unter sich. Dafür wagen die
Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi. Die Liste
kann beliebig fortgesetzt werden.

ich bin wahrlich kein experte, aber ich denke solche bevölkerungsunterschiede muß es geben. besonders für leute wie mich, die sich in beide richtungen orientieren.

ich selbst komme nicht aus der „oberen Gesellschaftsschicht“,bin aber dennoch in der lage mich mit den „schicki mickis“ zu unterhalten.
ich komme aber auch nicht aus der „untersten sozialen schicht“ und kann mich genauso gut in einer spelunke mit den dort verkehrenden gästen unterhalten.
ich denke, das hat etwas mit anpassungsfähigkeit zu tun. und mit einem offenen wesen.

andererseits würde ich nicht behaupten, dass reiche nie einen fuß über aldi und co setzen würden. im gegenteil, ich habe gelernt, dass man von reichen genauso sparen lernen kann, wie von armen.

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was,
prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander. Da gibt es Leute,
die der Bildungsschicht angehören, bevorzugt sachlich
argumentieren, einer gewählten Ausdrucksweise und korrekter
Rechtschreibung pflegen, Anrede und „Unterschrift“ für
selbstverständlich halten, sowie andere, die Umgangsformen für
entbehrlichen Firlefanz halten, der der Sache (nämlich
Wissensaustausch) gar nicht dient.

nun, so verallgemeinern würde ich das nicht. denn das wäre wohl schon zu un- oder in-tolerant ( da schlägt sie zu die bildungslücke :smile:)…) ich habe schon mehrmals unnütze kommentare von studierten gelesen, die ganz und gar am thema vorbei gingen. andererseits gute kommentare, die zum nachdenken anregten, allerdings mit rechtschreibfehlern übersät.

natürlich hinterlässt es einen besseren eindruck, wenn man eine anrede und unterschrift hinterlässt, aber wenn der inhalt stimmt, dann kann man da großzügig ein auge zudrücken.
allerdings sollte ein hallo schon zur standart-höflichkeit gehören. komme ich in einen raum, dann sage ich auch hallo. warum nicht auch im recht unpersönlichem internet?

ich selbst halte es für selbstverständlich, erst einmal zu begrüßen, zu bitten, zu bedanken und mich wenn auch unter einem pseudonym zu verabschieden.
aber da ist wohl auch viel erziehungssache oder die umgebung maßgeblich dran beteiligt ( ich bin in ein dorf gezogen, in dem sich noch jeder entsprechend begrüßt, und man hat auch als zugezogener das gefühl anerkannt zu sein).

Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere,
sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

was ist daran so schlimm? das leben besteht nun mal aus anpassung.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?
Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?
Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?
Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

beide ansprüche sind gleichberechtigt. die akademiker können von den weniger begabten erwarten, dass man in verständlichen und dennoch einfachen worten schreibt und die nicht-akademiker können erwarten, dass die akademiker etwas weniger fach-chinesisch schreiben.

manieren sind sehr wichtig, zumindest die gängigen. bitte, danke, fremde leute siezen,keine beleidigungen, die einfachsten verhaltensregeln beim essen,etc. das ist wichtiger,als das wissen welches besteck beim acht-gänge-menü benutzt wird.

beide seiten müßen toleranz üben. alles andere wäre ungerecht. und ohne toleranz würde diese welt noch unfreundlicher werden, als sie schon ist.
nur, leider ist toleranz eigenes ermessen. was der eine tolerant findet zählt bei dem anderen unter engstirnigkeit.

zyniker haben nicht immer recht. toleranz bedeutet zumindest für mich eingeschränkte akzeptanz. kompromissbereitschaft.

gleichgültigkeit und toleranz kann man nicht in einem atemzug nennen. denn um toleranz zu üben muß mir etwas wichtig sein, am herzen liegen. dann bin ich bereit einen kompromiss einzugehen.
bei gleichgültigkeit verschwende ich keinen gedanken daran.

meine hoffnung ist, dass durch praktizierte toleranz unsere welt und das leben darauf etwas besser, schöner und freundlicher wird.

aber es ist ein irrtum zu glauben, dass gebildete menschen toleranter sind, dennoch ist das streben nach wissen nicht falsch. nur das falsche ausleben dieses wissens.

hoffe meine gedankengänge waren nicht zu abwegig.

liebe grüße
tadi, die grundsätzlich klein schreibt,weils einfach schneller geht

Hallo Hanna,

Dafür wagen die
Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi.

Das stimmt so nicht.
Denn was HIP ist, ist auch erlaubt!
Mit dem Porsche zu Aldi? Kein Problem.
Oder zu Ikea? Noch weniger ein Problem. (Nun ja, wenn es ums verstauen geht vielleicht).
Lagerfeld sieht kein Imageproblem bei einer H&M Kollektion. Warum auch, es H&M hat ein Clever-Image.

