Lehrer - Motivation

Hallo,

Ein High-End Tablet-PC wäre schon etwas viel des Guten. Aber
den Kindle gibt es schon für 139€. Die Inder arbeiten sogar an
einem Tablet-PC für 25€.
Und wenn man bedenkt, dass ein Schüler ein solches Gerät im
Idealfall über seine gesamte Schullaufbahn benutzt, sieht die
Rechnung doch ziemlich gut aus, oder?

Ich sehe aber schon wieder die nächste Diskussion, dass ein Schüler in der Oberstufe mit einem Gerät arbeiten muss, das 5 Jahre alt ist, bzw. dass das Tablet zum Prestigeobjekt der Schüler wird.

Ich glaube nicht, dass das die Regel sein würde.
Schüler, denen es heute schwer fällt, sich vormittags inmitten
von Mitschülern zu konzentrieren, werden nachmittags an den
Hausaufgaben verzweifeln. Wer sich seinen wachen Moment
aussuchen kann, auch mal auf Pause drücken kann, um über etwas
nachzudenken, zurückspulen kann, wenn die Gedanken mal
abgeschweift sind, und dann beim Rechnen der Aufgaben einen
beratschlagenden Lehrer zur Seite hat, der ist doch um einiges
besser dran, findest du nicht?

stimme ich dir zu!

Und ich denke nicht, dass du die Stunde nochmal halten
müsstest. Erstens glaube ich, dass diese Hausaufgaben
verlässlicher erledigt würden als die üblichen, weil nämlich
absehbar ist, wie lange man an ihnen sitzt.

hätte ich es nicht schon probiert, dann hätte ich nichts dazu gesagt!

Zweitens glaube
ich, dass bei der üblichen Klassengröße im gewöhnlichen
Unterricht selten der Fall erreicht wird, dass wirklich alle
zugehört und alle alles verstanden haben. Und trotzdem hält
man in der Folgestunde nicht den Unterricht der letzten Stunde
nochmal.

Stimmt, weil ich weiß, dass der Schüler anwesend war und die Möglichkeit gehabt hätte, Fragen zu stellen, falls er etwas nicht verstanden hat, bzw. wenn er mich in der nächsten Stunde fragt, werde ich es ihm (wenn möglich) nochmals mit anderen Worten, vielleicht auch mit anderen Beispielen erklären.

Und drittens kann man natürlich gegen jeden Modell
opponieren, wenn man argumentiert, dass wenn die Schüler nicht
mitmachen, es nicht funktioniert. Das tut es in keinem.

Das war nicht meine Absicht, denn ich bin der Thematik durchaus aufgeschlossen und probiere es immer wieder. Meine Zweifel an der Effektivität resultieren an der bereits gesammelten Erfahrung damit.

Ich gebe manchmal Schülern die Hausaufgabe, ein Kapitel, das nicht viel Neues enthält zu Hause zu lesen (dem fehlt natürlich die Attraktivität eines Onlinevideos). In der folgenden Stunde erlaube ich mir einfache Fragen dazu zu stellen (ohne darauf Noten zu geben). Wie oft musste ich mir dann anhören: „Das habe ich nicht verstanden.“ Manchmal auch bereits zu Beginn der Stunde: „Können Sie das nochmal erklären, wir haben nichts verstanden.“
Wäre das bei einem Video anders? Würde nicht auch ein Teil der Schüler sich das nicht anschauen und nächste Stunde sagen, er hätte es nicht verstanden, oder der PC hatte einen Defekt?
Müsste ich dann bei einer Online-Erklärung sagen: „Schaut euch das Video so lange an, bis ihr es verstanden habt!“? Was machen solche Schüler dann in dieser Stunde (vielleicht funktioniert die Internetverbindung auch erst wieder in zwei Wochen)? Und das kann durchaus auch mal die halbe Klasse sein.

Im Informatikunterricht sollen meine Schüler hin und wieder Dateien herunterladen, die vorgegebenen Programmcode als Grundlage für die Hausaufgabe enthalten. So viele kaputte Computer und sich nicht öffnende Downloads oder kaputte Dateien, von denen die Schüler in der nächsten Stunde berichten, kann man sich auf einen Schlag gar nicht vorstellen (vor allem weil sie bei mir mit 3 verbreiteten Browsern fnktionieren).

