Laubhüttenfest

Hallo,

in einem spanischsprachigen Text stieß ich darauf, dass Juden beim Laubhüttenfest 40 „cabañuelas“ als Erinnerung an die 40 im Sinai verbrachten Jahre aufhängen.

Aber kein Wörterbuch, nicht mal das der offiziellen Akademie der Spanischen Sprache kennt das Wort cabañuela. Was also hängt man da auf?

Gruß
Carsten

haLulaw - der Feststrauß
http://www.hagalil.com/judentum/feiertage/sukoth.htm

Ja, danke,

aber in der Beschreibung zum Bau der Hütte steht

„Dekoriere das Innere der Sukka mit Fruchtgehängen, Rosch ha-Schana-Grußkarten, Postern, Papiergirlanden und ähnlichem.“

Aber nichts von 40 Stück. Vielleicht ist oder war das nur inSpanien üblich? Ich fand das nämlich in einem Bericht über die Juden 1450 in Toledo.

Grüße
Carsten

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Hallo Carsten,

das Brauchtum zu den einzelnen Festen ist regional sehr verschieden.
Es ist überall Brauch, daß die Laubhütte (Sukka) geschmückt wird.
Bei uns werden aus Papier - oft das was in christlichen Kreisen für Weihnachtsbaumschmuck als „Goldpapier“ verwendet wird - Früchte ausgeschnitten und damit dekoriert.

In der Türkei habe ich Plastikfrüchte in allen Grüßen gesehen.
Es können aber auch „echte“ Früchte sein. Das hat damit zu tun, daß Sukkot von seinen Ursprüngen her ein landwirtschaftliches Fest war und von daher die Dankbarkeit für eine gute Ernte eine Rolle spielte.

Die historische Deutung auf das 40-jährige Unterwegssein in der Wüste ist erst eine spätere „Schicht“, aber unsere heutige Wahrnehmung des Festes ist stärker von dem Unterwegssein in der Wüste geprägt.

in einem spanischsprachigen Text stieß ich darauf, dass Juden
beim Laubhüttenfest 40 „cabañuelas“ als Erinnerung an die 40
im Sinai verbrachten Jahre aufhängen.

Was cabanuelas sind, weiß ich nicht. Es könnte eine eßbare regionale Frucht sein. Vielleicht ist es aber auch eine regionale Basteltechnik mit der Früchte gefertigt werden, die dann in der Laubhütte aufgehängt werden. So wie bei uns Papierarbeiten sehr populär sind (Scherenschnitt, Faltarbeiten), so gab es möglicherweise in Spanien eine „Cabanuela“-Technik.

Ich habe einen spanischen Juden angemailt und hoffe, er kann das aufklären. Dass ein bestimmtes „Festzubehör“ mit einer Zahl, die mit dem Fest zusammenhängt, gekoppelt wird (40) ist nicht ungewöhnlich.

Der Feststrauß, der im Posting weiter unten erwähnt wird, ist es mit absoluter Sicherheit nicht. Der besteht nämlich aus vier Bestandteilen (eine Zitrusfrucht „Etrog“ sowie drei Pflanzen, die zusammengebunden werden), die im Morgeng-ttesdienst geschwennkt werden.

Man würde sie nie für den Schmuck der Laubhütte nehmen, denn sie dürfen nicht beschädigt werden. Die geringste Beschädigung würde sie liturgisch untauglich machen. Deshalb werden sie auch in besonderen Gefäßen geschützt.

Aber kein Wörterbuch, nicht mal das der offiziellen Akademie
der Spanischen Sprache kennt das Wort cabañuela. Was also
hängt man da auf?

Es wird was spezifisch Jüdisches sein, vielleicht auch ein Wort mit einem anderen (hebräischen) Ursprung, das dann „hispanisiert“ wurde.
Ich melde mich, wenn ich mehr weiß.

Viele Grüße

Iris

haLulaw - der Feststrauß

der ist es mit absoluter Sicherheit nicht - siehe oben.

