Lachen in Panik-Situationen?

Hallo!
Warum muss man bei extremem Stress (Panik oder Angst) manchmal lachen?
Mir fallen gerade nur blöde Beispiele ein: zum Beispiel, wenn man eine schreckliche Nachricht erhält oder wenn man eine große, fette Spinne sieht.
Ich kann es nicht richtig beschreiben, aber vielleicht versteht einer von Euch, was ich meine? Ist es wirklich richtiges Lachen als eine Art „Überlebensmechanismus“? Oder nur eine Verkrampfung von Zwerchfell und Stimmritzen?

Grüße,
Simone

Hi
Ich stand mit meiner Mutter und meiner Schwester vor der Eingangstür des Krankenhauses, in das wir gerufen wurden, weil mein Vater im Sterben lag, und wir prusteten vor Lachen, konnten uns kaum einkriegen und versuchten, uns zusammenzureissen, um dem Ernst der Lage zu entsprechen und da rein zu gehen…

Ich halte das schlicht für eine paradoxe Reaktion, um das eigentliche Entsetzen abzuwehren.
Gruß, Anja

Hallo Simone!

Also, ich muss weinen, wenn ich eine dicke, fette Spinne sehe - aber ich glaube, das ist dann der Unterschied zwischen Angst und Phobie :wink:

Aber man kann das Phänomen deutlich im Kino bei Horrorfilmen beobachten: Die Leute, die am lautesten lachen, haben die größte Angst! Ein unfehlbarer Indikator :smiley:

Ich glaube auch, dass es eine Art Befreiungsaktion ist, weil man unter so großen Druck steht.

Falls du mal die tolle englische Comedy-Serie „Coupling“ gesehen hast, da wird so etwas die „Giggle-Loop“ genannt :smile:

Liebe Grüße
Silke

Hallo !

Ich habe einige Jahre mit Kiribaties zusammengearbeitet. (Das sind Leute eines Südseestaates. Früher Gilbert-Islands. Also aus der Gegend, von der ein Europäer träumt. Mitten links im Pazifik).

Abends haben wir oft Videofilme angesehen und dabei haben wir „Zivilisierten“ dann Merkwürdiges erlebt :
Wenn in einem Krimi der Mörder sein Opfer so langsam die Gurgel durchschnitt oder ähnlich für uns Grausames tat, fingen unsere Kiribaties fürchterlich an zu lachen. Konnten sich kaum beruhigen.
Immer, wenn uns Europäern die kalten Schauer über den Rücken liefen, wurde es für unsere Polynesier lustig.
Gefragt, was da denn so lustig ist, wußten sie keine Antwort. Guckten uns nur groß an.
Ich denke, sie reagieren damit, genau wie Du es schilderst, ihre Angst oder Ekel ab.
Seltsam, dass es da noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu gibt.

Eine andere Sache habe ich mal im TV gesehen. Dort wurde erklärt, dass es heute noch viele Völker gibt, wo der Einzelne, nach einem tragischen Erlebnis, hysterisch werden kann. Ist die Hysterie dann abgeklungen, ist das Erlebnis vergessen bzw verarbeitet. Wir Zivilisierten brauchen dafür oft Jahre. Uns ist die Hysterie durch unsere Erziehung abhandengekommen.
Dazu ein Beispiel : Nach einem Schiffsuntergang mit Besatzungsmitgliedern aus fast zehn Nationen, darunter auch ein Türke, hatten wir lange zu Reden und zu Überdenken, zu Diskutieren, bis wir da einigermaßen drüber weg waren.
Der Türke aber, kaum waren wir in einem Hotel untergebracht, fing auf dem Hotelflur plötzlich an verrückt zu spielen. Wurde, wie man so schön sagt, hysterisch. Das dauerte einige Zeit. Der Hotelportier wollte schon einen Nervenarzt holen. Plötzlich Ruhe und unser türkischer Mitarbeiter hatte den Untergang überwunden. War lustig und zufrieden, während wir noch tage- und wochenlang mit dem Erlebnis zu tun hatten.

Die Szenen, die wir heute fast täglich im TV von Israel und den palästinensischen Gebieten sehen, zeigen immer wieder vollkommen hysterische Leute. Für uns Europäer unbegreiflich. Das hängt wohl damit zusammen. Das baut ab und läßt vergessen.

Gruß Max

Hallo,

hmmm das erinnert mich an was … als ich Kind war bekam ich ziemlich viel und heftige Prügel von meinem Stiefvater. Jedesmal wenn er kam um mich zu verhauen mußte ich lachen, ich konnte es nicht kontrollieren… was ihn natürlich umso mehr reizte. :frowning:
Würde mich also auch interessieren…

Marianne

Hi Simone!

Ich weiß genau was du meinst, und mir würden jetzt spontan 2 Situationen einfallen, in denen es mir genauso ging.
Einmal der Ekel. Ich bin Vegetarier und habe durch „Zufall“ Fleisch gegessen, bei einer Freundin, die ebenfalls Vegetarier ist. Das waren so komische Käsesteaks, in die ganz fein Truthahnfleisch eingearbeitet ist. Leider haben wir dies dann erst nach ein paar Bissen gemerkt! Sie begann zu weinen, und ich ziemlich blöd zu lachen.
Trauer und Unsicherheit. Als vor 2 Jahren in allen Betrieben/Schulen eine Gedenkminute wgn der Anschläge vom 11 Sept. gehalten wurde, musste ich auf einmal loslachen, was natürlich ziemlich mies rüberkam, bei so einer Tragödie.
Und dann die Angst! Ich war kurz vor einer OP und zeigte irgendwie gar keine Nervosität…erst später im OP Saal begann ich zu lachen und mich über irgendwelche, gar nicht lustigen Dingen, kaputt zu lachen.

