Lebenskunst, Epikur und Epiktet

Hallo,

ich bin ein Student der Philosophie und auf der Suche nach Interessierten zum dem allgemeinen als auch den speziellen Themen Lebenskunst, Epikur und Epiktet.
Ich möchte dazu einladen bei Interesse mit mir Informationen auszutauschen und evtl. einzelne Aspekte zu diskutieren.

Vielen Dank im Voraus…

Richard

[email protected]

Hallo,

einzelne Aspekte diskutieren

was denn genau?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

hi thomas,

vielleicht kann man ja mit ner wortklauberei :wink: über den begriff Lebenskunst anfangen.

dann hätten wir schon mal nen „einzelnen“ aspekt :wink:)

Meine Einstellung zu Lebenskunst:
Tu es oder laß es, aber sei mit Deiner Entscheidung zufrieden.

winkel

Hallo,

ja, sehr schön, das könnte eine angeregte Diskussion werden. :smile:

Meine Einstellung zu Lebenskunst:
Tu es oder laß es, aber sei mit Deiner Entscheidung zufrieden.

Auf den ersten Blick klingt das ganz einleuchtend, zumal ja gerade der Aspekt der Handlungskonsistenz betont wird, die mindestens seit Sokrates ja schon eine bedeutende Rolle im philosophischen Denken spielt.

Gleichwohl bin ich von der Möglichkeit, ehrlicherweise dies zu behaupten, nicht überzeugt, ja noch nicht einmal klugerweise kann man diese Einstellung einnehmen, meine ich. Und die Begründung scheint mir weitgehend evident zu sein, denn:
Woher kann ich wissen, dass die Entscheidung, die ich zu einem bestimmten Zeitpunkt gefällt habe, nicht unter veränderten
Bedingungen später anders ausfallen würde, entweder weil mir andere Erkenntnisse vorliegen oder weil sich meine Einstellung in irgend einer Hinsicht ändert?

Ich würde also behaupten wollen, dass diese Formulierung eine Handlungsanweisung ist, die zweifellos - etwa in pädagogischen Zusammenhängen, wo man einem Zauderer helfen will, sein Zaudern zu überwinden - ihre Berechtigung hat, aber selbst in diesen Fällen allzu allgemein ausfällt (Hamlet!).

Soweit meine erste Einschätzung der These.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi :smile:

Nun es ging mir um den Aspekt der Lebenskunst bei Epikur und Epiktet - insbesondere welche der beiden jeweilgen Schulen eher der „Tatverdacht“ zugesprochen werden kann, da sie zwar auf den ersten Blick grundverschieden scheinen, es aber in vielen Punkten nicht sind.

Ausserdem wäre da natürlich an erster Stelle das Problem : Wie läßt sich Lebenskunst festlegen (am Weg, am Ziel) ?

Bin gespannt auf eure Antworten!

Richard

Tja Richard,

leider kenn ich Epikur nur vom namen und Epiket garnicht.

Nun ja Lebenskunst kann man drüber philosophieren, aber was hat lebenskunst mit tatverdacht zu tun?

wieso willst du lebenskunst „festlegen“?

du würdest mir zumindest helfen, wenn du die meinungen der beiden herren „EPI…“ ma kurz schilderst. Sagst was du mit tatvgedacht meinst und für probleme hast. und uns vielleicht vorabsagt ob du denkst, daß der weg oder das ziel mehr die lebenskunst macht, formt , bildet, ist.

Danke für deine erläuterungen

winkel

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Hallo Richard,

auf den ersten Blick grundverschieden scheinen, es aber in
vielen Punkten nicht sind.

ja das ist richtig, die negative Beurteilung von Epikur in der Geschichte geht in der Hauptsache auf die Fehldeutungen durch Cicero zurück.

