Le Pen und ihre Anhängerschaft

Hallo,

Marine Le Pen lässt sich in Nizza feiern, wo ihre rechten, meist männlichen und jungen Anhänger zahlreich sind.

Wie deckt sich das denn mit den Ergebnissen, die die Zeit am 24.04. hatte?

(A) Die Anhänger sind „meist männlich“ geht noch durch, da Le Pen bei den Frauen nur 20% und den Männern 24% holte.
(B) Aber ihre Anhänger scheinen mir überhaupt nicht „meist jung“ zu sein, sondern mittelalt, gestanden oder auch der Jugend entwachsen. Immerhin konnte sie in den Altersklassen 35 bis 59 viel mehr erreichen als in den anderen.

Gruß
vdmaster

Vielleicht eine Frage des Standpunktes. Das Durchschnittsalter der SPD-Mitgliedschaft liegt bei ca. 60 Jahren. Da zählt dann auch die Gruppe bis 59 zu den Jungen. :grinning:

Was der Satz im Artikel genau meint (Wähler insgesamt, Wähler in Südfrankreich, Wähler in Nizza, Anwesende im Saal), wird nicht klar.

Die Graphik zeigt: irgendwie stimmt die Aussage, irgendwie nicht.
Die grobe Tendenz: jünger = Le Pen, älter = Macron stimmt aber sicher und wird sich vermutlich in der Stichwahl noch deutlicher zeigen, wenn die vielen jüngeren Mélenchon- und die vielen älteren Fillon-Wähler einfließen.

Gruß
F.

da auch,
dazu Waehler in Nord(ost)frankreich
https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSBAPxGUg80W2ejHzy46dqaZAeJqQo1Uf1lIQZNdkeD5B1YHR5z

Hi,

was ich mal für diese beiden Gruppen vorsichtig bezweifle. Denn ältere Fillon-Wähler werden wohl mehr zu Le Pen tendien und jüngere Melenchon-Wähler zu Macron. Das ist nur eine Mutmaßung, die ich aber mit Hintergedanken hege.

Ältere Wähler, die sich nicht mehr im Erwerbsleben befinden, wollen eher keine grundsätzlichen Änderungen mehr. Die Dinge „sollen so bleiben wie sie sind“. Fillon führte ja ebenfalls einen Wahlkampf, der Probleme mit Muslimen deutlich ansprach. Dies tut Le Pen noch stärker, man kann auch „fixierter“ sagen. Somit würde einem Migrationskritiker mit spezieller Ablehnung muslimischer Immigration Le Pen eher zusagen, auch wenn sie EU-„feindlich“ ist. Macron hat ja angedeutet, dass er durchaus radikalen Wandel will, auch wenn er EU/Euro konservieren möchte.

Melenchon-Wähler wollten auch radikalen Wandel, waren ebenfalls EU-/Euro-„feindlich“, aber die Migration spielte kaum eine Rolle.

Ich vermute fast, dass Melenchon 2/3 an Macron und den Rest an Le Pen weiterreicht.
Bei Fillon ist das Verhältnis wahrscheinlich umgedreht.

Berücksichtigt man nun noch die Altersverteilung beider Wählergruppen in der Vorwahl, so könnte sich der Effekt aus der Vorwahl geradezu umdrehen und sich die Altersgruppen aus Sicht des Kandidaten abflachen, also in Richtung Durschnittswert ihres Gesamtergebnisses bewegen. Mehr Alte für Le Pen, mehr Junge für Macron, die jeweils neu hinzukommen.

Hamon-Wähler kann man aus der Betrachtung herauslassen. Die haben sich schon aufgrund tiefsteer Depression die Kante gegeben und sind jetzt pol. komatös. :confused:

Dein Merkur-Link gibt die gleiche Quelle wie die ZEIT an. Die Zahlen sind identisch.

Gruß
vdmaster

In der Summe haben die Jungen radikal gewählt, weil sie die Schnauze ganz gewaltig voll haben. Denn die Arbeitslosigkeit ist wg. des unflexiblen Arbeitsmarktes in Frankreich gerade bei Jüngeren extrem hoch. Man spricht ja auch schon vom „Kriegszustand“ zwischen Jungen und Alten, weil die Alten ihre Vorrechte (Kündigungsschutz etc. pp.) auf keinen Fall aufweichen lassen wollen, was aber den Markt stahlhart fixiert und den Jungen das Nachrücken ungemein erschwert.

Gruß
vdmaster

Wenns nur das wäre, dann hätten die Jungen aber doch freudigen Herzens für Macron stimmen soll, der glaubhaft entsprechende Reformen verspricht und für eine Annäherung an Boschland (d.h. ans Herz des europäischen Neoliberalismus) steht.
Stattdessen die Wundertüte Le Pen.
M.E. „Schnauze voll“ bei den Jüngeren, ja, aber viel diffuser und umfassender.

Gruß
F.

…en.

Ja, warum hast Du sie denn nicht angerufen und ihnen das gesagt? :confused:

Sie haben sich eben für den Radikaleren entschieden und dem linksmittigen-aberdochsonbisschenmarktliberalen nicht recht über den Weg trauen wollen. Melenchon hat nach Schätzungen ca. 6% der Le Pen-Wähler abgeworben.

Die Arbeitsmarktsituation ist es natürlich nicht allein. Da kommen noch Migration, NATO, EU, Bankenkrise (Macron als Ex-Banker) und zahlreiche andere Faktoren obendrauf. Einmal kräftig durchschütteln und berücksichtigen, dass man in jungen Jahren auch noch nicht den wirklichen Durchblick hat …

Das Allerwichtigste ist natürlich, dass das Vertrauen in die Etablierten bei der jüngeren Klientel fast vollkommen ausgelöscht wurde, was fast alles mit einem Impuls gegen das Establishment verführerisch per se ist.

