Lehrerwechsel

Hallo zusammen.
Ich brauch mal den Rat Außenstehender.
Mein Sohn ist jetzt in die 9.Klasse gekommen. Bisher hat er eine ziemlich unproblematische Schulkarriere hinter sich. Deutsch, Englisch, Mathe belegt er mit A-Kursen und guten bis sehr guten Noten. In Deutsch ist er schwächer als Legastheniker.
In der 5. KLasse hatte er einen Lehrer, der ihn in den B-Kurs einstufen wollte. Auf Elternwunsch kam er in den A-Kurs und hat diesen seinen Möglichkeiten entsprechend geschafft, allerdings ohne größere Probleme und vor allem mit Fleiß und Engagement.
Jetzt hat er den Lehrer aus der 5 wieder und schon in den ersten Wochen des neuen Schuljahres gehen die Probleme los. Der Legasthenieschein zählt nicht mehr und er -und auch wir- waren auch der Meinung, er habe sich gefestigt und brauche ihn nicht mehr. (Er hatte die ganze Zeit Förderung, die wir auch jetzt gerade eingestellt haben).
Heute hat er das schlechteste Diktat der Klasse mit 31 Fehlern und einer 5- zurückbekommen. Der Lehrer hat nach Meinung der Schüler (nicht nur seiner Meinung) rücksichtslos und schnell diktiert, hat ihn noch angefahren, er dürfe nichts nachfragen, dann würde er das Heft wegnehmen und ihm eine 6 geben.
Zusätzlich zu dieser Situation ist er jetzt noch in einer neuen Klasse, die sehr viel leistungsstärker ist als seine alte. Das ist nicht eigentlich ein Problem, aber er fängt nun schon nach wenigen Wochen an zu resignieren und die Arbeit zu verweigern.
Ich bin entsetzt von dieser Entwicklung, weil ich von ihm gewissenhaftes, systematisches und eigenständiges Arbeiten gewöhnt bin. Er ist ein sehr freundliches und unproblematisches Kind und ich fürchte, dass diese Entwicklung ihn jetzt total kaputt macht. Ich denke, er wird den Deutschkurs nicht halten können unter diesen Umständen. Das wäre auch nicht weiter schlimm, aber ich habe Angst um sein Selbstbewusstsein im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit.
Wie würdet ihr mit solch einer Situation umgehen?

Grüße
Corinna

P.S. Gespräche mit dem Lehrer laufen grundsätzlich auf absolut einvernehmlicher Basis, strotzen nur so von Verständnis für den armen Schüler und hintenrum geht alles anders. Die selbe Situation hatten wir auch mit unserem Jüngsten, dem er in der 5 die ganze Begeisterung für den Deutschunterricht innerhalb von 4 Wochen genommen hat.

Hallo Corinna,

wie wir uns in aehnlicher Situation verhalten haben? Wir haben die Schule gewechselt.
Ob das fuer euch eine akzeptable Loesung ist ,weiss ich nicht. Bei uns war einfach irgendwann der Punkt erreicht, wo ich - aehnlich wie ihr - einfach nicht mehr zuschauen konnte, wie mein Sohn (damals 10) von einer Lehrerin das Selbstbewusstsein zerstoert bekommen hat. Bei uns kam es zur Krise, als er in der Schule ueber Schmerzen klagte und die Lehrerin ihm das nicht glaubte. Laut Aussagen seiner Klassenkameraden hat er die letzte Stunde im Unterricht vor sich hingeheult. Als er dann heimkam, wurde er vom Busfahrer ins Haus getragen: er hatte eine akute Blinddarmentzuendung. Beweisen kann ich nicht, dass die durch Stress entstanden ist, aber der Arzt haelt es fuer moeglich bis wahrscheinlich.