Eine Literaturempfehlung möchte ich dir gerne geben (die du aber als Philo-Student sicher schon kennst):

Hellmut Flashar (Hg.), Grundriss der Geschichte der Philosophie, Band 4, Die Hellenistische Philosophie, Basel 1994. Das ist die Neufassung des Ueberweg, seit einigen Jahren im Erscheinen.
Der 1. Halbband enthält neben der Einleitung von Flashar die Kapitel von Michael Erler über Epikur, seine Schule und Lukrez. Alles hochinteressant und auf dem neuesten Stand der Forschung (1994). Der 2. Halbband enthält neben den Kapiteln zur Stoa und zur Skepsis einen umfangreichen Teil über Cicero. Alles unverzichtbar für die weitere Beschäftigung mit Epikur (Epiktet ist natürlich noch nicht erfasst).

Wie läßt sich Lebenskunst festlegen (am Weg, am Ziel) ?

Du hast es eigentlich selbst schon angesprochen: Lebenskunst lässt sich festmachen an den Übereinstimmungen von Epikur und Stoa. Da, wo einer der beiden den gemeinsamen Weg verlässt bzw. das Ziel differiert, wird es subjektiv. Je allgemeiner also, desto eher „lebenskünstlerisch“. Die entscheidende Übereinstimmung sehe ich im Begriff der Angemessenheit. Ziel und Weg können durchaus in gewissem Rahmen wechseln, aber das Maß, das an das Leben angelegt wird, um es nicht nur natürlich, sondern „künstlich“ im Sinne von „künstlerisch“ zu meistern, liegt in der Frage, was denn in der jeweiligen Situation dem Individuum und der Situation, in der es sich befindet, entspricht.

Siehst du das anders?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo,

Woher kann ich wissen, dass die Entscheidung, die ich zu einem
bestimmten Zeitpunkt gefällt habe, nicht unter veränderten
Bedingungen später anders ausfallen würde, entweder weil mir
andere Erkenntnisse vorliegen oder weil sich meine Einstellung
in irgend einer Hinsicht ändert?

Dazu hab ich mal in einem seminar gehört: die vornehmste aufgabe eines managers ist es, die richtige entscheidung zu treffen, ohne alle dazu notwendigen Informationen zu besitzen.

Oder hier: laß es mich salopp sagen: scheiß egal was in der zukunft ist. sollte sich mein handeln von heute in der zukunft als falsch erwiesen haben, dann kann es dort durch eine neue entscheidung korrigiert werden. (Oh bitte sende mir keiner den Mord).

Ich würde also behaupten wollen, dass diese Formulierung eine
Handlungsanweisung ist, die zweifellos - etwa in pädagogischen
Zusammenhängen, wo man einem Zauderer helfen will, sein
Zaudern zu überwinden - ihre Berechtigung hat, aber selbst in
diesen Fällen allzu allgemein ausfällt (Hamlet!).

warum nicht auch als pädagogische formerl benutzen, da geb ich dir recht. Allgemein muß sie hier sogar sein, da sonst das handeln des zauderers geleitet/geführt ist und nicht frei entschieden.

Herzliche Grüße

winkel

Hallo,

sollte sich mein handeln von heute in der zukunft
als falsch erwiesen haben, dann kann es dort durch eine neue
entscheidung korrigiert werden.

es muss nicht immer der Mord sein, der nicht korrigierbar ist, es kann auch eine Prüfung oder ein persönliches Gespräch so verlaufen, dass es weitere Möglichkeiten abschneidet, denke ich.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

(BTW: Mir ist da eine Assoziation zu deinem Namen gekommen. Bist du vielleicht Jurist? Nur so nebenbei, ohne Bezug zum Posting!)

-)

Hallo,

sollte sich mein handeln von heute in der zukunft
als falsch erwiesen haben, dann kann es dort durch eine neue
entscheidung korrigiert werden.

es muss nicht immer der Mord sein, der nicht korrigierbar ist,
es kann auch eine Prüfung oder ein persönliches Gespräch so
verlaufen, dass es weitere Möglichkeiten abschneidet, denke
ich.