Gruß
vdmaster

Ich sehe das exakt anders herum, was sich nicht nur in den Wahlempfehlungen Fillons und Mélenchons widerspiegelt.

Fillon sagte: „Das Programm des FN stürzt Frankreich in den Bankrott und Europa ins Chaos. Ich werde Emmanuel Macron wählen.“
So sehen das wohl die meisten Fillon-Wähler: Le Pen wird Frankreich ruinieren oder zumindest in den Grundfesten erschüttern. Wie du selbst sagst, wollen gerade die Alten das nicht.
(die, denen das „Islam“-Thema so ganz besonders unter den Nägeln brennt, haben größtenteils bereits Le Pen gewählt und machen das nicht erst im zweiten Wahlgang)

Ein typischer Mélenchon-Wähler sagt sich vielleicht: Frankreich ist bereits scheiße und Europa ist ein Chaos. Wir brauchen etwas ganz anders und nicht noch mehr vom Schlechten, wie es Macron predigt.
Viele davon werden gar nicht wählen gehen.
Einige werde Macron bevorzugen, wegen der „liberalen Werte“.
Andere werden auf Le Pen reinfallen, die gerade die Mélenchon-Wähler umgarnen und Macron als Schröderschen Genosse der Bosse darstellen wird - was ein Kinderspiel für sie sein wird.

Ich hab hier schon vor lange Zeit mal einen ‚Le Fillon et la fille‘-Thread gestartet gehabt: die ganze Wahl der Franzosen war und ist Pest gegen Cholera. Jeder einzelne davon ein Kandidat zum Davonlaufen.

Gruß
F.

Na ja, zwei Köpfe und drei Meinungen. :smirk:

Wir lassen uns mal überraschen, wer wie wählte. Der Ausgang der Wahl ist ja so gut wie sicher mit minimalem Risikorest.

Also nur Fotos von Macron zusammen mit Erdogans Ziege oder ähnlich krasser Scheiss könnten die Wahl noch massiv beeinflussen.

Ich las soeben, dass Le Pen lt. Umfrage 38% zugestanden werden. Und das ist schon ein massiver Zugewinn verglichen mit dem Ergebnis, dass ihr Vater 2002 einfuhr. Der kam auf knappe 18%. Wenn sie auch dem FN eine Sandstrahlung und Verjüngungskur verpasste, so blieb doch der Kern des Programms zu allergrösstem Teil erhalten. Berücksichtigt man noch Abzüge in der B-Wertung für den Alten, weil er immer wieder Ausraster hatte (antisemitische Sprüche), so bleibt unterm Strich doch, dass die Entwicklung von anderthalb Jahrzehnten die Ansichten der Wahlbürger sehr verändert hat.

Ich für meinen Teil bin der Ansicht, dass Macron einen grossen strategischen Fehler beginge, wenn er das nicht in seiner Politik berücksichtigt. Kein Fehler, der ihm in seiner Amtszeit auf die Füße fällt. Aber einer, der in ein oder auch zwei Amtszeiten dann die Marine ins Amt tragen könnte. Übersetzt: Er muss am Staatsbürgerrecht etwas ändern und die Migration besser regulieren (auch gegenüber der EU). Sonst kommt es später schlimmer.

Gruß
vdmaster

Mmhm.
Ich gehe auch vom Sieg Macrons aus, aber ich hab das Gefühl, Le Pen wirds schon noch spannend machen.

Und wohlgemerkt bin ich der erste hier im Forum gewesen, der den Sieg vom Drumpf prophezeit hat :wink:

Du Linksradikaler, du! :cold_sweat:

Didier Eribon ("demain, je voterai pour @JLMelenchon ") spricht folgendes: „Bref : d’un point de vue dynamique, voter Macron… c’est voter Le Pen

Puuh!
Noch mal Glück gehabt.
Aus linker Sicht müsste er natürlich an der Ökonomie (auch gegenüber der EU) etwas ändern. Sonst kommt es später schlimmer.

Gruß
F.

Auf jeden Fall kämpft sie. Die Nr. mit dem unangemeldeten Besuch in Macrons Heimatstadt war schon ein richtig geiler Tiefschlag. Ehrlich, das hat mir als PR-Coup richtig gut gefallen. War clever ausgedacht.

Ich denke fast, dass Deine Erwartung mehr von Besorgnis geprägt ist und weniger von Analyse. Okay, vielleicht kann sie doch leicht zulegen. Die Franzosen werden ja wohl nicht zu Abermillionen so dämlich sein und nicht zur Wahl gehen, weil sie den Sieg Macrons für eingetütet halten.

Steile These. Vielleicht liegt es aber auch nur am zunehmenden Alter und der verschwimmenden Erinnerung …
Ich könnt ein Lied davon singen … hab es aber vergessen. :grin:

Eribon

Ja, der jammert 68 hinterher. Der will nochmal jung sein.

Nix da. Falls Macron Le Pen in der Zukunft verändern will, dann muss er „die Migrationsfrage“ angehen.

Träum weiter. Die EURO-Bonds würden in D das Fass überlaufen lassen. Am Ende wird wieder gejammert, weil die Rechten hierzulande Zulauf erhielten. Jetzt aber Schluss mit diesen Tabuworten (EURO-Bonds) … das ist ja unerträgliches Gesch(n)ulze.

Gruß
vdmaster