Es gibt einen logischen Aspekt, der in der Migrantendebatte weitgehend unbeachtet bleibt, obwohl er die Konstellation dieser Debatte fundamental charakterisiert. Ich nenne ihn das „Systemparadoxon“.
Dieses Paradoxon besteht im Widerspruch zwischen zwei verschiedenen Interpretationen der demokratischen Grundwerte bzw. ist in diesen Grundwerten schon angelegt. Es ist deshalb auch, mit einem bekannteren Begriff, ein „Systemantagonismus“.
Zunächst einige Beispiele für Systemantagonismen:
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In einer Diktatur oder einer absolutistischen Monarchie regiert Einer über alle Anderen. Diese „Anderen“ sind aber eine Vielzahl von „Einen“. Das Prinzip des Einen schließt also alle Einen bis auf einen einzigen Einen von der Macht aus. Das ist ein Selbstwiderspruch des Systems und muss irgendwann zu seiner Auflösung führen.
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In einem kommunistischen System entscheiden Wenige über alle Anderen unter dem Deckmantel des Wohls für alle. Das ist in schwächerer Form der gleichen Antagonismus wie in einer Diktatur, wobei beide Systeme oft koinzidieren.
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Im reinen Kapitalismus steckt das Paradoxon im Widerspruch zwischen dem beanspruchten Wohl für alle durch eine ungehemmte Entfaltung der Produktivkräfte (Wirtschaftsliberalismus) und der daraus resultierenden Abhängigkeit und Ausbeutung des nichtproduktionsmittelbesitzenden Anteils der Bevölkerung, was dem beanspruchten Wohl entgegensteht.
Nun zur Migrantendebatte:
Hier besteht der Systemantagonismus zwischen den demokratischen Grundwerten (DGW), die dem Individuum die freie Wahl und Ausübung seiner Religion gestatten, und den Werten einer Religion (Islam), die, sofern streng auf dem Koran basierend, die freie Wahl und Ausübung einer Religion NICHT gestattet. Die DGW gestatten Individuen, die eine Religion vertreten, welche den DGW prinzipiell entgegensteht, also die freie Ausübung dieser Religion.
In der politischen Praxis wird diese Ausübung durch den demokratischen Staat gechützt und sogar gefördert (z.B. durch Gelder an Moscheen). Dabei wird vorausgesetzt, dass diese Religion rein privaten Charakters ist und keine politischen Ziele vertritt. Natürlich ist diese Voraussetzung unzutreffend. Im (westlich unbeeinflussten) Islam sind Religion und Staat nicht getrennt, sondern bilden eine Einheit. Ziel des Islam ist eine vollständig islamische Weltbevölkerung. Wer das leugnet, kennt den Islam nicht.
Die Befürworter einer ungebremsten Immigration argumentieren, dass die DGW (demokratische Grundwerte) die westlichen Staat zur unlimitierten Aufnahme muslimischer Migranten verpflichten. Das Grundprinzip lautet hier also, dass Migranten, völlig ungeachtet ihrer Weltanschauung, ein Recht auf Einwanderung haben.
Die Kritiker einer ungebremsten Immigration argumentieren ebenfalls mit den DGW, interpretieren sie aber anders: Für die Kritiker geht es darum, darauf aufmerksam zu machen, das die demokratischen Gesellschaften, in den die DGW gelten, durch den Zuwachs eines Bevölkerungsanteils mit nicht-demokratisch orientierten Werten (und „Allah“ ist nun einmal kein Demokrat) irgendwann an einen kritischen Punkt gelangen wird, der das demokratische System gefährden und ins Wanken bringen könnte. Das Paradoxon läge hier darin, dass die DGW jene schützen, deren Weltanschauung dem DGW entgegensteht.
Wie seht ihr das?