Lehrer-Schüler-Gespräch um ungenügende Leistungen

Hallo,

ein aus der Industrie kommender Fachlehrer einer weiterführenden Schule in der Erwachsenenbildung (also kein Pädagoge!) steht vor folgender Situation:

In dieser Schule müssen die Schüler der Abschlussklassen sogenannten Projektarbeiten erstellen, bei denen ein bestimmtes, vom Schüler zu wählendes Thema umfassend und verständlich auf etwa 30 Seiten beschrieben, bebildert und mit Zeichnungen zu versehen ist.

Die „Arbeit“ eines „Problem“-Schülers des Fachlehrers besteht nun aus zwei Seiten Umfang, keinem Text, zwei Bildkopien aus dem Internet, die von 130 x 100 Pixeln auf Din A 4 „aufgeblasen“ und entsprechend stufig sind.

Mit welchen Worten kann der Fachlehrer dem Schüler gegenüber in einem Vier-Augen-Gespräch mitteilen, dass die „Arbeit“ „unterstes Niveau“ und ungenügend ist, ohne den Schüler zu beleidigen, wo er doch als Lehrer die „Arbeit“ am liebsten gleich zerreißen würde?

Ganz nebenbei, mit der Note „mangelhaft“ oder „ungenügend“ in der Projektarbeit und einer weiteren Note „mangelhaft“ in einem weiteren Fach ist das Erreichen des Abschlusses in höchstem Maße gefährdet, ganz zu schweigen davon, dass ich als Vorgesetzter in der Industrie einen Schüler mit derartigem Abschluss niemals einstellen würde.

Der Schüler zeigt sich nach wie vor resistent gegenüber jeder Handreichung und ist überzeugt, er sei der Beste.

Vielen Dank für eure Kommentare
Slides

Hallo,

wie siehts denn aus in Sachen Formalia? Du schreibst von 30 Seiten, Fließtext, mit Bildern, mit Zeichnungen usw. Wenn da z.B. noch so Anforderungen mit dabei waren wie Deckblatt, Gliederung und Literaturverzeichnis, dann kannst du ihm ja erstmal damit begegnen, dass die Arbeit schon allein deshalb ungenügend ist, weil sie selbiges alles nicht erfüllt.
Mag sein, ich bin da etwas hart, aber in der Erwachsenenbildung ist es meiner Ansicht nach nicht mehr Aufgabe vom Lehrer, die Schüler bis zum Erbrechen zu motivieren, wenn diese sich da resistent zeigen. Wenn der betreffende Schüler nicht mal im Ansatz Mühe zeigt (zwei Bilder aus dem Netz sind für mich keine Mühe), dann geschieht das auf seine eigene Verantwortung.

Gruß
Yvette

Hi,

Die „Arbeit“ eines „Problem“-Schülers des Fachlehrers besteht
nun aus zwei Seiten Umfang, keinem Text, zwei Bildkopien aus
dem Internet, die von 130 x 100 Pixeln auf Din A 4
„aufgeblasen“ und entsprechend stufig sind.

Mit welchen Worten kann der Fachlehrer dem Schüler gegenüber
in einem Vier-Augen-Gespräch mitteilen, dass die „Arbeit“
„unterstes Niveau“ und ungenügend ist, ohne den Schüler zu
beleidigen, wo er doch als Lehrer die „Arbeit“ am liebsten
gleich zerreißen würde?

„Die Arbeit, die sie mir hier geben sit nur deshalb eine 6, weil es keine schlechtere Note gibt. Haben sie die Aufgabenstellung nicht verstanden, oder wo liegt sonst das Problem?“

oder

„Ich fühle mich persönlich durch ihre Arbeit, die ja gar keine ist, fast schon persönlich beleidigt. Soll das wirklich ihr Ernst sein?“

Wenn ein Schüler zwei kopierte Bilder aus dem Internet als „Projektarbeit“ abliefert, ist jede Zurückhaltung völlig fehl am Platz. Da hilft nur noch Klartext: „Ihre Projektarbeit ist in dieser Form eine glatte sechs!“

Gruß Stefan

Hallo!