Gerade da sind doch beispiele: eine prüfung kann wiederholt werden, oder durche einen anderen ausbildungsweg umgangen. (z.b. Abi im 2. Bidlungsweg) Bie nem gespräch, ist das immerwieder aufnehmbar durch eine annäherung. falls das nicht so ist, so hat die gegenseite eine entscheidung getroffen, die ich nicht mehr umgehen kann, d.h. aber nicht, daß ich mit meiner entscheidung, die dazu führte nicht mehr einverstanden sein kann, obwohl ich das ziel nicht errreicht habe.

so stellt swich ja nun die frage: muß eine entscheidung so verlaufen, daß sie für den entscheider positiv verläuft? und kann er nur dann zufrieden mit der entscheidung sein? (oder müssen wir hier trennen zwischen entscheidung und erwartetem erfolg?)

(BTW: Mir ist da eine Assoziation zu deinem Namen gekommen.
Bist du vielleicht Jurist? Nur so nebenbei, ohne Bezug zum
Posting!)

-)

werd ich oft gefragt, aber leider : NEIN

winkel

Richard meint wohl den Widerstreit der stark moralisch geprägten Stoiker, mit dem auf Lust ausgelegtem Hedonismus.
Epikur wurde lange Jahre fehlgedeutet, bzw. missvertanden, insbesondere natürlich von den Kirchen, da er die Lebenslust an erste Stelle eines glückseligen Lebens stellte, während die Stoiker die Selbstverwirklichung, unter dem Ideal der Askese z.B. sahen. Ein Argument der Stoiker war: Ein Kind lernt trotz Schmerzen das Laufen, unterläge es dem Prinzip der Lustgewinnung, würde es das tunlichst unterlassen! :smile:)))
Epikur aber meinte mit Lust, das Freisein von körperlichem Schmerz und von Störungen der Seelenruhe.
Die Gemeinsamkeit beider war es, daß sie Ethik, anstelle der Erkenntnis, zum ersten Motiv des Philosophierens erhoben!
Also könnte die von Richard vorgeschlagene Diskussion sein:
Das Leben und die Lust genießen, oder in Selbstkasteiung der Erleuchtung harren?

Seid gegrüßt

HC

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Hallo,

Das Leben und die Lust genießen, oder in Selbstkasteiung der
Erleuchtung harren?

ich denke, dass sich aus deiner sehr richtigen Beschreibung schon eine Antwort ergibt: ein Weder-noch bzw. ein Sowohl-als-auch! Denn die Frage nach dieser Alternative beinhaltet schon das Missverständnis, dass es darum ginge, zwischen zwei Extremen wählen zu müssen. Diese Schwerpunktsetzung von Cicero und Augustinus hat - wie du ganz richtig sagst - besonders über die Kirchen auf unser heutiges Dasein Einfluss. Leider ist es so, dass wenn sich so ein historisch gebildetes Vorurteil erst einmal verfestigt hat, es sehr schwierig ist, davon wieder Abstand zu gewinnen. Ich denke, dazu kann nur helfen, die Gemeinsamkeiten beider Schulen zu entwickeln - aber das hatte ich ja weiter unten schon gesagt.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo,

leider kenn ich Epikur nur vom namen und Epiket garnicht.

das lässt sich ändern. Ich denke, Epiktet - er lebte von ca. 50 bis 120 n. Chr. - wird dir gefallen. Sein Enchiriadon gibt es sogar online:
http://www.uni-rostock.de/fakult/philfak/fkw/iph/str…

Epikur lebte einige Jahre früher: 341-270 v. Chr. Außer einigen Briefen ist von ihm kein Werk vollständig überliefert.