In der neuen Schule (eine amerikanische Schule, die wesentlich mehr auf die Kinder eingeht, als die bis dahin besuchte britische Schule, in der alles strenger und rigoroser gehandhabt wird) hatte man sehr viel Verstaendnis fuer unseren Sohn. Sein 1 Jahr juengeren Bruder haben wir ebenfalls in die amerikanische Schule geschickt - beide kamen am ersten Tag mit den Worten zurueck: „Wir gehen NIE MEHR in die britische Schule!“ Seither (immerhin 1 1/2 Jahre) sehe ich ein voellig veraendertes Kind: er ist froehlich, hat Freunde, ihm macht die Schule zumindest zeitweilig Spass (ausser Mathe :wink: ) und gerade heute gab’s einen „progress report“ von der neuen Klassenlehrerin (so eine Art Zwischenzeugnis nach 6 Wochen Schule, damit die Eltern gleich zu Anfang sehen, wie es laeuft und wo eventuell Schwierigkeiten auftauchen) und sie scheint von seinem Enthusiasmus und seiner Art begeistert zu sein. [Ich bin noch ganz hin und weg, weil das fuer uns noch relativ neu ist - ein Zeugnis ohne Warnungen etc.]

Wie gesagt, ob das bei euch ueberhaupt die Moeglichkeit gibt, weiss ich nicht. Wenn ja, wuerde ich es mir allen Ernstes ueberlegen - denn ich bin immer noch der Meinung, dass es weniger wichtig ist WAS in der Schule gelernt wird, sondern dass die Jungs lernen, gern zu lernen. Das stimmt zwar je aelter sie werden desto weniger, aber was nuetzt mir ein guter Lehrplan, wenn das Kind nicht mehr will und sich nichts mehr zutraut.

Ich weiss nicht, ob unsere Geschichte dir etwas hilft - vielleicht wenigstens Gedankenfutter.
Ich wuensche euch - besonders deinem Sohn - alles Gute !

Gruesse, Elke

Hallo Corinna,

obwohl die Schüler oft übertreiben („Der Lehrer hat zu schnell diktiert…“), weiß ich ganz genau, wie die Einstellung mancher Kollegen gegenüber Legasthenikern ist. Leider haben viele nicht nur kein Verständnis, sondern auch keine Ahnung und sind der Meinung, Legasthenie und Blödheit wären dasselbe.
Ich erlebe sehr oft, wie unser Schulsystem vielen begabten Jugendlichen wegen ihrer Rechtschreibschwäche einen Strich durch die Rechnung macht. Sie sind intelligent und oft motiviert, werden aber in die Förderschule geschickt, so dass sie keine Chancen auf eine gute Ausbildung/auf eine „Schulkarriere“ haben.

Meistens hilft bei Menschen wie beim Lehrer deines Sohnes kein Gespräch. Wenn ihr das eher schon vergeblich versucht habt, werdet ihr auch in Zukunft nichts erreichen.
Gibt es die Möglichkeit eines Klassenwechsels?
Wenn nicht, würde ich sogar einen Schulwechsel in Erwägung ziehen.
Dein Sohn braucht Unterstützung und keine Lehrer, die ihm einreden, er wäre unfähig.

Ich wünsche dir viel Glück!
Gruß
Camilla

Hallo,

auch ich kann nur den Kopf schütteln und mich wundern, wie es Kollegen immer wieder gelingt, genau das Gegenteil von dem zu tun, wofür sie eigentlich ausgebildet worden sind.

Trotz allem würde ich ein Gespräch wagen und zwar sowohl mit dem jetzigen Lehrer wie auch mit dem Lehrer davor, wo das Kind weniger bzw. keine Probleme hatte. Allerdings ist zu vermeiden, dass sich die Lehrer nun mit Besserwisserei ausstechen. Viel mehr sollte man das Gefühl vermitteln, dass man Hilfe beim jetzigen Lehrer sucht und ihn fragen, welche Lösungen es aus seiner Sicht gibt. Dies bietet zumindest den Vorteil, klar seine Einstellung zu erleben. Ich würde ihn auch vor allem damit konfrontieren, dass Sie ihn bisher als sehr verständnisvoll erlebt haben, aber das Gefühl haben, dass dieses Verständnis nur Ihnen gilt, aber nicht ihrem Sohn und damit nicht in die Praxis umgesetzt wird. Man nickt als Lehrer leicht, wenn man von Eltern Probleme geschildert bekommt. Aber haben Sie ihn selbst schon mal zum Nachdenken gezwungen? Erbeten eigene Lösungen zu bringen? Vielleicht können Sie gemeinsam Kontrollpunkte erarbeiten. Und wenn sich nichts ändert, können Sie zumindest bei zukünftigen Problemen auf das Gespräch verweisen und sagen, dass sich ihr Gefühl damit bestätigt hat, dass also in der Praxis keine Umsetzung erfolgt ist. Vielleicht hilft in diesem Gespräch auch der vorherige Lehrer Ihres Sohnes, der aus seiner Erfahrung berichten kann und erläutern, wo er gute Hilfestellungen für Ihren Sohn sieht. Mutig wäre natürlich auch, wenn ihr Sohn das Dabeisein wagt, vielleicht gelingt es ihm neutral zu schildern, wieso es ihm bei seinem vorherigen Lehrer leichter fiel bzw. was ihm bei seinen Schwierigkeiten allgemein von Lehrerseite hilfreich erscheint. (Wobei dies natürlich mehrere Risiken birgt und da ich Ihren Sohn noch den betreffenden Lehrer kenne, hier keinen Rat geben möchte).

