Kündigung durch den AN, während der Kündigungsfrist vom AG

Hallo,

meinem Freund Frank ist gekündigt worden. Nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit hat er 6 Monate Kündigungsfrist.

Natürlich sucht er bereits während der Kündigungsfrist nach einem neuen AG. Jetzt geht ihm plötzlich die fixe Idee durch den Kopf, dass er mit dem Eintritt ins neue Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist warten müsste.

Ich sehe die Sache anders. Auch wenn der alte AG Frank noch bis zum Ende der Kündigungsfrist beschäftigen muss, kann Frank seinerseits eine Kündigung mit 4 Wochen Frist zum 15. oder letzten des nächsten Monats abgeben.

Sind Euch Regelungen bekannt oder Gerichtsurteile, durch die die Kündigung durch den AG eine frühere Kündigung durch den AN hemmen würde?

Grüße
Pierre

P.S.: im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß BGB gilt.

Weiss der Frank denn, wie sein Arbeitgeber dem „Absitzen“ der Kündigungsfrist gegenübersteht? Will sagen: der AG hatte irgendwelche Gründe, den Frank loswerden zu wollen. Das heisst, wenn der Frank jetzt zum Personalbüro latschen würde und frügte „Können wir nen Aufhebungsvertrag machen, dann wäre ich nicht noch 5 Monate da sondern nur noch einen“ dann sollte er doch offene Türen einrennen? Oder gibt’s da irgendwelche Gründe, die vermuten lassen, dass das nicht so ist? Beispielsweise, Projekte, die zufällig noch ein halbes Jahr laufen, ein Nachfolger, der erst in 5 Monaten anfängt?

Die vereinbarte BGB-Frist (§ 622) für die arbeitnehmerseitige Kündigung kann vertraglich nicht verlängert werden. Der Arbeitnehmer hat das Recht zur kürzeren Kündigungsfrist und der Arbeitgeber kommt bei der normalen Kündigung von der BGB-Verlängerung nicht los.

Begründung der Kündigung waren offiziell betriebswirtschaftliche Gründe. Allerdings glaubt Frank, dass es persönliche Animositäten waren. Aus Gesprächen mit Dritten wurde deutlich, dass der AG wohl damit rechnete, dass der AN sich nach Eingang der Kündigung bis zum Ende der Frist krank schreiben ließe. Frank ist aber ein Dickkopf und will seinem AG aber so lange wie möglich auf den Geist gehen. :wink:

Ab und an ist der AG aber wohl sehr verschlagen. Und es wäre peinlich für Frank, wenn er beim neuen AG einen Arbeitsvertrag unterschreiben würde und er nicht wie geplant kündigen könnte, weil der alte AG ihm noch ein letztes mal Knüppel zwischen die Beine werfen wollte.

Grüße
Pierre

Ich fürchte, wir schreiben aneinander vorbei. Der verlinkte Anwalt sagt genau das, was ich meine: die Kündigungsfrist für Kündigungen durch den AG betragen in Franks Fall 6 Monate. Die Frist, die er einhalten muss sind 4 Wochen zum 15. oder letzten eines Monats.

Die Frage ist, kann Frank innerhalb der Kündigungsfrist des AG selber kündigen mit seiner deutlich kürzeren erlaubten Frist?

Grüße
Pierre

OH,Oh, da hbe ich völlig falschen Mist geschrieben! Sorry und Ache auf mein Haupt!
Also, der Freund hat wie der Anwalt und auch LittleArrow schreibt eine Kündigungsfrist von 4 Wochen. ramses90

Hallo,

bei dieser Frage

gibt es eine klare Juristenantwort: Es kommt darauf an.

Denn wenn man nach § 622 Abs. 1 nicht weiterliest, übersieht man gerne mal Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6.
Und diese sagen glasklar aus, daß durch eine sog. „Gleichbehandlungsabrede“ die verlängerten Fristen auch auf die Kündigung des ArbVerh durch den AN erstreckt werden, und zwar auch in AGB … " (ErfK, Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 40)

Und deswegen ist diese Antwort

erst mal so pauschal falsch.

Es kommt also auf die genaue, wörtliche Formulierung in Franks Arbeitsvertrag an, ob er früher gehen kann.
Eine „Gegenkündigung“ an sich ist völlig rechtswirksam.

&Tschüß
Wolfgang

Mit der wortwörtlichen Wiedergabe kann ich leider nicht dienen. Frank las mir den Abschnitt Kündigung am Telefon vor und ich meine, der kurze Satz dazu lautete nur in etwa: Nach der Probezeit kann der Arbeitsvertrag gemäß der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Dann folgte noch ein Satz zur außerordentlichen Kündigung. Da war meine Aufmerksamkeit aber schon wieder zu zerstreut, schließlich bekam er eine ordentliche Kündigung. Es gab also keine Verabredung, dass der AN eine längere Frist für seine Kündigung akzeptieren würde, als die 4 Wochen zum 15. oder letzten.

