Brahman, Atman, Maya
Hi Henry.
Soweit klar, allerdings ist die Einteilung leblos(nicht
Lebendigkeit)=materiell Problematisch so wie ich Schopenhauer
verstanden habe geht es bei der Lebensverneinung um eine
vorsätzliches Brechen des Willens (zum Leben), die Basis ist
allerdings der Wille und nicht das Leben, das ohne Wille gar
nicht möglich ist. Der Wille ist nach seiner Auffassung auch
in der Materie tätig nur in seiner folge der Stufen der
Objektivation steigert er sich zum Willen zum Leben mit
Bewußtsein…
Meine Darstellung zielte auf die grundsätzliche Semantik des Lebensbegriffs (Opposition zu Tod) und auf die daraus folgende Schwierigkeit, diesen Begriff mit den Idealen des Jainismus und Buddhismus zu verbinden, die, soweit ich sehe, mit den dem „Leben“ zugeschriebenen Merkmalen nicht vereinbar sind (Entstandenheit, Vergänglichkeit). Daraus folgere ich, dass diese Systeme „lebensverneinend“ sind, auch wenn das unschön klingt. Es geht ihnen um etwas „Höheres“, das mit dem Lebensbegriff aber nicht fassbar ist, weil dieser das Erfasste entstellen würde.
Zu Schopenhauer:
Natürlich ist der „Weltwille“ auch im Materiellen wirksam. Ich bezog mich in meiner Darstellung aber auf die gängige Semantik von „Leben“, die das Leben als eine Funktion auffasst, die dem Materiellen nicht von vornherein inhärent ist. „Leben“ gilt naturwissenschaftlich als zufällig entstanden. Schopenhauer wurde vom indischen Vedanta beeinflusst, für welchen Brahman die Urquelle alles Seienden ist, gleich ob mental oder materiell. Brahman ist darüber hinaus in allem Seienden enthalten, er ist also die Basis ihres Seins, z.B. bildet er als Atman den Kern der menschlichen Geistes. Da Brahman das Unentstandene ist, hast du mit deiner Aussage
das Unentstandene ist die Basis allen Lebens…
in Bezug auf Schopenhauer und den Vedanta natürlich Recht. Die Fragestellung ist aber, welchen Stellenwert das Entstandene im Verhältnis zum Unentstandenen hat. Hier sagt der Vedanta eindeutig, dass die Welt des Entstandenen (also auch des biologisch-psychologischen Lebens) Maya ist, also ein Trugbild. Das bedeutet, dass das „Leben“, gleich ob man ihm objektive Existenz zuschreibt oder den Charakter des Illusionären, ein Negativum ist, dass es zugunsten des Brahman zu überwinden gilt, d.h. wer realisiert, dass Atman, der Bewusstseinskern, mit Brahman identisch ist, hat Moksha oder Jnana gefunden und lebt in der Wahrheit. Das hat Schopenhauer, übertragen in seine Terminologie, genauso gesehen.
In „Welt und Wille“ I § 60 schreibt er:
… dass aus einem vom Dienste des Willens unabhängigen und auf das Wesen der Welt überhaupt gerichteten Erkennen, entweder die ästhetische Aufforderung zur Beschaulichkeit, oder die ethische zur Entsagung hervorgeht
Kunst und/oder Askese vermögen den Willen einzudämmen und den Geist zur Erkenntnis des wahren Seins zu befreien. Nun, das mit der Kunst ist ein Irrtum, sie kann den Geist zwar auf höhere Ebenen führen, aber längst nicht zur Befreiung, da sie selbst eine Fessel ist.
Das dialektische Dilemma besteht darin, dass Brahman zugleich der Quell der Wahrheit und der Quell der Illusion (des Schopenhauerschen Willens) ist. Da der Mensch aber, laut Vedanta, Brahman in sich trägt, ja in seinem Kern Brahman ist, hat er das Vermögen der Kontrolle über den „Willen“. Er ist ihm nicht hilflos ausgeliefert.
Chan