Hallo!
Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, dann mache einen Plan. Wenn er besonders laut lachen soll, mache einen Lebensplan.
Deiner Schilderung entnehme ich den Wunsch, die Berufstätigkeit mit etwa 50 aufzugeben, um mit bescheidenen Ansprüchen den Rest bis zur durchschnittlichen Lebenserwartung aus der Substanz zu leben. Ob die Rechnung aufgeht, kann keiner wissen. Vielleicht wirst Du 100 und brauchst das letzte Vierteljahrhundert Deines Lebens stundenweise Hilfskräfte, die monatlich mehr kosten, als Du für Deinen Lebensunterhalt kalkuliert hattest. Kommt dann rechtzeitig das Gewehr zum Einsatz, das Du aus Deinem Forstbetrieb aufbewahrt hattest oder wie soll das gehen?
Aus der Zeit zwischen Bismarck und Adenauer sollten wir gelernt haben, das auf einem Kapitalstock beruhende Alterssicherungen nichts taugen (kein einziger Rentner erhielt jemals die volle Altersversorgung, weil der Kapitalstock durch Inflation und Zugriff gieriger Politiker mehrmals vernichtet wurde). Bis Kanzler Schröder und in seinem Gefolge geschichts- und ahnungsloser Professoren war die Lehre vergessen, wurden wieder kapitalgedeckte Versorgungen propagiert. Es folgten Finanzkrise und Null-Zins-Politik, natürlich mit Katzenjammer bei Altersversorgungen. Daraus folgt: Kapitalstock ist Glücksspiel; eine brauchbare Altersversorgung muss an die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft geknüpft.sein. Die Schwächen des derzeitigen Umlagesystems beruhen einzig auf der Unfähigkeit selbst nicht betroffener Politiker, mit dem System sachgerecht umzugehen.
Deine Rentenpunkte aus früherer beitragspflichtiger Zeit reichen nicht (kenne ich nur zu gut). Aufgrund der Unmöglichkeit, den Zeitpunkt des eigenen Ablebens und die Ereignisse bis dahin (wenige Momente, vielleicht Jahrzehnte, vielleicht ein halbes Jahrhundert) vorherzusehen, geschweige denn, in den Rahmenbedingungen zu gestalten, bietet ein zu verzehrender Kapitalstock keine ausreichende Sicherheit.
Ich kann Dir keinen Rat für die Finanzierung des Alters geben, kann nur berichten, welche Gedanken sich ein mir sehr gut bekannter Mensch dazu machte: Dieser Mensch träumt nicht vom Ruhestand in Spanien, träumt vielmehr gar nicht von Ruhestand. Er hat das Glück, weder Zirkusartist noch Kirchturmdachdecker zu sein, sondern einen Beruf auszuüben, der sich weitgehend unabhängig von altersbedingten körperlichen Einschränkungen ausüben lässt, bei dem man durch Erfahrung eher besser wird. Außerdem arbeitet der seltsame Typ gerne und ignoriert so komische Begriffe wie Renteneintrittsalter. Er müht sich neben seiner alltäglichen Arbeit, kleine Anteile an einem alten, weitgehend krisensicheren mittelständischen Unternehmen aufzustocken und das eigene Know-how samt Schutzrechten in ein noch zu gründendes Unternehmen einzubringen. Nennenswertes Anlagevermögen des eigenen Unternehmens ist zwar vorhanden, das für die bestehende Tätigkeit wertvoll ist, aber bei einer Verwertung ohne Fortführung des Betriebs nicht viel brächte und deshalb außer Betracht bleibt. Barmittel werden bis auf eher bescheidene Reste für Unvorhergesehenes insbesondere für die Erweiterung des Dachs über dem Kopf mit Fahrstuhl und 2 Einliegerwohnungen eingesetzt. Die Bemühungen laufen darauf hinaus, keinen Kapitalstock zu verzehren, statt dessen laufend Einnahmen zunächst für unabsehbare Zeit aus eigener Tätigkeit, danach aus Beteiligungen, in bescheidenem Umfang aus Vermietung und in noch bescheidenerem Umfang aus der gesetzlichen Rente zu generieren. Der Mensch lebt trotz (vielleicht auch aufgrund) fortgeschrittenen Alters gerne und will deshalb vermeiden, die vorhandene Pistole irgendwann einsetzen zu müssen.