Ein (freiwilliges) Online-Quiz zur eigenen Überprüfung des Wissens wird am Anfang des Schuljahres vielleicht von 10 Schülern einer Klasse gemacht. Beim nächsten Mal von ca. 4-5, dann vielleicht höchstens von 2-3 Schülern, abhängig von der Klasse.
Irgendwie fällt es mir deshalb schwer, mir vorzustellen, dass die Schüler durch Verwendung des Mediums Computer dazu animiert werden, zu Hause mehr zu lernen. Und ob es genügt, sich ein Video von 2,5 Minuten Länge einmal anzusehen oder mehrmals, das weiß man im Voraus ja auch nicht. Die Hausaufgabe könnte also auch 10 Minuten dauern, denn es geht ja nicht ums Ansehen sondern ums Verstehen.

Gruß,
Booze

Hallo!

Du hast natürlich recht. Was in der Theorie wunderbar aussieht, endet in der Praxis nicht selten im Chaos.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob die von dir geschilderten Fälle auf einen vollständig umstrukturierten Unterricht anwendbar sind. Das liest sich jetzt wahrscheinlich wie Haarspalterei, gründet aber in meiner Erfahrung als FAS (der F aulste A nzunehmende S chüler). Was nicht regelmäßig stattfindet, und vom Status Quo des Unterrichts abweicht, das bietet zusätzliches Ausredenpotential. Man kann nämlich auf Ausreden zurückgreifen, die der Alltag noch nicht erschöpft hat. Der Hund kann ja nicht jeden Tag die Hausaufgaben fressen.

Ich stimme dir zu, dass der Tablet-PC nicht zum Prestigeobjekt werden darf. Es müsste sich um ein einheitliches Modell handeln, welches nicht erlaubt, außerschulische Daten zu laden.
Ich denke ein 5 Jahre altes Gerät dürfte kein Problem darstellen. Ein Tablet-PC für Schulinhalte wäre relativ unabhängig vom technischen Fortschritt, weil es auf aufwendige Anwendungen wie High-End-Spiele verzichtet. Ich schätze, dass ein Generationswechsel etwa alle 7 Jahre genügen könnte.

Ich glaube übrigens auch nicht, dass der Umstand, dass es ein Computer ist, mit dem sie umgehen, die Schüler besonders animieren wird. Ich denke aber, dass der Computer besondere Möglichkeiten bietet. Die Masse an Lektionen, die im Internet bereit gestellt werden, wird sich gewaltig auftürmen. Am Ende einer Lektion, die man nicht verstanden hat, wird ein Link zu finden sein „Nicht verstanden?“, der zu einer einfachsprachlichen, langsameren Zweiterklärung führt. Am unteren Bildrand wird vielleicht ein Kommentarfeld zu sehen sein, auf dem sich Schüler gegenseitig Verständnisfragen stellen und beantworten können. Vielleicht auch ein Verständnisquiz, das man im Anschluss an eine Lektion machen kann (welches die Schüler umso wahrscheinlicher machen werden, desto öfter sie dieselben Fragen in Stegreifaufgaben wiederfinden).

Vielleicht lasse ich mich hier zu utopischen Vorstellungen hinreißen. Ich will nur deutlich machen, dass der Computer mehr als eine hippe Ergänzung sein kann (und im Laufe dieses Jahrzehnts wahrscheinlich werden wird), sondern dass sich die Struktur des Unterrichts unter seinem Einfluss positiv verändern kann. Natürlich lässt sich das nur in der Praxis testen, und der Übergang wird nicht reibungslos ablaufen, aber ich bin in dieser Angelegenheit - offensichtlich - sehr optimistisch.

Gruß
Peter

Hallo!

Ich habe zu diesem Schuljahr meine erste volle Lehrerstelle nach dem Ref angetreten und bin mittlerweile froh, erstmal nur ein halbes Jahr gearbeitet zu haben (bin jetzt bis zum Ende des Schuljahres in Elternzeit).

