Landeanflug und Sonstiges

Hallo,

ab welcher Distanz zum Zielflughafen muß der Pilot persönlich in das Fluggeschehen eingreifen und warum?
Muß ab der persönlichen Übernahme - wenn der Autopilot abgeschaltet wurde - der erforderliche Kurs, sowie die Sinkgeschwindigkeit usw. dann manuell vom Piloten bestimmt werden, oder wird ein Teil immer noch durch die Bordsysteme unterstützend geregelt?
Ich hatte mir bisher gedacht, daß die Technik im Jahr 2011 es möglich macht, ein Flugzeug nach dem Start automatisch an den Zielflughafen zu bringen und der Pilot eine überwachende Funktion (außer Start) hat.
Danke für die Antwort!

Grüsse fuerte

Hey,

Ich hatte mir bisher gedacht, daß die Technik im Jahr 2011 es
möglich macht, ein Flugzeug nach dem Start automatisch an den
Zielflughafen zu bringen und der Pilot eine überwachende
Funktion (außer Start) hat.
Danke für die Antwort!

Es ist sogar technisch möglich ein Flugzeug voll automatisch fliegen, starten und landen zu lassen.

Grüsse fuerte

gruß zurück legolas

Hallo fuerte,

ab welcher Distanz zum Zielflughafen muß der Pilot persönlich
in das Fluggeschehen eingreifen und warum?

Der erste eingriff in das Fluggeschehen passiert auf modernen Verkehrsflugzeugen direkt nach dem Abheben: Das Fahrwerk wird eingefahren. Der nächste ist die Änderung der Klappenkonfiguration, die je nach Stellung beim Start beim Beschleunigen in der Luft eingefahren wird.
Sollte das alles noch für Dich zum Start zählen, ist der erste Eingriff ~2min nach dem Start die Einstellung der freigegebenen Flughöhe. Und so bleibt es auch den Rest des Fluges: Der Autopilot kann nicht alleine die Flughöhe ändern und muss jedesmal manuell dafür freigegeben werden.

Wenn es Dir lediglich darum geht, wann im Anflug der Autopilot abgeschaltet wird so ist das in der Regel in einer Distanz von 3-12 NM vor der Landebahn. In der Regel heißt, das es sowohl früher möglich ist, als auch später. Der späteste Zeitpunkt wäre nach einer automatischen Landung auf der Landebahn beim Ausrollen. Letzteres ist aber nicht überall möglich und wird auch da wo es möglich wäre nur parktiziert, wenn es wetterbedingt unumgänglich ist, da der Aufwand für Crew, Flugzeug und Flughafen sehr hoch ist und zu Verkehrsbehinderungen führt.

Inwiefern der fliegende Pilot das Flugzeug beim manuellen Fliegen in der Tat manuell fliegt und wo der Computer noch mitmischt, ist abhängig von den gewählten Einstellungen, vom Flugzeug und seinen Systemen und vor allem vom Hersteller:

Die Regelung der Triwerksleistung läuft z.B. mittlerweile bei allen (?) modernen Flugzeugen durch einen Computer (FADEC), der die geforderte Leistung durch gezielte Variation der Einspritzmenge entlang der Triebwerkskennlinie einstellt.

Bei den modernen „Fly-By-Wire“ Airbussen wird je nach „Control Law“ unterschieden: Normalerweise (=im Normal Law) werden die Sidestick-Eingaben für Bewegungen um die Querachse zum heben und senken der Nase (Pitch) als „g-Load“-Kommando gegeben, d.h. will ich den Auftrieb durch das Anheben der Nase erhöhen, wird meine G-Load steigen, da ich eine vertikale Beschleunigung erfahren werde.
Bewegungen um die Längsachse hingegen werden als „Roll-Rate“ kommandiert. In beiden Fällen prüfen Computer die Eingaben, berechnen anhand der aktuellen Flugzeugdaten (Geschwindigkeit, Flughöhe [=Luftdichte], Masse, etc.) einen Ausschlag der Steuerflächen und geben diesen Befehl elektronisch an die Aktuatoren. Darüberhinaus sichern noch Absicherungsmechanismen diese Eingaben ab, die im Bedarfsfall einschreiten und die Steuersignale modifizieren.

Zur Landung hin erfolgt beim Airbus A340 in ~100-200 Fuß Höhe eine transformation des „Normal Law“ im Pitch-Kanal hin zum „Direct-Law“, so dass das Höhenruder im Endeffekt bei der Landung fast direkt angesteuert wird - der Ausschlag am Sidestick entspricht also dem Auschlag der Steuerfläche. Der Roll-Kanal bleibt hingegen im Normal Law.

Abgesehen von der direkten Steuerng an sich gibt es auch noch weitere Helferlein, z.B. den „Flight Director“, ein Pilotenassistenzsystem, welches - wenn man ihm nachfliegt - das Flugzeug auf den/m gewünschten dreidimnensionalen Pfad führt.