Hier im Internet, ganz besonders auch bei wer-weiss-was,
prallen verschiedene „Kulturen“ aufeinander. Da gibt es Leute,
die der Bildungsschicht angehören, bevorzugt sachlich
argumentieren, einer gewählten Ausdrucksweise und korrekter
Rechtschreibung pflegen, Anrede und „Unterschrift“ für
selbstverständlich halten, sowie andere, die Umgangsformen für
entbehrlichen Firlefanz halten, der der Sache (nämlich
Wissensaustausch) gar nicht dient.

Nicht immer halte ich eine Anrede für sinnig. Habe es mir aber weitgehend angewöhnt, da selbst bei x tausend Postings von mir irgend jemand einen (noch weit dämlicheren erzieherischen) Kommentar bei dem einen wo ich sie weggelassen habe, schreibt.

Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere,
sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

Mir ist es wurst, ob Anrede da ist.
Gruß wäre nett, muss aber auch nicht sein.

Viel wichtiger finde ich es dass es genug Absätze gibt, damit das lesen nicht so anstrengt.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?

Gerechtfertigt ist keiner. Wobei gesellschaftlich wohl doch Wert auf Gruß und Anrede gelegt wird.

Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?

Ich glaube, dass derjenige der sich entsprechend zu benehmen weiss mehr und freundlichere Antworten bekommt. Darüber sollte man sich im klaren sein.

Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?

Wie gesagt. Ich bin hier tolerant. Ich hoffe bloß immer dass der sonstige Ton im Posting stimmt.

Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

zu nichts anderem wie es jetzt schon ist. Wild durchwachsen.

Gruß Ivo

Hallo Hanna,

dieses Forum erlebe ich ganz anders als du es beschreibst.

Dank der Struktur und der Idee unterscheiden sich Teilnehmer hier in Experten und Interessierte, wobei sich Experten in Experten und selbsternannte Experten unterteilen und Interessierte in Interessierte und an-sich-selbst-Interessierte. :smile:

Andere Schichten tilgt das Internet zum Schmelzen. Jeder Versuch, diese schichttypischen Manieren, Verhaltensregeln etc. durchzusetzen, scheitert daran.

So sehe ich das Thema eher als fürs Plauderbrett geeignet, wenn es um den Austausch der Erfahrungen im Umgang miteinander geht, bzw. fürs ALK-Brett, wenn es um das Kritisieren der Anderen, das Vorschreiben, wie die Anderen sich zu benehmen haben etc. geht.

Steh zu deiner Lebensweise und deinen Manieren und drücke sie aus. Es findet sich immer jemand, der das toleriert, wie auch umgekehrt. :smile:

Das soll aber nicht mehr deine Sorge sein, solange du dich an die Netiquette hältst.

Gruß

P.S. Im echten Leben bleiben diese verfluchten Schichtenrahmen sehr wohl aktiv und prägend, was aktuelle Studien nachweisen.

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Hallo,

In unserer Gesellschaft gibt es meiner Ansicht nach ein mehr
oder weniger verstecktes „Kastenwesen“. Beispiele: In gewissen
Lokalen, die sich die ärmere Bevölkerung gar nicht leisten
kann, ist die Schicki-Micki-Szene unter sich. Dafür wagen die
Reichen keinen Schritt über die Schwelle von Aldi. Die Liste
kann beliebig fortgesetzt werden.

Menschen sind verschieden. Das persönliche Bankkonto und die dadurch vermittelte Möglichkeit, am Leben teilzunehmen, ist lediglich eines von vielen Differenzierungsmerkmalen; das Geschlecht ist ein anderes, die Vorliebe für eine bestimmte Musikrichtung ein drittes, und die Bildung abermals ein weiteres. Diese Vielfalt auf das Merkmal „Geld“ zu reduzieren und auf dieser Grundlage von „Kastenwesen“ zu sprechen, halte ich aber - unabhängig von dem kindischen Beispiel „Schicki-Micki-Lokal vs. Aldi“ - für zu weitgehend.

Jede der beiden Gruppen stellt nun Ansprüche an die andere,
sich doch den eigenen Gepflogenheiten ein wenig anzupassen.

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?
Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?
Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?
Wohin führt praktizierte Toleranz (von Zynikern auch
„Gleichgültigkeit“ genannt) langfristig?

Die Antworten ergeben sich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass „Manieren“, Umgangsformen und sonstige Konventionen nichts weiter sind als Spielregeln, die eine Gesellschaft oder ein abgrenzbarer Teil einer Gesellschaft als für sich verbindlich in Bezug auf den Umgang miteinander und untereinander anerkannt hat. Daraus folgt:

  1. Es gibt grundsätzlich keine absoluten, objektiv richtigen oder objektiv falschen Umgangsformen. Es gibt lediglich Umgangsformen, die innerhalb einer bestimmten (Teil-) Gesellschaft akzeptiert oder eben nicht akzeptiert sind.