Hi Iris, Hi Carsten

Ich habe noch das hier gefunden, vielleicht hilft euch das ja weiter:

http://www.weathernotebook.org/transcripts/2003/12/1…
Nur zur Sicherheit, ist das selbe wie mit Enja geschrieben http://enc.tfode.com/Caba%C3%B1uelas

http://www.archive.org/stream/neumanbarettisdi01neum…

Außerdem diese Beschreibung:
"Otros datos muy precisos aportan los siguientes textos: «Fasia
cabanuelas y metiase en ellas por el tiempo que los judios lo hasen, y
27. Gitlitz, 2003 § El tzitzit, pág. 451.
28. Gitlitz, 2003: 451.
29. Gitlitz, 2003 doc. 19, a. 1486, pág. 26, lín. 7. Mª del Carmen Martínez
Meléndez, 1989, incluye çeçir en el apartado de tejidos no identificados (págs. 546-547).
Según la autora, el nombre de çeçir bien «Pudo ser una seda procedente de Sicilia pero
esto es una mera hipótesis ya que no se posee ningún dato que lo atestigüe». El çeçit,
según se ha dicho anteriormente, era una vestimenta de lienzo que los judíos se colocaban
en la cabeza al tiempo de la oración.
30. Carrete Parrondo, FIRC, III, 1986, doc. 58, a. 1486, pág. 39, lín. 6.
31. Carrete Parrondo, FIRC, II, 1985, doc. 277, a. 1501, pág. 122, lín. 11.
32. Nehama, 1977, s.v. tefilín.
33. Gitlitz, 2003: 452.
EL LÉXICO DE LOS JUDEOCONVERSOS
MEAH, sección Hebreo 55 (2006), 119-140
125
comia y beuia con ellos; e eso [sic] mismo ayunava el Dia Mayor,
çenando a la noche carne, como lo hasen los judios mucho judaizados.
Ataviavase con los tafelines [sic], atando los dedos con ellos, sacando de
alli vna nomina y leyala hasia la pared, haziendo sus autos [sic] e gestos
como judio»34; «Llevarán el tafelí Rabí Santó y Moysé Fusillo y su fijo
Dabid, y a ratos baya Clara (sic) Samuel, ca mis parientes son»35; «e vio
que tenía en su cámara vnos tafelines colgados, e que los tomó vn
hermano deste testigo e los llevó»36; «E asimismo tenía los tefelinas e los
pedía para se los poner e traher consigo»37
"
Von hier:
http://213.98.29.135/ojs-2.2.3/index.php/meah/articl…
Mein Spanisch ist aber mittlerweile etwas rostig.

Und hier:
HICANO HOLIDAYS AND HOLIDAY FOODS:

Among Valley Chicanos, holidays, and the foods associated with them, remain very traditional and linked to the Catholic religion. As the year begins it is celebrated with the traditional bunuelos (fried flour tortilla sprinkled with sugar and cinnamon) and chocolate. The coming of the new year is an important aspect of Chicano folklore. Most will stay up and see where the New year „enters“. The wind is the indicator of the entry of the New Year and is the prognosticator for the weather during January. This folkbelief, called Las Cabanuelas, is carried over to the first twelve days of January and predict the weather for the twelve coming months. Cabanuelas comes from the word cabana - a shelter or small house - and the twelve days „house“ the prognostication. La fiesta de las cabanuelas is of Jewish origin and attests to a diversified cultural heritage. Arab and Jewish cultures were a part of the Spanish heritage inherited by Mexican-Americans of the area. siehe http://www.utpa.edu/dept/lrgvarchive/foods.html

Hier:
http://books.google.de/books?id=IMUZNel0s8kC&pg=PA18…
wird das Wort als „Tabernakel“ übersetzt.

lg
Kate

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Hallo Iris,

ganz herzlichen Dank für die ausführliche Antwort und den noch darüber hinausgehenden Versuch, eine Info aus Spanien zu bekommen.

Ich bin gespannt, denn eine Frucht, wie von Dir vermutet, ist es sicher nicht. In einem Forum von Freunden der Insel Teneriffa, stellte jemand untr den Namen „Cabañuelas“ einen kanarischen Bauernkalender vor, etwas, das dem sogenannten Hundertjährigen Kalender in Deutschland ähnlich zu sein scheint. Ich bohrte nach dem Wort Cabañuela nach, weil es sich wie eine Verkleinerungsform von cabaña, Hütte, also „Hüttchen“ anhört. Da das aber nichts mit Wetter zu tun hat und keiner das Wort kannte, guckte ich in spanischen Wikipedia nach und fand:

http://es.wikipedia.org/wiki/Caba%C3%B1uelas

Die Aussage am Anfang „Die Cabañuelas … in Amerika und Südspanien … sind eine Gesamtheit traditioneller Methoden, die vorgeben, das Wetter auf lange Sicht voraussagen zu können.“ bestätigt, dass so etwas wie der Hundertjährige Kalender oder die Bauernregeln gemeint sind.

