Legasthenie und Noten

Hallo zusammen,

in NRW: Kann einem Kind mit einer anerkennten Legasthenie ein „befriedigend“ unter die Klassenarbeit geschrieben werden, auch wenn die Leistung eigentlich mangelhaft war?
Mit der Begündung, dass man das Kind ermutigen will, sich weiter anzustrengen?

fragt Bixie

Hallo, Bixie,

in NRW: Kann einem Kind mit einer anerkennten Legasthenie ein
„befriedigend“ unter die Klassenarbeit geschrieben werden,

Klassenarbeit in welchem Fach - Deutsch?

auch wenn die Leistung eigentlich mangelhaft war?

Bezieht sich „mangelhaft“ auch auf den Inhalt?

Gruß
Kreszenz

Hallo, Bixie,

in NRW: Kann einem Kind mit einer anerkennten Legasthenie ein
„befriedigend“ unter die Klassenarbeit geschrieben werden,

Klassenarbeit in welchem Fach - Deutsch?

ja, Deutsch

auch wenn die Leistung eigentlich mangelhaft war?

Bezieht sich „mangelhaft“ auch auf den Inhalt?

ja. Es sollte ein längerer Text gelesen werden, den das Kind wegen seiner langsamen Lesegeschwindigkeit nicht annähernd geschafft hat.
So konnte es die meisten Fragen zum Text nicht beantworten.

Hallo,

bei uns (in Berlin) wird dem Kind unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung (z.B. mit der Diagnose ADS, Legasthenie oder Dyskalkulie) zusätzliche Arbeitszeit bei den Klassenarbeiten eingeräumt.
Die Anforderungen (und Benotungen) bleiben gleich, aber das Kind hat mehr Zeit die Arbeiten zu bewältigen.

Viele Grüße

Bei uns ebenfalls
Allerdings muss dann der Umstand, dass jemand Legastheniker ist, auch ins Zeugnis eingetragen werden (Bayern), was an unserer Schule bewirkt, dass sich die Mehrzahl der betroffenen Schüler entschließt, zumindest im Abschlussjahr auf den Zeitvorteil (der übrigens erheblich ist) zu verzichten.

Schöne Grüße,
Jule

Liebe/r Bixie,

die Notenvergabe in NRW wird durch das Schulgesetz geregelt. Da die Benotung des Schülers durch den Lehrer u.U. weitreichende Folgen haben kann, unterliegt sie detaillierten rechtlichen Vorschriften und kann auf dem Verwaltungsrechtsweg angefochten werden.
Für NRW ist der Fünfte Teil, Zweiter Abschnitt Leistungsbewertung § 48 Grundsätze der Leistungsbewertung relevant (s.u.).
Eine drei für einen Arbeit vergeben, in der die Aufgabenstellung nicht erfüllt wurde freut zwar den Schüler, öffnet aber auch gleichzeitig ein Tor für viele Eltern, die ihre Kinder dann ungerecht benotet fühlen.

Da ich nicht weiß, ob Du als Elternteil oder als Pädagoge diese Frage stellst, noch ein kleiner Hinweis meinerseits: Kinder mit attestirten Lernschwächen, wie Legasthenie oder Dyskalkulie, können wie andere gehandicapte Schüler Sonderbedingungen für Prüfungen verlangen (s.a. die anderen Antworten. Ich habe gerade für meine Zulassungsarbeit eine Studie durchgeführt, aus der ich den Schluss gezogen habe, dass es Kindern mit attestierten Lernschwächen an „Alternativ-Schulen“ gelingen kann die Lernschwächen zu minimieren (nicht bei jedem, aber bei weit mehr als 80%). Die Kosten für Waldorf- oder Montessori-Schulen schrecken zunächst viele Eltern ab, jedoch erklären sich erstaunlich viele Sozialämter mit einer (teilweisen) Kostenübernahme bereit, wenn sie regelmäßig über die Fortschritte informiert werden und das Kind eine Perspektive hat, zukünftig ohne Einschränkungn am Schul-, Uni- und Berufsleben teilzunehmen.

Die Antwort war jetzt etwas länger, aber ich hoffe Dir geholfen zu haben.

stonehenge

§48 Schulgesetz NRW:

(1) Die Leistungsbewertung soll über den Stand des Lernprozesses der Schülerin oder des Schülers Aufschluss geben; sie soll auch Grundlage für die weitere Förderung der Schülerin oder des Schülers sein. Die Leistungen werden durch Noten bewertet. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen können vorsehen, dass schriftliche Aussagen an die Stelle von Noten treten oder diese ergänzen.

