Lackschaden bei Rückwärts-Ausweichen

Moin,

folgender fiktiver Fall sei angenommen:

Eine enge Seitenstraße mit beiderseits durchgängiger Beparkung lässt die Begegnung zweier Fahrzeuge nicht zu. Ein einbiegendes Fahrzeug wird deshalb auf Grund von Gegenverkehr in eine Parkplatzeinfahrt zurückgesetzt (Der Platz reichte nicht, um diesen Ausweichvorgang komplett vorwärts zu tätigen.). Dabei schenkt der Fahrzeugführer die gesteigerte Aufmerksamkeit den Fußgängern, welche gerade auf dem Bürgersteig unterwegs sind und sonst behindert werden könnten. Währenddessen übersieht er, dass die hintere linke Fahrzeugecke zu nah an ein parkendes Fahrzeug gerät und streift hiermit die Front des letzteren. Es entsteht hierbei ein leichter Lackschaden.

Da der Fahrzeugführer auf Parkplatzsuche war und in der Nähe keine freie Parklücke war, stellt er sein Fahrzeug zunächst drei Straßen weiter ab, um anschließend zur Polizei zu gehen und den Unfall anzuzeigen, damit keine Fahrerflucht vorgeworfen werden kann.

Hier wird ihm mitgeteilt, dass der Geschädigte entweder auf eine Regulierung verzichten könne und der Verursacher damit komplett aus dem Schneider wäre. Andernfalls, wenn der Geschädigte seine Schadenersatzansprüche geltend machen wolle, käme es automatisch auch zu einem Bußgeld wegen Unfallverursachung. Durch den Umstand des Rückwärtsfahrens ergäbe dies eine empfindliche Geldstrafe von über 100 € und das für einen Schaden, der vermutlich mittels ‚smart repair‘ für nicht wesentlich mehr Geld behoben werden könnte (Fahrzeug des Geschädigten ist, vom Bauzeitraum des Modells her geschlossen, mindestens 14 Jahre alt).

Auf Grund dieser Unverhältnismäßigkeit beschließt der Verursacher, im Nachgang noch einen Zettel unter den Scheibenwischer des Geschädigten zu klemmen, in dem er dem Geschädigten vorschlägt, der Polizei gegenüber auf weitere Ansprüche zu verzichten und den Schaden, sofern gewünscht, privatrechtlich, ggf. mit der Kfz-Haftpflicht-Versicherung des Verursachers zu regulieren - so wie es jeder vernünftige Mensch auch tun würde, sofern er den Fahrzeugführer/-halter ausfindig machen könnte.

Ist diese Entscheidung rechtlich riskant? Der Versuch einer Bestechung dürfte nicht gegeben sein, da kein Bestechungsgeld o. ä. angeboten wird und Erpressung liegt erst recht nicht vor, denn es wird dem Geschädigten ja frei gestellt, die Sache streng über die Polizei zu klären.

Ich freue mich über Antworten.

MfG,
Marius

Da der Fahrzeugführer auf Parkplatzsuche war und in der Nähe
keine freie Parklücke war, stellt er sein Fahrzeug zunächst
drei Straßen weiter ab, um anschließend zur Polizei zu gehen
und den Unfall anzuzeigen, damit keine Fahrerflucht
vorgeworfen werden kann.

Damit wurde der Tatbestand bereits erfüllt.

Hier wird ihm mitgeteilt, dass der Geschädigte entweder auf
eine Regulierung verzichten könne und der Verursacher damit
komplett aus dem Schneider wäre.

Nein, falsche Auskunft.
Was der Geschädigte hier unternimmt oder unterlässt ist unerheblich. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist ein Offizialdelikt und muss bei Bekanntwerden auch von den zuständigen Behörden verfolgt werden. Eine anderweitige "Einigung "kann rechtlich gesehen also nicht zustande kommen.

Der Geschädigte hat natürlich Anspruch auf Reparatur in den Ursprungszustand.

Gruß Crack

Hallo,

sehe ich völlig unproblematisch. Das Bußgeld wird nur fällig, wenn die Polizei eingeschaltet wird.
Eine Einigung zwischen Unfallverursacher und Geschädigtem kann immer auch durch gegenseitiges Einvernehmen erzielt werden.

Abgesehen von der Rechtslage:
Bei dem geschilderten Schaden ist es ja durchaus denkbar, daß der Verursacher dem Geschädigten ohne Versicherungsbeteiligung Geld aus seiner Schatulle bietet, da der Schadensfreiheitsrabatt erhalten bleiben soll.

Gruß

Hallo,

korrekt. Die Wartepflicht wurde nicht beachtet, somit hat der Verursacher den Tatbestand erfüllt.

Da die aufnehmende Polizeidienststelle diesen Sachverhalt nicht thematisierte, kann der Verursacher aber wohl davon ausgehen, daß sein Verhalten dort als gerechtfertigt angesehen wurde und eine Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft wohl nicht erfolgt.

Das würde man dann „Glück gehabt“ nennen.

Gruß

Da die aufnehmende Polizeidienststelle diesen Sachverhalt
nicht thematisierte, kann der Verursacher aber wohl davon
ausgehen, daß sein Verhalten dort als gerechtfertigt angesehen
wurde und eine Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft wohl
nicht erfolgt.

Dann muss sich der Verursacher aber sehr gekonnt ausgedrückt haben. Oder der Beamte hatte ein Defizit weshalb er den Sachverhalt nicht in seinem vollen Umfang verstanden hat.

Wenn zwischenzeitlich keine Anzeige z.B. vom Geschädigten selbst ergangen ist kann man wirklich von Glück reden…

Gruß Crack

…100% d´accord.

Hallo,

Dann muss sich der Verursacher aber sehr gekonnt ausgedrückt haben. Oder der Beamte hatte ein Defizit weshalb er den Sachverhalt nicht in seinem vollen Umfang verstanden hat.

Vielleicht hat er auch einfach zufällig kurz in den § 142 StGB geschaut und auch bis Abs 3 weitergelesen: Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist,
Wenn man dann noch Abs. 4 liest, dass man in solch einem Fall sogar noch 24 h Zeit hat, um vielleicht ungestraft davonzukommen, dann ist das Verhalten des Beamten absolut nachvollziehbar und korrekt.

Grüße

Vielleicht hat er auch einfach zufällig kurz in den § 142 StGB
geschaut und auch bis Abs 3 weitergelesen: Der Verpflichtung,
die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der
Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1)
oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er
an dem Unfall beteiligt gewesen ist,

Ich lese dort aber nichts davon das man sein Fahrzeug 3 Straßen weiter parken darf.
Denn dann hat man den Tatbestand des Unerlaubten Entfernens vom Unfall bereits erfüllt.

Natürlich ist eine nachträgliche Feststellung der Personalien möglich - dann aber nur nach Ablauf einer angemessenen Wartefrist vor Ort, siehe §142 StGB Abs.2

Gruß Crack