Aber im weiteren Text heißt es, dass es auf das Laubhüttenfest der Juden zurückgeht. „In einem Dokument von 1450 aus Toledo wird erwähnt, dass die Juden 40 cabañuelos zur Erinnerung an die 40 in der Wüste Sinai verbrachten Jahre aufhängen.“

Grüße
Carsten

Hallo Kate,

nachdem ich meine o. a. Antwort an Iris abgeschickt habe, sehe ich Deine Stellungnahme. Dank auch Dir dafür.

Dass die Cabañuelas was mit den jüdischen Laubhütten zu tun haben, bestätigt sich auch in Deinen Quellen. Das Laubhüttenfest heißt auf Spanisch u. a. „Fiesta de las Cabañas“, Hüttenfest. Aber man wird sich doch nicht in der Hütte 40 „Hüttchen“ aufhängen. :smile: Und wie kommt es von daher zum Wetterbericht, auf den sich Deine Quellen ja anfangs beziehen? Aber das ist wohl eine Frage fürs Fremdsprachenbrett. Aber ich warte erstmal, ob der jüdische Spanier, den Iris angeschrieben hat, was dazu sagt.

Grüße
Carsten

Hallo,
ich kenne den jüdischen Glauben nicht.
Aber nach einigem Googlen verstehe ich es so:
Erst mal ist das Wort colgar verwirrend. Auf anderen Seiten ist es besser dar gestellt. Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, dann sind die cabanuelas die Laubhütten: sie stellen ja im eigentlichen Sinn Tabernakel dar, wenn ich richtig verstanden habe.

Hier ein Beispiel:
http://museosefardi.mcu.es/Actividades_Historico.html
und im Glossar:
http://museosefardi.mcu.es/Glosario.html#suk.e1
(Suká
Cabañuela que se tiene que construir para la fiesta de Sukot o de las Cabañuelas. Debe constar de tres paredes y un tejado que deje ver el cielo, y estar decorada con ramas, frutos y flores. Es preceptivo residir o sentarse a comer en la cabañuela durante una semana. )

Der Satz, von dem du schreibst, ist wahrscheinlich der, dass es Überlieferungen aus Toledo aus der zeit 1450 gibt, nach denen die Juden „…colgar 40 cabanuelas …“ in Erinnerung an die 40 Jahre Wanderschaft…
Hier ist das colgar missverständlich. ich habe es nämlich auf anderen Seiten als colocar (aufstellen) gefunden:
http://www.cartagenaantigua.es/Monograficos/Las_Caba…
" La cultura judía también se valía de este arte en la Fiesta de los Tabernáculos, donde la cantidad de lluvia para el año venidero está decidida por los cielos; hay referencias del año 1450 sobre esta fiesta en la ciudad de Toledo, donde los judíos colocaban en el arrabal cuarenta “cabañuelas” –simulando cada una un tabernáculo-, una por cada año que estuvieron los israelitas vagando por el desierto tras Moisés, en busca de la Tierra Prometida. Los Indúes también tenían una tradición similar…"
Die Vorherbestimmungen des Wetters werden auch cabanuelas genannt, was von dieser Überlieferung herrührt (ich dachte erst, es sei andersrum…).
Jedenfalls findet man einige Seiten, auf denen das Laubhüttenfest nicht nur Fiesta de Tabernáculos, sondern halt auch Fiesta de Cabanuelas genannt wird.

Hoffe, das war jetzt nicht zu verwirrend… sondern auch ein wenig hilfreich.
Jedenfalls ist es so, dass nicht heute 40 xyz aufgehängt werden, sondern halt 1450 40 Hütten im Viertel der juden aufgestellt wurden.
(so wie ich es verstehe…=)
Gruß
ShannonS

Hallo Shannon,

ich glaube, Du hast Recht. Wenn man colgar, das ja eigentlich hängen, aufhängen u. ä. bedeutet, durch das ähnlich lautende colocar, aufstellen, ersetzt, macht auch das Wort barrio in dem Satz Sinn, das mir dort ein wenig unpassend schien: Sie haben 40 Hütten in ihrem Stadtviertel aufgestellt.

Wobei die Frage offen bleibt, wie man von den Hütten zum Wetterbericht kommt. :smile:

Grüße
Carsten

Hallo Shannon,
zu den sprachlichen Gegebenheiten kann ich mangels Spanischkenntnisse nichts sagen.

Jedenfalls ist es so, dass nicht heute 40 xyz aufgehängt
werden, sondern halt 1450 40 Hütten im Viertel der juden
aufgestellt wurden.
(so wie ich es verstehe…=)

Die Laubhütten haben die Funktion, daß man zumindest die Mahlzeiten in ihnen einnimmt, jedoch so weitgehend wie möglich (abhängig von Wetter- und klimatischen Verhältnissen) in ihnen lebt, so quasi als Ersatzwohnung. Da Toledo ein jüdisches Zentrum war und folglich eine große jüdische Gemeinschaft hatte, ist für mich schwer vorstellbar, daß vierzig Laubhütten ausreichend gewesen sein sollen, selbst wenn die Leute dort „umschichtig“ ihre Mahlzeiten eingenommen haben.