Im Ref haben wir 1.000 tolle Methoden und Sozialformen gelernt, wie man Unterricht abwechslungsreich gestalten kann. Wir haben verschiedene Modelle zur Planung von Unterricht kennengelernt und auch den Einsatz (neuer) Medien diskutiert und ausprobiert (habe meine Examensarbeit zum Einsatz des Wiki-Prinzips im Politik-Unterricht durchgeführt und geschrieben). Was mir auffällt ist, dass es immer einige Schüler gibt, die sehr engagiert bei diesen „neuen“ Dingen sind, aber eine breite Mehrheit fühlt sich bemüßigt am Ende in der Evaluation bekannt zu geben, dass sie sich mehr Frontalunterricht und weniger „Quatsch“ wünschen. Gruppenarbeit? „Nicht schon wieder!“

Aber ich möchte auch dazu sagen, dass es mit einer Vollzeitstelle nicht möglich ist, jede Stunde so zu machen, dass sie deinen Erwartungen entspricht. Jetzt kurz vor Notenschluss sehe ich meine Vertreterin kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehen: drei Oberstufenklausuren, Praktikumsberichte von zwei Klassen, eine Deutsch-Klassenarbeit der Unterstufe, ein anstehender Unterrichtsbesuch durch den Schulleiter, eine Ganztagesfortbildung, durch die wichtige Stunden entfallen und 25 Stunden zu planender Unterricht (Berufsanfänger!) pro Woche möchte ich nicht haben. Mein Baby, gerade in einer Wachstumsphase, dreimal in der Nacht nach Essen rufend, tagsüber nicht schlafend, ist da für die Nerven schonender :wink:

Man muss irgendwo den Punkt finden, dass man den Anspruch an sich selbst und den im Ref gelernten „guten Unterricht“ herunterschraubt und auch mal eine „klassische, langweilige“ Stunde gibt. Und die Schüler sind auch dankbar, wenn sie nicht in jeder Stunde zum Träger des Unterrichts werden.

Übrigens baue ich schon länger keine ganzen Stunden mehr auf PowerPoint oder Internetrecherche auf. Wenn dann die Technik mal wieder (!) nicht geht, ist immer eine ganze Stunde gelaufen. Und Stunden zweigleisig zu planen kriege ich nicht hin. Denn irgendwo braucht auch ein Lehrer seinen Schlaf.

Ich freue mich, wenn ich dann wieder ein paar Stunden arbeiten gehen darf, aber Vollzeit möchte ich das so schnell nicht wieder machen. Zum Glück darf der Lehrer im ÖD sich das ja „aussuchen“. Puh, Glück gehabt :smile:

LG

Hallo shrek,

auch wenn das jetzt off Topic wird, und ich mich in die Diskussion Pro/Contral Netbooks gar nicht einklinken will, nur eine Frage:

Da wären wir wieder bei der Computer/Notebookgeschichte.
Referate veteilen klappt gut allerdings müssen Schüler diese
zuhause vorbereiten und es sollten die Schüler mindestens zwei
Quellen angeben müssen
so kann der Lehrer dan auch halbwegs
überprüfen ob das Referat komplett abgeschrieben wurde,

Ist das wirklich so, dass Ihr - trotz diverser Plagiatsaffairen - keine Quellen für Eure Referate angeben müsst? Sprich, achten Eure Lehre da nicht drauf, ob da Quellen angegeben sind und ob die zumindest nach oberflächlicher Überprüfung halbwegs wahrheitsgemäss sind? *staun*

*wink*

Petzi

Hallo Ihr lieben Antwortenden,

zunächst möchte ich mich ganz herzlich bedanken für alle Eure - zum Teil ja sehr ausführlichen und durchdachten - Antworten bedanken. Mit so einer tollen Reaktion hätte ich kaum zu rechnen gewagt.