Wie hier schon viele vermuten, denke ich auch, dass es eine Art Schutzmechanismus ist. Ich denke allerdings, dass dieser nur wirkt, wenn wir von etwas überrumpelt werden! Niemand hat bis jetzt von einer Situation gesprochen, auf die man hätte vorbereitet sein können!
Wenn man weiß, dass ein Todesfall Nahe ist, oder man sich z.B. sehr intensiv auf eine OP vorbereitet, anstatt dies solang zur Seite zu schieben, bis der Augenblick gekommen ist, ist es, denke ich, eine ganz normale Reaktion, dass man sich irgend etwas lustiges/lächerliches sucht, um nicht daran zu zerbrechen.

Grüße :smile:

Deli

Hallo!

Wenn man affektiv falschherum reagiert ist dies erst mal (alleine
betrachtet) noch keine Krankheit. Wenn aber beispielsweise noch
(in entsprechenden Situationen) „fehlende Gefühlsregung“ (flacher/
kein Affekt) dazukommt ist das nach DSM IV - r schon eine
Schizophrenie , da mind. zwei von insg. acht geforderten
Symptomen zu finden sind.

Gruss

Oliver-Michael

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Hallo,
wie verhält es sich eigentlich mit der Dopamin Ausschüttung in solchen Momenten ? Könnte das - falls sie deutlich vermehrt ist - das Verhalten Richtung Schizophrenie erklären ?

Gruss
Enno

Hey,

Warum muss man bei extremem Stress (Panik oder Angst) manchmal
lachen?

Ich kann das gut nachvollziehen, ist mir auch schon passiert… völlig unpassend, aber ich konnte es nicht verhindern und nicht ändern.

Mir fallen gerade nur blöde Beispiele ein: zum Beispiel, wenn
man eine schreckliche Nachricht erhält oder wenn man eine
große, fette Spinne sieht.

Mir ist das passiert, als die Nachricht in unserem Büro umging, dass unser Azubi tödlich mit dem Auto verunglückt ist. Ich hab angefangen zu lachen.
Ich denke, das ist eine überreaktion des Körpers. Es wird einfach ein Extrem ins andre umgekehrt. Ist ne blöde und laienhafte Erklärung von mir, weil ich mir sonst diese Reaktion von mir überhaupt nicht erklären könnte. Wenn jemand stirbt, dann ist man traurig, oder nicht berührt (wenn man die Person gar nicht kennt). Ich kann mir das nur so erklären…

Grüße

Sarah

Könnte das vielleicht ein sog. Übersprungsverhalten sein?
das ist doch ein deplaziertes Verhalten, welches in irgendwelchen Konfliktsituationen auftritt.

Ist glaube ich mit der Enthemmungshypothese zu erklären.

Hab aber eigentlich keine Ahnung, ob das beim Lachen in Betracht zu ziehen ist. Hab das nur grad in Bio und finde,dass das irgendwie passt. Vielleicht kann mir ja jemand sagen, obs stimmt…

netten gruß, bernhard

Hallo an Alle!
Ich bin echt erstaunt, wie viele Antworten in dieser kurzen Zeit kamen, und dass viele von Euch etwas Ähnliches schon selbst erlebt haben. Danke dafür!
Ich habe gerade nochmal im Internet ein bisschen recherchiert und festgestellt, dass unheimlich oft bei Stress, Angst oder Panik empfohlen wird, einfach zu lachen (also bewußt). Das soll psychisch und physisch entspannend wirken (stimmt ja auch). Dann kann ich mir auch gut vorstellen, dass das nicht-gewollte Loslachen wirklich instinktiv als Schutzmechanismus „von ganz tief drinnen“ kommt. Wir könnten ja auch schreien; so weit liegen Lachen und Schreien nicht auseinander. Durch das Lachen wird zusätzlich noch die Gefühlslage umgepolt.
Vielleicht würden wir sonst alle mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall tot umfallen? Und, weil es uns entspannt, können wir ja auch besser flüchten. Seelisch und körperlich.
Ich werde mal weiter schauen, ob ich dazu eine wissenschaftliche Erklärung finde.

Viele Grüße,
Simone

Übersprungreaktion
Hi,
bei allen höheren Säugern kommt es vor, dass statt einer Handlung eine andere, unpassende erfolgt (sog. Übersprunghandlung).

z.B. bei meinen Degus (http://www.deguspecial.de), diese streichen sich immer mit der Pfote über die Nase oder kratzen sich, wenn sie eigentlich Angst haben, aber andererseits zu neugierig sind um jetzt wegzurennen. Der entstehende Bewegungsdrang wird dann auf das Kratzen umgeleitet.

Viele Menschen grapschen sich ja auch irgendwo am Kopf rum wenn sie angestrengt nachdenken. Ähnliches gibt es auch mit dem Lachen.

A.