  2. Umgangsformen sind Konventionen einer Gemeinschaft. Sie sind daher an den Fortbestand der Konvention, des gemeinschaftlichen Konsenses gebunden. Umgangsformen sind daher wandelbar.

  3. Wer die Konvention selbst mitträgt, wird im Prinzp auch nur denjenigen als zu „seiner“ Gesellschaft zugehörig betrachten und respektieren, der die Konvention ebenfalls mitträgt, also die Umgangsformen, die Gegenstand dieser Konvention sind, beachtet.

Für die oben gestellten Fragen ergibt sich daraus:

Welcher Anspruch ist nun gerechtfertigter?

Versteht man Umgangsformen als Konsens der (Teil-) Gesellschaft, die die Umgangsform verlangt, so ist mit diesem Konsens notwendigerweise auch die Erwartung der Beteiligten verbunden, dass derjenige, der gleichberechtigt an dieser (Teil-) Gesellschaft teilhaben will, den Konsens mitträgt (mit anderen Worten die Umgangsformen der Gesellschaft respektiert). Überlegungen der Art, dass die Anpassungserwartung der einen Gesellschaft „mehr“ oder „weniger gerechtfertig“ wäre als derjenige einer anderen, passen dazu nicht.

Wie wichtig ist es, „Manieren“ zu lernen?

Das hängt davon ab, wie wichtig dem Lernenden die Anerkennung in einer bestimmten (Teil-) Gesellschaft ist (bzw. in welchem Maße er für seine persönliche Lebensführung auf die Anerkennung dieser Gesellschaft angewiesen ist) und wie essentiell die „Manieren“, die er erwägt zu lernen, für diese Gesellschaft sind. Wer beispielsweise auf Jobsuche ist, ist in der Regel gut beraten, die hergebrachten Umgangsformen des Geschäftsverkehrs in Bezug auf Kleidung, Verhalten im Gespräch, Schriftsprache, usw. zu beherzigen (zumindest solange, bis der Arbeitsvertrag unterschrieben ist). Die Gepflogenheiten der Hacker-Szene dagegen wird man in der Regel vernachlässigen dürfen, solange man nicht die Absicht hat, z.B. den Server des Finanzamts zu knacken.

Für Äußerungen im Internet bedeutet das: Derjenige, dem es wichtig ist, wohlwollend gehört zu werden, oder gar einen fruchtbaren Gedankenaustausch zustande zu bringen, tut grundsätzlich gut daran, sich auf die Erwartungen seiner Leserschaft einzulassen und sie zu respektieren. Worin diese Erwartungen bestehen, läßt sich dabei nicht allgemein sagen - sie dürften z.B. hier anders sein, als in einem Nationalsozialisten- oder einem geschlossenen Fetischistenforum. Wer sich dagegen damit begnügt, sich irgendwie geäußert zu haben, oder es sogar darauf anlegt, Konflikt zu provozieren, muss sich um derlei Erwartungen nicht kümmern.

Wohin führt praktizierte Toleranz langfristig?

Toleranz bedeutet im Prinzip nichts anderes, als gegenüber demjenigen, der eine bestimmte „Umgangsform“ - gleichgültig aus welchem Grund - nicht befolgt, auf die Durchsetzung dieser Umgangsform zu verzichten, ohne dem Betroffenen zugleich die Anerkennung in der Gemeinschaft zu verweigern. Wer Toleranz übt, dispensiert mit anderen Worten den Geltungsanspruch dieser „Umgangsform“, setzt die Umgangsform in beschränktem Umfang außer Kraft.

Wohin das langfristig führt, hängt davon ab, welche Norm von dem Dispens betroffen ist und wieviele Mitglieder der (Teil-) Gesellschaft, die diese Norm trägt, diesem Dispens folgen. Folgt eine Mehrheit dem Dispens, so erlischt der Konsens, der die Umgangsform hervorgebracht hat. Die Umgangsform existiert nicht mehr. Bei einigen Normen ist das unschädlich (so etwa bei der an Herren gerichteten Erwartung, bei Begegnungen zum Gruß den Hut zu lüften), bei anderen (etwa der Achtung fremden Lebens oder fremden Eigentums) ist der Fortbestand der Gemeinschaft bedroht.

Sollen beide Seiten einfach Toleranz üben?

Wie bereits angedeutet, hängt das von der Norm ab, deren Verletzung toleriert werden soll. Ist es eine Norm, die für den Fortbestand der Gemeinschaft wesentlich ist, kommt Toleranz nicht in Frage, wenn die Gemeinschaft sich erhalten will. In allen anderen Fällen - insbesondere dann, wenn die Konfrontation zur Durchsetzung der Norm mehr Unfrieden stiftet, als der Dispens - kann/sollte man darüber nachdenken. Eine Verpflichtung zur Toleranz aber besteht grundsätzlich nicht.