Ich-Konstrukt, ja und nein
Ist das Ich ein Konstrukt des
Bewusstseins
Ja und nein. Nach dem US-Philosophen Professor Ernst von Glasersfeld ist es das Erstere in seinem radikalen Konstruktionismus. Wenn ich aber hier schreibe und weiß, dass ich mich in der ersten Welt der Medien befinde, wo ich mir als kommunikativ Handelnder klar darüber werde, dass im Gegensatz zu einer bloßen „Lehnstuhl-Philosophie“ (ich übernehme den Begriff von US-Pragmatisten, die sich gegen jene Philosophie abgrenzen, die sich im Lehnstuhl zurücklehnt und glaubt, es sei schon alles gesagt von ihren Vordenkern und es ginge jetzt nur noch darum, dieses „Wissen“ zu verwalten), mir dieses Bewusstsein als Ich im Gegensatz zum bloßen Ich-Konstrukt als Glauben unzweifelhaft ist.
Das Ich ist auch dann kein bloßes Konstrukt, wenn ich mir darüber bewusst werde, dass ich die Luft zum Atmen meiner unzweifelhaften Existenz benötige, dass ich Hunger und Durst fühle, um mein Handeln diesen existenziellen Bedürfnissen anzupassen, dass ich biologisch dazu motiviert werde, „Es“ zu wollen, wonach das Ich diese mehr oder weniger unbewussten Bedürfnisse mit entsprechenden Ich-Strategien befriedigt.
,das entsteht, wenn das Bewusstsein auf sich
selbst reflektiert?
In der östlichen Philosophie geht es im Gegensatz zur westlichen nicht nur um ein bloßes Konstrukt (zunächst), sondern um authentische Erfahrung. Die Erkenntnis ist die, dass es auch schon meine eigene Existenz gab, bevor ich mit dem Erlernen der Sprache von einem Ich-Bewusstsein überhaupt sprechen konnte. Es gab schon vor dem Ich ein „Es“ als sicheres Wissen zum Überleben. Und ich kann dieses „Es“ reflektieren. Im Sinne der östlichen Philosophie geht der Ansatz der Selbstgewissheit über den Körper bis zum absolut erfahrbaren „Es“, was Ken Wilber unter anderem zum Beispiel auch mit dem Begriff „Nur Das“ bezeichnet. Wenn man nach Hegel denkt, kann man auch vom Absoluten ausgehen. Aber das ist vom Ansatz her natürlich eine bloße sprachliche Konstruktion. Und das ist auch dann der Fall, wenn Naivlinge das schon als sichere Überwindung des Dualismus behaupten, (wie ein namhafter Schulphilosoph in diesem Brett, wir alle kennen seinen Namen bzw. sein Pseudo), denn wie kann Hegel den Dualismus überwunden haben, wenn er seinen eigenen Körper im Ich-Bewusstsein seiner Sprachkonstruktionen wegrationalisiert?!
Bei dieser Deduktion ist das Problem, dass die gewollte Ich-Überwindung wiederum nur der Zirkel eines bereits vorsprachlichen Wunsches und Bedürfnisses ist, so dass ich nicht schon von vornherein von einer Ich-Konstruktion auf das Absolute schließen kann, da sonst ja das Ergebnis nur einem „frommen Wunsch“ entspricht im Sinne der kulturellen Theologie. Deshalb haben die Franzosen den naiven Glauben an die Metaphysik radikal bekämpft durch ihren Strukturalismus bzw. Neostrukturalismus.
Wo ist dann das Ich, wenn es nicht
objektiviert ist?
Das Ich ist im Alltagsbewusstsein nicht objektiv vorhanden, sondern taucht nur dann auf, wenn eine zielgerichtete Strategie einem zuvor gefühlten Bedürfnis folgt, entweder durch ein Konstrukt der Sprache, die ich in den höchsten märchenhaften Himmel hinauf fantasieren bzw. konstruieren kann oder durch das handelnde Bewusstsein, das immer dem Grundbedürfnis seiner eigenen Existenz unterworfen ist. Wenn ich zum Beispiel mein Leben lang Rektor einer Schule bin, dann ist das kein bloßes Konstrukt meiner Sprache, sondern ein existenzielles Bedürfnis des Überlebens, wobei dann, aufgrund meines real fühlbaren jedoch unbewussten Existenzbedürfnisses, die sprachlichen Konstrukte erst nachfolgen. Denselben Existenzbedürfnissen sind sicher alle Menschen unterworfen, unabhängig davon, was sie in ihrem Glauben als ICH immer denken.
Gruß
C.