Was ich für mich rausgelesen habe, ist das folgende:

  • jede Stunde „toll“ vorzubereiten geht einfach zeitmässig nicht, gerade wenn man Beamer und weiteres „cooles“ Zubehör erst aufwendig organisieren muss
  • manche Lehrerkollegien (bzw. wohl deren Direktoren) scheinen solche „motivierten“ Lehrerkollegen gar nicht zu schätzen, weil sie dann womöglich „schlechter“ dastehen
  • sehr viele „motivierte“ Lehrer scheinen an Schülern zu scheitern, die all diesen Aufwand (und es ist mir durchaus bewusst, dass das sehr schnell an die eigene Freizeit bzw. den eigenen Geldbeutel geht) gar nicht zu schätzen wissen und wohl letzen Endes um Frontalunterricht „betteln“
  • dass gerade „älteren“ Lehrern der Umgang mit dem Computer nicht so richtig geläufig ist, das ist in der Tat ein Punkt, an den ich gar nicht gedacht hätte
  • oftmals geht zu viel Zeit für die eigentliche „Erziehung“ der Schüler drauf, so dass keine Zeit für „tollen“ Unterricht bleibt
  • auch auf das fehlende positive Feedback von den Schülern hatte ich völlig vergessen - klar, wer sagt denn einem „normalen“ Lehrer, dass er den Unterricht (heute) toll gefunden hat?
  • zu denken gegeben hat mir auch, dass die „motivierten“ Lehrer mehr oder weniger alle das Handtuch geworfen haben (ich glaub, Jule war die einzige, die aus Lehrerinnensicht geschrieben hatte, dass sie auch nach Jahren motiviert ist, sie scheint aber auch in einer Schule gelandet zu sein, wo ein generell motiviertes und offenes Klima herrscht, was wohl an vielen Schulen - vielleicht auch vom Bundesland abhängig - nicht der Fall ist). Und die „motivierten“ Lehrer die nicht „faul“ wurden, wurden krank.

Ich danke Euch für Eure Meinungen, und zumindest mir hat das sehr gut geholfen, die „andere Seite“ besser zu verstehen. Und ehrlich gesagt hat mich das auch ein bisschen erschreckt, denn es scheint wirklich so zu sein, dass das der Zustand ist, mit dem die meisten Schüler und Lehrer am besten leben können.

*wink*

Petzi

Disclaimer: „motiviert“ und „faul“ stehen im Text nicht ohne Grund in Anführungsstrichen. Denn es soll keinesfalls unterstellt werden, dass es nur diese beiden Extremwerte gibt, genauso möchte ich nicht unterstellen, dass die Lehrer die konservativen Unterricht machen, einfach „faul“ sind. Im Gegenteil ich sehe das sogar als eine der wenigen Überlebensstrategien.

Hi aqua~alta,

ja, ich glaube, Du sprichst da ein wichtiges Problem an, was sicherlich eine der Ursachen ist.

Denn die eine Kernfrage ist, warum sich jemand für den Beruf als Lehrer entscheidet. Da mögen „Karrieren“ wie die von Dir geschilderte ein Punkt sein, es gibt aber sicher tausend andere, und vielleicht werden auch nicht alle (oder nur wenige? Das wäre ne andere Frage) aus Berufung Lehrer.

Schule erlebt, dass man sich einen ähnlich hohen NC wie für
das Medizin-Studium wünschte.

Und ich gebe Dir auch mal prinzipiell recht, dass es schön wäre, man könnte Leute, die mit dem Gedanken spielen, Lehrer zu werden vorher „ausfiltern“.

Nur: ob da ein NC das richtige Kriterium ist, glaube ich nicht. Denn gerade ein Einserabiturient und Überflieger könnte als Lehrer Probleme kriegen, weil er sich aus seiner Erfahrung einfach nicht vorstellen kann, warum und wo die Schüler da Probleme haben.

Und das zweite Problem dürfte sein, dass Du nicht in allen Fächern die „Auswahl“ hast, sondern letzten Endes einstellen musst, wer halt zufällig genau an Deiner Schule genau diese Fächer unterrichten will (das mag von Schultyp und Fach abhängen, aber mal so generell).

Und was man tun müsste, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen um die am besten geeigneten Leute aus einer (grossen) Auswahl von Leuten wählen zu können, das ist glaub ich eine recht uferlose Diskussion.