Wie die anderen beiden schon gesagt haben, würd ich hier keine Rücksicht mehr auf die Gefühlswelt des Schülers nehmen. Ist ja schließlich kein Fünftklässler.

LG, Sarah

Moin!

In dieser Schule müssen die Schüler der Abschlussklassen
sogenannten Projektarbeiten erstellen, bei denen ein
bestimmtes, vom Schüler zu wählendes Thema umfassend und
verständlich auf etwa 30 Seiten beschrieben , bebildert und mit
Zeichnungen zu versehen
ist.

Wenn das die Kriterien waren, hat er sie nicht erfüllt.

Die „Arbeit“ eines „Problem“-Schülers des Fachlehrers besteht
nun aus zwei Seiten Umfang, keinem Text , zwei Bildkopien aus
dem Internet, die von 130 x 100 Pixeln auf Din A 4
„aufgeblasen“ und entsprechend stufig sind.

Die Arbeit erfüllte also keineswegs die Kriterien.
Sie ist auch nicht mehr als „mangelhaft“ zu bewerten, weil der Umfang der Mängel zu groß ist und nicht behoben werden kann.

Mit welchen Worten kann der Fachlehrer dem Schüler gegenüber
in einem Vier-Augen-Gespräch mitteilen, dass die „Arbeit“
„unterstes Niveau“ und ungenügend ist, ohne den Schüler zu
beleidigen, wo er doch als Lehrer die „Arbeit“ am liebsten
gleich zerreißen würde?

Mit den oben genannten.
Der Lehrer sollte allerdings solche Arbeiten nicht persönlich nehmen. Was hat das denn mit dem Lehrer zu tun? Gar nichts! Nur mit dem Schüler. Und von Beleidigungen sollte dringend abgesehen werden!
Man kann dem Schüler nochmal ganz sachlich die Kriterien vor Augen führen und wieviel er davon erfüllt hat. Fertig!

Ganz nebenbei, mit der Note „mangelhaft“ oder „ungenügend“ in
der Projektarbeit und einer weiteren Note „mangelhaft“ in
einem weiteren Fach ist das Erreichen des Abschlusses in
höchstem Maße gefährdet,

Und ist der Lehrer für die Noten verantwortlich? Nein, der Schüler hat nicht die Leistungen erbracht und ist deshalb selbst für seine Noten verantwortlich

ganz zu schweigen davon, dass ich als
Vorgesetzter in der Industrie einen Schüler mit derartigem
Abschluss niemals einstellen würde.

Sicherlich ein gutes Zusatzargument. Allerdings sollte der Lehrer nicht anfangen, nach 1000 Argumenten zu suchen und in eine Rechtfertigungsschleife zu geraten.
Der Schüler hat Fehler gemacht, nicht der Lehrer.

Der Schüler zeigt sich nach wie vor resistent gegenüber jeder
Handreichung und ist überzeugt, er sei der Beste.

Wer schreibt das Zeugnis?

Lehn dich zurück und mach deine Arbeit. Du musst hier nichts rechtfertigen.

Und nimm bitte nie etwas persönlich, was nichts mit dir zu tun hat!

Gruß, noi

Ergänzung
Ich hab übrigens ins meinem Referendariat mal ein sehr gutes rhetorisches Hilfsmittel kennengelernt. Es nennt sich „Die Platte mit dem Sprung“ und rettet einen davor, in so eine Rechtfertigungsschiene zu kommen.

Wenn der Schüler anfangen sollte zu diskutieren, sagts du einfach immer wieder „Die Projektarbeit hat die geforderten Kriterien nicht erfüllt und ist deshalb ungenügend“.

Weil dies das entscheidende Argument ist, brauchst du keinen weiteren.

Wenn du das immer wieder wiederholst, wird der Schüler merken, dass du dich nicht auf Diskussionen einlässt.

Du kannst ihn, wenn er hartnäckig ist, zum Schulleiter schicken, den du vorher informierst und dem du die Kriterien mitteilst und die Arbeit zeigst. Manchmal hilft das, Diskussionen endgültig zu klären. Allerdings nur, wenn der Schulleiter loyal ist und nicht der Typ, der sich bei Schülern einschleimen will.

Gruß, noi

Ugh.