Grüße
Pierre

Nur noch eine andere Sache:
Falls das mit dem neuen Job nicht klappt:
Dein Freund Frank sollte umgehend bei der „Agentur für Arbeit“ vorstellig werden und sich dort wegen Kündigung arbeitssuchend melden. Es kann sogar sein, das er für die Wahrnehmung dieses Termins freigestellt werden muss.

Das wollte ich doch gar nicht wissen :wink: Völlig egal welcher Natur die Kündigung ist - Fakt ist, dass der Arbeitgeber den Frank nun loshaben will. Und das meistens so bald wie möglich, denn ganz oft arbeitet ein gekündigter Mitarbeiter gar nicht mehr sooo gut wie ein ungekündigter. Das heisst, Franks Chancen auf einen Aufhebungsvertrag zum Wunschtermin stehen nicht so schlecht.

Das Problem ist, dass sich Frank da nicht drauf verlassen kann und das auch nicht direkt vorab klären sollte. Aber das ist eigentlich nicht soo tragisch: der Frank schreibt Bewerbungen und wird hier und da zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Dann teilt er mit „mein Vertrag endet zum hier den Termin in 6 Monaten einsetzen“ Und wenn der potentielle neue Arbeitgeber dann lauthals jammert, kann Frank sagen, dass er beim Noch-Arbeitgeber auch fragen kann, ob denn ein früherer Termin möglich wäre. Dann bespricht man einen Wunschtermin und es wäre noch gut, wenn Frank dann zumindest halbwegs sicher sein könnte, dass der potentielle neue Arbeitgeber auch zum tatsächlichen neuen Arbeitgeber wird. Und dann geht er zum Noch-Arbeitgeber und bittet um einen Aufhebungsvertrag zum Wunschtermin.

Viel Erfolg für den Frank :slight_smile:

Danke für den Hinweis

Hallo,

dieser Satz

ist mit einer kleinen Ergänzung sehr wohl üblich:
„Nach der Probezeit kann der Arbeitsvertrag von beiden Seiten gemäß der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.“
Und mit dieser Ergänzung würden die verlängerten Fristen auch für den AN gelten.

Also, es kommt auf die exakte, vollständige Formulierung an.

&Tschüß
Wolfgang

Hi!

Das ist sachlich falsch.

Vertraglch vereinbart darf die arbeitnehmerseitige Frist lediglich nicht länger als die des Arbeitgebers sein.

Gruß
Guido

Danke Dir Guido für Deine Richtigstellung, die § 622 Abs. 6 BGB entspricht.

Danke Dir für Deine Richtigstellung.

Das Problem ist, dass man das Ganze hier durchaus falsch verstehen kann, da die Öffnung nach oben nicht ausdrücklich genannt ist.

Sorry für das Downvote - das passiert mir seit der Nutzung dicker Finker auf kleinem Smartphone mittlerweile regelmäßig ungewollt.

Grüße
Guido

Das überrascht mich und deswegen frage ich - obwohl es deutlich geschrieben war - mal nach:

Wenn genau diese Formulierung im AV steht, dann hätte ICH gedacht:

  1. Für den AG gelten die gesetzlichen Fristen (genau die, die §622 BGB für AG vorsieht)
  2. Für den AN gelten die gesetzlichen Fristen (genau die, die §622 BGB für AN vorsieht, also eigentlich nur die eine vierwöchige Frist)

Nun sagst du, dass diese Formulierung die BGB-seitigen, längeren Fristen des AG dann auch für den AN gelten?
Ich hätte verstanden, dass gemeint ist: Für jeden gelten seine Fristen. Du sagst: Für alle gelten die eigentlich für den AG vorgesehenen Fristen.

Wie bergündet man das - ich glaube dir nämlich - aber ich verstehe es nicht.

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Ach, Du warst das. Geht schon in Ordnung:-)

Es ist nach Pierres Darstellung nicht erkennbar, warum bei diesem Sachverhalt für den Arbeitnehmer § 622 Abs. 1 BGB nicht gelten sollte. Die längere Kündigungsfrist nach Abs. 2 bindet den Arbeitgeber, sofern nicht der Arbeitsvertrag diese längeren Fristen auch für den Arbeitnehmer abdeckt.

Hallo,

weil derartige Formulierungen auch dahingehend ausgelegt werden, was von den Vertragspartnern beabsichtigt war.
Natürlich kann man das auch klarer formulieren, aber ich kenne ein (rechtskräftiges) erstinstanzliches Urteil, daß die o.a. Formulierung im Sinne der gleichen Kü-Frist für beide Seiten ausgelegt hat.

&Tschüß
Wolfgang

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