lätz oder letz im Schwarzwald

Hallo,

gestern habe ich im Schwarzwald den Ausdruck lätz oder letz gehört. Er wurde im Sinne von ungewöhnlich/bedenklich/merkwürdig verwendet. Kann mir jemand etwas über die Herkunft sagen?

Danke für Eure Mühe.

Gruß

Johannes

Servus Johannes,

wie weit das vom Alemannischen aus noch ins Schwäbische hinein geht, weiß ich nicht zu sagen. Die Herkunft dürfte ein in anderen deutschen Sprachräumen weggefallener Positiv sein, zu dem der Superlativ „der/die/das letzte“ noch erhalten ist.

Es gibt (gab) unweit der badischen (wars die? hohenzollerischen, vorderösterreichischen, neuwürttembergischen, neubayrischen?? - Flickenteppich…) Grenze im Bodenseegebiet eine Wirtschaft „Zur Letze“, die nichts irgendwie Minderwertiges oder Seltsames bezeichnet, sondern die letz(t)e Schenke im Gebiet der Herrschaft.

Weiterführend der (ganz harmlose) Fluch, eher ein Flüchlein „Letz Mattheis!“, zu dem in anderen deutschen Sprachräumen „Matthäi am Letzten“ mit etwas verschobener Bedeutung existiert.

Schöne Grüße

MM

schon wieder die Kurpalz
Hallo Johannes,

willst du eigentlich nicht wissen, aber
passt so schoen.
Im Kurpfaelzischen gibt es das Wort auch -
allerdings nur in der negativen Form:
„Des is gar net so uuletz.“
Das heisst, analog zu ‚letz‘:
„Die Sache ist gar nicht mal so schlecht,
eigentlich sogar richtig gut.“

Gruesse
Elke

im Sinne von ungewöhnlich/bedenklich/merkwürdig

In alemannischem Dialekt (vorarlbg.) gibts „letz“ im Sinne von „verkehrtherum, gewendet“
(z.B. gewendeter Kleiderstoff)
oder Kinder, wenn sie linken und rechten Schuh verwechseln: „letze Schuh anziehen“

Mittelhochdeutsch Adjektiv: letze, lez : „verkehrt, unrichtig, unrecht“
neuhochdeutsch Adj. letz : „link, verkehrt“

http://oewb.retti.info/oewb-public/show.cgi?lexnr=z8…

vielleicht hat es damit zu tun (?)

Grüße, Michl

Vielleicht letzter aber nicht letz!
Hallo, Johannes

lasst mich, gewährt mir diese Bitte,
in diesem Bunde sein der Vierte.

Das ist ein Zitat aus einem dieser Bücher "Deutschland deine … in diesem Falle: Schwaben von Troll:

_ letz

Dieses in der Schriftsprache abgegangene, im Schwäbischen zumeist lätz ausgesprochene Wort geht auf mittelhochdeutsch letze zurück, das je nach Zusammenhang verkehrt, links, ungünstig oder auch falsch bedeuten kann.

Um einige Ecken herum ist es letztlich auch mit unserem schriftsprachlichen verletzen verwandt.

  • So kann man zum Beispiel
    morgens mit dem letzen ( = linken) Fuß aufstehen,
    den letzen (= falschen) Weg gehen,
    den Kittel letz ( = verkehrt herum) anziehen,
    gesundheitlich letz ( = schlecht) dran sein,
    bei Auseinandersetzungen an den Letzen ( = Falschen) kommen,
    als Vorgesetzter ein ganz Letzer ( = Unangenehmer) sein,
    bei unerfreulicher Nachricht »0 letz, 0 letz!« ausrufen.

Bis zum Bombenangriff auf Heilbronn im Dezember 1944 war der Ausdruck letz auch auf einer Gedenktafel zu lesen, die an jenem Bürgerhaus angebracht war, in dem Götz von Berlichingen während seiner Gefangenschaft von 1519 bis 1522 gewohnt hatte:

Unser großer Landsmann Götz
sprach, jetzt geht die Sache letz,
aber – eh ich soll verrecken,
könnt ihr mich am Arsche lecken.
Goethe hört dies große Wort,
gibt ihm einen Dichterhort,
und er schafft mit dieser Tat
Deutschlands häufigstes Zitat.