Soll:

umfassend und verständlich auf etwa 30 Seiten beschrieben, bebildert
und mit Zeichnungen zu versehen ist.

Ist:

zwei Seiten Umfang, keinem Text, zwei Bildkopien

Mit welchen Worten kann der Fachlehrer dem Schüler gegenüber
in einem Vier-Augen-Gespräch mitteilen, dass die „Arbeit“
„unterstes Niveau“ und ungenügend ist, ohne den Schüler zu
beleidigen, wo er doch als Lehrer die „Arbeit“ am liebsten
gleich zerreißen würde?

„Ihre Arbeit entspricht in keiner Weise den formalen und inhaltlichen Anforderungen und ist daher ungenügend“, Begründung siehe oben. Das unter das Machwerk geschrieben, und fertig. Zu diskutieren gibt es da gar nichts, und rumzupädagogen auch nicht - wenn ein Erwachsener sich erdreistet, einen derartigen Schrott abzuliefern, muss er mit den Konsequenzen leben. Und man muss da auch keine Einzelkriterien, wie fehlende Gliederung (was soll man da auch gliedern? Bild 1, Bild 2?) oder sonstigen Kowalski aufführen. Da ist nichts zu retten. Höchstens wäre noch zu prüfen, ob der Schüler überhaupt in der Lage ist, elementare Fragestellungen zu begreifen. Das würde aber wohl ein Quatschfest e Konferenz und was nicht alles erfordern, weshalb ich das nicht empföhle. In der Erwachsenenbildung erledigen sich solche Probleme irgendwann von selbst.

Aga,
CBB

P.S.: Man könnte auch noch ein gar gewaltiges Männlein aufbauen, indem man den Nachweis führt, dass nicht mal die zwei Bilder Eigenleistung des Schülers sind … aber was solls? Ob er nun wegen Täuschung oder wegen nicht erbrachter Leistung seine verdiente 7 bekommt, spielt doch wirklich keine Geige.

Kein Vier-Augen-Gespräch
Moin,

Du solltest das Gespräch evtl. nicht unter vier Augen führen, sondern zumindest eine weitere Person (oder sogar zwei) hinzuziehen.
Eine weitere Person könnte ein Lehrer mit demselben Fach sein, der Fachbereichsleiter, der Vertrauenslehrer der Schüler, oder jemand aus der Schulleitung.
Als dritte Person käme ein Schülervertreter in Frage, oder ein Schüler, den der Betroffene selbst bestimmt.

Neben allen bereits genannten objektiven Kriterien könntest Du dem Schüler zudem in Arbeiten Einsicht geben, die mit 3 und 4 benotet wurden; so wird ihm der qualitative Abstand seiner eigenen Projektarbeit zu mehr oder weniger durchschnittlichen Arbeiten hoffentlich deutlich.

Der Schüler zeigt sich nach wie vor resistent gegenüber jeder
Handreichung und ist überzeugt, er sei der Beste.

Ich vermute, dass dem Schüler der Arsch auf Grundeis geht (pardon) und er sich durch sein Verhalten und diese Überzeugung in eine Art Schutzpanzer kleidet.

Warte mal ab, was andere zu meinen Vorschlägen sagen, und halt die Ohren steif!

Grüße
Pit

DANKE!!!
Hallo,
ich danke allen für Ihre Argumente und sehe, dass sich Ihre Ansichten mit denen der meisten Fachlehrer an besagter Schule decken. Dort sind auch alle der Ansicht, dass Menschen ab einem gewissen Alter ein gesundes Maß an Eigenverantwortlichkeit haben sollten.
Danke
Slides

Vollste Zustimmung
und ein Sternchen. Genau das fände ich einen überaus fairen und gleichzeitig klaren Weg, ohne den Schüler persönlich anzugehen.

Ich zitiere Peter Horton „Wer etwas zu sagen hat, bediene sich nicht Aggression. Deutlichkeit genügt.“ :smile:

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo,

Du machst Dir wirklich Gedanken! Musst Du ein Vier-Augengespräch zu der Präsentation führen oder ist es nur Dein Beürfnis das Ergebnis der Arbeit persönlich zu erläutern?