(2) Die Leistungsbewertung bezieht sich auf die im Unterricht vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Grundlage der Leistungsbewertung sind alle von der Schülerin oder dem Schüler im Beurteilungsbereich „Schriftliche Arbeiten“ und im Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“ erbrachten Leistungen. Beide Beurteilungsbereiche sowie die Ergebnisse zentraler Lernstandserhebungen werden bei der Leistungsbewertung angemessen berücksichtigt.

(3) Bei der Bewertung der Leistungen werden folgende Notenstufen zu Grunde gelegt:

sehr gut (1) Die Note „sehr gut“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen in besonderem Maße entspricht.
gut (2) Die Note „gut“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen voll entspricht.
befriedigend (3) Die Note „befriedigend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung im Allgemeinen den Anforderungen entspricht.
ausreichend (4) Die Note „ausreichend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht.
mangelhaft (5) Die Note „mangelhaft“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können.
ungenügend (6) Die Note „ungenügend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht und selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können.

(4) Werden Leistungen aus Gründen, die von der Schülerin oder dem Schüler nicht zu vertreten sind, nicht erbracht, können nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Leistungsnachweise nachgeholt und kann der Leistungsstand durch eine Prüfung festgestellt werden.

(5) Verweigert eine Schülerin oder ein Schüler die Leistung, so wird dies wie eine ungenügende Leistung bewertet.

(6) Neben oder anstelle der Noten nach Absatz 3 kann die Ausbildungs- und Prüfungsordnung ein Punktsystem vorsehen. Noten- und Punktsystem müssen sich wechselseitig umrechnen lassen. Die Hälfte der erreichbaren Punktzahl wird als die Note „ausreichend“ bewertet

Hallo !

Es ist die Frage, was in den Regelungen zum Nachteilsausgleich in NRW drin steht. In Nds. ist das nicht eine angepasste Bewertungsskala, sondern z.B. zeitlicher Ausgleich oder Hilfestellungen anderer Art.

Die Regeln und Hinweise zum Nachteilsausgleich kann man sich im I Net bei dem zuständigen Kultusministerium normalerweise anschauen.

Grüße !

Hi,

das hast Du jetzt schön ergooglet. Du hast aber vergessen, dass man als Lehrer auch den sogenannten Ermessensspielraum hat, und es ist möglich, dass im zitierten Fall die Lehrkraft eben diesen genutzt hat - möglicherweis,weil sie um die Legasthenie /LRS weiß. Wenn die Eltern der Schule keine offizielle Bescheinigung über die Legasthenie / LRS vorlegen, kann die Schule den Nachteilsausgleich nicht gewähren. Wenn die Lehrkraft dem Schüler aber glaubt, kann sie durchaus den Ermesensspielraum nutzen, und eine bessere Note vergeben.

die Franzi

Ermessensspielraum
Hallo Franz,

ja, sowas wie den Ermessensspielraum habe ich gesucht. Steht das auch in einem Gesetz oder einer Verordnung?

Dankbar für einen Hinweis,
Bixie

Hallo,

da Bixbie von einer „anerkannten LRS“ geschrieben hat, bin ich davon ausgegangen, dass die Lehrerin von dem Problem Kenntnis hat.

Problematisch ist hier die Anwendung des Ermessensspielraums, da es sich nach Bixbies Aussage um eine mangelhafte Leistung handelt, für die „nur“ zu Motivationszwecken eine 3 gegeben werden soll. Das Schulgesetz NRW sieht keinen Ermessensspielraum vor, wohl aber Fördermöglichkeiten. Selbstverständlich spricht niemand (weder das Kultusministerium, Lehrerkollegen, Schuldirektoren oder Eltern) dem Lehrer in der Praxis einen Ermessensspielraum bei der Benotung ab, jedoch sollte hier auf die Verhältnismäßigkeit geachtet werden (schon allein deswegen, weil man sich rein rechtlich in einer „Grauzone“ bewegt). Eine Verbesserung der Leistung um ZWEI Notenstufen, rein aus Motivationszwecken, lässt sich (dauerhaft) weder mit dem Schulgesetz noch mit dem Ermessensspielraum erklären.

Gruß
stonehenge

Schulgesetz NRW:

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