Einige Fragmente: http://home.datacomm.ch/mik/ba/e/epikur/texte/fragme…

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Lieber Winkel.
Sei doch mal so freundlich und lies Deine Texte vor dem Abschicken
noch einmal durch. Das könnte das Lesen erleichtern. Danke.
Gruß, Günther

Also könnte die von Richard vorgeschlagene Diskussion sein:
Das Leben und die Lust genießen, oder in Selbstkasteiung der
Erleuchtung harren?

Dem (und vielem anderen hier) möchte ich mich gerne anschließen und wenn ich darf sogar so banal formulieren :

Entspricht es eher einer philosophischen (!) Lebenskunst
dadurch glücklich zu sein, ein Leben in Tugend und dem damit verbundenen ewigen Streben nach einem unerreichbarem Ideal (gemäß Epikur) zu führen oder eher im Augenblick zu leben, der umso schöner durch die Abwesenheit von Schmerz/Leid ist?

Hierbei möchte ich auf eine fast offensichtliche „Falle“ einer möglichen falschen Schlußfolgerung verweisen : Ein Stoiker kann mindestens genauso für den Moment leben (da er ja immer in jedem Augenblick achtsam um seine Tugend sein muss) wie ein Epikureer ein „schmerzfreies“ Leben als höchstes Ideal haben kann.

Sind somit die Aspekt-Paarungen Entbehrung/Lustgewinnung, fernes Ideal/naher Moment überhaupt ein Differenzierungskriterium in einem Vergleich dieser beiden Schulen?

(Muss wirklich meine Ausdrucksweise entschuldigen, kann es aber leider nicht anders kürzer und treffender ausdrücken :[ )

Richard

Dies ist eine sehr richtige, (IMHO) sehr wichtige Feststellung und treffend formulierte Feststellung : Sowohl-als-auch bzw. weder noch. Zudem stimme ich der Annahme über ein historisch gewachsenes Vorurteil genauso gerne zu (vielleicht zu subjektiv, da ich diesem Phänomen leider schon zu häufig in meinem Studium begegnet bin…allerdings würde ein objektiver Beweis den hier gegebenen Rahmen weit mehr als sprengen :smile:.
Vielleicht kann man ja beide Schulen als zwei Seiten ein und derselben Münze auffassen ?

Mit freudigem Gruß…
Richard

Erst einmal vielen Dank für die Literaturempfehlung (kannte sie noch nicht, wird aber gleich in meine OPAC-Bestellungen mitaufgenommen)!

Du hast es eigentlich selbst schon angesprochen: Lebenskunst
lässt sich festmachen an den Übereinstimmungen von Epikur und
Stoa. :smiley:a, wo einer der beiden den gemeinsamen Weg verlässt
bzw. das Ziel differiert, wird es subjektiv.
Je allgemeiner also, desto eher „lebenskünstlerisch“.Die entscheidende
Übereinstimmung sehe ich im Begriff der Angemessenheit. Ziel
und Weg können durchaus in gewissem Rahmen wechseln, aber das
Maß, das an das Leben angelegt wird, um es nicht nur
natürlich, sondern „künstlich“ im Sinne von „künstlerisch“ zu
meistern, liegt in der Frage, was denn in der jeweiligen
Situation dem Individuum und der Situation, in der es sich
befindet, entspricht.

Mittlerweile sympathisiere ich schon sehr mit dem von dir formulierten Ansatz (wie man „oben“ im Thread nachlesen kann) der Übereinstimmung, wobei ich mit dem Ausdruck „künstlich“ versuche sehr vorsichtig zu sein, da beide Schulen ihren Weg las den Natürlichen betrachten (Epikureer) bzw. strengstens am Natürlichen ausrichten (Stoiker). So könnte man vielleicht noch sagen, dass deren Lebenskunst und die damit verbundene „Künstlichkeit“ eigentlich nur ein Mittel zu dem Zwecke ist, den Menschen wieder zu (s)einer naturnahen Natürlichkeit zurückzufüheren, oder?