Ich denke nämlich, dass ein Schulwechsel leider nicht immer die erhoffte Lösung bringt - gerade wenn man bedenkt, dass er in der 9. ist. Jedes Kind reißt man damit aus der gewohnten Umgebung, aus dem Freundeskreis heraus und es ist nicht gesagt, dass die Lehrer in der neuen Schule anders sind oder ob nicht andere neue Probleme hinzukommen aufgrund merkwürdiger Lehrertypen. Vielleicht ist der Stoff anders verteilt, er muss nachlernen, sich neu zurechtfinden. Aspekte, die nicht unterschätzt werden sollten, und sicher auch auf die Psyche des Kindes wirken können - gerade dann, wenn es sich momentan eh in einer schwierigen Situation befindet.

Haben Sie ihren Sohn denn schon einmal gefragt, wie er das ganze sieht, wo er die Probleme vermutet, ob er vielleicht sogar Angst vor dem Lehrer hat und welche Möglichkeiten und Lösungen er selbst sieht? Unmut ist eigentlich auch ein typisches Zeichen in der 9. - viele 9.Klässler sind hier besonders ruhig oder sogar desinteressiert und beginnen, je nach Schulart, erst später wieder richtig motiviert mitzuarbeiten im Wissen, dass es um die berufliche Zukunft geht. Sie sollten daher sicherstellen, dass es wirklich mit dem Lehrer zusammenhängt und dann auf jeden Fall Ihren Sonn mit in die Entscheidung einbeziehen. Ich vermute, dass ihn die Erfahrungen der Vergangenheit prägen und er diese automatisch mit dem Lehrer in Verbindung bringt. Als 5. Klässler ist man meist dem Lehrer noch viel mehr ausgeliefert und ich kann mir vorstellen, dass ihn diese Erlebnisse nun wieder stark in Erinnerung kommen, so dass er nicht den jungen man zeigen kann, zu dem er sich entwickelt hat. ich denke, dass Sie ihn hier - wie bisher - weiterhin stark unterstützen sollten und auch auf seine Leistungen in den anderen Fächern verweisen sollten. Jeder hat nun mal seine ganz eigenen Schwächen und Stärken und es ist wichtig, dass man frühzeitig lernt, auch mit den Schwächen umzugehen und in diesem Umgang seine Stärke zu erleben. Es ist schade, dass ihn dabei nicht auch sein Lehrer unterstützen kann - wohl aus Mangel an pädagogischem Verständnis. Aber vielleicht zeigt ein Gespräch mehr?

Ich wünsche, dass Sie für ihren Sohn die richtige Entscheidung treffen und hoffe aber auch, dass Sie ein Gespräch wagen. Als Lehrer bekommt man selten Rückmeldung - meist nur die negative. Umso wichtiger, denke ich, ist es, dass man den richtigen Umgang miteinander findet. Und wenn ich von mir ausgehe und mich jemand um Hilfe bittet, dann würde ich die Hand reichen und kann daher nur hoffen, dass dieser Kollege seine Berufung wieder entdeckt.

