Leibniz > Monaden > INTERNET ?

Im aktuellen „Cicero“ sagte ein frz. Philosoph u.a. dies:

„Gottfried Wilhelm Leibniz hat das Internet bereits im 17. Jahrhundert mit seiner Monaden-Theorie beschrieben. In 90 Paragrafen skizziert er ein Universum, in dem jedes Individuum eine Monade ist, eine Identität, die in sich selbst verschlossen ist. Sie hat zu anderen keinen Zutritt außer unter der Bedingung, dass sie niemals sich selbst verlässt. Was wir heute genau so sehen: Anstatt sich selbst – sein Haus – zu verlassen, schließt der Mensch sich in seinem Zimmer ein und verbindet sich mit dem Internet.“

Wer kann das genauer erlaeutern?

Mike

Das ist eine humorvolle Bemerkung, ein Scherz. Man kann es nicht wirklich vergleichen.

Bei Leibniz sind alle „Dinge“ Monaden, also z.B. auch wir Menschen. Die Monaden interagieren nicht wirklich, es scheint nur so, weil sie sich synchron bewegen. So ähnlich wie wenn Du eine Prügelei im Western siehst, Du weißt, dass sich die Stuntmen nicht wirklich wehtun, weil der eine seinen Kopf genau in dem Moment zurückzieht, wo der andere zuschlägt. Leibniz nannte diese Synchronizität „prästabilierte Harmonie“.

Der Vergleich mit dem Internet hinkt an manchen Stellen. Es gibt ja eine echte Interaktion mit dem Internet, man kann Dinge uploaden und downloaden z.B. Das geht mit Leibniz’ Monaden nicht. Ich nehme aber wie gesagt an, dass es nicht ganz ernst gemeint ist.

Bei Leibniz sind alle „Dinge“ Monaden, also z.B. auch wir
Menschen.

Mit dem Zusatz, dass die menschlichen Monaden über ein höheres Bewusstsein verfügen als Voraussetzung zu einer höheren Selbstorganisation, als eine bloß planetarische Monade, die unbewusst im Universum herumtaumelt. Dasselbe gilt für Steine, deren Monaden sehr viel niedriger organisiert sind als menschliche Monaden, von denen Leibniz einen Gott als die umfassendste Monade annimmt, in der sämtliche Monade hierarchisch integriert sind. Damit begründet Leibniz seinen Rationalismus. In gleicher Weise dient die Metaphysik der Maschine (vgl. La Mettries „Der Mensch eine Maschine“, mit dem Axiom der Unhintergehbarkeit, die nicht weiter hinterfragbar sein soll), als Ontologie.

Die Monaden interagieren nicht wirklich, es scheint
nur so, weil sie sich synchron bewegen.

So einfach ist es aber nicht. Zwar interagiert ein Stein offensichtlich nicht, weil ihm dazu das Bewusstsein fehlt. Aber bei einer Pflanze ist das schon ganz anders. Ich staune immer wieder, wie Palmen in meinem Garten bis zu 15 Meter lange Wurzeln bilden und genau WISSEN müssen, an welchen Stellen sie das meiste Wasser finden, ohne dass ich sie extra gieße.

So ähnlich wie wenn Du
eine Prügelei im Western siehst, Du weißt, dass sich die
Stuntmen nicht wirklich wehtun, weil der eine seinen Kopf
genau in dem Moment zurückzieht, wo der andere zuschlägt.
Leibniz nannte diese Synchronizität „prästabilierte Harmonie“.

WIE???
Diesen eigenartigen Vergleich verstehe ich jetzt aber nicht wirklich, um die unterschiedlichen Monaden zu erklären. Wenn aber doch dieses Beispiel herhalten soll, wären Stuntmen doch gerade ein Beweis dafür, dass sie Monaden repräsentieren, die sehr viel höher - soll heißen, weniger starr und mehr flexibel in ihrer Interaktion als andere Monaden - organisiert sind, als das bei Steinen, Pflanzen, Tieren und der große Masse von Arbeitnehmern der Fall ist, die aufgrund ihrer existenziellen Abhängigkeit von den Bedingungen des Kapitalismus (der deutsche Philosoph Professor Alfred Sohn-Rethel hat die Philosophie von Karl Marx und die Soziologie von Georg Simmel weiter verfolgt, in seiner Wirtschaftsanalyse) abhängig sind, was bei „echter“ Kunst anders zu sein scheint. Jedenfalls vertreten zahlreiche Kunsterzieher ein Postulat künstlerischer Zweckfreiheit. Aristoteles als PRAKTISCHER Philosoph unterschied deshalb auch die Mittel zum Zweck vom Motiv des Selbstzwecks (ich unterscheide deshalb Existenz von der frei wählbaren Identität).