Du schreibst es geht um Erwachsenenbildung - somit musst Du also niemanden mehr erziehen. Ich würde ihm die Arbeit mit der entsprechenden Note zurückgeben und ihm eventuell noch zeigen, was Du bei der Arbeit erwartet hast.

Das könnte auch schon alles gewesen sein, denn er spielt ja gerade mit seinem Abschluss herum. Du könntest aber auch dann noch fragen, wo er denkt, dass seine Reise hingeht - was will er mal werden „wenn er groß“ ist? Vielleicht ist er bedeppert, vielleicht hat er eine sich hinziehende Pubertät oder er hat arge Probleme (persönliche, familiäre, sinnsuchende…). Das liegt dann an Dir in wie weit Du Interesse und Lust hast da nach zu haken. Drauf losdreschen und beleidigen ist genauso peinlich wie seine missratene Arbeit und seine Haltung - bringt also gar nichts.

Viele Grüße

Großartiges Zitat!

Aggressiv reagiert man ja nur, wenn man sich persönlich angegriffen fühlt.

Da muss man zwischen Privatlehrer und Schul/Ausbildungslehrer differenzieren: ein Privatlehrer vergibt keine Noten. Wenn ein Schüler nicht dem Lehrer folgt, dann steht es ihm frei zu sagen, dass der Schüler nicht mehr zu kommen braucht.

In der Schule/Ausbildung sieht es anders aus - dafür gibt es Noten, aber am Ende steht das gleiche Ergebnis: ein Verweis steht dem Nichtbestehen gleich.

Wozu sich aufregen? Wer nicht lernen will wird nichts - nie.

Viele Grüße

Hallo,

es ist zwar das einzige Argument, aber nach dem „Sender-Empfänger-Prinzip“ bringt es nichts eine Platte abzuspulen, wenn der Empfänger die Platte nicht versteht. Du könntest mir 1000 Mal einen Satz auf Chinesisch sagen und ich würde ihn immer noch nicht verstehen. Wenn Du mit aber die Wörter erklärst, die Laute und wie der Satz sich zusammenfügt, dann würde ich ihn nach nur 5 Wiederholungen ein Leben lang nicht vergessen.

Was ich damit sagen will ist, dass der Schüler nicht verstanden hat worum es geht. Vielleicht hat er die Fragestellung nicht richtig verstanden (eher unwahrscheinlich). Wahrscheinlicher ist es, dass er den SINN der Aufgabe bzw. des Ganzen nicht mitgeschnitten hat. Hier geht es allerdings in einen Bereich rein, wo viele Lehrer sich schwer tun eine Erklärung abzugeben - weil sie es nicht müssen und/oder weil sie von einem erwachsenen Schüler erwarten dies bereits zu wissen. Möchte man aber einen Versuch wagen und es fruchtet - wenn auch nur ein bisschen, dann fühlt man sich hinterher wahnsinnig gut - denn dann hat man was richtig Gutes bewirkt. Wenn’s auf taube Ohren stosst, dann kann man es abhaken. Ich habe aber meistens die Erfahrung gemacht, dass gerade dieses Interesse, dass dem Schüler entgegengebracht wird, wahre Wunder bewirkt.

Viele Grüße

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Hallo!
Ich würde kein Gespräch führen (oder ist es Pflicht?), sondern ganz einfach einen kurzen Rückmeldebogen entwerfen, auf dem man die geforderten Punkte wie in einer Checkliste aufführt. Dann kannst Du in einer weiteren Spalte kommentieren, ob die Arbeit in dem jeweiligen Punkt die Anforderungen erfüllt hat oder teilweise, ganz, gut, in besonderem Maße etc.
Viel Erfolg!

Hallo Pete,
genau so läuft´s!
Ich kann bei 200 Schülern nicht mit jedem 8zu Terminen, die der Schüler vorschlägt) Individualgespräche führen und mir dann auch noch Familiengeschichten anhören, die dazu geführt haben sollen, dass dies oder jenes nicht erbracht werden konnte.
Wenn der Schüler ein Gespräch sucht, kann er das zu meinen Sprechzeiten tun. Ansonsten gibt´s ja gar nichts zu diskutieren: Tabelle - links was gefordert wurde, rechts war geboten wurde, Punkte verteilen und fertig.

Freundliche Grüße
Slides