Denn in dieser Dikussion (und Dutzenden anderen hier und anderswo) fiel häufiger die Aussage „ICH würde kein Lehrer sein wollen“. Und solange Du nicht die gleiche Auswahl an Bewerbern um den Lehrerjob hast wie die Lufthansa an angehenden Piloten kannst Du fürchte ich nicht ernsthaft auswählen, sondern musst hoffen, dass sich die „richtigen“ Leute berufen fühlen :wink:

*wink*

Petzi

Hi,

naja… nicht alles ist erschreckend in deiner Liste, und die Dinge, die erschreckend sind, sind hoffentlich nicht flächendeckend verbreitet.

Dass Schüler Frontalunterricht fordern, ist keine Verzweiflung. Gruppenarbeit, Webquests, Plakate zeichnen etc. werden von den Schülern als Spiel empfunden. Aus Lehrersicht sind sie unterhaltsam für die Schüler, vorbereitungsintensiv und auch in der Durchführung zeitintensiv und ineffektiv: Ich brauche im Frontalunterricht, von mir aus mit Beamer, Folie, Tafel, Plakat etc., 15min, um meinen Schülern die 6 wichtigsten Hilfsorganisationen zu zeigen. Eine halbe Stunde, um sie einen Text zum gleichen Thema lesen zu lassen und Fragen beantworten zu lassen (oder 5-10min mehr, je nach Text). Ein Webquest, der inklusive der Minireferate, die die Gruppen über ihre Ergebnisse halten müssen, dauert insgesamt drei Unterrichtsstunden, also 135min. Dabei kann ich nur sehr begrenzt sicherstellen, was die Schüler sich an Wissen heraussuchen und dann auf dem Handout anbieten. Falls es wichtige Lücken gibt, muss ich die nachliefern.
All diese Nachteile und der Zeitaufwand im Unterricht sind den Schülern bewusst. Und die weitaus meisten merken sehr schnell, dass sie unter dem Strich das Klassenziel erreichen und gute Noten schreiben müssen und auch wollen. Und dazu muss Unterricht effektiv sein. Außerdem müssen sie sich darauf verlassen können, dass sie korrekte und vollständige informationen haben. DA ist ein von der Lehrkraft erstelltes Arbeitsblatt vertrauenerweckender als das Handout vom Mitschüler, selbst wenn die Lehrkraft kontrolliert hat.
Schüler verlassen sich im Unterricht auch lieber auf ein Lehrbuch, als auf vom Lehrer gelieferte Materialien. Letztere sind eine nette Auflockerung, werden aber oft nicht ernst genommen, sehr oft.

die Franzi

Hi

Dieser Punkt ist mir auch aufgestoßen, in Petzis Zusammenfassung klingt es so als Frontalunterricht = schlecht und der Lehrer automatisch demotiviert.

Dem ist aber nicht so.

Neben den Punkten die du schon aufgezählt hast denke ich an Folgende:

  1. Es gibt verschiedene Lerntypen. Manche lernen gut im Spiel oder wenn sie etwas besprechen. Andere lernen besser durch lesen und zuhören. Ich habe z.B. immer viel besser mit Frontalunterricht lernen können, aber auch durch Selbstrecherche und Referate. Dafür haben Gruppenarbeiten nicht viel gebracht und Schauspiele empfand ich als überflüssige Spielerei

  2. Der motivierte Lehrer sollte bei all seinem Übermut auch darauf achten, dass seine innovativen Methoden einen Nährwert haben. Es gibt gute und es gibt schlechte Schauspiele, es gibt Aufgaben da sind Gruppenarbeiten angebracht, oder auch nicht. Ich erinnere mich an meinen Deutsch LK, Thema Die Leiden des Jungen Werther. Wir verbrachten zwei, fast drei Unterrichtsstunden damit, Standbilder darzustellen. Das heißt wir sollten ohne zu sprechen und starr stehend und ohne Materialen eine Szene aus dem Buch darstellen.
    Nett. Hat víel Zeit gekostet, war ziemlich lustig, und hat absolut nichts gebracht.