Was im Endeffekt von den Systemen genutzt wird, ist situations- und airlineabhängig. Bei vielen Airlines gilt der alte Grundsatz: „Manual Flight, Manual Thrust“. Es ist aber auch möglich, manuell zu fliegen und trotzdem den Autothrust zu nutzen. Aufgrund von Ungänzen in der Regelung des Autothrustes ist dies aber meist nicht ratsam.
Der Flight Director wird in der Regel ebenfalls genutzt - auch gerade beim manuellen Fliegen - man kann aber auch ohne Anfliegen.

Gruß,

Nabla

Hallo Nabla,

danke für Deine Ausführung.
Bin ich richtig in der Annahme, daß die Sinkgeschwindigkeit - von der Reisegeschwindigkeit herab zum Landeanflug - automatisch von der Bordelektronik geregelt wird und der Pilot sich diesbez. nicht kümmern muss, außer vorher die Funktion zu aktivieren.

Grüsse fuerte

Hallo Fuerte,

meinst Du die Vertikalgeschwindigkeit oder die Fluggeschwindigkeit? In beiden Fällen ist eine automatische Regelung möglich, wird aber in der Praxis selten genutzt, da die Fluglotsen anders optimieren als es das Flugzeugbordsystem macht.
Beispiel Airbus: Höhenänderungen sind prinzipiell per „Managed Descent“ fliegbar. Das Flugzeug berechnet sich hierfür einen Sinkflugweg. Dieser beginnt an einem Punkt X und geht dann konstant mit den Triebwerken in Leerlauf bis zur nächsten Beschränkung. Beginnt man den Sinkflug vorher, kommt man unter das geplant Profil. Die Logik des Flugzeugs sagt: Unter dem Sinkflugprofil sinke ich nur mit 1000 Fuß/min bis ich auf dem Profil bin und dann mit Leerlauf entsprechend dem Profil.
In der Regel sind aber 1000’/min für den Lotsen und seine Anforderungen zu langsam, so dass dann manuell die gewünschte Vertikalgeschwindigkeit von z.B. 1500’/min oder mehr eingestellt werden muss. Gleiches gilt, wenn das System eine Flugroute unterstellt, die zwar den offiziellen Vorgaben entspricht, in der Praxis aber so nicht sondern nur abgekürzt geflogen wird.

Bei der Vorwärtsgeschwindigkeit ist es nicht anders: Damit der Lotse eine effektive Staffelung aufbauen kann, müssen die relativen Abstände zwischen den Flugzeugen gleich bleiben. Das klappt nur, wenn er die Fluggeschwindigkeiten weiß und nach Wunsch festlegen kann. Insofern ist auch hier ein Eingreifen (fast) immer notwendig.

Einen kompletten Anflug in „Managed Descent“ kann man nur sehr, sehr selten fliegen - und selbst dann wundert man sich teilweise, wenn der Rechner sich doch verschätzt hat…

Gruß,

Nabla

1 Like

Hallo Nabla,

das hört sich sehr interessant an. Danke für die Erklärung. Auch wenn das jetzt etwas OT ist, kann ich mir eine kurze Frage nicht verkneifen :wink:.
Wie schnell ist denn bei einem Airbus (bei welchem auch immer Du die Geschwindigkeiten kennst) die Anfluggeschwindigkeit im Final?
Du hattest was von etwa 1500’/min Sinkgeschwindigkeit geschrieben.
Ich bin leider noch nie Airbus oder ähnliches geflogen, da ich erst kurz vor Ende der Ausbildung bin, aber ich kenne das auf dem Final mit der Fausformel Groundspeed * 5 - also über den Daumen gepeilt.
Wenn ich jetzt also von einem 3° - Anflug ausgehe würde ich dann 1500’/min durch 5 teilen komme ich auf 300kt.
Oder meintest Du gar keinen Approach sondern einen Descent im Cruise?
Ist halt sehr interessant für mich zu wissen, da ich im Final immer auf max 700’/min Sinkgeschwindigkeit komme um nicht unter den Slope zu geraten :wink:
Gruß, Nibbler

Hallo Nibbler,

Du hast natürlich recht. Im Endanflug auf einem typischen 3° slope sind es effektiv ~700-800 Fuß/Minute bei Anfluggeschwindigkeiten zwischen typischerweise 140 und 150 Knoten.
Die 1500’/min bezogen sich auf den Sinkflug aus der Reiseflughöhe.

Gruß,

Nabla

Ah ok, vielen Dank für die Info. Ist immer schön, mal was von jemandem zu hören, der den ganzen Kram mit dem Lernen schon hinter sich hat und ein „richtiges“ Flugzeug fliegt :wink:
Gruß, Nibbler