Allerdings hätte ich noch ein paar Verständnisfragen :

  • Was wäre in deinen Augen „der gemeinsame Weg“?
  • Wie/wer bestimmt die „Angemessenheit“ bzw. was einem Individuum in einer Situation entspricht (es selbst)?

Vielen Dank im Voarus…
Richard

Hi :smile:

Nun es ging mir um den Aspekt der Lebenskunst bei Epikur und
Epiktet - insbesondere welche der beiden jeweilgen Schulen
eher der „Tatverdacht“ zugesprochen werden kann, da sie zwar
auf den ersten Blick grundverschieden scheinen, es aber in
vielen Punkten nicht sind.

Ausserdem wäre da natürlich an erster Stelle das Problem : Wie
läßt sich Lebenskunst festlegen (am Weg, am Ziel) ?

Bin gespannt auf eure Antworten!

Richard

Tja Richard,

leider kenn ich Epikur nur vom namen und Epiket garnicht.

Nun ja Lebenskunst kann man drüber philosophieren, aber was
hat lebenskunst mit tatverdacht zu tun?

Das war insofern ironisch gemeint, als dass ich wissen wollte welche der beiden Schulen eher in euren Augen der Auffassung von Lebenskunst entsprechen könnte bzw. in euren Augen „in Verdacht“ stehen könnte. Sorry, falls das falsch rüberkam…

wieso willst du lebenskunst „festlegen“?

Um mit einem Begriff arbeiten zu können (zumal, wenn er so grundlegend ist wie in dieser Eröterung) sollte er zumindest in seine Ansätzen festgelegt werden (es können ja durchaus im weiteren Fortgang noch einige dazukommen), damit wir nicht versehentlich aneinander vorbeireden und dies erst (wenn überhaupt) zu spät merken. Ich will ja keine starre Definition durchboxen, sondern erst einmal hören, was ihr wohl so unter Lebenskunst versteht… :smile:

du würdest mir zumindest helfen, wenn du die meinungen der
beiden herren „EPI…“ ma kurz schilderst.

Nun die beiden Positionen könnte ich keineswegs besser darstellen als oben im Thread schon passiert ist (wenn ich darauf verweisen darf).
Ich bin der (für mich selbst noch z subjektiven) Meinung, das Lebenskunst in keinem Königsweg oder höherem Ideal bestehen kann oder sollte. Unter anderem deshalb, weil sich zwei wesentliche Faktoren, die mit dem Ausdruck „Lebenskunst“ fest verbunden sind, noch nie wirklich festlegen haben lassen : Der Mensch und das Leben (Tiere möchte ich hier ausschließen, obwohl es sicherlich wiederum eine interessante Frage wäre, ob Tiere eine Lebenskunst haben bzw. überhaupt brauchen, abgesehen von ihren Überlebensstrategien…aber belassen wir es dabei).
Allerdings glaube ich, dass es so etwas wie einen gemeinsamen Nenner gibt (Kunst, Religion und nicht zuletzt in der Philosophie), die es uns erlauben aus unserem Leben mehr als ein bloßes Überleben zu machen. So ist meine spezielle Frage : Was könnte dies bei Epikur und Epiktet (in euren Augen) sein/nicht sein? Mir ist daran gelegen wie ihr deren Lehren (auch wenn sie hier nur auf einen sehr knappen Nenner gebracht wurden) auffasst bzw. einschätzen würdet.