  3. Die Gruppenarbeiten dürfen durchaus überwacht werden. Oft hatte ich das Gefühl, dass sie nur als Beschäftigungsmaßnahme dienten. Dabei können Gruppenarbeiten sehr effektiv sein und man kann lernen wie man Arbeit aufteilt und einzelne Talente fördert. Der Nachteil ist, das einige nie etwas fördern (es gab noch in der 13. Leute, die lieber eine 6 kassierten als zwei Sätze im Referat zu sprechen). Dass manche Schüler einfach nicht zusammenarbeiten _wollen_ worunter dann die ganze Gruppe leidet. Dass manchmal ganze Gruppen nicht arbeiten wollen, worunter einzelne Schüler leiden.

Ganz besonders arg schlimm finde ich es, wenn Lehrer für Gruppenarbeiten Gruppennoten vergeben. Das sorgt nämlich bei obigen Fällen nur für eins: Schülerfrustration.
Und frustrierte Schüler frustrieren irgendwann auch den Lehrer.

Auch wenn es damals nicht zu meinem Lerntyp passte, fand ich es immer gut, wenn ein Lehrer mal was neues ausprobiert hat. Aber bei diesem ausprobieren sollte darauf geachtet werden, wie die Klasse damit klar kommt und ob es _ankommt_ und dann nicht nur steif durchziehen, sondern vielleicht auch mal modifizieren (oder nachtreten). Denn Schüler sind Individuen und auch wenn die letzte Klasse eine bestimmte Methode total supi fand, kann es bei der nächsten einfach die falsche Methode sein.

Wie genau man damit umgeht kann ich auch nicht empfehlen, das sind nur meine Eindrücke. Ich stehe momentan selbst vor der Schwierigkeit total unterschiedliche Jahrgänge zu belehren, die den Vorteil haben, dass sie erwachsen sind und generell einfach aufstehen können, aber den Nachteil, dass für viele neue Möglichkeiten entweder kein Material oder keine Zeit vorhanden ist.

lg
Kate

Hallo,

Hallo!

Ich habe zu diesem Schuljahr meine erste volle Lehrerstelle
nach dem Ref angetreten und bin mittlerweile froh, erstmal nur
ein halbes Jahr gearbeitet zu haben (bin jetzt bis zum Ende
des Schuljahres in Elternzeit).

Im Ref haben wir 1.000 tolle Methoden und Sozialformen
gelernt, wie man Unterricht abwechslungsreich gestalten kann.
Wir haben verschiedene Modelle zur Planung von Unterricht
kennengelernt und auch den Einsatz (neuer) Medien diskutiert
und ausprobiert (habe meine Examensarbeit zum Einsatz des
Wiki-Prinzips im Politik-Unterricht durchgeführt und
geschrieben). Was mir auffällt ist, dass es immer einige
Schüler gibt, die sehr engagiert bei diesen „neuen“ Dingen
sind, aber eine breite Mehrheit fühlt sich bemüßigt am Ende in
der Evaluation bekannt zu geben, dass sie sich mehr
Frontalunterricht und weniger „Quatsch“ wünschen.
Gruppenarbeit? „Nicht schon wieder!“

Diese Erfahrung mache ich auch immer wieder. Die Schüler wollen ab und an gerne mal Gruppenarbeit machen oder im Internet recherchieren und eine Präsentation vorbereiten. Aber nicht in jeder Stunde!
Damit sind sie total überfordert, wenn sie es ernst nehmen.
Wenn ich den Schülern eine Gruppenarbeit angedeihen lassen möchte, gebe ich das ein paar Stunden vorher bekannt und warte deren Reaktion ab. Wenn sie mit eigenständiger Arbeit ausgelastet sind, kommt ein: Nicht schon wieder. Wenn sie es nicht sind, sagen sie in der Regel gar nichts. Dann weiß ich Bescheid.