Kim

Vielen Dank für eure Antworten.
Schulwechsel kommt nicht in Frage, weil es einfach keine erreichbare Schule mit ähnlicher Qualität gibt. Ich finde auch die sozialen Kontakte sehr wichtig. Möglich ist ein Kurswechsel, was schwierig durchzusetzen ist.
Ich werde ein Gespräch mit dem Lehrer vereinbaren und die ganze Situation mit ihm durchsprechen. Vielleicht hilfts ja doch mal was.
Dank euch und Grüße
T

Hallo,

Das liegt ja eindeutig am Lehrer. Der kann wahrscheinlich generell mit Kindern nicht umgehen,
ich habe das als Schüler auch erlebt.
Schreib alle Erlebnisse die schon vorgefallen sind und die noch vorfallen auf.
Nimm den Schulleiter mit ins Spiel, schliess dich mit anderen Eltern kurz und bring das Thema beim Elternabend öffentlich zur Sprache.
Lehrer werden da sehr schnell kleinlaut.
Vergiss nicht, ständig darauf hinzuweisen, dass Pädagoge „Kinderführer“ heisst (griech.)
Wichtig ist jedoch, dass du stets konstruktiv und fair gegenüber dem Lehrer bleibst.

Gruss,
Helge,
der in der 8. Klasse in Mathe eine 5 und Physik eine 3 hatte,
und im Physikdiplom auf Note 2 gekommen ist.

Hallo Corinna! Du schreibst:
„Der Legasthenieschein zählt nicht mehr und er -und auch wir-waren auch der Meinung, er habe sich gefestigt und brauche ihn nicht mehr“.
Da es nach wie vor in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen zum Thema Teilleistungsschwäche gibt, würde ich mich unbedingt genauer erkundigen. Es kann und darf nicht sein, dass das Kind so behandelt wird und den Glauben an sich verliert.Also würde ich mir eine Bescheinigung über seine Teilleistungsschwäche ausstellen lassen und den Lehrer damit konfrontieren. Wenn er sich dann immer noch nicht daran hält, begibt er sich auf dünnes Eis! Zur Benotung von Legasthenikern gibt es Gesetzestexte, und an die hat sich ein Lehrer zu halten.
Angelika

Hallo Helge,

der in der 8. Klasse in Mathe eine 5 und Physik eine 3 hatte,
und im Physikdiplom auf Note 2 gekommen ist.

…und deine Einstellung zum Lernen hat sich seit dem sicher nicht geändert?
Gruß,
Aragorn,
der einen Abi-Schnitt von 3,3 hat, einmal sitzen geblieben ist und sein Examen mit 2,1 gemacht hat.
… und der seinen Lehrern sicher keinen Vorwurf machen kann / darf. :smile:

Hallo,

ich bezweifle leider das dies zum Erfolg führt. Das führt eher zu erhärteten Fronten und meist leiden dann die Schüler drunter, weil der Lehrer sich vielleicht in einer Retourkutsche versucht. Viele Eltern verhalten sich so, weil sie als Kind diese Machtlosigkeit gespürt haben und wenn sie eigene Kinder haben, hauen sie auf den Putz, anstatt immer wieder den Dialog zu suchen. Dabei wird das Kind vergessen, was dazwischen steht. Denn schließlich muss das Kind jeden Tag mit dem Lehrer auskommen und nicht die Eltern. Ich weiß nicht, ob es gut wäre, dass Eltern es dem eigenen Kind in der Schule so schwer machen, indem man den Lehrer runterzubuttern sucht. Man kennt das ja mit dem sog. Kreislaufsystem. Sicher, wenn da ein guter Pädagoge ist, mag das funktionieren, aber da wird es wohl kaum zu solchen Ausschreitungen kommen müssen, denn der wird vorher schon das Gespräch suchen. Aber in diesem Fall gehe ich eher davon aus, dass der Lehrer sich als Pädagoge sieht, aber das Fremdbild zu etwas ganz anderem neigt. Ob es da gut ist, ihm mit gesammelter Mannschaft seine Fehler vorzuhalten, wage ich zu bezweifeln. Man muss ja nur vom eigenen Erfahrungen ausgehen und überlegen, wie man selbst auf so etwas reagieren würde - jeder würde da doch lieber ein persönliches Gespräch vorziehen und in diesem Gespräch muss man eben klar darauf hinweisen, das bisher keine Besserung oder Änderung erfolgte und man nicht gewillt ist, das länger mit anzusehen.

Na ja, meine Meinung hatte ich ja zu einem möglichen Gespräch schon geschrieben.

Kim

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hm, lach, damit war wohl nicht ich gemeint :smile:

Hallo Corinna! Du schreibst:
„Der Legasthenieschein zählt nicht mehr und er -und auch
wir-waren auch der Meinung, er habe sich gefestigt und brauche
ihn nicht mehr“

Oh, sorry! Ja, wer lesen kann ist klar im Vorteil. Angelika