)

Richard

Ästhetik
Hallo Richard,

  • Was wäre in deinen Augen „der gemeinsame Weg“?
  • Wie/wer bestimmt die „Angemessenheit“ bzw. was einem
    Individuum in einer Situation entspricht (es selbst)?

ich denke, dass „der gemeinsame Weg“ sehr ziemlich allgemein gefasst werden muss und kann, nämlich als eine Art „ästhetische Suche“, also nach einem Verhalten den jeweiligen Situationen gemäß. „Ästhetisch“ deshalb, weil eine Art „Passung“ gesucht wird. Die Situation ist gemeistert, wenn das Ergebnis möglichst gut „passt“, also störungsfrei ist. Das ist selbstverständlich nicht im Sinne einer Trivialität gemeint, so wie z. B. beim deutschen Schlager ja oft die Störungsfreiheit übertrieben wird :smile: . Eine gewisse Reibung muss schon da sein, weil sonst keine Herausforderung mehr da ist. Aber diese Reibung muss ausgewogen sein gegenüber der Beruhigung des Denkens. Dieser Ausgleich wird von beiden Schulen gesucht.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Sind somit die Aspekt-Paarungen Entbehrung/Lustgewinnung,
fernes Ideal/naher Moment überhaupt ein
Differenzierungskriterium in einem Vergleich dieser beiden
Schulen?

Hallo Richard!
Das genau scheint mir der Knackpunkt! :smile:

Lebenskunst:

Ersteinmal stelle ich fest, daß sich viel Eurer Gedanken, mit meinen Denkensschemata decken! Was in philosophischen Diskussionen eher selten der Fall ist! :wink:

Jedes Wesen ist ein Individuum, hat seine ureigene substantielle Struktur (z.B. genetisch, intellektuell, kulturell…), sowie seine Historie. Das allein widerspricht schon einer universellen Lösung. Wer aus philosophischer Sicht (der Weisheit entsprechend) Lebenskunst praktizieren will, kommt an der dazu bedingenden Selbstfindung nicht vorbei. Erst wenn ich das Instrument Ego auch wirklich, nochmal WIRKLICH (!) kenne, kann ich meisterlich (im Sinne von phil. Lebenskunst) damit umgehen.
Stellt man sich eine der elementaren Grundfragen der Philosophie: Was ist der Sinn des Lebens? Des eigenen, individuellen einerseits und des kollektiven, der gesamten Schöpfung andererseits, kann man sich der Lösung nähern. Lebenskunst heißt diesem Sinn gerecht zu werden.
Interessant scheint mir bei der Frage Epikur/Epiket die Lösung in der buddhistischen Philosophie!
Buddha lebte das Epikurideal als junger Mensch in Perfektion. Jedes Leid und Not wurde von ihm ferngehalten.
Dann entdeckte er allerdings die Sterblichkeit und Not vieler Mensch und beschloß ihnen zu helfen. Er wurde Asket in Perfektion. Als beim meditieren ein Boot vorbeikam, worauf ein Musiker seinem Sohn erklärte wie sein Saiteninstrument gespannt sein müsse um zu klingen: Nicht zu straff (Epiket), damit die Saiten nicht reissen und nicht zu locker (Epikur), damit das Instrument auch zu klingen vermag.
Weder in Überheblichkeit noch in Unterwürfigkeit die eigenen Komplexe kompensieren. Die Evolution läßt sich nicht aufhalten und auch die damit verbundene Erkenntnis nicht. Da diese schon da ist, müssen wir sie nicht schaffen, sondern werden sie finden oder besser gesagt, sie uns.
Um aber nun die oben erwähnte Selbstfindung zu erlangen, wählt das Individuum je nach individueller Beschaffenheit, den einen oder anderen Weg, um sich dann nach der Gabelung wieder auf dem gemeinsamen zu treffen. Ohne jedoch einander aus den Augen zu verlieren, sprich der gemeinsame Nenner Ethik! (Toleranz z.B.) So ist die Antwort, wie Thomas Miller gesagt hat: Weder noch bzw. sowohl als auch. Es sei denn, man befindet sich schon jenseits dieser Gabelung. Dann stellt sich die Frage nach Epikur/Epiket schon gar nicht mehr. Wie heisst der arg strapazierte Spruch:
Der Weg ist das Ziel. Wege können unterschiedlich sein und doch münden sie im selben Ziel.

Herzliche Grüsse

HC

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