Der Vergleich mit dem Internet hinkt an manchen Stellen. Es
gibt ja eine echte Interaktion mit dem Internet, man kann
Dinge uploaden und downloaden z.B. Das geht mit Leibniz’
Monaden nicht.

Natürlich geht es mit der Monadenlehre von Leibniz genauso, wenn man die Monaden, wie ich sie oben darzustellen versuchte, als Prozesse (Wesen) versteht und nicht als determinierte Maschinen. Nach Leibniz haben vor allem Hegel, Whitehead, Bergson, Wilber und andere die Wesen DYNAMISIERT.

Ich nehme aber wie gesagt an, dass es nicht
ganz ernst gemeint ist.

Lustig!

CJW

Das Beispiel mit den Stuntmen sollte die „prästabilierte Harmonie“ illustrieren. Kausalität im eigentlichen Sinne, d.h. Wechselwirkung, gibt es nach Leibniz nicht, weil sie eine externe Relation ist und alle externen Relationen letztlich auf interne Eigenschaften zurückgeführt werden müssen. Das gilt für alle Monaden, also für Steine genauso wie für Hunde oder für Menschen. Mit der Lehre von den unterschiedlichen Organisationsformen hat das also nichts zu tun. Noch weniger mit den „Bedingungen des Kapitalismus“ und Karl Marx.

Siehe auch die Erklärung bei Eisler:

Aber die Kausalität besteht nicht in einem »influxus« eines Dinges auf andere, alle Wirksamkeit ist immanent, bleibt innerhalb der Wesen, Monaden (s. d.). Aus der Einfachheit dieser folgt, daß die natürlichen Veränderungen der Monaden von einem inneren Prinzip kommen (Monad. 11). Jeder gegenwärtige Zustand einer Monade ist eine natürliche Folge ihres vorhergehenden Zustandes (l.c. 22). Keine wahrhafte, directe Wechselwirkung besteht zwischen den Dingen, sondern eine »prästabilierte Harmonie« (s. d.), aus der eine bestimmte Ordnung, eine bestimmte Abhängigkeit der Dinge voneinander sich ergibt, obgleich die Tätigkeit derselben in ihnen verbleibt.

Evolution
Hallo!

„Prästabilierte Harmonie“ entspricht der Beschränkung des Bewusstseins, was aber nicht heißt, dass das schon alles sein muss, bedeutet nur, die Selbsterhaltung. Aber gerade beim Menschen und der globalen Welt wäre diese Ausschließlichkeit gleichbedeutend mit total fehlender interaktiver Selbstentwicklung. Sozusagen: Der „Liebe Gott“ hat alles genau fix und fertig vorprogrammiert und darüber hinaus gibt es keine weitere Evolution?

(Wilber: „Das Beziehungsdenken (…) erkennen [wir bei] Adam Smiths ‚unsichtbarer Hand‘ (…). Wir sehen es in Leibniz’ ‚prästabilierter Harmonie‘… Wir sehen es besonders deutlich in Lockes Gedanken der 'verketteten Ordnungen“. Eine politisch besonders einflussreiche Formulierung erhielt es in Rousseaus ‚allgemeinen Willen‘ des Volkes (…) Dieser Gedanke… war von ganz direkter Wirkung für die Revolutionen in Amerika und Frankreich." Noch genauer formuliert: „So entstanden ein Jahrhundert vor Darwin plötzlich überall Theorien der kosmischen und menschlichen Evolution…“ Zitat nach Ken Wilber: Eros, Kosmos, Logos - eine Vision an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend, 1995).

Gruß
C. … mehr auf http://w-w-w.ms/a49k60

Sozusagen: Der „Liebe Gott“ hat alles genau
fix und fertig vorprogrammiert und darüber hinaus gibt es
keine weitere Evolution?

Genau das ist die Theorie von Leibniz. Ob sie nun besonders plausibel ist, sei dahingestellt.

Dann waere Gott - so wie es Broder immer meint - ein Despot!

Ich denk mal eher, dass alles Evolution ist, INTERAKTION und Neuentwicklungen… (eben auch mit dem Einsatz der Medien… erst Telefon, dann TV/Radio und eben heute Internet etc.

Mike