Der Verfasser dieses Poems war kein geringerer als der Pennäler Theodor Heuss. Und ich bin noch heute saumäßig stolz darauf, daß mir der Altbundespräsident dem Protokoll zum Trotz während eines Empfangs der Landesregierung anlässlich des 61, Deutschen Wandertags im August 1960 in Göppingen eben diese Verse aus dem Stegreif buchstäblich ins Ohr geflüstert hat,

Klarheit schafft in Wort und Tat
Letztlich nur das Götz-Zitat!_

Gruß Fritz

In CH: lätz = falsch
Hallo und eine Ergänzung aus dem Süden:

Bei uns bedeutet lätz meist einfach falsch.
Verbreitet ist auch die humoristisch überspitzte Wendung «verkehrt
statt lätz».

Grüsse
Rolf

Re: Der war gut :smile:

unweit der vorderösterreichischen Grenze im Bodenseegebiet

vermutlich meinst du die Grenze zwischen Vorarlberg und Hinterdeutschland? :wink:
http://www.oesterreich.com/deutsch/bilder/w3_vbg.gif

Grüße aus Hinterarlberg Hinterösterreich,
Michl

Re^2: Der war nicht gut :frowning:
Hi Michael,

er meinte eher das da:
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.v/v931899.htm
oder
http://de.wikipedia.org/wiki/Vorder%C3%B6sterreich

Gruß
Barney

Servus Michl,

ich meine Vorderösterreich in den Grenzen von 1806, z.B. hier ganz ordentlich abgebildet:

http://www.familie-dilger.de/ahnenforschung/karten/g…

(Anmerkung: Die Oberamtsstadt Altdorf heißt heute nach der dortigen Abtei Weingarten)

Die territorialen Verhältnisse des Raumes, in dem heute die schwäbisch-alemannische Sprachgrenze verläuft (es gibt in Achberg Alemannisch sprechende „Preussen“ - gleich Hohenzollern - und in Sigmaringen Schwäbisch sprechende), sind insofern für Dialekt-Dinge ganz interessant, als es in dem Gebiet stellenweise Unterschiede in der lokalen Sprache gibt, die von der vorherrschenden Konfession abhängen: Die weiland freien Reichsstädte sprechen anders als ihre Umgebung, und das Artefakt Friedrichshafen noch einmal ganz anders. Von den Wilhelmsdorfer Herrnhuthern ganz zu schweigen…

Aber das dürfte jetzt sogar dem treuen Fritz zu weit ins Vage gehen, also ins Körbchen.

Schöne Grüße, auch von Maria Theresia (in Saulgau steht sie auf dem Marktplatz)

MM

Nicht doch, lieber Martin,

Von den Wilhelmsdorfer Herrnhuthern ganz zu schweigen…
Aber das dürfte jetzt sogar dem treuen Fritz zu weit ins Vage
gehen, also ins Körbchen.

Mit den Nachfahren der Wilhermsdorfer Pietkong habe ich in den Sumpflöchern von Wilhelmsdorf gebadet und gepflantscht! Und anschließend gegrillt und getanzt!
Und nirgends gibt es eine hässlische, rundum durch Verkehrsschilder eingerahmte Kirche als die dort auf der Kreuzung der beiden Hauptstraßen stehende.

Aber Herrenhuter? Sind das nicht „Hahnsche“? Oder fehlt mir da ein Bindeglied? War der also auch ein Böhmischer Bruder?

Der Sohn des Gemeindepfarres und Neffe des Schulleiters von Korntal war mein Spezl in der zweiten Hälfte meiner Studienzeit und bei seiner Schwester habe ich während des Referendariats zur Untermiete gewohnt.
Also nix Vages! Sondern konkrete Erfahrungen!

Schöne Grüße, auch von Maria Theresia (in Saulgau steht sie
auf dem Marktplatz)

In Rottenburg (Radauburg) hatten wir die Gräfin Mechthild. Auch eine Österreicherin!
http://www.narrenzunft-rottenburg.de/old/allg.htm

Das ist alles meine Heimat!

Gruß Fritz

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Servus Fritz,

die Bindeglieder heißen wohl (a) Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, der Exulanten aus dem Kreis der Böhmischen Brüder in Herrnhuth ansiedelte und ein paar Missionsschritte später (b) Gottlieb Wilhelm Hoffmann, Pfarrer aus Korntal bei Calw, Gründer der Wilhelmsdorfer Brüdergemeinde.