Aber ich möchte auch dazu sagen, dass es mit einer
Vollzeitstelle nicht möglich ist, jede Stunde so zu machen,
dass sie deinen Erwartungen entspricht. Jetzt kurz vor
Notenschluss sehe ich meine Vertreterin kurz vor einem
Nervenzusammenbruch stehen: drei Oberstufenklausuren,
Praktikumsberichte von zwei Klassen, eine
Deutsch-Klassenarbeit der Unterstufe, ein anstehender
Unterrichtsbesuch durch den Schulleiter, eine
Ganztagesfortbildung, durch die wichtige Stunden entfallen und
25 Stunden zu planender Unterricht (Berufsanfänger!) pro Woche
möchte ich nicht haben. Mein Baby, gerade in einer
Wachstumsphase, dreimal in der Nacht nach Essen rufend,
tagsüber nicht schlafend, ist da für die Nerven schonender :wink:

Zu Beginn habe ich auch eine Vollzeitstelle gehabt. Nie wieder, sage ich da nur. In Niedersachsen an der Schule, an der fast ausschließlich die einser-Kandidaten arbeiteten, haben nur noch wenige Lehrer eine volle Stelle gehabt. Das ist bei vollem Einsatz und der Projektarbeit auch nicht mehr zu leisten.
Zudem ist das schlechte Verhalten vieler Schüler heutzutag so anstrengend geworden, dass die gesamte pädagogische Arbeit sehr zeitaufwändig und nervenaufreibend ist. Und diese Arbeit haben an der alten Schule auch die Männer gemacht. An der neuen Schule macht es insgesamt kaum einer. Man erzieht durch nichterziehen. Wie so viele Eltern es tun.

Man muss irgendwo den Punkt finden, dass man den Anspruch an
sich selbst und den im Ref gelernten „guten Unterricht“
herunterschraubt und auch mal eine „klassische, langweilige“
Stunde gibt. Und die Schüler sind auch dankbar, wenn sie nicht
in jeder Stunde zum Träger des Unterrichts werden.

Diese Stunden können wahre highlights sein, weil man selber nicht
in einem Korsett steckt. Sie sind in der Regel besser, weil man selber gelassener ist.

Übrigens baue ich schon länger keine ganzen Stunden mehr auf
PowerPoint oder Internetrecherche auf. Wenn dann die Technik
mal wieder (!) nicht geht, ist immer eine ganze Stunde
gelaufen. Und Stunden zweigleisig zu planen kriege ich nicht
hin. Denn irgendwo braucht auch ein Lehrer seinen Schlaf.

Ich freue mich, wenn ich dann wieder ein paar Stunden arbeiten
gehen darf, aber Vollzeit möchte ich das so schnell nicht
wieder machen. Zum Glück darf der Lehrer im ÖD sich das ja
„aussuchen“. Puh, Glück gehabt :smile:

Ergänzung
Hallo Peter,

auch ich denke und hoffe, dass der Computer in ein paar Jahren besser in den Unterricht integriert sein wird/muss.

Noch als kleine Ergänzung:
Ich habe mal aus Interesse bei meinen Schülern eine kurze Umfrage gemacht, ob sie sich vorstellen könnten, dass sie sich Unterrichtsinhalte anhand von Videos zu Hause selbst aneignen müssten, und ob sie eine solche Hausaufgabe wohl regelmäßiger erledigen würden, als bisherige Hausaufgaben.
17 Schüler stimmten mit ja, 44 mit nein (bei ca. 200 angeschriebenen Schülern).
Ist natürlich etwas ins Blaue hinein gefragt, aber ich fand die Selbsteinschätzung ganz interessant (vor allem weil ich bei den meisten einschätzen kann, ob die Antwort ernsthaft war).

Gruß,
Booze

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Hallo!

Das ist wirklich sehr interessant. Ich frage mich, woran es liegt. Ob sie es als zusätzlichen Arbeitsaufwand betrachten, ob sie es mit den langweiligen Lehrfilmen assoziieren, die man gelegentlich zu sehen bekommt, oder ob sie den klassischen Unterricht einfach vorziehen.
Jedenfalls hätte ich nach unserem Meinungsaustausch nicht übel Lust eine Modellschule aus dem Boden zu stampfen und das Ganze in der Praxis zu versuchen.

Schönen Gruß
Peter