Viele Grüße

Iris

Hallo,
wie schon erwähnt: ich kenne das Laubhüttenfest nicht; nur das, was ich gelesen habe. Und ich habe auch gelesen, dass es heute Brauch ist, dass jeder, der kann, eine Laubhütte baut (bitte entschuldigt, wenn ich es falsch ausdrücke…)

In dem Text heißt es:

hay referencias del año 1450 sobre esta fiesta en la ciudad de Toledo, donde los judíos colocaban en el arrabal cuarenta “cabañuelas” –simulando cada una un tabernáculo-, una por cada año que estuvieron los israelitas vagando por el desierto tras Moisés, en busca de la Tierra Prometida:

Das bedeutet: die 40 Cabanuelas stehen jeweils für 1 Tabernakel; je 1 für jedes Jahr, in dem die Juden durch die Wüste zogen.
Also nicht bezogen darauf, wieviele Menschen eine brauchten, sondern bezogen darauf, dass die Zahl unabhängig von der Zahl der Juden, fest gesetzt war.

Es kann ja sein, dass sich das von 1450 bis heute auch dort geändert hat.

Gruß
ShannonS

Hallo,
ich habe leider meine Spanisch-Wörterbücher zu weit weg gepackt irgendwie *g*

Wenn ich das mit dem Wetterbericht richtig verstehe, war es zumindest früher so, dass während „La Fiesta de Tabernáculos“ oder halt auch „La Fiesta de Cabanuelas“ Wettervorhersagen für das kommende Jahr getroffen wurden (die Menge an Regen, die in den kommenden 12 Monaten erwartet wird).
Siehe Wikipedia:

… Como en esta festividad judía se realizan ritos referentes a la predicción meteorológica, el término de cabañuelas adoptó en castellano ese significado.:

Also hat sich im Spanischen das Wort aus dieser alten Sitte abgeleitet…

Gruß nochmal,
Shannon

Hallo Carsten,

in einem spanischsprachigen Text stieß ich darauf, dass Juden
beim Laubhüttenfest 40 „cabañuelas“ als Erinnerung an die 40
im Sinai verbrachten Jahre aufhängen.

Cabaña heißt ja Hütte. Frag doch mal im Fremdsprachenforum, ob cabañuelas vielleicht eine Verkleinerungsform ist. Jedenfalls irgendeine Abwandlung von cabaña ist es offenbar.

Wer weiß, vielleicht haben die so kleine Hütten gebaut und aufgehängt? Kann ja ein lokaler Brauch gewesen sein.

Aber kein Wörterbuch, nicht mal das der offiziellen Akademie
der Spanischen Sprache kennt das Wort cabañuela.

Muttersprachler fragen, oder auch bei http://dict.leo.org
(Ich bin jetzt auch neugierig auf die Antwort.)

Schöne Grüße

Petra

Hallo Petra,

die Verkleinerungsform von cabaña wäre eigentlich cabañita. Da das Wort in dem von mir angezeigten Text aber auf eine jüdische Tradition zurückgeführt wird, hat mich das interessiert. Inzwischen hat sich aber ja schon weitgehend herausgeschält, dass es wohl ebenfalls eine, wenn auch ungewöhnliche, Verkleinerungsform cabaña ist.

Ich sehe aber gerade, hätte ich vorher prüfen sollen, dass Google auf „cabañuela“ rund 62.000 Hits meldet, meist als Name von Campingplätzen. Trotzdem bin ich jetzt gespannt auf die Antwort der Person, die Iris angeschriebenh at, denn sie ist ja Jude und spanischer Muttersprachler zugleich.

Grüße
Carsten

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Hallo carsten,
sry, wenn ich den Thread noch mal vor hole… aber nachdem ich mich ja vorher noch nie so richtig mit diesem Thema befasst hatte, würde ich jetzt gerne wissen, wie es weiter gegangen ist…

Hast du schon Antwort bekommen und würdest du sie hier auch einstellen?

Gruß schon mal
ShannonS

Hallo Shannon,

nein, der spanische Jude scheint sich nicht gemeldet zu haben, sonst würde Iris das wohl hier offen einstellen.

Jetzt gibt es also mindestens zwei, die warten. :smile:

Grüße
Carsten