Mir kommts tatsächlich so vor, als könne man eine Wilhelmsdorfer Sprechweise von derjenigen der Umgebung unterscheiden. Vielleicht liegts auch bloß daran, dass man vom ständigen Predigen, Beten und Singen einfach die Zähne besser voneinander kriegt (Kerle, machs Maul auf! Du schtähscht im Angesicht Deines Herren und Erlösers! Dir werd i Heulen und Zähneklappern scho etc. etc.).

In diesem Sinne

MM

Auch ich bin dein ergebentster Diener, lieber Martin!

(a) Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, der Exulanten aus dem Kreis der Böhmischen Brüder in Herrnhuth ansiedelte

Der Herr ist mir bekannt. Ich war und bin immer noch fasziniert von der Indianermission dieser Leute.

(b) Gottlieb Wilhelm Hoffmann, Pfarrer aus Korntal bei Calw,
Gründer der Wilhelmsdorfer Brüdergemeinde.

Das aber verwirrt. Mein Korntal liegt bei Stuttgart. A 8 Ausfahrt Korntal / Münsingen.

Reden wir von verschiedenen Sachen?

Mir kommts tatsächlich so vor, als könne man eine Wilhelmsdorfer Sprechweise von derjenigen der Umgebung unterscheiden. Vielleicht liegts auch bloß daran, dass man vom ständigen Predigen, Beten und Singen einfach die Zähne besser voneinander kriegt (Kerle, machs Maul auf! Du schtähscht im Angesicht Deines Herren und Erlösers! Dir werd i Heulen und Zähneklappern scho etc. etc.).

Auch da muss ich passen. Ich habe mit den Einheimischen dort wenig gesprochen und die, die ich kennen lernte, waren durcheaus"Insassen" und Angestellte der dortigen sozialen Einrichtungen. Ich lernte z. B. ein aus Hamburg stammendes Ehepaar kennen.

Wilhelmsdorf ist doch eine einzige soziale Einrichtung; angefangen von Kindern über die „Narra“ bis zu den „Alte“. Ebenso ist das gesamte Betreungspersonal aus ganz Deutschland zusammen gelaufen.

Wenn es also ein „typisches Wilhelmsdorferisches“ gibt, so ist es auf diese Mischung zurück zu führen.
Meine ich wenigstens. Scheint ein weites Feld zu sein! :wink:

Gruß Fritz

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Hallo und eine weitere Ergänzung, diesmal aus Tirol. „Mir isch lätz“ bedeutet hier „mir ist übel“.
Grüße,
Peter

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

vorsichtiger Zwischenruf
Hallo Fritz,

Schöne Grüße, auch von Maria Theresia (in Saulgau steht sie
auf dem Marktplatz)

In Rottenburg (Radauburg) hatten wir die Gräfin Mechthild.
Auch eine Österreicherin!

Deine Mechthild war aus Heidelberg! :wink:

http://www.zeitreise-bb.de/boebl/boebl/gesch/mechth…

http://www.frauenbeauftragte.boeblingen.de/archivinh…

Bei der Googelei habe ich ganz zufällig eine andere Gräfin gefunden, nach der ich früher schon einmal erfolglos gesucht hatte: Gertrud von Hohenberg, spätere Frau Rudolfs von Habsburg. Deren Mutter hieß auch Mechthild, das war aber schon im 13. Jahrhundert.

http://www.klosterkirchberg.de/Bhaus/kb036.htm

Gruß Gudrun

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Das aber verwirrt. Mein Korntal liegt bei Stuttgart. A 8
Ausfahrt Korntal / Münsingen.

Ääääh…nicht Münchingen?!

Grüßle
Regina

Ääääh…nicht Münchingen?!

Natürlich!

Münsingen liegt auf der Alb.

Man wird alt! :frowning:

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Ich muss gestehen, beste Gudrun, dass ich mich noch niemals nicht mit der Herkunft der Dame beschäftigt hatte.

In Rottenburg (Radauburg) hatten wir die Gräfin Mechthild.
Auch eine Österreicherin!

Sie wird dort als vorderösterreichische Landesmutter, die sie als - wenngleich vermutlich nur nominelle - Frau des Erzherzogs Albrecht ja wohl auch war, betrachtet und auch so genannt bei ihren postumen Auftritten in der Fasnachtszeit.

Nur in der Zeit heißt übrigens Rottenburg - gesprochen Raudaburg - Radauburg.

Wieder was gelernt von dir! Danke!

Fritz

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Danke ! o.w.T.