Mir sind andere Fälle von Selbständigen ohne nennenswerte Rentenansprüche bekannt, darunter keiner mit dem Ziel frühen Ruhestands. Das sind Träume aus jungen Jahren, als man Hirngespinsten nachjagte, mit spätestens 50 ausgesorgt zu haben. Es sind Sprüche von Leuten, die noch nicht wissen, wovon die Rede ist. Erst heißt es, mit 40 müsse man ausgesorgt haben und nachdem das Ziel verfehlt wurde, muss man spätestens mit 50 ausgesorgt haben. Mag ja in seltenen Fällen passen, aber die Realität gestaltet sich regelmäßig anders, endet in der Grundsicherung, in Arbeit bis ins hohe Alter und/oder Einkünften aus Vermietung oder Unternehmensbeteiligungen.
Mir ist aber auch ein tragischer Fall aus dem engeren Familienkreis bekannt. Nach mehreren Herzinfarkten und bis dahin keinem ausreichenden Rentenanspruch verkaufte er sein Haus, lebte von seiner bescheidenen Rente und dem Verzehr des Erlöses aus dem Hausverkauf. Nach seinem Tod hatte ich Einblick in die finanziellen Verhältnisse. Hätte er nur wenige Monate länger gelebt, hätte er seine Miete nicht mehr bezahlen können. Die letzte Zeit seines Lebens musste von schierer Verzweiflung gekennzeichnet gewesen sein. .
Ich kann nur davor warnen, auf den Rat unerfahrener Jungspunde, dubioser Berater und beamteter Leute zu vertrauen, die auf Kapitalstock hinauslaufen. Im konkreten Einzelfall, insbesondere bei persönlicher Betroffenheit, sind Sterbetabellen unbrauchbares Papier. Vielmehr muss man Konstellationen schaffen, die unabhängig vom Alter und unabhängig von schweren Währungsverwerfungen Einnahmen sichern. Vor vorübergehenden Einbrüchen gibt es keinen Schutz, aber man muss sicherstellen, dass kein Ereignis zum dauerhaften Zusammenbruch der Versorgung führen kann. Von Ideen, Vermögen vererben zu wollen, sollte man sich ebenso trennen wie von Vorsätzen, lebenslang mit schmalem Budget auskommen zu wollen. Wer selbstbestimmt leben möchte, wird sich freiwillig keiner Leitung eines Altenheims unterordnen wollen, statt dessen in den eigenen vier Wänden geeignete Kräfte beschäftigen und im Zweifel entlassen.
Als ganz junger Mensch – mir ging es zusammen mit meiner damaligen Lebensgefährtin wirtschaftlich sehr ordentlich – ließ ich mich hinreissen, einem Vermögensberater einer bekannten Gesellschaft einen Termin zu geben. Ganze Stapel Papiere breitete der Mann vor uns auf dem Wohnzimmertisch aus und textete uns zu. Ist Jahrzehnte her, Details hab ich längst vergessen, aber als er sagte „…mit dem ausgezahlten Betrag kaufen Sie sich in eine Altenresidenz ein“, machte ich der Zeitverschwendung mit deutlichen Worten ein Ende. Das war meine erste und letzte Begegnung mit Vermögensberatern. Damals gab es noch kein Internet, aber seit es diese wunderbare Möglichkeit gibt, warne ich vor allen Konstruktionen vermeintlicher Alterssicherung, die auf Kombination irgendwelcher Versicherungen mit Kapitalbildung hinaus laufen. Lange Zeit tolle Zahlen ändern nichts am prinzipbedingten Risiko, das solche Anlagen nur zufällig, aber nicht in der erforderlichen zuverlässigen Berechenbarkeit funktionieren lässt.
Du bist selbständig, damit für alles zuständig und verantwortlich. So etwas prägt. So lange Du bei klarem Verstand bist, wirst Du Dich einordnen, aber nur schwer unterordnen und schon gar nicht bevormunden lassen wollen. Deshalb solltest Du niemals die Uhr ticken lassen, die bei einem Kapitalstock als Altersversorgung permanent tickt oder unvermittelt abbricht, weil irgendwelche Politiker groben Mist bauen.
Gruß
Wolfgang .